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24. Juli. Dieser Morgen fand uns an Leib und Seele wunderbar gekräftigt. Trotz der gefahrvollen Lage, in der wir uns noch befanden, ohne Kenntnis des Ortes, obwohl jedenfalls weit von jedem Land entfernt, ohne Vorräte für eine längere Zeit als etwa vierzehn Tage, selbst wenn wir uns aufs peinlichste beschränkten, fast ohne Trinkwasser, herumgetrieben als ein Spiel von Wind und Wellen auf einem elenden Wrack – betrachteten wir dennoch unsere gegenwärtigen Beschwerden als gewöhnliche, alltägliche Übel, wenn wir sie mit den unsagbaren Schrecknissen, die hinter uns lagen, verglichen. So sehr hängt der Begriff des Wohl- oder Übelbefindens von den Verhältnissen ab, an denen man sie mißt.
Nach Sonnenaufgang schickten wir uns an, die Vorratskammer weiter zu durchfischen, als ein starker Schauer herankam, von Blitzen begleitet; sofort machten wir uns daran, vermittels des Bettuches, wie schon neulich, Wasser einzusammeln. Wir besaßen kein anderes Mittel, den Regen abzufangen, als dies; man breitete das Tuch aus und belastete es mit einem Kettenring. So floß das Wasser in die Mitte und wurde in den Krug durchgeseiht. Kaum hatten wir ihn auf diese Art nahezu vollgefüllt, da brach eine mächtige Bö von Norden her auf uns ein; wir mußten aufhören, da der Hulk wieder mächtig zu stampfen begann. Wir eilten nach vorn, banden uns am Gangspill fest und warteten der Ereignisse mit einer Ruhe des Gemüts, die wir unter diesen Umständen nicht für möglich gehalten hätten. Mittags hatte sich der Wind zu einer strammen Brise angefrischt, nachts war's schon ein harter Sturm, den eine gewaltige, schwere Dünung begleitete. Jetzt aber waren wir in der Kunst des Festbindens erfahren und ertrugen die trübselige Nacht in leidlicher Sicherheit, obwohl uns die See bis auf die Haut durchnäßte und wir beständig fürchteten, weggespült zu werden. Glücklicherweise war das Wetter so warm, daß uns das Wasser beinahe wohltat.
25. Juli. Diesen Morgen hatte sich der Sturm zu einer gewöhnlichen Zehnknotenbrise abgeschwächt, und die See war so ruhig geworden, daß wir uns auf Deck trocken halten konnten. Zu unserer Betrübnis aber waren trotz aller Vorsichtsmaßregeln zwei Oliventöpfe und der ganze Schinken über Bord gegangen. Wir beschlossen, die Schildkröte noch nicht zu schlachten, und frühstückten ein jeder nur ein paar Oliven und etwas Wasser; wir mischten es halb und halb mit Wein und fanden die Mischung sehr kräftigend und anregend und ohne die üblen Folgen des Portweingenusses. Die See war noch zu rauh, um neue Tauchversuche im Hulk zu ermöglichen. Während des Tages wurden verschiedene Gegenstände, die für uns augenblicklich ohne Wert waren, aus der Kajüte heraus und sogleich über Bord gespült. Auch bemerkten wir, daß der Hulk sich stärker denn je auf die Seite neigte, so daß wir nicht darauf stehen konnten, ohne angebunden zu sein. Somit verbrachten wir einen betrüblichen und ungemütlichen Tag. Mittags schien die Sonne fast senkrecht über uns zu stehen, und wir zweifelten nicht daran, daß wir durch eine lange Reihe von Nord- und Nordwestwinden in die Nähe des Gleichers getrieben worden waren. Gegen Abend sahen wir mehrere Haifische; die Unverschämtheit, mit der ein ungeheures Exemplar sich uns näherte, versetzte uns in nicht geringen Schrecken. Als einmal das Verdeck sehr weit unter Wasser geriet, schwamm das Untier tatsächlich auf uns zu, zappelte eine Weile über der Kajütenluke und schlug mit dem Schwanz nach Dirk Peters. Zu unserer großen Erleichterung wälzte eine schwere See das Tier über Bord. Bei mäßigem Wetter hätten wir es leicht fangen können.
26. Juli. Diesen Morgen beschlossen wir, da der Wind fühlbar nachgelassen und die See sich etwas beruhigt hatte, unsere Bemühungen in der Vorratskammer zu erneuern. Nach vieler und harter Arbeit, die den Tag fast ganz in Anspruch nahm, sahen wir ein, daß hier nichts mehr zu erwarten sei, denn die Zwischendeckwände waren in der Nacht eingedrückt und der Inhalt in den Kielraum geschwemmt worden. Man kann sich denken, daß diese Entdeckung uns mit Verzweiflung erfüllte.
27. Juli. Die See fast völlig glatt, dazu ein leichter Wind, immer von Norden und Westen. Nachmittags brach die Sonne glühend durch; wir machten uns ans Trocknen unserer Kleider. Ein Seebad erfrischte uns außerordentlich; doch war dabei die größte Vorsicht angezeigt, denn mehrere Haifische hatten während des Tages die Brigg umschwommen.
28. Juli. Noch immer gutes Wetter. Die Brigg liegt so stark auf der Seite, daß wir in steter Furcht sind, sie möchte kentern. Wir suchten uns auf dies Äußerste vorzubereiten, banden Schildkröte, Wasserkrug und Oliventöpfe möglichst auf der Windseite fest, und zwar außerhalb des Hulks. Die See immerfort sehr glatt; fast gar kein Wind.
29. Juli. Das Wetter bleibt sich gleich. Augustus' wunder Arm fängt an abzusterben. Er klagt über Schläfrigkeit und gräßlichen Durst, hat aber keine großen Schmerzen. Man konnte ihm höchstens die Wunden mit etwas Essig (aus den Oliven) einreiben, und das schien ihm wenig zu nützen. Wir taten alles mögliche für seine Bequemlichkeit und gaben ihm die dreifache Ration Wasser.
30. Juli. Ein entsetzlich heißer Tag, ohne Wind. Ein riesiger Hai trieb sich den ganzen Vormittag in der Nähe des Hulks umher. Wir machten ein paar vergebliche Versuche, ihm mit einer Schlinge zu fangen. Augustus ging es viel schlechter; er litt nicht allein unter den Folgen seiner Wunden, sondern noch mehr durch ungenügende, ungesunde Ernährung. Er betete ununterbrochen, Gott möge ihn von seinen Leiden erlösen; er wollte nichts als sterben. Abends aßen wir die letzten Oliven und fanden das Wasser im Krug so faulig, daß wir es ohne Wein nicht hätten genießen können. Morgen soll die Schildkröte geschlachtet werden.
31. Juli. Nach einer Nacht voll furchtbarer Angst und Ermüdung, infolge der Lage des Hulks, machten wir uns ans Schlachten und Aufschneiden der Schildkröte. Sie erwies sich kleiner, als wir vermutet hatten, doch in gutem Zustand – etwa zehn Pfund Fleisch waren an ihr. Wir schnitten es der guten Erhaltung wegen in kleine Stückchen und füllten damit unsere drei Olivenkrüge und die Weinflasche, worauf wir den Essig nachgossen. Wir wollten uns auf etwa vier Unzen täglich beschränken; dann meinten wir dreizehn Tage auszukommen. Ein kräftiger Regenguß, mit Blitz und Donner, kam um die Dämmerung über uns, war aber von so kurzer Dauer, daß wir nur eine halbe Pinte Wasser faßten. Diese bekam nach allgemeinem Beschluß Augustus für sich allein; er schien sich jetzt seinem Ende zu nähern. Er trank das Wasser aus dem Tuch, wie es aufgefangen wurde (wir hielten jenes über den Liegenden, so daß es ihm in den Mund rinnen mußte) – denn wir hatten jetzt kein Gefäß mehr, wollten wir nicht das Fäßchen Wein oder den Wasserkrug leeren. Wäre der Guß von Dauer gewesen, wir hätten eins von beiden getan.
Dem Kranken schien der Trunk wenigstens Linderung zu gewähren. Sein Arm war vom Gelenk bis zur Schulter vollständig schwarz, seine Füße waren kalt wie Eis. Jeden Augenblick erwarteten wir, er werde den letzten Atemzug tun. Er war entsetzlich abgemagert, so daß er wohl von 127 Pfund, die er in Nantucket wog, auf höchstens vierzig oder fünfzig herabgekommen schien. Seine Augen lagen so tief eingesunken, daß man sie kaum noch sah, und die Haut seiner Wangen hatte sich so gelockert, daß er ohne große Anstrengungen nicht kauen und selbst Flüssiges kaum hinabschlucken konnte.
1. August. Noch immer ruhiges Wetter, die Sonne drückend heiß. Wir litten furchtbar an Durst; das Wasser im Krug war gänzlich verfault und voll Gewürm. Dennoch tranken wir etwas davon, vermischt mit Wein; aber unserem Durst half das wenig. Die Seebäder erquickten uns schon mehr; doch konnten wir sie nur in langen Zwischenräumen genießen, wegen der beständigen Nähe der Haifische. Augustus noch zu retten, gaben wir jede Hoffnung auf; er lag im Sterben. Wir waren außerstande, seine furchtbaren Qualen zu lindern. Um zwölf Uhr verschied er nach heftigen Krämpfen, nachdem er schon mehrere Stunden nicht mehr gesprochen hatte. Sein Tod erfüllte uns mit trüben Vorahnungen und bedrückte unsere Gemüter so sehr, daß wir den ganzen Tag über regungslos neben der Leiche saßen und nur flüsternd miteinander verkehrten. Erst einige Zeit nach Anbruch der Nacht faßten wir den Mut, den Toten über Bord zu werfen. Der Leichnam war grauenhaft anzusehen und schon so stark verwest, daß ein Bein sich ablöste, als Peters ihn in die Höhe hob. Als diese Masse Fäulnis über Bord glitt, zeigte uns ihr phosphoreszierendes Leuchten mit erschreckender Deutlichkeit sieben oder acht große Haie; und als sie die Beute zwischen sich in Stücke rissen, hätte man das Zuschnappen ihrer scheußlichen Zähne meilenweit hören können. Wir erbebten im Innersten vor diesem schaudervollen Ton.
2. August. Das gleiche beunruhigend stille und heiße Wetter. Die Dämmerung fand uns kläglich bedrückt, körperlich entkräftet. Das Wasser des Kruges war nur mehr eine sulzige Masse, in der Würmer von haarsträubender Häßlichkeit ihr Wesen trieben. Wir gossen es weg und wuschen den Krug sorgfältig in der See, nachdem wir etwas Essig hineingeschüttet hatten. Der Durst war kaum noch zu ertragen; Wein bot seinen Flammen nur noch neue Nahrung und erregte uns zu wahnsinniger Trunkenheit. Nachher mengten wir ihn mit Seewasser, aber das verursachte uns heftiges Würgen, so daß wir es nie mehr wagten. Den ganzen Tag hindurch sehnten wir uns vergeblich nach einem Bad; der Hulk war jetzt von Haien förmlich belagert – gewiß denselben Ungeheuern, die unsern armen Freund verzehrt hatten und jeden Augenblick eines ähnlichen Bissens gewärtig waren. Dieser Umstand war uns besonders entsetzlich, und die bedrückendsten Vorgefühle gewannen Leben in uns. Wie hatten uns die Bäder erfrischt, und von dieser Wohltat so grauenvoll abgeschnitten zu sein, war mehr, als wir ertragen konnten. Auch waren wir nicht frei von unmittelbarer Gefährdung, denn ein Ausgleiten, ein falscher Tritt konnten uns in den Bereich dieser gefräßigen Fische bringen, die oft schnurstracks auf uns loskamen, indem sie auf der Leeseite heranschwammen. Schreien und Armschwenken schien sie in keiner Weise zu stören. Sogar als Peters den größten mit einer Art Axt getroffen und arg verwundet hatte, gab er seine Versuche, auf uns einzudringen, noch immer nicht auf. Im Dämmern zog eine Wolke auf, aber sie ging an uns vorüber, ohne sich in Regen aufzulösen. Unsre Durstesqualen sind von nun an nicht mehr zu beschreiben. Wir verbrachten die Nacht ohne Schlaf, teils wegen des Durstes, teils aus Furcht vor den Haien.
3. August. Keine Aussicht auf Rettung. Die Brigg neigt sich immer stärker auf die Seite; wir konnten auf dem Verdeck nicht länger stehen. Trachteten Wein und Schildkrötenfleisch zu sichern, falls wir kentern sollten. Holten zwei lange Nägel von vorn, schlugen sie luvwärts in den Schiffsleib, wenige Fuß überm Wasser; das ist nicht sehr weit vom Kiel, da wir fast ganz auf der Seite liegen. Hier banden wir unsere Vorräte an, da sie hier sicherer waren als am Vorderteil. Litten Höllenqualen durch den Durst; ans Baden war nicht zu denken, die Haifische verlassen uns keinen Augenblick. Schlaf unmöglich.
4. August. Kurz vor Tagesanbruch merkten wir, daß der Hulk am Kentern war, und machten uns aufs Äußerste gefaßt. Zuerst war die Bewegung langsam und stetig, wir konnten gut nach der Windseite klettern, denn die Taue hingen noch von den Nägeln herab. Aber wir hatten nicht genug mit der Beschleunigung des Falles gerechnet, denn plötzlich konnten wir mit der heftigen Drehung nicht mehr Schritt halten, und ehe wir uns irgendwie besinnen konnten, waren wir mit wütender Gewalt ins Meer geschleudert und zappelten fadentief unter der Oberfläche, gerade unter der ungeheuren Masse des Hulks.
Im Versinken hatte ich das Tau loslassen müssen, und da ich völlig unter dem Schiff und meine Kraft nahezu erschöpft war, kämpfte ich kaum noch um mein Leben, war vielmehr gefaßt, in wenigen Sekunden zu sterben. Aber auch darin täuschte ich mich, da ich das natürliche Zurückschnellen des Hulks nach Luv nicht in Betracht gezogen hatte. Durch das Zurückrollen des Schiffes entstand ein Druck nach oben, der mich noch heftiger in die Höhe hob, als ich vorhin untergetaucht war. Als ich auftauchte, schwamm ich etwa zwanzig Ellen vom Hulk entfernt. Er lag mit dem Kiel nach oben, schaukelte entsetzlich von einer Seite auf die andre, und die See ringsum war voll von mächtigen Wirbeln. Peters war nicht zu sehen. Ein Tranfaß schwamm noch an mir vorüber, und verschiedene andre Gegenstände von der Brigg lagen auf dem Wasser verstreut.
Meine größte Angst waren die Haie, die, wie ich wußte, sich ganz in der Nähe aufhielten. Um sie möglichst abzuschrecken, machte ich ein großes Geplätscher und erzeugte eine Unmenge Schaumes, während ich auf den Hulk zuschwamm. Diesem einfachen Hilfsmittel verdanke ich ohne Zweifel meine Erhaltung; denn gerade vor dem Kentern der Brigg war die See ringsherum von diesen Untieren so bevölkert, daß ich während des Schwimmens sie tatsächlich gestreift haben muß. Durch ungeheuren Glückszufall erreichte ich in Sicherheit das Schiff; doch war ich so ermattet, daß ich ohne Peters' rechtzeitige Hilfe niemals hinaufgelangt wäre. Der erschien jetzt zu meiner großen Freude (er hatte den Kiel von der Gegenseite erklettert) und warf mir das Ende eines Taues zu – eines von denen, die wir an den Nägeln befestigt hatten.
Kaum waren wir knapp solcher Gefahr entronnen, da wurde unsere Aufmerksamkeit auf eine noch schlimmere gerichtet – auf die unmittelbar drohende Gefahr des Verhungerns. Trotz alles mühevollen Befestigens waren unsere Vorräte über Bord geschwemmt; da gaben wir uns beide ohne Rückhalt unserer Verzweiflung hin und weinten laut gleich Kindern, keiner versuchte, den andern zu trösten. Solche Schwäche kann sich keiner vorstellen, und jedem, der nicht in ähnlicher Lage war, muß sie unnatürlich erscheinen. Aber wir waren so entmündigt, so aus allen Zusammenhängen gerissen durch Schrecken und Entbehrung, daß wir kaum noch als vernünftige Wesen gelten konnten. In späteren Gefahren, die ebenso groß waren, wenn nicht größer, erduldete ich tapfer alle Übel meiner Lage, und Peters zeigte, wie man sehen wird, eine stoische Denkart, die ebenso unglaublich schien wie seine gegenwärtige Kindischkeit und Schwäche; der Unterschied lag im Zustand unsres Geistes.
Das Kentern der Brigg hätte trotz des Verlustes von Wein und Schildkrötenfleisch unsre Lage nicht beklagenswerter gemacht, als sie zuvor schon war, wären nicht unsre Regenfänger, die Bettücher und der Krug, unser Wasserbewahrer, verschwunden gewesen; denn die ganze Unterseite, vom Kiel bis drei Fuß innerhalb der Kniehölzer, bedeckten große Schiffsmuscheln in Menge, die eine köstliche und nahrhafte Speise boten. So war der Unfall in doppelter Hinsicht zu einer Wohltat geworden, obwohl wir ihn so gefürchtet hatten: er hatte uns Vorräte erschlossen, die für mehr als einen Monat reichen würden; und unsre körperliche Lage war um vieles bequemer geworden, da wir weit sicherer und mehr im Gleichgewicht waren als zuvor.
Doch die Wasserfrage machte uns für alle Vorzüge dieser Wandlung der Verhältnisse völlig blind. Wir zogen unsere Hemden aus, um uns einen etwaigen Schauer sogleich zunutze machen zu können. Wir wollten sie wie jene Tücher brauchen; das Ergebnis würde freilich viel geringer sein, unter den günstigsten Umständen höchstens eine Viertelpinte auf einmal. Keine Spur von einer Wolke! Die Marter des Durstes kaum noch zu ertragen! In der Nacht war Peters ein Stündchen unruhigen Schlafes vergönnt, aber meine furchtbaren Qualen erlaubten mir nicht einen Augenblick erlösenden Schlummers.
5. August. Eine sanfte Brise erhob sich und trieb uns durch eine große Menge Seetangs, in dem wir glücklicherweise elf kleine Krabben fanden, die uns ein paar köstliche Mahlzeiten verschafften. Ihre Schalen waren so dünn, daß wir sie essen konnten, und sie machten uns nicht so durstig wie die Kielmuscheln. Im Seetang waren keine Haifische, so wagten wir denn zu baden und blieben mehrere Stunden im Wasser; während dieser Zeit ließ unser Durst erheblich nach. Wir wurden sehr erfrischt; die Nacht war etwas besser, wir konnten beide ein wenig schlafen.
6. August. An diesem Tag wurde uns die Gnade eines andauernden Regengusses zuteil, der vom Mittag bis in die Nacht währte. Wir vermißten aufs schmerzlichste unser Fäßchen und unseren Krug, denn wir hätten eines von ihnen füllen können, vielleicht beide. So löschten wir unseren brennenden Durst, indem wir die wassergetränkten Hemden auswrangen, wobei die willkommene Flüssigkeit uns in den Hals lief. Auf diese Art brachten wir den Tag hin.
7. August. Gerade bei Tagesanbruch erspähten wir beide zu gleicher Zeit im Osten ein Segel, das offenbar auf uns zuhielt! Ein langgedehnter Freudenruf begrüßte den glorreichen Anblick, und sofort begannen wir, alle nur möglichen Zeichen zu geben, indem wir unsere Hemden in der Luft flattern ließen und so hoch sprangen, wie es unser elender Zustand gestattete, ja sogar mit aller Kraft unserer Lungen »Schiff ahoi!« riefen, obwohl es an fünfzehn Meilen entfernt war. Doch immer näher kam es unserem Wrack, und wir fühlten: hält es nur den jetzigen Kurs ein, so muß es endlich so nahe kommen, daß man unserer ansichtig werden kann. Eine halbe Stunde, nachdem wir es wahrgenommen hatten, konnten wir deutlich die Menschen auf dem Verdeck sehen. Es war ein länglicher, niedriger, etwas liederlich aussehender Schoner mit einem schwarzen Ball im Focksegel und, wie es schien, mit vollzähliger Bemannung. Nun packte uns die Angst, denn wenn es auch kaum möglich war, daß man uns nicht bemerkte, so schien es doch nicht ausgeschlossen, daß man uns unserem Schicksal überlassen würde. So unglaublich es sich anhören mag, es ist solche teuflische und barbarische Handlungsweise durchaus nichts Seltenes, und Geschöpfe, die sich zum Menschengeschlecht zählten, haben sich ihrer mehr als einmal schuldig gemacht. Von dieser Befürchtung jedoch sahen wir uns durch die Gnade Gottes aufs herrlichste befreit, denn mit einem Male gab es eine Bewegung auf dem Deck des fremden Schiffes, das alsbald die britische Flagge hißte und, unter halbem Wind segelnd, gerade auf uns zuhielt. In einer halben Stunde waren wir in seiner Kajüte. Es war die »Jane Guy« von Liverpool, Kapitän Guy, zum Zweck des Handels und Robbenfanges unterwegs nach der Südsee und dem Stillen Ozean.