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in welchem von einem prächtigen Feste und Ringelspiele erzählt wird, welches in Granada abgehalten wurde, und wie der Zwist zwischen den Zegri und den Abencerragen heftiger entbrannte.
Schon wußte der edle Maure Abenamar, daß der kraftvolle Sarrazino es war, mit dem er den Zwist vor den Fenstern des Palastes und unter den Gemächern der Königin gehabt hatte, und hatte einen heftigen Groll gegen ihn, weil er ihn in jener Nacht an seinem Ständchen gehindert und dazu verwundet hatte, wiewohl die Wunde unbeträchtlich gewesen war. Und da er ein Auge auf den Palast des Königs hatte, bemerkte er, daß die schöne Galiana jenem ihre Gunst bewies, worüber der edle Maure einen bitteren Verdruß und Schmerz empfand. Sah, daß Galianas Undankbarkeit so groß war, daß sie sich nicht daran erinnerte, wie er ihr in früheren Jahren gedient und sie ihm unzweideutig ihre Gunst bewiesen hatte in Almeria und in Granada, und wie er um ihretwillen ruhmvolle Taten vollbracht hatte; beschloß, sie zu vergessen und sein Auge auf die schöne Fatima zu werfen, welche wieder in Granada war; denn man hatte sie von Alhama kommen lassen, weil man sah, daß Musa sich nicht um ihre Liebe kümmerte, sondern um die Daraxas. Begann ihr in allem und um alles zu dienen, und Fatima nahm ihn als ihren Ritter an und erwies ihm große Gunst, denn Abenamar war ein adeliger Ritter, tüchtig und ein Edelmann und naher Freund der Abencerragen, ob sie schon mit diesem Geschlechte nicht allzu gut stand um des Verflossenen willen. Aber wie sie den Wert Abenamars bedachte, vergaß sie alles andere. Zu dieser Zeit gedachten Daraxa und Abenamin, der Abencerrage, einander zu ehelichen, um weswillen der edle Musa sein Auge auf die schöne Zelima, die Schwester der reizenden Galiana, geworfen hatte. Und alle anderen Ritter hatten ihre Liebe unter den Damen, welche im Palaste waren; und so ging es am Hofe fröhlich her mit so vielen Festlichkeiten, daß es ein Erstaunen war. Der tapfere Audalla liebte die schöne Axa, und da er ein adeliger Ritter und Abencerrage war, veranstaltete er beständig Spiele und Feste, solcher Art, daß die Stadt Granada voll war von Lust und Fröhlichkeit.
Der edle Abenamar aber redete mit dem König ab, um sich an der reizenden Galiana zu rächen und dem herzhaften Sarrazino einen Streich zu spielen, daß am Tage des heiligen Johannes, welcher nahe bevorstand, ein prächtiges Fest gefeiert werden sollte, mit Kampfspielen und Ringelstechen, und daß er der Platzhalter sein wollte. Der König, welcher Festlichkeiten gern hatte, wie auch, um seinen Hof fröhlich zu sehen, antwortete, daß er wohl zufrieden sei, daß ein so glanzvolles Fest gefeiert würde, um so mehr, als Alabez so glücklich den Händen des gewaltigen Don Manuel Ponce de Leon entronnen war, denn es war nichts Geringes, so seinen Händen zu entrinnen. Dazu war er bereits von seinen Wunden genesen. Als Abenamar die Zustimmung des Königs erhalten hatte, ließ er durch die ganze Stadt das Kampfspiel und Ringelstechen bekanntgeben und ausrufen, daß ein jeglicher Ritter, welcher drei Lanzen mit dem Platzhalter brechen wollte, welches Abenamar selbst war, sich stellen und ein Bildnis seiner Herrin, das ihr gleich wäre, einsetzen solle, und im Falle der Platzhalter die drei Lanzen gewönne, solle jener das Bildnis seiner Dame verlieren, und wenn jener gewönne, so solle der Ritter, der sich stelle, das Bildnis der Dame des Platzhalters gewinnen und mit ihm eine Kette aus Gold, welche tausend Dublonen wöge. Alle Ritter, welche sich mit Liebe trugen, freuten sich der Bekanntgebung, um ihren Wert zu beweisen; der, weil die Schönheit seiner Dame von allen gesehen wurde, und alle in der Hoffnung, dem Platzhalter seine Dame und eine Kette von so auserlesenem Werte abzugewinnen. Der herzhafte Sarrazino aber verstand gar wohl, was Abenamar bewogen hatte, Platzhalter bei dem Feste zu werden, und freute sich darüber, denn solcherweise gedachte er seiner Herrin Galiana seine Tüchtigkeit und Geschicklichkeit zu beweisen. Und alsobald ließen er und alle die anderen vornehmsten Ritter, welche an dem Kampfspiele teilzunehmen gedachten, ein jeder seine Dame auf das schönste und prächtigste malen, und schmückten das Bildnis aus, wie es sich am besten ausnahm, und in einem Gewande, welches sie am häufigsten zu tragen pflegte, damit sie von allen erkannt wurde.
Da nun der Tag des heiligen Johannes gekommen war, welchen alle Völker der Welt feiern, legten alle Ritter von Granada Festkleider an, die, welche an dem Kampfspiele teilzunehmen gedachten, so gut wie die, welche nicht an ihm teilnahmen, nur daß die Mitspielenden an ihrer Tracht zu erkennen waren. Und begaben sich alle an das Ufer des kühlen Genil und bildeten zwei Quadrillen zu dem Spiele, die eine von Zegri, die andere, welche ihr gegenüberstand, von Abencerragen; und bildeten eine andere Quadrille von Almoradi und Vanegas, und die gegnerische bildete sich von den Gomel und Maza. Und beim Klange vieler Instrumente, Flöten und Pauken begannen zwei prächtige Spiele. Die Quadrille der Abencerragen ging ganz in Gewändern von der Farbe des fahlen Goldes mit vielen und reichen Zieraten. Als Abzeichen führten sie eine Sonne, und ihre Federbüsche waren hochrot. Die Zegri trugen sich in grün, alle Gewänder mit reichen Stickereien aus Gold und ihr Abzeichen, ein Halbmond, ganz mit Sternen besät. Die Almoradi kamen in rot und maulbeerfarben und prachtvoll geschmückt. Die Maza und Gomel in maulbeerfarben und strohgelb und sehr kostbar. So war der Anblick der vier Quadrillen dieser Ritter ein fröhliches und bewundernswertes Schauspiel. Und ritten alle durch die Ebene zwei zu zwei und dann vier zu vier. Und wie die Sonne aufging, war es so prächtig, daß es ein Staunen war. Und alsobald begann das Spiel; denn zu dieser Stunde konnte man von den Türmen der Alhambra aus bereits gut sehen. Der König aber war prächtig gekleidet mitten unter ihnen, damit es keinen Zwist und Hader gäbe. Die Königin und alle ihre Damen schauten von den Türmen der Alhambra dem Spiele zu, welches in guter Ordnung und auf das lebhafteste und fröhlichste vor sich ging. Zuletzt aber waren es die Abencerragen und die Almoradi, welche sich an diesem Tage am meisten auszeichneten. Der herzhafte Musa und Abenamar und Sarrazino verrichteten Wunder. Als das Spiel auf Befehl des Königs beendet wurde, weil bereits die Zegri und Abencerragen sich gegeneinander erhitzten, tummelten alle Ritter ihre Pferde und scharmützelten, indem sie tausend Lanzenschäfte durch die Luft schleuderten, so kraftvoll, daß sie sie aus den Augen verloren. Der kühne Abindarraez zeigte sich an diesem Tage wacker, denn es sah ihm seine Dame zu, welche mit der Königin auf den Türmen der Alhambra war. Die Königin sprach zu ihr: Xarifa, wacker und kühn benimmt sich dein Ritter. – Xarifa schwieg, und ihr Antlitz wurde rot, wie eine Rose. Nicht minder hielt Fatima ihre Augen auf ihren Abenamar gerichtet, und er schien ihr so tüchtig, daß sie mit ihm und ihrer Angelegenheit wohl zufrieden sein konnte, wiewohl Xarifa argwöhnte, daß sie ihren Abindarraez anblickte. Und sprach zu ihr voll Eifersucht folgendermaßen: Groß sind die Wunder der Liebe, Fatima, liebe Freundin, und niemals läßt sie sich, wo sie weilt und herrscht, verbergen. Du zum wenigsten wirst nicht ableugnen können, Fatima, liebe Schwester, daß dich diese Leidenschaft ergriffen hat; denn dein schönes Antlitz verrät es gar zu offensichtlich. Denn vordem warst du frisch und blühend, wie eine Rose im Garten, aber heute sehe ich dich traurig und gedankenvoll und ohne Farbe. Und gewöhnlich sind dieses die Zeichen, welche die Liebe hervorruft. Und mehr oder weniger möchte ich wohl behaupten, daß Abindarraez' Wert dich so zum äußersten ergriffen hat. Wenn dem aber so ist, darfst du es mir nicht ableugnen noch verschweigen wollen; denn du weißt wohl, wie traulich und fest ich deine Freundin bin. Und bei dem Adel meines Vaters schwöre ich dir, daß ich bei der Liebe, die ich zu dir habe, dir in allem getreulich zu Diensten sein will. – Fatima aber, welche klug war, verstand gar wohl, worauf Xarifa abzielte, und da sie bereits wußte, daß jene sich mit Liebe zu Abindarraez trug, wollte sie sich nicht deutlich offenbaren, sondern antwortete ihr versteckt in folgender Weise: Wenn die Wunder der Liebe groß sind, so ist mir ihre Wirkung nicht bekannt geworden, noch habe ich in ihr so große Erfahrung. Was aber das angeht, daß ich die Farbe verloren habe und bekümmert bin, so ist die Ursach, die auf der Hand liegt, der Tod meines guten Vaters, welcher eben erst erfolgt ist, und der unaufhörliche Streit zwischen den Zegri und Abencerragen. Und gesetzt, ich wäre so eingenommen, und es wäre die Ursach davon eine Liebe, so halte dich versichert, Freundin Xarifa, daß nicht Abindarraez, wie du vermeinst, mir solchen Schaden antun würde. Denn dort bei dem Kampfspiele gibt es Ritter von ebenso großem Werte, wie er, und von derselben Kühnheit. Und davon wirst du noch an diesem selben Tage, bevor es Abend wird, bei dem Ringelspiele untrügliche Beweise zu sehen bekommen; denn da wird man die Bilder sehen, welche die edelsten und ersten Ritter von Granada eingefaßt haben, und dann wirst du erfahren, wer die Damen sind, denen sie dienen, und wer die Ritter, welche geliebt werden. – Damit schwieg sie und sprach kein Wort weiter, sondern schaute den Rittern zu, welche in der Ebene beim Kampfspiel waren. Fatima ließ die Augen nicht von ihrem Abenamar, welcher an diesem Tage Wunder verrichtete; und wohl erkannte sie ihn an dem Zeichen eines maulbeerfarbenen Fähnchens, welches Abenamar an seiner Lanze trug, mit einem silbernen F und über einem Halbmond aus Gold Wappen und Devise der schönen Fatima. Nachdem der König und die anderen Ritter sich an dem Kampfspiele vergnügt hatten, bevor die Sonne aufging, bis um die elfte Stunde des Tages, kehrten sie nach der Stadt zurück, lediglich um das Gewand anzulegen, welches ein jeder bei dem Ringelspiele zu tragen gedachte.
Als der König und die anderen Ritter seines Hofes die Schaubühnen eingenommen hatten, welche auf dem Neuen Platze errichtet waren, um den Rittern beim Ringelspiele zuzusehen, stand da am Ende des Platzes, nahe am Löwenbrunnen, ein prächtiges und schönes Zelt aus grünem Brokat und bei dem Zelte ein hoher Schautisch mit einer Decke aus grünem Sammet. Und auf ihm lag prachtvolles Geschmeide, alles aus Gold, und in der Mitte eine wundervolle kostbare Kette, welche tausend Dublonen wog. Und es war diese Kette der Kampfpreis, dazu das Bildnis der Dame, welches mit ihr zusammen gewonnen werden sollte. Da war niemand in der ganzen Stadt Granada, der nicht gekommen wäre, um das Fest zu sehen, und auch von außerhalb der Stadt und aus allen Orten. Denn es war bekannt, daß immer am Tage des heiligen Johannes große und prachtvolle Feste gefeiert wurden; denn die Ritterschaft Granadas war stark und sehr reich. Und es verging nur eine kurze Zeit, da hörte man den süßen Klang einer Musik von der Zacatinstraße her. Und die Ursach war, daß der herzhafte Abenamar, der Platzhalter des Ringelstechens, kam, um seinen Standort einzunehmen. Und trat auf in der folgenden Weise: Zuerst vier schöne Lastmaultiere, alle mit Lanzen zu dem Spiele beladen, mit Decken aus grünem Damast, alle übersät mit zahllosen goldenen Sternen. Es trugen die Maultiere Brustriemen mit silbernen Glöckchen und Geschirr aus grüner Seide. Neben ihnen kamen Treiber zu Fuß und zu Pferde; ohne innezuhalten zogen sie bis an das Zelt des Platzhalters. Und dort angekommen, wurde ein zweites prachtvolles Zelt ebenfalls aus grüner Seide errichtet, und der Reihe nach wurden alle jene Lanzen aufgestellt, daß es wert war gesehen zu werden. Und sogleich wurden die Maultiere wieder fortgeführt, deren Kopfputz und Kopfgestelle und Federbüsche vielen Beifall fanden. Inzwischen kamen dreißig Ritter, prächtig ausgerüstet in grünen und rotgelben Gewändern mit vielem Silberzierat darauf und mit weißen und gelben Federbüschen. Fünfzehn kamen von einer Seite und fünfzehn von der anderen und zuletzt in ihrer Mitte der herzhafte Abenamar in kostbaren grünen Brokat gekleidet, mit Rock und maurischem Mantel von großem Werte. Er ritt eine schöne Stute, einen Apfelschimmel; Geschirr und Beschlag der Stute waren von demselben grünen Brokat und Kopfgestell und Federbusch aufs schönste grün und rot. Und den gleichen Federbusch trug der herzhafte Abenamar. Es hatte der kühne Maure auf seiner ganzen Kleidung viele goldene Sterne und zur linken Seite auf dem prächtigen Mantel eine leuchtende Sonne mit einer Umschrift, welche lautete:
Einzig, ich und meine Dame,
Sie an Schönheit, ich an Glück.
Hinter uns bleibst du zurück.
Wie berühmt auch sei dein Name.
Hinter dem herzhaften Abenamar kam ein prachtvoller Triumphwagen mit kostbarer Seide ausgeziert, welcher sechs auf das schönste geschmückte Stufen trug. Auf der höchsten erhob sich ein Triumphbogen von wundervoller Arbeit und Pracht, und unter dem Bogen stand ein weicher Sessel und auf ihm, mit der bewundernswertesten Kunst und Schönheit ausgeführt, das Bildnis der schönen Fatima, so daß keiner da war, der nicht gesagt hatte, daß es das Urbild selber wäre. – Es war schön und so reich ausgeführt, daß keine Dame es anblickte, ohne vor Neid den Tod zu spüren, und kein Ritter, ohne davon im Innern getroffen zu werden. Ihr Gewand war türkisch von wunderbarer bislang nicht gekannter Arbeit, die Hälfte strohgelb und die andere maulbeerfarben und über und über besät mit goldenen Sternen und mit vielen gewirkten und gestickten Zieraten aus Gold. Ausgeschnitten war es mit vielem Geschmack, das Futter von blauer gewebter Seide; der Haarputz anmutig, das Haar frei in goldenen Flechten und über ihm eine Blumenschnur aus weißen und roten Rosen, so natürlich, daß es schien, als seien sie eben erst vom Busche geschnitten. Ueber ihrem Haupte schwebte der Gott der Liebe, ein nackter Knabe, wie ihn die Alten gemalt haben mit offenen Flügelchen, die Federn in tausend Farben schimmernd. Der Knabe schien die schöne Blumenschnur auf die reizende Gestalt zu legen. Zu ihren Füßen lag der Bogen und Köcher Kupidos, als sei er ihre Beute. Es trug das liebliche Bild einen Strauß schöner Veilchen, als hätte sie sie eben erst in den Gärten des Generalife gepflückt. Solcher Art war das Bildnis der schönen Fatima ein nie zuvor gesehener Anblick. Den schönen Wagen aber, auf welchem es stand und von dessen Pracht und Schönheit wir erzählt haben, zogen vier edle Stuten, weiß wie der Schnee. Der Wagenlenker war gekleidet wie die Ritter. Dem Wagen folgten dreißig Ritter in grünem und rotem Gewande mit Federbüschen von denselben Farben. So hielt der großherzige Abenamar als Platzhalter des Spieles seinen Einzug. Und beim Klange der Hörner und anderer Instrumente zog er um den ganzen Neuen Platz unter der Schaubühne des Königs und der Königin vorüber und ließ alle in heller Bewunderung seines Aussehens und schönen Einzuges, welcher in der ganzen Welt nicht seinesgleichen hätte haben können. Denn kein Fürst, so reich er auch sein mag, hätte in solchem Aufzuge mit noch größerer Wirkung austreten können. Wie der Wagen unter der Schaubühne der Königin ankam, waren sie und ihre Damen aufs höchste verwundert, das Bildnis der schönen Fatima so ähnlich und gut getroffen zu erblicken. Fatima war bei der Königin und mit ihr Daraxa und Sarrazina und die schöne Galiana und Zelima, ihre Schwester, und Cohayda und Arbolea und viele andere schöne Damen. Freuten sich mit ihr und sagten, daß sie dem wackeren Ritter Abenamar zu großem Danke verpflichtet sei. Und er müsse nun ihr so zu dienen und sie bei dem Ringelstechen zu verteidigen verstehen, wie er verstanden habe, sie so im Triumphe abzubilden und hereinzuführen, daß sie sich für die glücklichste und seligste Dame der Welt halten dürfe. Fatima aber tat ihnen Genüge und sprach, daß sie nichts von alledem gewußt habe und frei davon sei. Und wenn Abenamar es habe tun wollen, so kümmere sie das nicht im mindesten. Er möge sie verteidigen oder nicht verteidigen, sie habe wenig mit ihm zu schaffen. – Nicht ohne Absicht, sagte Xarifa, hat der Ritter Abenamar sich daran gemacht, eine solche Prahlerei zu begehen, und Euer Bildnis angefertigt. – Den Grund Abenamars, antwortete Fatima, weiß er allein. Jeder handle nach seinem Belieben oder lasse es. Seht nur auf Euren Abindarraez, der für Euch große und des Erinnerns werte Taten vollbracht hat. – Was Abindarraez und mich angeht, sagte Xarifa, so ist es bekannt und alle wissen darum, daß er mein Ritter ist. Das aber mit Abenamar ist uns allen etwas ganz Neues. Und es sollte mich in Wahrheit schmerzen, wenn heute Abindarraez und Abenamar Nebenbuhler sein sollten. – Ob sie es seien oder nicht, was kann es Euch schmerzen! fragte Fatima. – Schmerzen würde es mich, antwortete Xarifa, weil ich nicht möchte, daß Euer Bildnis, welches so pomphaft hereingebracht ist, in meine Hände fiele. – Für so sicher haltet Ihr also des Abindarraez' Erfolg, sagte Fatima, daß Ihr es schon als Euer betrachtet? Aber sorgt Euch jetzt nicht so sehr darum und schätzt den Wert Eures Ritters nicht gar so hoch ein, denn das Schicksal könnte es anders wenden, als Ihr denkt. Denn in ritterlichen Dingen darf man nicht zuversichtlich sein, weil sie den Launen des Glückes unterliegen. – Die Königin aber, welche ihre Worte wohl verstanden hatte, sagte: Welchen Wert hat es, sich über Dinge zu streiten, aus welchen sehr wenig Früchte erwachsen? Beide seid ihr gleich an Schönheit. Heute werden wir sehen, wer die Palme des Sieges davonträgt. Jetzt aber wollen wir schweigen und aufachten auf das Spiel: und das Ende krönt das Werk. – Damit endeten sie ihre Auseinandersetzung, gaben acht und sahen, wie Abenamar um den Platz gezogen war; und langte an bei dem schönen Zelte. Und nachdem er seinen Prunkwagen neben dem prachtvollen Schautische aufgestellt, auf welchem vieles prachtvolle Geschmeide lag, ließ er das Bildnis der reizenden Fatima beim Klange vieler Flöten und Hörner aufstellen, welches alle zu lautem Beifall bewog. Das getan, stieg er vom Pferde und überließ es seinen Dienern und setzte sich vor dem Eingange zu seinem prächtigen Zelt auf einen schönen prunkvollen Sessel und wartete darauf, daß ein Ritter käme, um es mit ihm aufzunehmen. Die Ritter aber, welche den beherzten Abenamar begleitet hatten, ordneten sich dem Range nach zur Seite und bildeten eine breite glänzende Straße. Und da auch die Kampfrichter bereits auf ihrer Schaubühne waren, an einer Stelle, von der aus sie das Lanzenstechen gut verfolgen konnten, wartete alle Welt darauf, daß Ritter sich zeigten, welche den Kampf wagen wollten. Richter aber waren zwei hochgeehrte Ritter von den Zegri, zwei andere von den Gomel und ein Ritter von den Abencerragen mit Namen Abencarraz; dieser war Großprofoß von Granada, Amt und Würde, welche nur einem Ritter von höchster Achtung und großem Wert und Rufe verliehen wurden; und als ein solcher war es dieser zu jener Zeit. Nicht lange währte es, da ließ sich aus der Gomelstraße der laute Klang von Trommeln und Trompeten vernehmen, und alle warteten gespannt, wer es sein möchte, und sahen hereinkommen eine schöne Schar Reiter, alle in zierlicher und prächtiger Kleidung aus rotem und weißem Damast mit zahlreichen Figuren und Geweben aus Gold und Silber. Und die Federbüsche waren weiß und rot. Hinter dieser schönen Schar kam ein Ritter in reicher türkischer Tracht auf einem schönen apfelgrauen Pferde. Decke und Schabracke und Kopfputz des Pferdes waren aus rotem Brokat, die Ränder sämtlich mit Gold eingefaßt und die Federbüsche von derselben Farbe und sehr kostbar. Rock und Ueberwurf mit kostbaren Steinen übersät. Alsobald erkannten alle in dem Ritter den kraftvollen Sarrazino, welcher so beherzt wie wagemutig war; hinter ihm kam ein schöner und reicher Wagen von kostbarer Arbeit, und oben auf ihm erhoben sich vier Triumphbögen von außerordentlicher Schönheit, auf welchen dargestellt waren alle Kämpfe und Schlachten, die zwischen Mauren und Christen in der Ebene von Granada geliefert waren, und das mit solcher Kunst, daß es ein Staunen zu sehen war. Und unter diesen Kämpfen war jener aufs sinnreichste dargestellt, welchen der berühmte Garcilasso de la Vega mit dem tapferen Audalla, dem Mauren, um des Ave-Maria willen bestand, das dieser am Schwanze seines Pferdes trug. Diese und viele andere waren dort von geschickter Hand eingegraben und herausgearbeitet. Unter den vier Triumphbögen erhob sich ein runder Thron, welcher von allen Seiten wohl zu sehen war, wie aus einem sehr weißen und feinen Alabaster und aus ihm herausgeschnitten große und schöne Bildnereien. Auf dem Throne aber stand ein Bildnis von großer Schönheit, in blauen Brokat gekleidet, mit vielen Stickereien und goldenen Fransen, ein reiches und kostbares Werk. Zu Füßen des schönen Bildnisses lagen kriegerische Beutestücke und Trophäen und der Gott der Liebe selbst besiegt und zu Boden geworfen, und sein Bogen und Köcher und Pfeile zerbrochen und die schönen Federn seiner Flügel über den Boden zerstreut. Der kühne Sarrazino führte als Abzeichen ein Meer und in ihm einen Felsen, von den Wogen bestürmt, und eine Inschrift, welche lautete:
Meine Treue bleibt über den Wechsel erhoben.
Wie der Felsen, den Wind und Wellen umtoben.
So zog der herzhafte Sarrazino ein mit seinem Wagen, nicht minder glänzend und prächtig als der Platzhalter. Den Wagen zogen vier schöne falbe Pferde, welche prächtig aufgezäumt waren mit roten Schabracken und Geschirr. Dem Wagen folgte eine anmutige Quadrille von Rittern in der gleichen roten Tracht. So zog Sarrazino mit einer feierlichen Musik um den Platz und weckte bei allen, die ihn sahen, fröhlichen Beifall. Alsobald wurde das Bildnis der Dame als das der schönen Galiana erkannt, und ihre Schönheit setzte alle in Erstaunen, welche es betrachteten. Und sprachen: Einen wackeren Nebenbuhler hat da der Platzhalter bekommen. Die Königin sah Galiana an, welche nahe bei ihr war, und sagte: Dieses Mal, schöne Galiana, könnt Ihr Eure Liebe nicht abreden noch verbergen; ich freue mich von Herzen, daß Ihr Euch einen so adeligen und wackeren Ritter zu wählen wußtet, obschon, um die Wahrheit zu sagen, dem hochherzigen Abenamar nichts abging, und Ihr verschmähtet ihn dennoch. Aber das sind Geschmackssachen. – Die schöne Galiana schwieg und wurde sehr rot vor Scham. Und der König sprach zu den andern Rittern: Jetzt werden wir etwas zu sehen bekommen, denn die Ritter sind beide von großer Tüchtigkeit und Kraft, und jeder von ihnen wird versuchen den Sieg an sich zu reißen. Warten wir und sehen, was der kühne Sarrazino ausrichten kann. – Gaben acht und sahen, wie er, nachdem der Platz umkreist war, seinen Wagen seitwärts aufstellte nahe bei dem Wagen des Platzhalters; und ging gemessenen Schritts nach dem prächtigen Zelte des Platzhalters und sprach zu ihm: Wißt, Herr Ritter, daß ich komme, um im Ringelstechen drei Lanzen mit Euch zu wagen, und unterwerfe mich allem, was Ihr bekanntgegeben habt. Und wenn das Glück will, daß ich Euch die drei Lanzen abgewinne, werde ich das Bildnis Eurer Dame mitnehmen, dazu die Kette, welche, wie Ihr angekündigt habt, tausend Golddublonen wiegt. Wenn aber der Zufall will, daß du mich besiegst, wirst du das Bildnis meiner Dame nehmen und mit ihm zusammen diesen Aermel, der von ihrer Hand gearbeitet ist, und hat einen Wert von viertausend Dublonen. Und die Kampfrichter sollen entscheiden nach dem, was sie gesehen haben und was recht und billig ist. – Und es war die Wahrheit, was der wackere Sarrazino sagte; denn der Aermel, welchen er am rechten Arme trug, war von hohem Werte und es hatte ihn mit großen Kosten die schöne Galiana gefertigt. Und der starke Sarrazino wollte ihn im Vertrauen auf seine Kraft und Geschicklichkeit einsetzen, ohne zu beachten, welch einen wackeren Gegner er vor sich hatte. Der aber erwiderte, als er ihn so sprechen hörte: daß dieses die Bedingung des Kampfes wäre, daß mit drei Lanzen der bezeichnete Preis zu verlieren und zu gewinnen sei. Sprach es und rief, daß man ihm ein Pferd bringe, und alsobald brachte man ihm eines von acht, welche er aufgezäumt und bereit und in den Farben geschmückt, die wir erzählt haben, dort bei sich hatte. Und so nicht mehr noch minder brachte man ihm eine große Ringelrennenlanze. Schwang sich in den Sattel, ohne den Fuß in den Steigbügel zu setzen, nahm die Lanze und ritt durch die Bahn mit so artigem Anstande, daß alle, die ihn sahen, ihre Freude an ihm hatten. Und der König sprach zu den Rittern, die bei ihm waren: Nun, jetzt wird niemand leugnen, daß Abenamar ein kühner und gewandter Reiter ist, und Sarrazino gibt ihm nichts nach, sondern ist desselbigengleichen ein wackerer und guter Ritter. Und jetzt werden wir große Dinge bei dem Ringelspiele zu sehen bekommen. – Inzwischen kam der herzhafte Abenamar am Ende der Bahn an, ließ sein Pferd in der Luft sich wenden, und machte einen Sprung und erhob sich mehr als drei gemessene Ellen über den Boden; und alsobald sprengte es los wie ein Blitz unter der Leitung und Hand eines so tüchtigen Reiters, wie es der herzhafte Abenamar war, welcher inmitten der Bahn seine Lanze fällte nicht zu hoch und nicht zu niedrig und ohne es in etwas zu versehen. Kam bei dem Ringe an, führte einen sehr zierlichen Stoß, so daß die Spitze der Lanze von oben gegen den Ring fuhr, und fehlte kein halber Finger, um ihn zu fassen, und so geradeaus, als wäre sie ein Pfeil gewesen. Solcher Art, daß der Ring, wenn man ihn nicht mitnahm, nicht mehr gewonnen werden konnte. Und ritt hurtig weiter voll Bedauerns, den Ring nicht mitgenommen zu haben. Hielt sein Pferd an und kehrte im Schritte zu seinem Zelte zurück und erwartete, was der starke Sarrazino fertigbringen würde. Der aber war sehr bekümmert und mißvergnügt, als er den Stoß sah, den der wackere Abenamar geführt hatte; faßte Mut im Vertrauen auf seine große Geschicklichkeit und forderte eine Lanze, welche man ihm alsbald brachte. Ritt durch die Bahn mit artigem Anstande, bis er zum Ende kam. wandte alsobald sein Pferd um und ritt zu in unvorstellbarer Hast und mit solcher Geschwindigkeit, als wenn er ein Blitz gewesen wäre. Fällte die Lanze und führte sie so gut und ruhig, als mache das Pferd in seinem Laufe nicht eine einzige Bewegung, zielte sorgfältig und stieß sie mitten durch den Ring. Ritt wie der Wind vorüber und trug ihn an der Lanze mit fort. Alles Volk auf dem Platze aber und alle, die es sahen, riefen mit lauter Stimme und sprachen: Abenamar hat seinen Preis verloren! Froh war der wackere Sarrazino, den Ring mitgenommen zu haben, und sagte, daß er gewonnen hatte. Aber der hochherzige Musa, welcher Abenamars Zeuge war, entgegnete, daß er nicht gewonnen hätte, denn drei Lanzen seien zu reiten, und noch fehlten zwei. Sarrazinos Zeuge, welcher ein Ritter von den Azarques war, sagte, daß mit dieser einen Lanze der Preis gewonnen sei. Damit begannen sie aufeinander einzureden, indem sich ein jeder auf sein Recht versteifte: die Richter ließen ihnen sagen, daß sie schweigen sollten, denn sie würden die Entscheidung treffen. Und entschieden sich dahin, daß er nicht gewonnen habe, in Hinsicht darauf, daß noch zwei Lanzen zu reiten blieben. In heftigem Zorn entbrannte der herzhafte Sarrazino, weil man ihm seinen Preis nicht gab, und war im Unrecht, aber da er ein Ritter von kühnem Herzen war, wog die Leidenschaft vor. Wenn aber der starke Sarrazino froh und zornig war, war es Abenamar nicht weniger, welcher sich den Tod wünschte vor Verdruß und Aerger, die erste Lanze verloren zu haben, wer zu dieser Stunde die schöne Galiana gesehen hätte, würde offensichtlich auf ihrem Antlitz ihre gar zu große Freude erkannt haben, welche ihr im Herzen aufquoll, weil ihr Ritter diese Lanze gewonnen hatte. Das Gegenteil war in Fatimas Herzen; und ob sie schon in ihrer Klugheit den Schmerz verbarg, den sie hatte, konnte sie es doch nicht so sehr, daß nicht eine Spur von ihm zu sehen war. Xarifa aber, welche eine Dame des Palastes war, sprach spottlustig zu ihr: Freundin Fatima, Unglück hat Euer Ritter beim ersten Gange, wenn es so fortgeht bis zum Ende, prophezeie ich ihm keinen Gewinn. – Ich rechne nicht damit, antwortete Fatima, denn wenn er jetzt Unglück hatte, kann er hernach Glück haben, und so sehr vielleicht, daß Euch sein Erfolg schmerzt; denn ich habe Euch schon gesagt, daß das Ende über den Ruhm entscheidet. – Ihr habt wohl gesprochen, sagte Xarifa, warten wir das Ende des Wettstreits ab. – Sahen wieder nach dem Spiele und bemerkten, wie man Abenamar ein frisches Pferd und Lanze brachte; und brennend vor Verdruß betrat er die Bahn und ritt durch sie hindurch mit großer Selbstbeherrschung und als ob er gar keine Erregung in sich verspürte, Schritt vor Schritt in bewundernswerter und anmutiger Haltung. Wandte am Ende sein Pferd mit unglaublicher Schnelligkeit und trieb es an zu ungestümer Eile, so daß es wie ein Vogel dahinflog. Senkte die Lanze und hielt sie so fest und geradeaus wie einen Pfeil, fuhr an dem Ringe vorbei, wie ein Gedanke, und trug ihn auf der Lanze mit sich davon. Das Volk aber brach in laute Rufe aus und sprach: Dieses Mal hat der Platzhalter gewonnen! Der starke Sarrazino aber ritt, sobald man ihm eine Lanze gereicht hatte, an das Ende der Bahn, wandte in der Luft um, wie ein Sturmwind, trug seine Lanze wohl eingesetzt und stob durch die Bahn; berührte indessen den Ring mit seiner Lanze nicht, stob an ihm vorbei und hielt sein Pferd inne. Der starke Abenamar sprach zu ihm: Herr Ritter, ein letzter Lauf bleibt uns noch, unsern Wettstreit zu enden; reiten wir ihn sogleich! – Sprach es und rief nach einer Lanze, welche ihm gereicht wurde, und wandte, am Ende der Bahn angekommen, sein Pferd zurück mit rasender Schnelligkeit, als ob er ein Blitz wäre; nahm seine Lanze fest und fuhr an dem Ringe vorbei und trug ihn mit sich fort, mit solcher Schnelligkeit, daß man ihn kaum ihn fortnehmen sah. Worauf das Volk in großen Lärm ausbrach und rief: Ganz und gar hat Abenamar gewonnen. Zu dieser Stunde sah man der schönen Galiana wohl an, daß sie nicht mehr so zufrieden und fröhlich war, wie zu Beginn, da sie gewahr ward, daß ihr Sarrazino verlor, welcher voll Zweifel an seinem Siege eine Lanze nahm, sich auf seinen Platz begab und wie ein Vogel umwendend mit aller Gewalt die Bahn zurück sprengte. Und bei dem Ringe angekommen, traf er ihn seitwärts mit der Lanzenspitze solcher Art, daß er ihn zu Boden riß, und fuhr an ihm vorbei, wie ein Pfeil von der Armbrust. Und sobald er innehielt, ließen ihn die Richter alsobald vor sich rufen, sagten, daß er verloren habe und daß er es in Geduld hinnehmen müsse. Wenn ich heute im Ringelspiel verloren habe, antwortete der starke Sarrazino, so werde ich an einem andern Tage im ernsthaften Kampfe gewinnen mit einer Lanze, die zwei Schneiden hat. Und was ich heute verloren habe, werde ich mir dann wiederholen. – Abenamar aber, welcher nicht gut mit ihm stand um deswillen, was wir früher erzählt haben, antwortete: Daß, wenn er sich im ernsthaften Kampfe das Verlorene zurückzuholen gedächte, es für heute zu spät sei, wenn er es aber wolle, so solle er es ihm, sobald es ihm gut schiene, ansagen lassen; denn er würde sich ihm stellen nach Recht und Billigkeit. – Die Richter und Zeugen legten sich ins Mittel und ließen nicht zu, daß weiter darüber gesprochen würde. Und so verließen der starke Sarrazino und sein Zeuge mit den andern Rittern, welche ihn beim Einzüge begleitet hatten, den Platz, und ließen zurück das Bildnis der schönen Galiana und den prächtigen Aermel. Alles das wurde unter dem Klange der Hörner und andern Instrumente zu Füßen des Bildnisses der schönen Fatima niedergelegt, welche nicht wenig zufrieden darüber war, wenn sie es sich auch nicht merken ließ. Sehr unzufrieden und verdrossen ging der starke Sarrazino vom Platze, aber wohl begleitet von vielen vornehmen Rittern des Hofes; denn Sarrazino war ein wackerer und reicher Ritter und ein Mann von großer Tapferkeit und Stärke.