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Die Entscheidung lag darin, ob die protestantischen Reichsstände sich mit dem Könige von Schweden, obwohl er ein fremder Fürst war, vereinigen würden. Sie waren zunächst nicht dieser Meinung.
Im Angesicht der Verbindung der katholischen Stände und des Kaisers zur Durchführung des Restitutionsedictes hatte sich in den Protestanten die Absicht erhoben, eine Vereinigung dagegen zu bilden. Noch in Regensburg war sie gefaßt worden, dann waren die beiden Churfürsten, auf die alles ankam, Johann Georg von Sachsen und Georg Wilhelm von Brandenburg, in Annaburg zusammengetreten, um sie näher in Betracht zu ziehen. Unter den Räthen der beiden Fürsten gab es zwei Parteien, von denen die eine vor allen Dingen an dem Kaiser festzuhalten, die andere das evangelische Interesse unter allen Umständen zu behaupten anrieth. Besonders der brandenburgische Rath Götze, der eben von Regensburg zurückgekommen war, bewirkte, daß die letzte die Oberhand gewann: man müsse, sagte er, den Katholischen zeigen, daß man unrechte Gewalt nicht leiden wolle. Der Beschluß war, unverzüglich einen Convent der Evangelischen zu berufen, dann erst auf jene Tagfahrt nach Frankfurt, wo über ein Compromiß berathen werden sollte, einzugehen Heyne, der Churfürstentag zu Regensburg 174..
Wir untersuchen nicht, ob man sich ohne das Erscheinen des Schwedenkönigs dazu entschlossen haben würde? Die ganze Lage wäre eben eine andere gewesen. In Annaburg sagte Götze: man müsse sich der gegenwärtigen Occasion, die durch Schweden und die Staaten geboten werde, bedienen; – als aber gleich darauf ein schwedischer Oberst in Berlin erschien, um auf eine Vereinigung anzutragen, lehnte man das doch mit Entschiedenheit ab Chemnitz I, 114.. »Denn das Kriegsglück sei ungewiß, auch der König sterblich und der kaiserliche Hof fest in der Gewohnheit der Confiscationen und der Translationen der Fürstenthümer von einer Familie auf eine andere.«
Zunächst meinten die Protestanten noch im Stande zu sein, durch eine starke Haltung den Katholiken zu imponiren und den Schwedenkönig, auf den sie sich factisch lehnten, doch im Reiche nicht mächtig werden zu lassen. Ihr Ziel war die Herstellung des Bestandes und der Sicherheit der Evangelischen in Deutschland; der König von Schweden schien nicht mehr zu begehren.
In diesem Sinne wurde im März 1631 zu Leipzig eine zahlreich besuchte Zusammenkunft gehalten, in der doch endlich einmal der protestantische Name sich zu einem männlichen Beschluß vereinigte. Die Evangelischen erneuerten vor allen Dingen ihre Protestation gegen das Edict und forderten Zurücknahme desselben, so wie alles dessen, was von der Commission für die Ausführung desselben verfügt worden sei; zugleich aber beschlossen sie, sich zu ihrem Schutz in eine militärische Verfassung zu setzen. Die ihnen aufs neue angetragene Conjunction mit dem König von Schweden wiesen sie abermals zurück.
Mit ihrem Gesuch fanden sie bei den Katholischen, wie sich denken läßt, keinen Eingang. Die Stände der Liga beschlossen zu Dinkelsbühl, auf ihrer Auslegung des Religionsfriedens zu bestehen und sich lieber in neue Kriegsbereitschaft zu setzen, als davon zurückzutreten; der Kaiser gab über die eigenmächtige Bewaffnung der Evangelischen ein sehr lebhaftes Mißfallen kund.
Und indeß wurde das Gedränge der in Kampf begriffenen Gewalten immer stärker. Der König schloß nun erst ein förmliches Bündniß mit Frankreich zu Bärwalde, dem der Grundsatz des Gleichgewichts der beiden Bekenntnisse zu Grunde lag; dagegen wandte sich der Vorfechter des Restitutionsedictes, der ihn nicht zurückzudrängen vermochte, mit aller seiner Macht gegen Magdeburg, die schon durch ihre geographische Lage unendlich wichtige Vorderstadt, wie vor Alters so auch damals, für die Vertheidigung der Protestanten. Es gelang ihm, sie zu nehmen, ehe der König von Schweden fähig war, zu ihrem Entsatz herbeizukommen.
Sehr wahrscheinlich, daß zu dem Brande von Magdeburg, der dann erfolgte, von dem militärischen Befehlshaber, einem Deutschen in schwedischem Dienst, und selbst von den entschiedenen Mitgliedern des Rathes eine eventuelle Veranstaltung im voraus getroffen war. Es wäre ein früheres Moskau gewesen. Die Flamme bezeichnete den Punkt, bis zu welchem die nationale Verzweiflung getrieben war. Die wilde Wuth einer ungebändigten Soldateska verwandelte die blühende Stadt vollends in einen Schutthaufen. Nur die geistlichen Gebäude wurden gerettet und der katholische Gottesdienst im Dom erneuert.
Damit hatte aber das kaiserlich-ligistische Heer doch wieder einen Sieg davongetragen. Es gedachte nun, die von den Protestanten vorgenommenen Werbungen zu unterdrücken und wie durch eigene Werbungen, so besonders durch Heranziehung kaiserlicher Truppen aus Italien die volle Ueberlegenheit im Felde zu erlangen Aus den »Kriegsschriften« von 1820, ein Schreiben Pappenheims. Du Jarrys, der 30jährige Krieg, II, 85.. Zu diesem Zweck war dort endlich der Friede geschlossen worden – zu Chierasco, 26. April – auf Bedingungen, durch welche den Franzosen keine weiteren politischen Verpflichtungen auferlegt wurden. Die Kaiserlichen fügten sich, weil sie nur dadurch stark genug zu werden meinten, die Empörungen im Reiche niederzuschlagen und gegen den König von Schweden offensiv zu Werke zu gehen: »dann können wir« – ruft Pappenheim in einem seiner Briefe aus – »den Feinden noch diesen Sommer den Garaus machen. Gott gebe seine Gnade dazu.«
In dieser äußersten Krisis war es nun, daß die protestantischen Fürsten sich entschlossen, die Hülfe von Schweden anzunehmen.
Indem die kaiserlichen Truppen sich zuerst gegen die Gebiete von Hessen und von Thüringen, von welchen hundert Jahre früher die ganze protestantische Bewegung ausgegangen war, wendeten, um hier allem Widerstand ein Ende zu machen, schlossen die Fürsten, die ihre alten Erbeinungen wieder erneuerten, eine Allianz mit dem König, in welcher derselbe versprach, die Waffen nicht niederzulegen, ehe ihnen und ihren Landen in geistlichen und allen anderen Dingen Satisfaction zu Theil geworden sei. Als nun auch das Churfürstenthum Sachsen überzogen wurde, wie Johann Georg sich ausdrückt, »zuwider den hochverpönten Verfassungen des Reiches, besonders dem Religions- und Profanfrieden«, schwanden in diesem Fürsten alle Bedenken; er entschloß sich zur Conjunction der Truppen, die indeß in einer stattlichen Zahl aufgebracht waren, mit dem König.
Also in dem Augenblick, daß den Restitutionsexecutionen durch ein überlegenes Heer freie Bahn gemacht und die zum Widerstand gegen dieselben gesammelten Mannschaften auseinandergetrieben werden sollten, verbanden sich diese mit dem König von Schweden, um sich zu retten. Die Fürsten waren hierbei mit ihren Ständen und ihrem Volk einverstanden; unheilvoll erwies es sich nur, daß sie aus Rücksicht auf den Kaiser so lange gezögert hatten und auch jetzt nicht in Gesammtheit die Allianz auf wohlerwogene und allgemeine Bedingungen schlossen, sondern jeder einzelne so gut es möglich war. »Man hat Uns« – sagt Johann Georg, um seinen letzten Schritt zu rechtfertigen – »gleich als mit einer Fluth überschwemmen wollen, Feldmarschall Tilly von der einen, Feldmarschall Tiefenbach von der anderen Seite her; Altringer hat Uns den Rest geben und Unserem so hochverdienten Hause den Garaus machen sollen;« »aber« – fährt er fort – »der allerhöchste Gott hat diesen Rathschlag zu nichte gemacht: mit seiner starken Hand hat er Uns und Unsere Glaubensgenossen gerettet.«
Tilly hatte sich nunmehr mit den frischen kaiserlichen Heerhaufen verbunden, aber dagegen die Vereinigung zwischen Schweden und Sachsen nicht zu hindern vermocht, vielmehr dieselbe veranlaßt.
Die Feldschlacht von Breitenfeld erfolgte, – eine von den Bataillen, die durch ihre Folgen entscheidend geworden sind. Alles, was seit einem Jahrzehnt geschehen, war die Wirkung der Schlacht am Weißen Berge. Breitenfeld war, wenn wir so sagen dürfen, die Antwort darauf. Die beiden Heere, welche Deutschland bisher niedergehalten, dem Katholicismus und dem Kaiserthum zurückzugeben versucht hatten, waren mit Einem Schlage erlegen! Die beiden anderen, die den Protestantismus repräsentirten, erfochten den Sieg und wendeten sich nun in verschiedenen Richtungen, das eine gegen das Reich, das andere gegen die Erblande.
In Kurzem warf der König von Schweden lothringische und spanische Heerhaufen auseinander; er beherrschte den rheinischen und fränkischen Kreis.
Ueberall, wo er erschien, flüchteten die Männer der katholischen Restauration, und die Evangelischen säumten nicht die ihnen entrissenen Güter in Besitz zu nehmen; die Predigten begannen wieder, selbst die niedergedrückten Bauern in Oberösterreich regten sich; mit der Ausführung des Edictes war es auf Einmal vorbei. Hier und da haben schwedische Geistliche an der Herstellung der Gebete der augsburgischen Confession Theil genommen; von den geistlichen Fürsten war der, welcher die Hauptschuld an dem Gange der Dinge im letzten Jahre gehabt hatte, der Erzbischof von Mainz, der erste, der den Rückschlag fühlte; er mußte seine Hauptstadt verlassen. Wenn dann unter diesen Umständen der Gedanke an eine neue Kaiserwahl aufgenommen ward, so meinte man, Gustav Adolf werde sich von den protestantischen Churfürsten zum römischen König wählen lassen: die Stimmen von Sachsen und Brandenburg seien ihm wahrscheinlich sicher; Rex Fridericus von Böhmen werde ihm durch die böhmische und die pfälzische Stimme zugleich die Mehrheit in dem Churcollegium verschaffen.
Denn wo die Kriegskräfte zugleich allgemeine Tendenzen repräsentiren, kann der Ausschlag einer Schlacht über die Zukunft der Welt entscheiden.
In der Bedrängniß, welche jetzt so unerwartet nach der andern Seite hin eintrat, einer Gefahr nicht allein für das kaiserliche Ansehen, sondern für das Haus Oesterreich, wandte der Kaiser nothwendig seine Augen auf Wallenstein.
Welches war nun aber dessen Haltung und persönliche Politik in der damaligen Verwickelung?
Niemand hatte außer den Nächstbetheiligten eine Ahnung davon; aber durch diese, und zwar den Zwischenträger, der dabei gebraucht wurde, selbst, erfährt man mit einer Genauigkeit über Tag und Stunde und fast den Wortlaut der Mittheilungen, die über die Thatsache keinen Zweifel übrig lassen, daß Wallenstein mit dem König von Schweden selbst in Verbindung getreten war »Gründlicher und wahrhaftiger Bericht von mir Jaroslaw Sesyma Rasin von Riesenburg, der von 1630 bis 1634 geht – was zwischen Adam Erdmann Trèka, dem Friedlande, H. Matthias Grafen von Thurn und dem König von Schweden durch mich tractirt worden: 1635.« Diese Mittheilungen überhaupt, die von Förster als ein Gewebe von Lügen betrachtet worden sind, treffen mit anderweit bekannt gewordenen Umständen und später archivalischer Erhebung so genau zusammen, daß ihre Authenticität angenommen werden muß. Man hat darüber einzelne urkundliche Nachweisungen von Helbig, Fiedler, Dudik. Vgl. die eingehende Anmerkung bei Hurter: Wallensteins vier letzte Lebensjahre, 97..
Die Sache wurde von Böhmen her angeblich durch Graf Adam Trèka und dessen Mutter, eine alte Dame, welche mehr Verstand und Entschluß hatte als der Sohn, eingeleitet und in dem schwedischen Lager durch Matthias Thurn gefördert. Der König, der bei der ersten Eröffnung die Augen verwundert aufthat, ging doch darauf ein und ließ vernehmen, wenn Wallenstein zu ihm übertrete, so wolle er, der König, für ihn alles thun, was er begehre.
Man begreift, wie viel dem Einen und dem Andern an einer Verbindung gelegen war. Wallenstein, der seinen Anspruch an Mecklenburg festhielt und seinem Nachfolger im Commando die Hülfsmittel des Landes zur Verfügung gestellt hatte, sah doch bald, daß dieser es nicht vertheidigen würde; man sagte in seiner Umgebung, der Kaiser habe kein Glück mehr, den Schweden falle ein Platz nach dem andern in die Hand. Die ohne seine persönliche Theilnahme oder doch Gewähr vermittelte Erklärung des Königs erwiderte Wallenstein mit dem Erbieten, zu dem König zu stehen, sobald Zeit und Gelegenheit es erlaube. Darauf sprach Gustav Adolf die bestimmte Versicherung aus: da der Herzog von Friedland dem Kaiser entfremdet sei, ihm gegen seine Feinde beizustehen, und ihn in allem zu »manuteniren«. Wenn es der König hoch anschlug, den General von großem Namen, der zugleich eine so außerordentliche Stellung in den kaiserlichen Erblanden einnahm, für sich zu gewinnen, so gelangte dagegen Wallenstein durch das Versprechen, das der siegreich vordringende König ihm gab, ihn in seinen Ansprüchen gegen seine Feinde zu behaupten, zu einer Sicherheit für alle Wechselfälle, deren er begehrte und bedurfte. Man schreibt ihm das Wort zu: sie sei ihm so lieb wie die Welt. Eine schriftliche Erklärung hat er auch dann nicht gegeben; er wiederholte nur noch nachdrücklicher, wenn er seine Zeit ersehe, werde er von dem Kaiser und dessen Hause abfallen. Das war noch vor dem Bündniß Johann Georgs mit Schweden. Wallenstein rieth dem König, sich unter allen Umständen mit dem Churfürsten zu vergleichen, und dann auf Tilly loszugehen: würden ihm dann etwa 12,000 Schweden unter dem alten Practicus, dem Grafen Thurn, mit dem er schon übereinkommen werde, zuziehen, so solle der König sehen, was sie für ihn thun würden.
Welch ein Ereigniß war nun die Schlacht von Breitenfeld auch für Wallenstein!
Eine Conferenz sonderbarster Färbung hat darauf zwischen Adam Trèka, dem Berichterstatter, und dem Herzog von Friedland in dem Gartenhause des Grafen Maximilian Wallenstein stattgefunden. Man sah ein paar Jesuiten im Garten spazieren gehen. »Wir sollten sie mit zu Rath nehmen«, sagte der Herzog, der in seiner besten Laune war. Er erging sich dann in Ausrufungen über den Ausgang der Schlacht. Wie sei da Tilly, der bisher einen guten Namen gehabt, so plötzlich um alle Reputation gekommen; »wenn mir das begegnete, ich nähme mir selbst das Leben: aber es ist gut für uns.« Dann überließ er sich seinen anti-ferdinandeischen Phantasien über die Zukunft. Wenn der König ihm Truppen schicke, wolle er bald die alten Offiziere des kaiserlichen Heeres, denen er viel Gutes gethan, an sich ziehen: er werde die Güter der Jesuiten und ihrer Anhänger den Soldaten geben. Die größte Thorheit, daß die Böhmen ihre Feinde Martinitz und Slawata nur aus dem Fenster geworfen: man hätte ihnen den Degen durch den Leib rennen sollen. Er vermaß sich, den Kaiser nach Italien jagen, das Haus Oesterreich-Spanien von Grund aus verderben zu können. Die Rede ist davon gewesen, daß Gustav Adolf 12,000 Mann mit 12 Stück Geschütz an Wallenstein überlassen und dieser, zum Vicekönig von Böhmen ernannt, den Krieg in den Erblanden in seinem eigenen Namen führen sollte Aus einem Schreiben von Thurn, mitgetheilt von Fiedler in dem Jahrbuch für vaterländische Geschichte, 1861.. Dagegen möge auch der König mit den Franzosen sich nicht zu tief einlassen; er möge die Feinde in Deutschland mit der Wurzel ausrotten, denn sonst sprösse die Weide allemal wieder auf. Wallenstein verrieth die Idee, mit Gustav Adolf den Austrag der Angelegenheit ohne Rücksicht auf Oesterreich und Frankreich in die Hand zu nehmen und die alten Gegner – er nannte den Churfürsten von Baiern ausdrücklich – seine Rache fühlen zu lassen. So die weitausgreifenden Anträge des Generals: warum ist der König nicht darauf eingegangen? Durch sein Bündniß mit Frankreich war er nicht allein dieser Krone verpflichtet, er hatte selbst versprochen, den Katholicismus zu sichern und sich mit den Fürsten der Liga zu befreunden. Eben in seinem Zuge nach den Rheinlanden begriffen und neuen zahlreichen Feinden gegenüber, konnte er eine so starke Abtheilung seines Heeres nicht entbehren und an ein Unternehmen wagen, das doch noch ein abenteuerliches Aussehen hatte. Er verwies den General auf die Sachsen und ihren Führer Arnim, der damals mit etwa 18,000 Mann noch in den Sechs Städten lagerte. Wallenstein hätte gern ein paar sächsische Regimenter bei dem schwedischen Volk, das zu ihm kommen sollte, gesehen, um der Sachsen Meister zu bleiben und dann zu unternehmen, was ihm rathsam erscheine, und sich darüber mit dem König zu vertragen. Wie verschieden aber war es, wenn sie selbständig und stark unter einem Führer, von dem man wußte, daß er des Königs Freund nicht sei, nach Böhmen vorrückten. Wallenstein gab ein lebhaftes Mißvergnügen kund: da der König, sagte er, zurücktrete, nachdem die Sache schon so weit gekommen, so müsse etwas Anderes geschehen: die veränderten Umstände erweckten ihm andere Gedanken, er wünschte nun selbst, daß Arnim nur sobald wie möglich nach Böhmen käme, und bot die Hand dazu, daß die Sachsen Prag einnahmen.
Wenn jemals ein Anderer, so lebte Wallenstein fortwährend in der Anschauung und dem Mitgefühl der großen politischen Gegensätze und ihres Kampfes. Sein Sinn ging von Natur dahin, in ihrer Mitte sein eigenes Interesse und seine eigenen Gedanken geltend zu machen. Wenn er sich von dem Hause Oesterreich, seitdem er in Regensburg den Gegnern aufgeopfert worden war, in seinem Herzen geschieden und seine Interessen selbst im Bunde mit den Schweden geltend zu machen entschlossen hatte, so hinderte ihn das nicht, mit demselben auch wieder anzuknüpfen, sobald er unter Umständen, die es für ihn selber rathsam erscheinen ließen, dazu aufgefordert wurde.
Niemals war er in erklärter Ungnade gewesen. Der Kaiser bezeichnete ihn auch nach seiner Entlassung als einen obersten Feldhauptmann; er zog ihn, wie er sich dies von Anfang an vorbehalten hatte, mehr als einmal zu Rathe; – eben die Fortschritte des Königs von Schweden gaben dazu schon im Laufe des Jahres mannichfachen Anlaß.
Die Combination, welcher der Kaiser in Regensburg nachgab, hatte nach Verlauf von kaum einem Jahre zu dem Ruin geführt: wie hätte er sich nicht an den damals Gestürzten, mit dem das Glück von ihm gewichen war, zurückwenden sollen?
Noch entschiedener sahen die Spanier die Sache aus ihrem Gesichtspunkt an. Die Abdankung Friedlands war ganz gegen ihren Willen geschehen; denn eben in einem Augenblick war sie erfolgt, in welchem derselbe den Krieg in Italien zu führen sich gewillt zeigte; zu wiederholten Malen versicherte ihn König Philipp IV. seiner fortdauernden Gnade. Die spanischen Staatsmänner mißbilligten die Abkunft mit Frankreich, zu der sich der Kaiser unter dem Einflusse der deutschen Churfürsten verstand. In dem Könige von Schweden sahen sie mit richtigem Gefühl einen Verbündeten der Franzosen.
So ist auch der Friede zu Chierasco auf der Grundlage der Capitulation von Regensburg nicht ohne den Einfluß des Beichtvaters in stetem Widerstreit mit dem spanischen Gesandten geschlossen worden. Die Ausführung desselben ward von den Spaniern bei jedem Schritt erschwert und gehindert.
Gleich damals – im Mai 1631 – forderten sie die Herstellung des Herzogs von Friedland in sein Generalat und versprachen eine Million zu zahlen, um ein neues Heer zu werben. Es war ihnen unerträglich, daß das kaiserliche Heer unter dem Oberbefehl Tilly's in dem ligistischen aufzugehen schien. Die enge Verbindung des Papstes mit den Ligisten, denen er kirchliche Zugeständnisse machte, war ihnen auch deshalb widerwärtig, weil sie den Einfluß Frankreichs auf die Liga vermittelte.
Die Spanier hatten bereits wieder den Fürsten Eggenberg auf ihrer Seite, der den Franzosen ihre Nichtbestätigung der ursprünglichen Capitulation und ihre derselben zum Trotz nun erst recht in Gang gesetzte Verbindung mit den Schweden zum Vorwurf machte. Man sah allmählich auch in Wien in dem Verhalten der Franzosen nur eben die bitterste und hinterlistigste Feindseligkeit » Nè mancavano i medesimi Spagnoli di fare continuamente nell' animo di Sua Maestà maggiore impressione con dire, che nel Convento di Ratisbona non potevasi pigliare peggiore risoluzione, che di levare al Duca di Fridland il carico di Generale, perchè dicevano, che tanto i Principi di Germania, quanto i altri Potentati erano uniti ad abbassare la Casa di Austria, ed in caso di repentina morte di Sua Maestà Cesarea dubitavano che l'Elezione potesse cadere nello stesso Baviera.« Depesche des päpstlichen Nuntius Rocci. – » Il Duca di Tursi, che mal volontieri sentiva tal richiamata, fece istanza, che si rimettesse il Duca di Fridland nel carico di Generale, e in tal caso egli prometteva, che il re cattolico darebbe un millione per assoldare nuove genti.« Rocci, 22. Mai 1631. – Derselbe 26. April: » Gli Spagnuoli promettono all' Imperators due millioni per opporsi allo Sueco, che fa grandissimi progressi, e si lascia intendere di volere presto essere sotto Vienna, e l'Imperatore si ritrova senza denari e sebbene Sua Maestà è di ottima volontà in voler dare l'Investitura, con tutto ciò per la necessità, che hora ha de Spagnuoli, e per essere corrotti molti di questi Ministri da medesimi Spagnuoli – fanno fare ciò che vogliono all' Imperatore.«.
Unter den entgegengesetzten Einreden Derer, die allen Nachtheil von der Abdankung Friedlands herleiteten, und der Anderen, welche dieselbe befördert hatten, so zu sagen der kirchlichen und dynastischen Partei, war dem Kaiser oft sehr trübe zu Muthe; er zeigte sich melancholisch-unentschlossen, bis dann wieder neue Ereignisse ihn erweckten.
In dem Umschlag des Glückes lag auch deshalb eine große Gefahr, weil die Ligisten es dem Kaiser übel nahmen, daß er seine Truppen nach den Erblanden berief; nach alledem, was sie für ihn gethan, gebe er sie dennoch den Schweden preis. Ihre einzige Rettung sahen sie in dem Schutz von Frankreich, den sie selbst ohne Einwilligung des Kaisers nachsuchten.
Welch ein Zustand war das aber für das Haus Oesterreich und dessen Zukunft! Wenn man den Lutheranern zutraute, Gustav Adolf zum römischen König erheben zu wollen, so regte sich jetzt die Besorgniß, von den Franzosen und der Liga sei der Churfürst von Baiern zu dieser Würde bestimmt.
In dieser doppelseitigen Gefahr, zwischen den von verschiedenen Seiten her entgegenstrebenden Weltmächten, erschien es nun als die dringendste Nothwendigkeit für das Haus Oesterreich, sich wieder für sich selbst zu bewaffnen.
In dem Augenblicke, daß die Sachsen in Böhmen eindrangen und die Bevölkerungen im protestantischen Geist sich regten, wurde es doppelt dringend, die Reste des alten Heeres zu verstärken oder vielmehr ein neues ins Feld zu stellen. An vielen Stellen versuchte man Werbungen; aber sie gewannen keinen rechten Fortgang. Als der einzige Mann, der fähig sein würde, sie in Gang zu bringen, ein Heer zu sammeln, erschien Wallenstein. Alle seine alten Freunde regten sich für ihn; er war in diesem Augenblicke wieder der Mann der spanischen und dynastisch-eifrigen Partei.
Und wenn man dann am kaiserlichen Hofe zunächst den Wunsch hegte, mit dem altverbundenen Hause Sachsen, das nur so höchst ungern zu dem König von Schweden getreten war, wieder anzuknüpfen, so meinte der Kaiser, dazu werde die alte intime Bekanntschaft Friedlands mit dem Feldmarschall der Sachsen, der früher unter demselben in kaiserlichen Diensten gestanden hatte, Arnim, am leichtesten die Gelegenheit darbieten. Arnim nahm soviel Rücksicht auf seinen alten General, daß er dessen böhmische Güter und Besitzungen gegen alle Unbill der Soldaten in seinen Schutz nahm.
Dieses Verhältniß zu ergreifen war nun Wallenstein auch aus eigenem Antrieb entschlossen. Ende November 1631 kam es zwischen ihnen zu einer Zusammenkunft im Schlosse Kaunitz, auf dem halben Wege zwischen Prag, wo sich Arnim, und Pardubitz, wo sich damals Wallenstein aufhielt.
Man hat davon nur erfahren, daß da von der Beruhigung der Landbevölkerung und dem Frieden im Allgemeinen die Rede gewesen sei Vgl. B. Dudik, Waldstein S. 160.. Dabei sind aber ohne Zweifel auch die allerwichtigsten Verhältnisse wenigstens berührt worden. Unmittelbar nach der Besprechung gab Wallenstein seine veränderte Gesinnung unumwunden kund. Bisher hatte er sich verschworen, dem Kaiser niemals wieder zu dienen, selbst nicht wenn er seine Seele dadurch aus dem Abgrund der Hölle retten könnte; jetzt erklärte er sich bereit das Generalat anzunehmen. Denn da nicht die Schweden, sondern die Sachsen in Böhmen seien, so müsse er die Sache in anderer Art und Weise führen So äußerte er sich gegen den Vertrauten Bubna, von dem es Sesyma erfuhr: »Die Sache müste auf eine ander Formb gehen.«; er werde das Regiment in die Hand nehmen und um so besser durchführen können, was seine Intention sei.
Von den Anwandlungen, mit den Schweden gegen den Kaiser anzugehen, trat Wallenstein schroff und mit Einem Mal zu der Entschließung über, die Heerführung gegen die Schweden zu übernehmen. Sesyma versichert, er habe seitdem keine Aufträge mehr an den König bekommen. Die einverstandenen Böhmen schlossen sich dem General auch in dieser Richtung an.
Es war keineswegs persönliche Hingebung für den Kaiser, weder dynastische noch religiöse Sympathie für das Haus Oesterreich, was Wallenstein bewog, den Commandostab noch einmal zu ergreifen, sondern die bewußte Absicht, die Entscheidung der großen Angelegenheiten in seinem Sinne herbeizuführen.
Wallenstein war an sich darüber hinaus, einen Dienst anzunehmen, sei es als Vasall oder gegen Besoldung; wenn er aber das nun doch zu thun sich entschloß und seine Sache nochmals mit der des Kaisers verband, welche Aussichten des Gelingens boten sich ihm dar?
Vor Allem, wie durfte er erwarten, das österreichische Interesse, dem er sich anschloß, gegen Frankreich, welches im Bunde mit Schweden und Holland stand und von einem Staatsmann ersten Ranges geleitet wurde, aufrecht zu halten? Gerade damals schien es noch möglich. Eine Zeit trat ein, in der sich in Frankreich ein allgemeiner Mißmuth gegen die Verwaltung Richelieu's hervorthat; die öffentliche Meinung war für den präsumtiven Thronfolger, Gaston von Orleans, und die Königin Mutter: und noch einmal erhob sich ein Mann, der selbst den Ehrgeiz gehabt hätte, sich mit Gustav Adolf zu messen, der letzte Montmorency, an der Spitze der Stände von Languedoc, um zunächst das alte Frankreich der Privilegien zu vertheidigen. Der Allianz zwischen dem Vorkämpfer der Monarchie in Frankreich, den Holländern und dem König von Schweden trat eine andere zwischen den Spaniern, den ständischen damals populären Tendenzen in Frankreich, Gaston und der Königin Mutter entgegen, welche auf Erfolg rechnen konnte, wenn sie militärische Unterstützung in Deutschland fand.
Wie so ganz würde dann auch der Rückhalt weggefallen sein, den Baiern und die Liga, wie man durch intercipirte Schreiben erfuhr, an der französischen Regierung zu finden hofften! Vergebens bemühte sich der bairische Gesandte in Wien, nicht sie in Abrede zu stellen, aber mit den Beweisen von Feindschaft zu entschuldigen, welche Baiern noch an dem letzten Churfürstentage von Spanien erfahren habe.
In diesen Tagen war von einer Neutralität Baierns im Kampfe Schwedens und der Protestanten gegen den Kaiser die Rede, in welcher der Führer der Liga sich verpflichten sollte, das nördliche Deutschland in den Stand herzustellen, welcher vor den Unruhen stattgefunden habe Vgl. Mailath, Oesterreichische Geschichte III, 276; vornehmlich Khevenhiller XII, 72. – Die Absicht des Königs, wie er den brandenburgischen Gesandten erklärte, war, »daß durch solche Neutralität der niedersächsische Kreis und andere den Evangelischen Ständen zustehende Placen geraumet und der Liga Volk von der kaiserlichen Armee separirt werden konnte.«. In welche Lage wäre der Kaiser gerathen, wenn durch Schweden und Frankreich ohne ihn ein Austrag der wichtigsten Irrungen zwischen den deutschen Fürsten durchgeführt worden wäre? Beide Parteien würden von der großen Combination gegen ihn und sein Haus ergriffen, er würde seiner kaiserlichen Autorität factisch entsetzt worden sein. Schon aus dieser Rücksicht wurde es für ihn unerläßlich, auf die Beseitigung der vornehmsten Ursache des Zwiespaltes, die in der Einziehung der geistlichen Güter lag, selbst Bedacht zu nehmen. Darin lag nun aber zugleich das vornehmste oder einzige Mittel, zu der Pacification mit Sachsen, die man auf das sehnlichste wünschte, zu gelangen. War es doch nur das Edict über die Rückgabe der geistlichen Güter, was den Bruch des Churfürsten mit ihm veranlaßt hatte. Von dem Kriege ließ sich auch unter der Führung Wallensteins nichts erwarten, wofern nicht der Zwiespalt, der sich zwischen Sachsen und dem Kaiser erhoben hatte, beseitigt wurde. Man durfte mit Grund voraussetzen, daß der Churfürst von Sachsen eine Concession des Kaisers einer Abkunft mit Frankreich und Baiern vorziehen würde.
Als nun Fürst Eggenberg, der schon immer gemäßigte Meinungen gehegt und nur, beugsam und nachgiebig wie er war, in Regensburg einer ihm selbst feindseligen Faction nachgegeben hatte, im December 1631 nach Znaim kam, um Wallenstein zur Uebernahme des Generalates zu überreden – was ihm denn auch gelang, wenngleich sich Wallenstein nur auf einige Monate verpflichtete, um zuerst nur die Armee neu zu formiren –, so hing alles davon ab und ist die vornehmste historische Frage, ob von dieser Vorbedingung die Rede gewesen ist.
Für die Forschung, welche auch hier von der Darstellung nicht abgelöst werden kann, bilden mündliche Verhandlungen eine besondere Schwierigkeit. Was Eggenberg mit dem General besprochen hatte, darüber hat er dem Kaiser auch nur mündlich referirt. Doch entnehmen wir aus einer anderen nur wenige Wochen späteren Verhandlung mit Sicherheit, was nach meinem Dafürhalten jeden Zweifel hebt. Am 28. Januar 1632 hatte der Freund und Vertraute Wallensteins, Trèka, in dessen Namen eine Zusammenkunft mit Arnim in Außig: er versicherte ihn nicht allein der Friedensliebe des Kaisers, sondern gab ihm auch Nachricht von der Hauptconcession, zu der sich der Kaiser verstehen würde: sie betraf die Aufhebung des Restitutionsedictes. Eggenberg hat sie im Namen des Kaisers dort zu Znaim ohne Zweifel mündlich gegeben, und nur mündlich konnte sie mitgetheilt werden; sie ist ohne Rückhalt, von weitem Umfang Authentische Notiz im Archiv zu Dresden: »Worauff gedachter Feldmarschalch sich nachher Außigk erhoben, allda auch der Herr Terzkj auf den 18. d. M. Januarii angelangt, vnd hette er, Terzkj, nach gemachtem eingangk von der Keyserlichen Majestät friedliebenheit lenglich erzehlet, und darueber berichtet, es were der Herezog zu Friedland vor etlichen wochen bei dem Fürsten von Eggenbergk gewesen, welcher vermeldet, daß Ihre Keyserl. Majest. zu einem allgemeinen Frieden ganz wol incliniret, Wuenschten von Hertzen, daß die Vnruhen dermahleinsten allerseits gestillet, der Universal-Friede sicher restauriret, und allenthalben gutes vertrawen, correspondenz und Gott wolgefellige Einigkeit wiederumb gepflanzet und aufgerichtet werden möchte, hette auch darbey zu erkennen geben, wie Ihre Keyserl. Majest. zu Aufhebung dero ausgelassenen edicts, die Geistlichen Güter p. p. belangende, wohl verstehen, und alles der Geistlichen Güter halber in vorigen standt, darinnen es vor dem edict gewesen, restituiren würde.«. In Bezug auf die geistlichen Güter sollte alles in den Zustand wiederhergestellt werden, wie es vor dem Erlaß des Edictes gewesen war. Es war die Concession, durch welche Wallenstein in den Stand gesetzt wurde, das Commando mit einiger Hoffnung auf Erfolg zu übernehmen; die größte Schwierigkeit, die ihm bisher im Wege gestanden, und von der er alles eingetretene Unglück herleitete, wurde dadurch weggeräumt.
Mußte er aber nicht fürchten, daß dennoch, sobald ein Schritt in dieser Richtung geschähe, sich die geistliche und ligistische Faction ihm abermals entgegensetzen und alles zu seinem eigenen Nachtheil wenden würde?
In der Instruction, welche Eggenberg für seine Verhandlung nach Znaim mitgegeben wurde, waren die bündigsten Versicherungen dagegen enthalten. Der Kaiser band sich für damals und für die Zukunft die Hände. Er sei und bleibe des Vertrauens, sagt er, daß der General das nämliche Verhalten, mit dem er bisher seine Zufriedenheit erworben, auch in Zukunft beobachten werde; er wolle deshalb keine besondere Instruction aufstellen, er verlasse sich auf seine Geschicklichkeit und Treue. Weder durch den Beichtvater, dem der Kaiser darüber seinen Willen kund geben wolle, noch durch Andere solle der General in seinem Dienste und seinen Handlungen gestört und gehindert werden; sollte demselben ja von Widerwärtigen etwas Widriges begegnen, so brauche er sich nur an den Kaiser selbst zu wenden: der werde dafür sorgen, daß ihm von Jedermann Genugthuung gegeben werde. Die Worte schienen die Ermächtigung zu enthalten, daß er sich inzwischen auch selbst helfen könne »Und da auch sonst Sache wäre, daß dieser Declaration zuwider I. F. L. (dem General) was widriges sich eraigne oder begegne, oder etwa böse Officia durch widerwertige Leuth wollten eingewandt werden, sy alsdann jedesmal zu uns und des Königs L. iren Recurs haben, auch ihre selbst zuetringende Ungelegenheit werden abhelfen können und mögen; maassen wir denn in allem dahin sehen und gedenken werden, solche Anstalt zu machen, damit I. des Herzogs von Mecklenburg L. von Jedermänniglich aller Gusto und Satisfaction gegeben werde.« Instruction in unserm Namen anzubringen: bei Dudik, Waldstein etc. S. 174..
Vollkommener kann ein Fürst sein unbedingtes Vertrauen nicht aussprechen, noch sich zur Fortsetzung desselben stärker verpflichten. Die politische Direction, in deren Folge Wallenstein verabschiedet worden, wurde verlassen, und eine andere eingeschlagen, die nicht mehr von geistlichen Einflüssen abhängen sollte.
Wenn Wallenstein mit der Annäherung an Schweden einen Rückhalt gegen seine Widersacher am Hofe, die seinen Ansprüchen sowie seinen Ideen entgegentraten, gesucht hatte, so brauchte er denselben nach diesen durchgreifenden Erklärungen des Kaisers nicht mehr.
Nur mußte dafür gesorgt werden, daß nicht ein Bruch mit der Liga veranlaßt und diese vollends auf die Seite von Frankreich getrieben wurde. Der General hat seinerseits versprochen, mit den katholischen Fürsten ein gutes Vernehmen zu beobachten, namentlich dem Churfürsten von Baiern den ihm gebührenden Respect zu beweisen. So wurde diesem ausdrücklich versichert; er war sehr zufrieden damit.
So trat Friedland nun wieder als Capo d'Armada (General en Chef) der kaiserlichen Truppen auf; die Generale wurden angewiesen, seinen Anordnungen Folge zu leisten; auch Tilly meinte, nicht sich dem zu widersetzen.
Das Vertrauen der Menschen auf die Zukunft bedarf nun einmal eines großen und bewährten Namens. In der Armee ward die Wiedererhebung Wallensteins mit allgemeiner Freude begrüßt. Für ihre Ergänzung war sein Wort unentbehrlich; und er konnte wieder das ihm angeborene organisatorische Talent entwickeln, da die spanischen Subsidien jetzt wieder flüssig wurden. Bei einzelnen Posten der Ausgaben für die Armee, deren Verzeichnisse vorliegen, werden sie ausdrücklich genannt; auch andere werden durch sie bestritten worden sein: ohne Zweifel bildeten sie die vornehmste Hülfsquelle. Nach einigen Monaten hatte der Kaiser wieder eine ansehnliche Armee im Felde.
Nicht ganz unbedingt war sie der Verfügung des Generals anheimgegeben. Wie von den Obersten die Hauptleute angenommen wurden, so hingen die Obersten von dem Generalissimus ab; er konnte sie nach seinem Gutdünken einsetzen; nicht so die höheren Befehlshaber. Es leuchtet ein, daß Männer, wie Gallas, Aldringer, Marradas, Tiefenbach, welche unabhängig von ihm kommandirt hatten, ihm nicht in dem Grade unterworfen sein konnten, wie die Obersten, die er jetzt herbeizog. Für die Einsetzung der Generale hatte Wallenstein nur die Vorschläge zu machen; die Ernennung behielt der Kaiser sich vor Capitulation, bei Dudik 182..
Die strategische Führung bekam der Generalissimus vollkommen in seine Hand. Man hatte ihm angemuthet, den jungen König von Ungarn mit ins Feld zu nehmen, und ihm versichert, daß dieser selbst und seine Umgebung sich in allen Fällen ihm vollkommen anschließen und ihm Folge leisten würde; der junge Fürst sollte nur den Krieg bei ihm lernen. Wallenstein hielt es jedoch für besser, dies zu vermeiden; die Anwesenheit des künftigen Thronfolgers würde immer eine Autorität neben der seinen gebildet haben. Er behielt sich vor, das Heer, wo es ihm gut schien, zu führen, in welcher Stärke und zu welcher Zeit.
Und mit der Heerführung hing nun auf das engste die Direction der Politik zusammen, die ebenfalls in seine Hände überging. Im Januar ward jene Verhandlung mit Sachsen eingeleitet, deren Grundlage wir berührten; im Februar wurden die Anträge des Herzogs von Orleans an ihn verwiesen, um zu bestimmen, was ihm für das Erzhaus das Vortheilhafteste scheinen werde Mit Verwunderung entnimmt dies Hurter, Wallensteins letzte Lebensjahre S. 40 aus den Wiener Archiven.. Darauf wird sich bezogen haben, was ihm der spanische Capuziner Quiroga und ein niederländischer Rath von Lille im tiefsten Geheimniß mitzutheilen hatten. Es war die Frage, wie man sich in jenen inneren französischen Zerwürfnissen zu verhalten habe. Wallenstein entschied, daß der Herzog mit einer stattlichen Macht zu Pferd und zu Fuß unterstützt werden solle. Denn von seinem Succeß hing der Friede zwischen Spanien und Frankreich ab, der dann den Frieden in Deutschland auf erträgliche Bedingungen zur Folge gehabt haben würde. Diese Bedingungen festzusetzen, den Frieden herbeizuführen, darin lag die Summe der Wallensteinischen und ohne Zweifel auch der Eggenbergischen Politik.
Noch hatte Wallenstein den Oberbefehl nur auf drei Monate übernommen; als ihn der Kaiser aufforderte, nach Ablauf derselben nicht zurückzutreten, bezog er sich auf die treue Affection, die derselbe gegen ihn und sein Haus hege. Der König von Ungarn schrieb ihm, damit geschehe auch ihm etwas Angenehmes und ein Gefallen, er versicherte ihn seiner freundschaftlichen Zuneigung.
Doch bedurfte es noch einer neuen Verhandlung mit Eggenberg, zu der sich die beiden von Podagra geplagten Herren nicht ohne Mühseligkeit, wie jetzt die Sitte war, auf der Mitte des Weges zwischen Znaim und Wien am 13. April zusammenfanden.
Als Eggenberg am 15. April zurückgekommen war, ließ der Kaiser darüber durch den Bischof von Wien mündlich Erkundigung einziehen, worauf alles beruhe; aus dem, was dann folgte, kann man mit Sicherheit annehmen, daß dabei auch über die persönlichen Ansprüche Wallensteins die Rede gewesen ist.
Noch an demselben Tage übernahm der Kaiser 400,000 Rthlr., die Wallenstein aus den erkauften Confiscationsgütern schuldete, auf die böhmische Kammer: am folgenden bestätigte er ihm sein Recht auf Mecklenburg und gewährte ihm, da dies von den Feinden besetzt sei, interimistisch das Fürstenthum Glogau. In der Urkunde wird der Assecurationsbrief, den er in Händen habe, und worin ihm zugesagt sei, ihn bei dem Besitz des Herzogthums zu schützen, als verpflichtend anerkannt. So weit geht er nicht, ihm dessen Wiedererwerbung unbedingt in Aussicht zu stellen: die Sache lag nicht so, daß sich dies hätte erwarten, oder Friedland sich darauf hätte verweisen lassen sollen; aber der Kaiser erklärt sich schuldig, ihn dafür schadlos zu halten, zumal da Friedland zur Abtreibung des Feindes Leib und Leben treulich daransetze; er verspricht ihm ein Aequivalent, mit verstärktem Ausdruck ein Aequipollens, ein anderes Fürstenthum gleichmäßiger Würde und Nutzens: also ein Reichsfürstenthum mit dem gleichen Einkommen, während Glogau in dem alten Verbande von Schlesien verbleiben sollte Bei Förster, Wallensteins Proceß, Urkunde No. 18: – »Haben wir Sr. Ldn. inmittelst und bis Sie entweder zu vielgedachtes Herzogthumbs Mechelburg und dessen Pertinentien vorhin gehabter völligen und wirklichen Possession gelangt, oder deroselben ein anders Fürstenthumb gleichmäßiger Würde und Nutzen eingeraumbt würde – unser Fürstenthumb Glogau pfandweis eingesetzt.« Für dieses behält sich der Kaiser das Dominium directum vor.. Um sein Recht auch für sein Haus zu erhalten, hat Wallenstein im Jahre 1631 seinen Neffen zu seinem Erben in Mecklenburg eingesetzt, so daß diesem auch das Aequivalent zugefallen wäre. Den Ruhm, ein deutsches Reichsfürstenthum erworben zu haben, wollte sich Wallenstein nicht entreißen lassen. Wir wissen es, er war es nicht gewohnt sich selbst zu vergessen.
Man zählt noch außerdem eine ganze Reihe von Bedingungen auf, die er dem kaiserlichen Hofe vorgeschrieben und dieser angenommen haben soll.
Sie sind nur in sehr unvollkommener Form bekannt geworden und haben so zu manchen unbegründeten Vorstellungen Anlaß gegeben. Der Kaiser würde unerhörte und unausführbare Bedingungen eingegangen sein; er würde dem General die Abtretung eines Erblandes angeboten und selbst die Oberlehnsherrschaft in den wiedereroberten Reichslanden zugesagt haben Vgl. eine Bemerkung über die Texte im Anhang..
In den besser beglaubigten Copien – denn ein Original ist nie zum Vorschein gekommen – ist nur im Allgemeinen von einer in den Erblanden zu beschaffenden Belohnung und der Ueberlassung eines der Regale in den Reichslanden, das sich nur auf nutzbare Rechte, etwa das Salzregal oder das Bergregal, bezogen haben kann, die Rede.
Doch sind auch in dieser mehr gesicherten Fassung – die als eine Vorlage Wallensteins an Eggenberg angesehen werden dürfte – einige Punkte von der größten Bedeutung enthalten.
Vor allen Dingen ist darin zu lesen, daß der Herzog von Friedland zum Generalissimus der beiden Linien des Hauses Oesterreich auf Lebenszeit erklärt zu werden forderte; vor einer Entsetzung in einem schwierigen Augenblick wollte er auf immer gesichert sein.
Wenn von einer Theilnahme des Königs von Ungarn an dem bevorstehenden Kriegsunternehmen die Rede gewesen war, so wollte Wallenstein diese dahin beschränken, daß der junge König in Böhmen Hof halten solle, auch deshalb, um durch die ihm beizugebende Kriegsmacht jeder inneren Bewegung zuvorzukommen; er wollte sich immer dahin zurückziehen können, es sollte ihm als sichere Operationsbasis dienen.
Vornehmlich bestand er darauf, daß ihm in den Provinzen, die man erobere, das Recht der Confiscation und der Begnadigung zur Verfügung gestellt würde. Bisher waren diese höchsten Prärogativen der kaiserlichen Gewalt nach den Gesichtspunkten der richterlichen Behörden oder der Stimmung des Kaisers und zwar sehr willkürlich gehandhabt worden; der Feldhauptmann wollte sie ganz zum Nutzen der Offiziere und der Soldateska ausüben.
Wir erfahren nicht, ob die Anforderungen in dieser Form genehmigt, die Punctation angenommen worden ist: glücklicherweise liegen unstreitbare Zeugnisse vor, welche die Hauptsache außer Zweifel setzen.
Im Sommer 1633 hat Wallenstein selbst das ihm gemachte Zugeständniß in Bezug auf die Confiscationen dem Kaiser in Erinnerung gebracht. Um dieselbe Zeit hat Trautmannsdorf in den Contestationen mit Spanien, deren wir noch gedenken, dem spanischen Gesandten gemeldet, der Herzog von Friedland sei durch seine Capitulation ermächtigt, keinen unabhängigen Heerführer im Reiche neben sich zu dulden. Bestätigung des Generalats auf Lebenszeit hat man Friedland, wie später einmal der englische Hof dem Herzog von Marlborough, versagt; aber von großer Bedeutung waren doch die unmittelbar praktischen Zugeständnisse, welche ihm zu Theil wurden: das ausschließende Recht der Heerführung im Deutschen Reiche, Behandlung der eroberten Lande nach seinem Gutbefinden zur Züchtigung der Gegner und zur Belohnung der Getreuen. Da er nun dabei zugleich die Befugniß hatte, den Reichsfürsten annehmbare Friedensbedingungen anzubieten, so kam die Summe der Geschäfte allerdings in seine Hand. Wie wir von ihm selbst erfahren, hatte er sich seinen Recompens auch für den Fall, daß er es nur zu einem guten Accord bringe, zusichern lassen. Daß er die Behauptung des ihm zu Theil gewordenen fürstlichen Ranges und fürstlichen Besitzes bei einem künftigen Frieden in Aussicht nahm, versteht sich bei ihm ohnehin. Für sich selbst ebenso wohl als für den Kaiser zog er ins Feld.