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In der Reihe der Strategen nimmt Wallenstein eine ehrenvolle und selbst eine bedeutende Stelle ein. Die Entwürfe seiner Unternehmungen zeugen von Berücksichtigung nicht allein der politischen, sondern von der noch selteneren der großen geographischen Verhältnisse. Bemerkenswerth in dieser Beziehung ist sein Feldzug gegen die Dänen von Oberschlesien bis nach Jütland und sein Friede mit ihnen: die Stellung, die er bei Nürnberg nahm; selbst jene Bewegung nach Sachsen, die zur Schlacht von Lützen führte. Man sollte nie vergessen, daß er den andringenden norddeutschen, damals auch nordeuropäischen Streitkräften gegenüber Schlesien, das der Religion halber zu ihnen neigte, zweimal für das Haus Oesterreich gerettet hat. Die Actionen, die ihm einen Namen gemacht haben, an der Dessauer Brücke und bei Wolgast, bei Cosel und bei Steinau, wurden immer im rechten Moment an der rechten Stelle ausgeführt; eigenthümlich bei Wallenstein ist die Verwendung der leichten Cavallerie zugleich mit dem Feldgeschütz, durch die er meistens den Platz behielt. Er ist immer als der vornehmste Begründer der österreichischen Artillerie betrachtet worden; er darf wohl als ein solcher für das österreichische Heerwesen überhaupt angesehen werden.
Doch war die Armee damals fast noch mehr eine wallensteinische als eine österreichische.
In späteren Zeiten sind Landesverwaltung – Herbeischaffung der zu den Bedürfnissen des Staates und Krieges erforderlichen Mittel – und die Einrichtung der bewaffneten Macht getrennte Geschäfte geworden, die von den höchsten Gewalten unmittelbar ausgehen. Anders verhielt sich das noch im siebzehnten Jahrhundert. In Frankreich, das in den meisten innern Angelegenheiten den kontinentalen Staaten das Muster gegeben hat, waren doch Verwaltung und die Geldgeschäfte sehr genau verbunden: damals bestand das System der Anleihen und der Partisans, welches Ludwig XIV. umwerfen zu müssen glaubte, wenn er Herr in seinem Reiche werden wollte. In Deutschland gewann, namentlich unter Wallenstein, die Zusammensetzung der Armee selbst einen finanziellen Charakter. Die Obersten brachten ihre Regimenter, die Capitäne ihre Compagnien auf eigene Hand und auf eigene Kosten zusammen. Es galt als ein besonderes Verdienst, wenn es Jemand damit gelang, – wie denn das Ansehen Terzka's auf dem Erfolg beruhte, den er darin zu haben pflegte: vermöge des persönlichen Credits, den er genoß, hat er eine ganze Anzahl von Regimentern ins Feld gestellt. Als Wallenstein bei seinem Wiedereintritt in den Dienst die Armee zum zweitenmal zusammensetzte, hielt er sich soviel als möglich an die erprobten alten Freunde, von denen viele nach seiner Abdankung auf seinen Gütern Unterhalt gefunden hatten; er sah es gern, wenn ein Reiteroberst auch ein Regiment zu Fuß, oder ein Oberst zu Fuß auch ein Reiterregiment anwarb: sie fanden gediente, erfahrene Leute, durch welche die angeworbenen Neulinge, mit denen man sie mischte, zu militärischer Haltung angeleitet wurden. Die Obersten sorgten für Rekrutirung und Ausrüstung; durch sie selbst oder ihre Stellvertreter – die ersten Oberlieutenants –, die von ihnen ernannten Hauptleute oder deren Lieutenants, wurde dann das Commando geführt. Für ihre Schadloshaltung bürgte ihnen der allgemeine Heerführer. Die Obersten bildeten zugleich eine Corporation von Staatsgläubigern, an deren Spitze der General stand, welcher die größten Auslagen gemacht hatte und als der Unternehmer, wenn wir den Ausdruck brauchen dürfen, der Impresario des Krieges erschien. Mit finanziellen und militärischen Talenten verband Wallenstein besondere Begabung für die Administration. Er gab gute Löhnung und reichliche Verpflegung. Er verstand es, wie wir erwähnten, das Contributionswesen auf eine Weise einzurichten, daß für die Besoldung und Erhaltung der Truppen gesorgt war und doch die Landschaften noch dabei bestehen konnten. Wo die Stände die Zahlungen in der Hand behielten, hatten doch die Obersten den Befehl, die säumigen Glieder mit Strenge dazu anzuhalten: ohne Rücksicht auf fürstlichen Rang und bevorzugte Stellung Hurter, Wallensteins vier letzte Lebensjahre, S. 74 (aus dem Kriegsarchiv)..
Die Armee war aus allen Nationen zusammengesetzt; in einem einzigen Regiment wollte man zehn verschiedene Nationalitäten unterscheiden. Die Obersten waren, wie vor Alters in den kaiserlichen Heeren, Spanier, Italiener, Wallonen, Deutsche; Wallenstein liebte auch böhmische Herren herbeizuziehen, um sie an den kaiserlichen Dienst, oder auch an seine eigenen Befehle zu gewöhnen; der Kroate Isolani führte die leichte Reiterei, eifersüchtig darauf, daß kein Ungar ihm vorgezogen würde; wir finden Dalmatiner und Rumänen. Die letzteren zog Wallenstein den Polen vor, deren Obersten sich unbotmäßig und fremdem Einfluß zugänglich zeigten. Besonders war das norddeutsche Element stark bei ihm vertreten; man findet Brandenburger, Sachsen, Pommern, Lauenburger, Holsteiner. Zu beiden Seiten, unter Gustav Adolf und Wallenstein, haben die Norddeutschen den Krieg gelernt. Auf das Bekenntniß kam unter Wallenstein nichts an; einige seiner wehrhaftesten Obersten, Pechmann, Hebron, waren Protestanten: wir wissen, daß es zu den Grundsätzen bei der ersten Zusammensetzung der Armee gehörte, Protestanten so gut wie Katholiken aufzunehmen. In dem ungarischen Kriege haben beide zusammen gegen die Türken gekämpft; beim Wiederaufwogen des religiösen Streites stand man von dieser Mischung ab. Wie die Liga nur Katholiken in ihrem Heere sehen wollte, so hatte die Armee Gustav Adolfs einen durchaus protestantischen Charakter. Unter Wallenstein überwog der militärische Gesichtspunkt den religiösen. Die Obersten beider Bekenntnisse bildeten ein einziges eng zusammenschließendes Ganze unter einem General, der nicht darnach fragte, zu welchem ein Jeder gehörte. So ist es selbst in der französischen Armee in den ersten Decennien unter Ludwig XIV. und später wieder in der preußischen unter Friedrich II. gehalten worden. Wallenstein sah es gern, wenn große Herren in seinen Dienst traten: aber auch Kaufmannssöhne – wie besonders erwähnt wird –, frühere Juwelenhändler, Emporkömmlinge selbst aus der dienenden Klasse waren ihm willkommen. Selbst auf Körpergröße gab er nichts; nur auf die Fähigkeit, den Dienst auszuhalten, kam es ihm an; mochten dann die Schwachen zu Grunde gehen. Er erkannte nur den militärischen Rang, in welchem er weitere Abstufungen einführte. Er liebte es, neue Regeln zu geben; selbst der Schlag der Trommel wurde verändert. Bei dem Gemisch der Nationen, Bekenntnisse, Stände war das unverbrüchliche militärische Gesetz ein doppelt unbedingtes Bedürfniß der Schlagfähigkeit. Die kleinsten Fehler – wie Eigenmächtigkeiten in der Kleidung – wurden bestraft, wie man sagte, um größere zu verhüten. Wenn man im Felde stand, ward etwas mehr nachgesehen, doch nichts, was die Unterordnung hätte gefährden können. »Ich will nicht hoffen,« sagte er auf einlaufende Klagen, »daß einer unserer Offiziere sich so weit vergessen hat, unsere Ordonnanzen zu despectiren.« Dem Markgrafen Wilhelm von Baden-Baden ward in den herbsten Worten verwiesen, daß er sich »dessen anmaße, was ihm nie anbefohlen worden sei.« Eine Beförderung ist wohl deshalb versagt worden, weil die neue Stellung den Ansuchenden seiner Gemüthsart nach zu Handlungen verleiten würde, um deren willen man ihm den Kopf vor die Füße legen müßte. Die Ausschreitungen, an denen es freilich nicht fehlte, sollte kein Oberer ungeahndet lassen: Nachsicht hierbei fand Wallenstein sträflich und drohte es mit Execution an Leib und Leben zu ahnden. Plündernde sind auf der Stelle gehenkt worden. Von Schonung wußte er nichts, weder im Dienst noch vollends dem Feinde gegenüber. Den Antrag, den ihm einst König Gustav Adolf machte, nach dem Vorgang der niederländischen Kriege eine Uebereinkunft zu schließen, daß bei einem Zusammentreffen mit sehr verschiedenen Streitkräften die schwächere Partei sich ohne zu schlagen ergeben dürfe, verwarf er mit den trotzigen Worten: »sie mögen combattiren oder crepiren.« Das oberste aller Verdienste war bei ihm tapferes Verhalten; nur dadurch erwarb man sich persönliche Rücksicht. Wie Piccolomini die entschiedene Gunst des Generals hauptsächlich der Tapferkeit verdankte, die er an der Spitze seiner Reiterei in der Schlacht von Lützen bewiesen hatte, so erwarben sich der Kroaten-General Isolani bei einem Angriff auf die Schweden bei Ansbach, der Graf Dohna bei der Eroberung von Chemnitz seine Freundschaft. Er hielt immer eine Anzahl goldener Ketten in Bereitschaft, um auf der Stelle belohnen zu können; er erhob selbst in den Adelstand: seine Kriegskasse war angewiesen, die Kosten für die Ausfertigung der Diplome zu tragen. In sehr außerordentlichen Fällen ersuchte er aber auch den Kaiser, einem Befehlshaber seine Zufriedenheit auszudrücken. Um für erledigte Stellen einen Ersatz in Bereitschaft zu haben, sah er es gern, wenn sich Volontärs in seinem Lager aufhielten; doch wollte er nicht, daß sie der öffentlichen Sachen lediglich auf ihre eigenen Kosten dienten: in dem Maße, daß sie sich brauchbar zeigten, wies er ihnen gute Quartiere an. Auch jedem untergeordneten Verdienst widmete er seine Anerkennung; man hörte ihn sagen: der hat hier das Beste gethan, dieser dort; dem dankt man diesen Erfolg, dem einen andern. Er belohnte gern: doch hatte er fast noch mehr Werth, wenn er Einem die Hand auf den Kopf oder die Schulter legte und ihn dann lobte. Wer bei einer rühmlichen Handlung fiel, den ehrte er im Tode; er begleitete ihn bei seiner Beerdigung. Feigheit wurde nicht allein verachtet, sondern bestraft, selbst mit Grausamkeit; auch das Mißlingen, wenn einigermaßen verschuldet, galt als Verbrechen. Wenn er dann zu einer Beförderung schritt, etwa einem gemeinen Soldaten die Stelle eines Hauptmanns verlieh, so nahm er es nicht übel, wofern dieser versäumte ihm persönlich seinen Dank darzubringen: denn er beweise dadurch die Einsicht, daß er seine Bevorzugung nicht der Gunst verdanke, sondern allein dem Verdienst Gualdo Priorato: Historia della vita di Alberto Valstain, 1643, ist hauptsächlich eine militärische Charakteristik. Man muß das Wesentliche der Mittheilung von der Manie als sententiös zu glänzen, mit der der Autor damals behaftet war und durch die er alles verdunkelt, entkleiden..
Niemand hätte sich weigern dürfen, seine Ehre im Zweikampf zu vertheidigen. Wer das that, wurde aus dem Heere gestoßen. Mancher hat seine Gunst gewonnen, indem er sich einer Strafe widersetzte, die seine Ehre beleidigte, und sich lieber der Gefahr des Todes aussetzte, als der Schmach. Höchst widerwärtig waren ihm Empfehlungen vom Hofe, er hat sie mit Scherz oder auch mit Hohn abgelehnt. Wer sich in allzu schmuckem Aufzug zum Dienst meldete, den hat er wohl an die behäbige Hofhaltung eines Cardinals (Dietrichstein) gewiesen, für welche das passe: im Feldlager würde der Rauch des Geschützes das feine Gesicht verunstalten. Die Anwesenheit der Prinzen von Toscana im Lager ließ er sich gefallen; doch sorgte er dafür, daß sie keinen Einfluß ausübten. Ihren Wunsch, sich persönlich hervorzuthun, erklärte er für eine Eitelkeit, die sich mit der Subordination nicht vertrage. Man darf behaupten, daß er dem militärischen Prinzip an und für sich, selbst ohne Rücksicht auf den Zweck des Krieges, im Sinne der anderthalb Jahrhunderte, die dann folgten, Bahn gemacht hat, so wie er ihm durch die Einrichtung der Contributionen eine regelmäßige Grundlage schaffte. Er war ein geborener Kriegsfürst.
So lange, als er gesund war, liebte Wallenstein mit den Obersten zu speisen: denn nichts verbinde die Gemüther mehr als ein heiteres Gelag. Aber bei aller guten Kameradschaft hielt er den Anspruch der unbedingten Unterordnung fest. Wenn er im Feldlager einherging, wollte er nicht gegrüßt sein; wenn er sich dann in sein Quartier zurückzog, so hielt er darüber, daß Niemand in der Nähe desselben mit Pferden und Hunden erscheinen, mit klirrenden Sporen daherschreiten durfte. Außerhalb des Feldlagers liebte er eine Pracht zu entwickeln, mit der kein Fürst wetteifern konnte. Was hatte er sich in Prag für einen prächtigen Palast erbaut, mit Säulenhallen, geräumigen, hellen, kunstgeschmückten Sälen, dunklen, kühlen Grotten. In seinem Marstall fraßen dreihundert ausgesuchte Pferde aus marmornen Krippen Carve, itinerarium, pag. 29: praesepia erant marmorea, ad quodvis eorum fons vivacissimae et limpidissimae aquae saliebat pro adaquandis jumentis. ; wenn er ausfuhr, geschah es mit einer langen Reihe zum Theil sechsspänniger Carossen. Vogelhäuser fast im orientalischen Styl, sorgfältig erhaltene Fischteiche fand man in seinen Gärten. Vom Schlosse in Sagan erzählt man, er habe es zu dem achten Wunder der Welt machen wollen. Er hat zugegeben, daß man ihn als Triumphator malte, seinen Wagen von vier prächtigen Sonnenrossen gezogen.
Er war kein Freund von Ceremonien: wie oft unterbrach er lange, von Aeußerungen der Unterthänigkeit angeschwellte Anreden deutscher Gesandten; er spottete der tiefen Reverenzen, wie sie damals am römischen Hofe gang und gäbe wurden; – aber er liebte vom Anfang an den Pomp einer prächtigen Umgebung. Seine Pagen, die er gern aus vornehmsten Geschlechtern nahm, erschienen in blauem Sammet, wie mit Roth und Gold auf das prächtigste angethan; so war seine Dienerschaft glänzend ausgestattet; seine Leibwache bestand aus ausgesuchten Leuten von hoher und schöner Gestalt; er wollte besonders, seit er Herzog von Mecklenburg geworden war, durch die Aeußerlichkeit eines fürstlichen Hofhaltes imponiren. Er lebte mäßig; aber seine Tafel sollte auf das trefflichste bedient sein. Es gehörte zu seinem Ehrgeiz, wenn er sagen konnte, daß einer und der andere seiner Kämmerer in kaiserlichen Diensten gestanden. Niemand bezahlte reichlicher.
Er hatte sich in Italien die Sitte und Art der gebildeten Welt angeeignet. Unter anderem weiß man, wie sehr er die Damen des Hofes zu Berlin, als er einst daselbst erschien, einzunehmen wußte: von den Anmaßungen, die einige seiner Obersten vor sich hertrugen, war bei ihm nicht die Rede.
Aber wehe dem, der ihn in Zorn versetzte! Wie in seiner Jugend, so in seinem Alter war er dann seiner selbst nicht mächtig; er war wie mit Wuth erfüllt und schlug um sich; – man ließ ihn toben, bis es vorüber war. Man bezeichnete seinen Zustand mit dem oberdeutschen Ausdruck: Schiefer; er kannte ihn wohl und suchte die Anlässe, die ihn hervorriefen, zu vermeiden.
Er liebte die Aufregung des Gesprächs, in welchem sich leidenschaftliche Aufwallungen eines leichterregten Selbstgefühls Luft machten: die fernsten Aussichten erschienen als gefaßte Entwürfe, die momentanen Ausfälle als wohlbedachte Feindseligkeiten. Von denen, die ihn kannten, wurden sie als das, was sie waren, mit dem Worte Boutaden bezeichnet; in die Ferne getragen, machten sie vielen Eindruck.
Jedermann, der in seine Nähe kam, litt von seiner Launenhaftigkeit, seinem zurückstoßenden Wesen, seinem gewaltsamm rücksichtslosen Gebahren. Sein Ruf schwankte zwischen zwei Extremen: daß er das wildeste Unthier sei, welches Böhmen hervorgebracht habe, oder der größte Kriegscapitän, dessen Gleichen die Welt noch nicht gesehen.
Sein Antlitz erscheint, wie es die bestbeglaubigten Bilder darstellen, zugleich männlich und klug; man könnte nicht sagen groß und imposant. Er war mager, von blasser, ins Gelbe fallender Gesichtsfarbe, von kleinen hellen, schlauen Augen. Auf seiner hohen Stirn bemerkte man die Signatur der Gedanken, nicht der Sorgen: starke Linien, keine Runzeln; früh ward er alt: schon in den vierziger Lebensjahren erbleichte sein Haar. Fast immer litt er am Podagra. In den letzten Jahren konnte er nur mit Mühe an seinem spanischen Rohre einherschreiten; bei jedem Schritt sah er um sich.
Aber in ihm lebte ein feuriger Impuls zu unaufhörlicher Bewegung, Unternehmung, Erwerbung Recht gut sind die Worte in Khevenhillers Conterfet: ein nach- und tiefsinniger, nimmer ruhender, freigebiger, anschlägiger, großmüthiger Herr, doch harter und rauher Condition.: durch seinen Gesundheitszustand nicht allein nicht erstickt, sondern eher angereizt, der ehrgeizige Trieb, sich nach allen Seiten geltend zu machen, seine Macht und die Bedeutung seines Hauses zu gründen und die alten Feinde zu seinen Füßen zu sehen.
Es gab nichts, was ihm so sehr im Wege stand, als der geistliche Einfluß und die Prätensionen des hohen Clerus.
Wie Wallenstein die Soldaten liebte, so haßte er die verweltlichten Priester. Er hatte nichts dagegen, wenn etwa mit einem Klostergeistlichen, der in der Armee mitzog, nach Kriegsgebrauch verfahren wurde: »denn wäre er in seinem Kloster geblieben, so würde es ihm nicht geschehen sein.« Von Vergabungen zu Gunsten der Geistlichen wollte er gar nichts hören: denn dadurch entziehe man nur den Soldaten das, was ihnen zukomme. Er scherzte wohl über das Wohlleben der großen Kirchenmänner: wie glücklich seien sie, daß sie die Kabaala gefunden, Fleisch und Geist, die sonst einander bestreiten, zu vereinigen! Höchst verächtlich waren ihm die Beamten, die sich zum Dienst derselben hergaben; Männer wie Slawata und Martiniz erklärte er von allen Creaturen, die es gebe, zweibeinigen und vierbeinigen, für die bösesten. Jesuiten wollte er in seinem Feldlager nicht dulden; dagegen gestattete er den Protestanten, von denen es voll war, ohne Scrupel freie Religionsübung und die Predigt; man hörte ihn sagen, Gewissensfreiheit sei das Privilegium der Deutschen.
Seine Bizarrerien, die vielmehr dazu dienten, bei der Menge Eindruck zu machen, und die astrologischen Berechnungen der Geschicke für sich selbst und seine Freunde – er liebte es, auch deren Nativität kennen zu lernen – hinderten ihn nicht, Umstände und Dinge wie sie vorlagen zu erkennen; der Phantastische war in ihm mit praktischer Geschicklichkeit gepaart. Er war verschwenderisch und unbesonnen, aber doch auch ökonomisch und umsichtig. In seiner Politik verfolgte er hochfliegende egoistische Pläne; aber zugleich hegte er Absichten, die zu einem bestimmten, erreichbaren Ziele zusammenwirkten. Er war dadurch emporgekommen, daß er immer den eigenen Inspirationen folgte, die er immer zur Geltung zu bringen vermochte. Er erklärte es für unmöglich, seinen Geist so weit zu bezwingen, daß er einem fremden Gebot gehorche.
Damals konnte es ihm scheinen, als ob er die Zukunft der Welt in seinem Kopfe trage.
Welch ein großartiges Unternehmen, in dem er begriffen war: den verderblichen Krieg in Deutschland zu beendigen; den Religionsfrieden mit Beseitigung alles dessen, was ihn gestört hatte, in voller Wirksamkeit wiederherzustellen; die Integrität des Reiches zu erhalten. Damit war sein Vorhaben, für sich selbst eine Churwürde, die das Gleichgewicht der Parteien bilden sollte, zu erwerben, ununterscheidbar verbunden. So tief aber griff das alles in die Verhältnisse der deutschen Fürsten selbst und zugleich der europäischen Mächte ein, daß man nur mit der größten Vorsicht, Schritt für Schritt, damit vorwärts kommen konnte. Welch ein Vorhaben, die Macht der Churfürsten mit der kaiserlichen zu vereinigen und doch ihre Unabhängigkeit zu sichern; das Reich von den Schweden zu befreien und sie doch auch nicht vor der Zeit zu offener Feindseligkeit zu reizen; die Protestanten und die Katholiken zugleich zu befriedigen! Wallenstein konnte keine allgemeine Sympathie für sich aufrufen; denn die Gedanken, die er verfolgte, waren mit nichten populär: sie waren zugleich mit egoistischen Absichten durchdrungen; – überdies aber herrschte allenthalben ein Glaubenseifer vor, von dem er absah. Nur in einsamer Erwägung aller Umstände, wie sie im Augenblick lagen, oder vielmehr im zusammenfassenden Gefühl derselben reiften seine Entschlüsse. Mit den Generalen konnte er darüber nicht zu Rathe gehen; sie hatten nur die Befehle auszuführen, deren Zusammenhang sie nicht kannten. Man beklagte sich bei Hofe, daß er so wenig schreibe; aber wie hätte er seine Gedanken eröffnen, oder, wenn er schrieb, sie so einkleiden können, daß sie keinen Anstoß gaben? Für ihn war Zögern und dann ein plötzliches Losbrechen oder auch rasches Vorwärtsgehen und nach Befinden ein unerwartetes Innehalten ein Gebot des Bestehens.
Da mußte er nun erleben, daß an dem Hofe, unter dessen Autorität er commandirte, doch wieder eine Gegenwirkung eintrat, deren Tragweite ihm nicht verborgen sein konnte; er hatte ihre Wirkung schon einmal erfahren. Sollte er sich derselben wieder aussetzen?
Vergegenwärtigen wir uns einen General, der durch eigene Anstrengung seinen Fürsten wiederum mächtig und angesehen gemacht hat, durch die ihm in mehr oder minder authentischer Form zugestandenen Bedingungen zu einer selbständigen Heerführung und Friedensunterhandlung besonders berechtigt ist und auf die Ergebenheit seiner Armee traut, so begreift man es, wenn er nicht zurückweicht, sobald sich an dessen Hofe ein Widerstand gegen ihn gebildet hat, den er an sich zugleich verwirft und verachtet.
Im Orient ist es fast die Regel, daß große Kriegsführer mit dem Fürsten, dem sie dienen, wieder in Streitigkeiten gerathen und die Macht desselben bedrohen, gefährden, an sich reißen. Die ganze Geschichte des Khalifates beruht darauf. Auch im Occident kommen, obwohl das erbliche Fürstenthum daselbst fest begründet ist, häufig noch Analogien dieser Entzweiungen vor. Wie oft begegnen wir in Frankreich autonomen Erhebungen großer Kriegsführer und Vasallen; von jenem tapferen Connetable du Guesclin an, welcher trotz aller Treue der Eifersucht König Carls V., den man den Weisen nennt, nicht entgehen konnte, bis zu Biron, der, als er in Widerspruch mit König Heinrich IV., dessen bestes Schwert er gewesen war, eine eigene Politik ergreifen wollte, darüber umkommen mußte. In Italien ist Carmagnola ein berühmtes Beispiel eines verwandten Bestrebens; er entzweite sich mit dem Herzog von Mailand, dem er den größten Theil der Lombardei unterworfen hatte; das Geschick, dem er damals noch entging, erreichte ihn später doch im Dienste der Republik Venedig. In der spanischen Monarchie, die dem deutschen Oesterreich so nahe stand, hatten die großen Heerführer kein besseres Schicksal. Der große Capitän, der ihre Reihe eröffnet, ward aus dem Königreiche, das er erobert hatte, weggeführt, und es erregt Verwunderung, daß er sich nicht widersetzte. Pescara, Alba fielen in Ungnade. Noch vor wenigen Jahren war Spinola in einer Art von Verzweiflung gestorben. Daß seine Regierung in dem Augenblicke, in welchem er Casale zu erobern im Begriffe stand, einen Stillstand abschloß, erweckte in ihm den Verdacht, man wolle ihm nur seinen Ruhm schmälern; in den Phantasien, die seinem Tode vorangingen, haderte er mit König Philipp IV., der seine 32jährigen Dienste vergessen habe. Und wer gedächte hier nicht des ritterlichen Grafen von Essex! er hat auch einmal, wie Wallenstein, sein Verfahren gegen die Aufständischen in Irland, das Königin Elisabeth mißbilligte, durch seine Kriegsobersten rechtfertigen lassen; er wollte an der Spitze der ihm ergebenen Soldaten die Regierung von England zum Krieg mit Spanien fortreißen, oder vielmehr sie stürzen, um zu seinem Zwecke zu gelangen. Dafür hat er denn auch mit dem Tode gebüßt.
Denn zwischen den Ansichten einer erblichen Gewalt, welche eine unvordenkliche Vergangenheit mit der fernsten Zukunft zu verbinden trachtet, und den Wünschen oder Entwürfen eines Kriegsführers, dem nur die Gegenwart gehört und der sich in derselben geltend machen will und muß, besteht ein natürlicher Widerstreit.
Wallenstein hatte einen solchen in doppelter Stärke zu bestehen, da ihm das Interesse des Gesammthauses Oesterreich in seinen beiden Linien, der deutschen und der spanischen, gegenüberstand.
Nicht als ob eine Verständigung zwischen denselben vorausgegangen wäre: aber sie konnte erweckt werden. Es ist wohl der Mühe werth, auf dieses für die Sache entscheidende Verhältniß nochmals zurückzukommen, selbst auf die Gefahr hin, daß etwas von dem schon Vorgetragenen wiederholt werden müßte.
Jedermann kennt die welthistorischen Ereignisse, durch welche das Haus Oesterreich in den Besitz der spanischen Monarchie gelangte, eben als sie eine universale Bedeutung und nach und nach die Geldmittel gewann, um in aller Welt ein großes religiöses und dynastisches Interesse zur Geltung zu bringen.
Schon die Kirchenreformation in Deutschland würde schwerlich durchgedrungen sein, wäre nicht zwischen den beiden Linien des Hauses ein Hader ausgebrochen. Von der älteren, der die indischen Reichthümer zufielen, riß sich die jüngere los, die ihren Standpunkt in Deutschland nahm und darauf angewiesen war, die Selbständigkeit des Reiches, das Gleichgewicht der Bekenntnisse aufrecht zu halten.
Im Laufe der Zeit schien es einmal, als ob die spanische Linie eine enge dynastische Verbindung mit England der deutschen vorziehen würde. Es war damals, als König Jacob I. den Gipfel seines Ehrgeizes darin sah, seinen Sohn mit einer spanischen Infantin zu vermählen, und eine mächtige Partei in Spanien ihm darin entgegenkam. Auf universalem Standpunkt darf man vielleicht aussprechen, daß die Trennung der beiden Linien besser gewesen wäre. Spanien hätte seine Colonien gegen die Feindseligkeiten der Engländer gesichert In einem Gutachten Klesels von 1617 heißt es: »Die Indien würden vor der Raubereien erhalten und deshalber die Holländer gedämpft werden: an welchen Spanien mehr als an der kaiserlichen Heirath gelegen.«. Das deutsche Reich hätte sich auf der Grundlage der religiösen Gleichberechtigung ohne fremden Einfluß entwickeln können.
Aber die alten Triebe der Zusammengehörigkeit behielten doch die Oberhand. Das nächste Motiv für die spanischen Staatsmänner bildete ihre Absicht, die italienischen Besitzungen der Monarchie durch Erwerbungen auf deutschem Boden mit den Niederlanden in Verbindung zu bringen und dadurch zur Eroberung der abgefallenen Provinzen zu erstarken. Darauf beruht die Unterstützung, welche Ferdinand II. für seine Erhebung auf den kaiserlichen Thron und in dem böhmischen Kriege bei den Spaniern fand: er hat sie durch territoriale Concessionen in dem Elsaß und der Unterpfalz eigentlich erkauft. Hierauf wurde die Infantin, um welche der Thronerbe von England persönlich zu werben gekommen war, demselben versagt und für den Nachfolger Ferdinands II. aufgespart. Die beiden Linien fühlten sich wieder als eine Gesammtmacht.
Ihre Absichten trafen in jenem maritimen Projecte zusammen, welches auf die gemeinschaftliche Herrschaft über die Ostsee und die Erweiterung der continentalen Beziehungen über Polen berechnet war, und an welchem Wallenstein eine Zeitlang mitarbeitete. Aber wir sahen, welch ein mächtiger Rückschlag dagegen erfolgte, wie die durch diese Combination gefährdeten protestantischen Mächte sich in ihrer eigensten Kraft erhoben und große Siege erfochten, – die Holländer in Westindien, die Schweden in Deutschland, beide in Verbindung mit Frankreich, wo der Mann zur Leitung der öffentlichen Geschäfte gelangte, der den Kampf mit der spanischen Monarchie zur Aufgabe seines Lebens gemacht hatte. Von den Nachtheilen, welche dann der Kaiser erlitt, wurden die Spanier unmittelbar berührt, als die Schweden am Rhein erschienen und den Franzosen in der Durchbrechung der Communication, die von Italien nach den Niederlanden führen sollte, die Hand boten. Darauf wirkten die Holländer durch die Eroberung von Mastricht, eine ihrer größten Kriegshandlungen zu Lande, gewaltig ein. Für die Spanier war es ein damit zusammenhängender sehr empfindlicher Verlust, daß sich die Franzosen in wiederholten Anfällen der lothringischen Plätze und Gebiete bemeisterten. Unter dem Einfluß der entgegengesetzten Weltkräfte schien es fast, als würden die belgischen Niederlande bei dem Tode der Infantin Isabella sich von Spanien losreißen und als aristokratische Republik constituiren.
Graf Olivarez, der vornehmlich die spanische Politik auf den Weg geleitet hatte, der in diese Verlegenheiten brachte, fühlte auch den Muth in sich, sie zu bestehen. Persönlich mochte er vor Richelieu, der sein großer Nebenbuhler in Europa war, nicht zurückweichen; auch hätte es das Selbstgefühl der spanischen Monarchie noch nicht geduldet. Es giebt einen Ehrgeiz der Macht, der auf der Vergangenheit eines Staates beruht und die Vertreter desselben unwillkürlich beherrscht; er ist eines der kräftigsten Motive der Weltbewegung.
Und noch meinte man im Stande zu sein, die Gegner zu bestehen. Denn noch waren Portugal und Spanien unter Einem Scepter verbunden, die Seeherrschaft im Osten und Westen allerdings nicht mehr exclusiv wie früher und durch die letzten Vorgänge erschüttert, aber keineswegs gebrochen. Wenn die Silberflotte einmal in die Hände der Holländer gefallen war, so kam sie doch bald darauf wieder mit allen ihren Schätzen in Spanien an. Der Friede, zu dem sich der König von England wegen der Irrungen mit seinem Parlament entschloß, trug zur Wiederherstellung eines regelmäßigen Verkehrs zwischen dem Mutterlande und den Colonien wesentlich bei: den Holländern zum Trotz kamen und gingen die Galionen. Olivarez hat sich das Verdienst erworben, die herkömmliche Unordnung in den Finanzen einigermaßen abzustellen, die Anticipationen zu vermeiden und das Bedürfniß jeden Jahres mit dem Einkommen desselben zu decken. Man hat damals den jährlichen Ertrag von Indien auf anderthalb Millionen Scudos berechnet Ich folge vornehmlich der Relation Cornaro's von 1634.. Und noch immer kam die religiöse Farbe des allgemeinen Krieges in dem rechtgläubigen Spanien der Regierung zu Statten: die Cortes ließen sich in Bezug darauf zu reichlichen Bewilligungen bewegen.
Hierauf gestützt faßte Olivarez, trotz der Schwierigkeiten, in denen man sich befand, den offenen Krieg mit Frankreich ins Auge. Schon im Jahre 1623 stellte er seinem König vor, er werde sich dazu entschließen müssen, wenn es ihm nicht gelinge, diese Macht durch eine große Diversion in sich selbst zu entzweien. Wir berührten wenigstens, wie eine solche mißlang: neue Verhandlungen, an denen Pater Joseph Theil nahm, waren vergeblich. Ein Gutachten des Grafen aus dem Jahre 1633 liegt vor, in dem er den König auf das unerträgliche Verhältniß zu Frankreich aufmerksam macht, welches bei jeder Gelegenheit die Bedingungen des Friedens aus dem Auge setze, die Verbündeten und Anhänger der Krone bedränge und mit deren Feinden zusammenstehe; im Bunde mit Holländern, Schweden und den deutschen Protestanten nehme es eine Stellung ein, in der es den Kaiser bedrohe und die Verbindung der Monarchie mit den niederländischen Provinzen zu Land und See unmöglich mache: trotz des lästigen und gefahrvollen Krieges, in dem man bereits begriffen sei, könne man dazu nicht länger stillschweigen. Sein Rath ist, vor allen Dingen einen Bund mit dem Kaiser und den katholischen Fürsten zu Stande zu bringen, an welchem auch der Herzog von Lothringen und die Königin-Mutter von Frankreich, an deren Hülfsquellen man noch nicht ganz verzweifelte, Theil nehmen sollten In den Papieren des Archivs von Simancas in Paris..
Dazu nun sollte auch Wallenstein mitwirken; es war das augenscheinliche Interesse der Gesammtmacht des Hauses Oesterreich, gegen die er so große Verpflichtungen hatte, daß man es mit Bestimmtheit von ihm erwartete. Auch hat er es hoffen lassen, aber immer mit einer gewissen Zurückhaltung, namentlich unter dem Vorbehalt, daß er zuvor seinen Frieden mit den norddeutschen Churfürsten zu Stande gebracht haben müsse.
Aber schon ein Vorbehalt dieser Art, die nicht unbedingte Dienstwilligkeit Wallensteins, seine Einwendungen gegen die Heerführung Feria's, verletzten die Spanier.
An und für sich waren sie für eine Aussöhnung des Kaisers mit den Protestanten; aber an den Verhandlungen, wie sie gepflogen wurden, den Vorschlägen, welche geschahen, hatten sie keinen Gefallen.
Da war vor allem jene Absicht auf die Unterpfalz, die Philipp IV. als Executor der Reichsacht selbst in Anspruch nahm: wenn er sie an einen Dritten überließ, fürchtete er mit dem Könige von England aufs neue sich zu entzweien.
Aber auch alles, was man sonst von den Friedensverhandlungen vernahm, erweckte Widerrede: es werde doch höchstens ein einseitiger Friede sein, den man mit Zugeständnissen erkaufe, welche der Gegner sonst nicht mit hundert Kriegsjahren hätte erlangen können, und mit dem man den andern Theil des Reiches zu neuem Haß aufrege.
Die Männer des religiösen Eifers fanden jetzt wieder Rückhalt an den Spaniern. Eines Tages, Ende Juli, betonte Lamormain in einem Gespräch mit dem spanischen Gesandten, Marquis Castañeda, die Gefahr, welche aus der selbstsüchtigen Haltung des Herzogs von Friedland für Krieg und Frieden entspringe. Der Botschafter forderte ihn auf, das Vertrauen, das ihm der Kaiser schenke, dazu zu benutzen, um ihm das zu Gemüthe zu führen. Lamormain bemerkte – und wie wir wissen, mit gutem Grund –: er könne in Sachen Wallensteins, als dessen Gegner er betrachtet werde, nicht reden; aber er denke, der Botschafter werde das thun, da diese Angelegenheit eine gemeinschaftliche zwischen dem Kaiser und dem König von Spanien sei. Auf Anlaß des Nuntius hatte der Beichtvater schon seit einiger Zeit dahin gearbeitet, daß ihm der Kaiser versprechen sollte, nicht dem Herzog von Friedland allein den Abschluß des Friedens zu überlassen, da derselbe so unendlich wichtig für die Religion sei. Nach den Nuntiaturberichten sollte es scheinen, als habe das der Kaiser dem Beichtvater bereits zugestanden; allein aus diesem Gespräch sieht man, daß er seiner Sache noch nicht sicher war Que el generale no hiziese las paces sin communication y consentimiento suyo, porque seria en grave daño della religion catolica (18. Juli). Der päpstliche Nuntius schon am 18. Juni: il padre Lamerman fu assecurato che S. M. voleva examinare ed aggiustare le conditioni di detta pace senza lasciare l'arbitrio al Fridland. Ich verstehe, daß Lamormain, der damals zuerst durch einen Dritten der kaiserlichen Willensmeinung versichert war, directe Erklärung wünschte.. Eben dahin war seine Bitte an den Botschafter gerichtet, daß er den Kaiser zu diesem Versprechen vermöge, weil sonst der Religion der größte Nachtheil widerfahren könne. Wozu der Nuntius, der kein Freund der Spanier war, den Beichtvater aufgefordert hatte, dazu sollte nun der spanische Botschafter selbst mitwirken. Auch verstand er sich dazu. Er selbst urtheilte, als die Bedingungen ihm bekannt wurden, sie seien gegen Gott und die menschliche Vernunft.
Von der Gesinnung des Gesandten in Kenntniß gesetzt, suchte nun auch der Churfürst von Baiern durch ihn für seine Beschwerden über Wallenstein Gehör zu finden. Man begreift die widerwärtige Lage, in welche er durch die Abhängigkeit der ihm beigegebenen Mannschaften von den Befehlen Wallensteins gerathen war. Im Juli schickte er seinen Vicekanzler Richel nach Wien, um den Nachtheil, der daher entspringe, daß alles nach Einem Kopf dirigirt werde, bei Hofe vorzustellen; Wallenstein könne doch nicht allenthalben sein und lasse außerhalb Böhmens und Mährens den Feinden gleichsam freie Hand; wenn es bei der absoluten Kriegsdirection Friedlands bleibe, so sehe er seinen Untergang voraus, er müsse dagegen andere Mittel suchen. Maximilian wies den Vicekanzler ausdrücklich an den spanischen Botschafter »Dieweil man so viel Nachricht, daß Er, Ambassador, des Herzogs von Friedland Proceduren selbst nit approbirt, sondern ein groß Mißfallen daran hat.« Memoriale d. h. Instruction an Richel, 24. Juli 1633, im Staatsarchiv zu München., bei welchem derselbe auch eingehende Unterstützung fand, schon deshalb, weil sonst eine Abkunft Maximilians mit Frankreich zu erwarten war. Richel hat über eine solche eben in Wien mit dem dort befindlichen französischen Gesandten unterhandelt, der sich seinerseits über die Anwesenheit eines spanischen am bairischen Hoflager beklagte.
Mit Castañeda und Richel hielt der Hofkriegsrathspräsident Schlick zusammen. Der sagte: Richel sei eben zur rechten Zeit gekommen, um etwas auszurichten, denn auch den Freunden Friedlands beginne bereits ein Licht aufzugehen. Es ward schon als ein Zeichen der veränderten Stimmung betrachtet, daß man in einem Schreiben an Friedland den Ausdruck: man erinnere ihn, in den: man befehle ihm, veränderte, – das erste Mal, daß ein Befehl an Friedland erging, seitdem Schlick im Hofkriegsrath saß.
So erneuerte sich am Hofe zu Wien die Combination religiöser und weltlicher Interessen, gegen die Wallenstein vor drei Jahren erlegen war. Sie war jetzt in so fern zwar schwächer, als sie kein ligistisches Heer zur Verfügung hatte; aber dagegen gewann sie den Einfluß der Spanier für sich, die damals gegen sie gewesen waren. Castañeda nahm nicht gerade mehr Antheil an den religiösen, reichsständischen und bairischen Anliegen, als seine Vorgänger: aber die Spanier waren durch die eigenmächtige Politik Friedlands nun selbst aufgereizt. Sogleich damals ist von einer Absetzung Friedlands im vertraulichen Gespräch unverhohlen die Rede gewesen. Maximilian selbst hatte sich bei einem Besuche, den ihm Castañeda auf der Durchreise abstattete, in dem Sinne der Instruction Richels ausgesprochen. Seine Minister sagen, so berichtet Castañeda, wenn man Wallenstein nicht die Direction des Krieges aus der Hand nehme, so sei der Ruin Aller und des Reiches selbst zu erwarten Sus ministras sin recato dizen, que sino se le quitan las armas a Mequelenburg (unter welchem Namen Wallenstein bei den Spaniern meistens erscheint) que sera la ruina del imperio y de todos. Yo excuso quanto puedo tales platicas.. Am Hofe drückte man sich ebenfalls in diesem Sinne aus. Auch von Seiten der alten Freunde Wallensteins wurde Richel versichert, wenn sich derselbe nicht zur Zufriedenheit des Kaisers betrage, so werde man auf eine andere Abhülfe denken.
Castañeda hütete sich noch auf diesen Gesichtspunkt einzutreten, wie es auch Wallenstein zu keinem Bruch kommen ließ. Ein großes Ereigniß war, daß er die Verbindung Aldringers mit Feria zugab, – Castañeda ist besonders glücklich darüber, da er es sich selbst zuschreibt; – dann erfolgte der Entsatz der beiden Städte und der Sieg von Steinau; Castañeda gesteht wieder, daß man dem General Dank schuldig sei, wiewohl er bald hinzufügt, mit den guten Nachrichten seien so viele unangenehme verbunden, daß die Besorgniß sich schon wieder vermehre.
In diesem Augenblick langte Graf Oñate in Deutschland an (Ende October 1633). Er hatte einst die grundlegende Vereinbarung zwischen Ferdinand II. und dem spanischen Hofe zu Stande gebracht; er kam jetzt von der Seite des Cardinal-Infanten, den er aus Spanien nach Italien begleitet hatte, und war mit Instructionen des Königs versehen, die sich auch auf Wallenstein bezogen » uno de capitulos de mis instruciones«, wie Oñate in einem seiner Schreiben sagt.. Er sollte, ohne zu weit herauszugehen, die Meinung desselben über die laufenden Angelegenheiten erforschen und sich, wenn er es dienlich finde, mit ihm besprechen. Demgemäß und in Folge der Vorgänge von Steinau und Breisach nahm Oñate anfangs eine vermittelnde Haltung an. Im Einverständniß mit Eggenberg faßte er den Gedanken, daß über das Zusammenwirken der Streitkräfte des Kaisers und des Königs von Spanien ein allgemeiner Plan entworfen werden müsse, und zwar unter der Mitwirkung Wallensteins, ohne den nichts festgesetzt werden könne Ajustarse V. Md y el empr para desponer las fuerças a un mismo fin.. Eine Zusammenkunft beider Minister und des Generals wurde in Aussicht genommen – auch der Kaiser war dafür – und Wallenstein aufgefordert, einen Ort möglichst in der Nähe von Wien zu bestimmen, wo sie stattfinden könne.
Aber die Umstände lagen nicht so, daß sich die Zusammenkunft bald hätte ins Werk setzen lassen: und die mit dem Verlust von Regensburg zusammenhängenden Vorgänge bewiesen, daß man nicht viel davon erwarten durfte.
Oñate erschrak, wenn er nun vor Augen sah, wie abhängig der Kaiser und dessen Minister noch von Friedland waren, wie wenig dieser auf die Weisungen Rücksicht nahm, die ihm vom Hofe zukamen, wenngleich sie durch die Anmahnungen und Verwendungen des spanischen Agenten unterstützt wurden; er gab der Meinung Raum, daß Wallenstein bei seiner Kriegführung wie bei seinen Unterhandlungen nur seine eigensüchtigen, weitaussehenden und doch nach den Umständen wechselnden Absichten im Auge habe: der Kaiser komme dadurch in offenbare Gefahr, und in welchen Zustand gerathe das Reich! Die Churfürsten seien mißvergnügt und Wallenstein fast erfreut über ihre Bedrängnisse, da er ihnen noch nicht vergeben habe, was ihm vor drei Jahren in Regensburg begegnet sei Oñate in einem ausführlichen Schreiben vom 27. November: Donde nace el tener disgustados los electores y principes del imperio, no pesando le de verlos padecer., die Katholiken überhaupt tief heruntergebracht, die protestantischen Armeen im Besitz der Ueberlegenheit: von Wallenstein haben sie gelernt, wie sich der Unterhalt von Soldaten aus den Landschaften ziehen lasse. – Und unleugbar ist, daß die spanischen und die katholischen Interessen in dem oberen und dem westlichen Deutschland, während Wallenstein in Schlesien schlug, in den größten Nachtheil gerathen waren.
Vor allem ging die Forderung des Cardinal-Infanten und Oñate's dahin, Elsaß und Breisgau in guten Vertheidigungszustand zu setzen, da dies jetzt das einzige Mittel sei, um die Communication mit den Niederlanden aufrecht zu halten. Wallenstein sollte bewogen werden, die Fortdauer der Verbindung Aldringers mit Feria zu genehmigen; man wollte dann mit neuen Werbungen – denn nur aus Deutschland könne man Kriegsvolk ziehen – ein Heer aufstellen, mit dem man unter einem vom König zu ernennenden Feldherrn am Oberrhein den Franzosen zu begegnen im Stande sei Que se juntase alguna gente para formar en las partes del Rhin un exercito considerable. Aus den Papieren von Simancas ergiebt sich, daß er es schon 1631 beantragt hatte.. Es war ein Gedanke, den Olivarez schon vor ein paar Jahren geäußert hatte, mit dem er aber im spanischen Staatsrath nicht durchgedrungen war. Dieser Versäumniß schrieb er es zu, daß Frankreich in den Rheingegenden so mächtig geworden und die Verbindung zwischen Italien und Flandern, in der er das Heil der Monarchie sah, unterbrochen worden war: jetzt sollte sie auf immer befestigt werden.
Von Wallenstein war aber keine Einwilligung hierfür zu erlangen. Eine bewaffnete Macht in jenen Regionen wollte er auch deshalb nicht, weil dadurch ein Conflict mit Frankreich hervorgerufen werden könne, durch den er in seinen Verhandlungen mit den Protestanten gestört worden wäre. Gegen das Verbleiben Aldringers wandte er ein, daß er dessen Truppen vor Regensburg brauchen werde. In Kurzem war Oñate überzeugt, daß er weder von dem Kaiser, noch von dem General eine Beförderung seiner Absicht erwarten dürfe: auch wenn der Kaiser es wolle und Wallenstein es verspreche, geschehen werde es niemals.
Und eine noch umfassendere und weitgreifendere Differenz entstand über einen anderen Punkt. Die Ehe des jungen Königs von Ungarn und der Infantin Donna Maria wurde Anfang September 1633 mit einem Erben gesegnet und dadurch die dynastische Verbindung der beiden Linien wesentlich verstärkt. Schon im Jahre 1632 war Ferdinand III. von einer Partei zur Heerführung bestimmt gewesen, hatte sich aber bewegen lassen, Wallenstein sogar zu bitten, dieselbe zu übernehmen, freilich sehr wider seinen Willen und nur deshalb, weil Wallenstein es forderte und der Kaiser es wünschte. Jetzt aber, nachdem die Erbfolge gesichert war, verlangte er mit einem gewissen Nachdruck, mit dem Commando einer kaiserlichen Armee betraut zu werden. Der Kaiser, durch seine Kapitulation mit Wallenstein gebunden, konnte ohne dessen Einwilligung nicht darauf eingehen; der aber widersprach mit rücksichtsloser Entschiedenheit. Nicht als ob er ein persönlicher Feind des jungen Königs gewesen wäre; er ließ vielmehr vernehmen, er denke denselben binnen Jahresfrist zum römischen König zu machen; einen Antheil an der Heerführung aber ihm zuzugestehen, lehnte er ab. Er antwortete, der König sei sein geborener Fürst und Herr: er wolle ihm das Commando abtreten; aber ihn zum Genossen desselben annehmen, das wolle er nicht Que sus dilaciones y omissiones las enderezava a querer necessitar las armas de VM. – y a dejar al duque de Feria muy inferior al enemigo y expuesto a perderse. – .
Mit dem ungarischen Hofe waren die Spanier auf das engste durch den Capuzinerpater Quiroga verbunden, der sich bei der Vermählung der Infantin mit dem König besonders beflissen erwiesen hatte, allen Verzögerungen ein Ende zu machen, und jetzt bei ihnen die Rolle eines Beichtvaters und leitenden Rathgebers in kirchlichen und politischen Dingen spielte. Der König von Ungarn fühlte sich fast als ein Glied der spanischen Familie, seine Gemahlin war die Schwester des Königs und des Cardinal-Infanten. Das Interesse des Gesammthauses ging ihm über jede andere Rücksicht. Er hat es einst über sich gewonnen, den Spaniern als eine ihm von den Vertrauten Wallensteins hinterbrachte Nachricht mitzutheilen, daß dieser damit umgehe, ihre Truppen von dem Reich auszuschließen, und die feindlichsten Absichten gegen sie hege.
Die Spanier wünschten auf das dringendste seine Wahl zum römischen König, jedoch nicht unter Wallensteins Einfluß: denn dadurch würde er an die ihnen widerwärtigen Einrichtungen im Reiche, mit denen dieser sich trug, gekettet worden sein; – sie selbst wollten ihn durch ihre Verbindungen mit den katholischen Churfürsten dazu erheben. Man erstaunt, wenn man in den Briefen Oñate's liest, welcher Art diese Verbindungen waren. Von den Churfürsten empfingen zwei jeder 60,000 Scudos des Jahres, ein dritter 80,000; die Fürsten, welche verjagt waren, 40,000. Es kann nicht sehr auffallen, daß der junge Hof eine sehr ansehnliche Beisteuer empfing. Für den Kaiser selbst waren 50,000 Gulden des Monats zur Assistenz bestimmt. Um die obschwebenden Verhandlungen zu fördern, verlangte Oñate eine neue Geldbewilligung, deren er sich nach seinem Belieben bedient haben würde.
Ist das nicht wieder das System des Uebergewichts des spanischen Einflusses, gegen das sich einst Churfürst Moritz und Markgraf Albrecht erhoben hatten? Hauptsächlich durch Maximilian II. war es gesprengt worden; Rudolf hat es nie wieder aufkommen lassen wollen; – aber nunmehr erst sollte es zu voller Durchführung gelangen. Der junge König, die angesehensten katholischen Fürsten, der Kaiser selbst, empfingen spanisches Geld; die Erträge von Südamerika, durch welche die spanische Staatskasse allein zu diesen Aufwendungen fähig wurde, wirkten unmittelbar auf die deutschen Angelegenheiten ein. Mit den geistlichen Herren sind Verhandlungen gepflogen worden, um sie in ein Schutzverhältniß zu Spanien zu bringen, über dessen Bedingungen bereits verhandelt wurde, unter der Voraussetzung, wie sich versteht, daß ein stattliches Heer am Oberrhein aufgestellt, der Herzog von Lothringen wieder eingesetzt und die spanischen Niederlande, im Gehorsam erhalten, zum Stützpunkt der Unternehmungen gegen Frankreich, welche beabsichtigt waren, dienen würden.
Gewiß, man wollte die Franzosen verhindern, in das Reich einzugreifen, man wollte ihnen Trier und Lothringen wieder entreißen und sie vom Elsaß entfernt halten; aber wäre Deutschland darum freier von fremdem Einfluß geblieben? Die Reichsgewalt wäre gleichsam ein Bestandtheil der spanischen Macht geworden.
Darin liegt der principielle Gegensatz der Spanier mit Wallenstein, der seinen Kaiser auf die frühere Politik zurückführen, den Religionsfrieden wiederherstellen und die Fremden, auch die Spanier selbst, von dem Reich ausschließen wollte; es gab kaiserliche Räthe, die ihm darin beistimmten und von keinerlei Unterordnung unter die Spanier hören wollten; andere aber, durch die Eigenmächtigkeiten Wallensteins und die bedenkliche Lage der Angelegenheiten veranlaßt, gingen auf die demselben entgegengesetzten Tendenzen Oñate's ein. Eines Tages haben sie selbst den Gesandten ersucht, daß er mit ihnen gemeinschaftlich dem Kaiser über die Gefahren Vorstellungen machen möge, in die ihn das Verfahren Wallensteins stürze. Oñate vermied dies noch: er wollte das Ansehen nicht haben, unmittelbar in diese Dinge einzugreifen; aber eben damals, Mitte Dezember 1633, entschloß er sich doch zu einem Schritt, der nicht viel weniger bedeutete. Die Rede war von den Vorschlägen, welche Wallenstein gemacht hatte, im Einverständniß mit den protestantischen Churfürsten den Frieden in Deutschland herzustellen. Oñate sagte dem ersten Minister des Kaisers, Fürsten Eggenberg, mit feierlichem Ernst: wenn diese Vorschläge solche seien, daß dadurch die Sache Gottes, das Reich und besonders der Dienst des Hauses Oesterreich gefördert werde, so habe der König von Spanien nichts dagegen; er habe ihn, den Gesandten, vielmehr ermächtigt, in diesem Falle den Kaiser aufzufordern, dem General alle Gnade, die er wünsche, zu erweisen und seine Größe festzustellen; wenn das aber nicht der Fall wäre, und wenn aus diesen Vorschlägen Nachtheile für den Dienst der beiden Majestäten und die öffentliche Sache entspringen sollten, so würde die Gewährung eines solchen Verlangens sehr im Widerspruch mit der Freundschaft stehen, die sich der König von dem Kaiser, den er fortwährend unterstütze, versprechen dürfe: der König hoffe, der Kaiser werde seine Freundschaft den Extravaganzen des Herzogs von Friedland vorziehen 14. Dezember. El conformarse S. M. Ces. con la peticion nos pareceria muy ageno de la correspondencia, que V. M. se promete de S. M. Ces. y a las veras con que le asiste y le ha assistido en todas ocasiones..
Damit war, trotz einer gewissen Mäßigung des Ausdrucks, doch der volle Gegensatz ausgesprochen. Denn in den Vorschlägen, welche Wallenstein machte, lag die Summe alles dessen, was er den Sommer hindurch mit den Churfürsten von Brandenburg und Sachsen verhandelt hatte. Sie konnten nur dadurch auf legale Weise zur Geltung kommen, daß der Kaiser sie genehmigte; der spanische Gesandte aber kündigte ihm unumwunden die Freundschaft seines Königs auf, wenn er darauf eingehen sollte.
Niemand hatte eigentliche Kunde von diesen Verhältnissen. Allein man ahnte doch, daß ein unversöhnlicher Widerstreit ausgebrochen sei. Der päpstliche Nuntius bemerkt bei den Ausrufungen der Spanier über das Verhalten Wallensteins gegen Baiern: an diesem Land und seinem Fürsten liege ihnen nichts; ihre Absicht sei nur, dem Herzog von Friedland sein Generalat zu entreißen und den König von Ungarn ins Feld zu bringen Rocci, Dezember 1633: li Spagnuoli facevano la loro parte non tanto per senigio di Baviera, quanto per vedere deposto Friedland della carica di generale e mettere in campagna il re d' Ungheria..
Ob Wallenstein abdanken, oder ob er sich behaupten werde, das war jetzt die allen Irrungen zu Grunde liegende Frage. Aber sie betrifft bei weitem mehr, als etwa das Dienstverhältniß, die persönliche Stellung, oder selbst eine große Ausstattung: sie begreift ein Moment der deutschen Geschichte in sich, wenn ich nicht irre, seit dem schmalkaldischen Kriege und dem Religionsfrieden für die allgemeinen Verhältnisse das bedeutendste.
Ferdinand II. war freilich kein Carl V., Wallenstein kein Moritz von Sachsen; die großartigsten inzwischen eingetretenen Weltereignisse scheiden die Epochen; aber sie stehen doch in unmittelbarem Zusammenhang, und die großen Stellungen haben eine gewisse Analogie.
Niemand lebte, der die Idee des Kaiserthums in Bezug auf die kirchliche Gewalt, wie Carl V. sie hegte, wieder hätte aufnehmen können. Vollkommen einverstanden freilich war der Hof zu Wien auch jetzt nicht mit dem Papstthum; in den kaiserlichen Staatsmännern und Theologen war der Anspruch selbständiger Entschließung in kirchlichen Angelegenheiten unvergessen; aber dem stand der Einfluß, den der kaiserliche Beichtvater in dem Sinne der Herstellung des Katholicismus von jeher ausübte und, so eben von Rom her angefeuert, wieder errang, gegenüber.
Die Idee der spanischen Monarchie als solcher, neben dem Kaiserthum, war erst seit dem Tode des Kaisers, der sie beide umfaßte, in die Welt gekommen; unter den europäischen Kämpfen, die sich entspannen, war sie erst recht erstarkt. An und für sich hätte sie sich mit einem untergeordneten Bestehen der Protestanten vertragen; das Uebergewicht der katholischen Fürsten und Stände war ihr sogar unbequem, in so fern es im deutschen Reiche eine größere Einheit der Action hervorgebracht hätte. Damals freilich brauchten das die Spanier nicht zu besorgen. Durch ihre Verbindung mit den katholischen Reichsständen, die keinen anderen festen Rückhalt hatten, als den von ihnen dargebotenen, und den Druck, welchen sie durch die Interessen der Gesammtmacht des Hauses auf den Hof zu Wien ausübten, suchten sie sich der Reichsgewalt factisch zu bemächtigen. Ihre Aufstellung in dem westlichen Deutschland konnte nur unter diesen Bedingungen erreicht werden. Und wenn sich auch hiergegen in den kaiserlichen Räthen Widerspruch regte, so war er doch in der Dynastie selbst unvergleichlich geringer als vor achtzig Jahren. In jener Zeit hatte sich der Widerstand in dem Thronerben concentrirt: jetzt schloß sich der Nachfolger dem spanischen System an; die Politik des Hofes neigte sich offenbar zu ihm hin.
Dem nun stellte sich Wallenstein an der Spitze seiner Armee kraft der Selbständigkeit, die ihm gewährt worden war, in den Weg. Wie einst Churfürst Moritz, so ging er von der engsten Verbindung zu einer abweichenden Politik über. Er hatte nicht die hohe reichsständische Autorität des Churfürsten; aber wie dieser suchte er die norddeutschen Streitkräfte mit sich fortzureißen und war nahe daran es zu erreichen; wie dieser so machte auch er das Gleichgewicht der Bekenntnisse zur Grundlage seiner Politik: der kaiserliche General fühlte sich selbst noch weniger als der Churfürst Moritz auf die Wahrung der katholischen Interessen angewiesen, da die katholischen Fürsten, deren dieser nicht entbehren konnte, ihm feindselig gegenüberstanden, die protestantischen aber nur durch die volle Herstellung der Gleichberechtigung gewonnen und dann, wie Wallenstein noch hoffte, auch von den Schweden losgerissen werden konnten. Im Ganzen ermächtigt, verfuhr er im Besonderen sehr auf eigene Hand. Wallenstein war doch in seiner Jugend von den böhmischen Brüdern nicht so ganz zu den Jesuiten übergetreten, jetzt neigte er sich fast mehr zu den ersten, als zu den zweiten. Im äußersten Falle würde er selbst das ständische Interesse der Böhmen, das er einst bekämpft hatte, wieder zu dem seinen gemacht haben. So weit war er bereits gegangen. Zugleich ein ideales, auf die Befriedigung des größten Anliegens der deutschen Nation gerichtetes Bestreben und sein ehrgeiziges und unbotmäßiges, weitausgreifendes und reizbares Naturel hatten ihn dahin geführt, wo er stand. Er befand sich bereits nicht mehr innerhalb des strengen Begriffs der Loyalität. Er hatte die Linie, die dieselbe vorschreibt, durch Aeußerungen und Negotiationen, aber noch nicht durch Handlungen und Tractate überschritten: noch hatte er sein Verhältniß als Unterthan und General nicht aufgegeben. Und da er an dem kaiserlichen Hofe in politischer und religiöser Beziehung noch Anhänger und Freunde zählte, so konnte er hoffen und hoffte noch, für seinen Frieden mit den Churfürsten, der ein allgemeiner werden sollte, die Beistimmung des Kaisers auszuwirken und dem wachsenden Einfluß der Spanier zu widerstehen.