Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
oder
übersetzt von
Dr. Artur Brückmann
Der typische »Held« der volkstümlichen Komödie ist eine Person von »niederem«, meist »dienendem« Stand, der sich aber durch seinen Witz, seine Schlauheit und seine Natürlichkeit den Höherstehenden überlegen zeigt. Er ist ein Typus, ob er nun Arlecchino, Kasper oder Hanswurst heißt. In der antiken Komödie hat er keinen feststehenden Namen, aber der Typus ist der gleiche: Er ist der Sklave, in seinem rechtlosen Stand ganz auf sich und seine Fähigkeiten angewiesen. Moralische Kriterien haben für ihn, der außerhalb des »bürgerlichen« Rechtssystems steht, keine Bedeutung. Er behauptet sich und beweist dabei trotzdem eine gewisse Treue und Anhänglichkeit nicht den eigentlichen Repräsentanten der Gesellschaft gegenüber, sondern gegenüber deren Söhnen, die im patriarchalischen System ebenfalls in Abhängigkeit leben, so daß sich im Verhältnis zu »ihrem« Sklaven neben dem Herrschaftsverhältnis so etwas wie Komplizenschaft entwickelt, vor allem was die Liebesbeziehungen der jungen Herren anbelangt.
Auch im Epidicus finden wir diese Grundsituation. Strattipocles, der junge Herr des Sklaven Epidicus hat diesen beauftragt, für ihn die Harfenspielerin Acropolistis freizukaufen, während er selbst, als Athener, an einem Feldzug gegen Theben teilnehmen muß. Woher das Geld für diesen Freikauf kommen sollte, ist natürlich Sache des Sklaven, denn die jungen Herren verfügen über keine eigenen Mittel, und die Väter sind in der Regel nicht bereit, für solche Ausgaben aufzukommen. Epidicus weiß, daß der verwitwete alte Herr eine uneheliche Tochter hat und macht ihm nun weis, er habe diese als Sklavin ausfindig gemacht. Der alte Herr ist sofort bereit, sie freizukaufen und gibt Epidicus die erforderliche Summe. Wen er dann als angebliche Tochter in sein Haus aufnimmt, ist allerdings die Harfenspielerin Acropolistis.
Für Epidicus wird jedoch die Situation kritisch, als sein flatterhafter junger Herr sich während des Feldzugs in Telestis, eine junge Gefangene verliebt, diese für sich loskauft und die erforderliche Summe in Theben als Kredit aufnimmt. Nun soll Epidicus auch noch diese Summe herbeischaffen, wobei er obendrein nicht weiß, wie es mit der angeblichen Tochter des alten Herrn weitergehen soll.
Hier kann nur der Zufall weiterhelfen, und in der Komödie ist dieser ja glücklicherweise jeweils prompt zur Stelle: Die junge Gefangene, die Strattipocles von Theben mitbringt, entpuppt sich als die wirkliche Tochter des alten Herrn, und nach der großen Verwirrung kann sich Epidicus die Erleichterung, daß die Verlorene doch gefunden wurde, zwar unverdientermaßen, aber eben doch zunutze machen.
Der Name Epidicus (epi = danach, dikaios = verdientermaßen) muß, wie die übrigen Namen und wie es die Palliata verlangt, in erster Linie griechisch tönen, einige sind aber auch »sprechende« Namen, so Periphanes (der Berühmte) und Telestis (die Vollkommene), während etwa bei der Harfenspielerin Acropolistis (Anklang an Akropolis) und Strattipocles (strateia = Feldzug, Kriegsdienst, hippos = Pferd) die Anklänge an Griechisches wohl eher ironischen Charakter haben.
Die oft störende und wenig sinnvolle Einteilung in fünf Akte, die nicht zur Überlieferung gehört und erst von J.B. Pius in einem Kommentar aus dem Jahr 1500 hinzufügt wurde, ist weggelassen und durch eine durchgehende Szenennumerierung ersetzt.