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Der erste Rausch der Oberrichterwahl war vorüber. Am dritten Tag war das Publikum ernüchtert.
»Es war doch nur eine Dummheit,« sagte man. »Ein wahrhaftiger Faschingsscherz.«
»Man macht die Stadt lächerlich!« ließen manche sich vernehmen.
»Das haben die Pfiffikusse, die Senatoren gethan, damit sie ihrer eigenen lieben Haut zum Winterschlaf verhelfen.«
Hier und dort brach auch der Ärger hervor, verriet sich der Neid und ließ die Unzufriedenheit eine ihrer Blüten sehen.
Allein die nüchternen Machthaber beeilten sich den neuen Oberrichter anzuerkennen.
Zülfikar Aga schrieb ihm einen freundlichen Brief aus »der wohlgehüteten Festung Szolnok«, daß er sein Amt mit einer edlen That beginnen könnte, wenn er die bei ihm, dem Aga, befindlichen beiden Einsiedler auslösen wollte.
Herr Stefan Csuda bat in ziemlich freundlichem Tone um vier Wagenladungen Brot.
Nur der Vertrauensmann des Ofner Kaimakam, Halil Effendi, der nach Kecskemét kam, um hier Steuerangelegenheiten zu ordnen, fuhr im Stadthause wütend auf, daß man ihn mit einem bartlosen Jüngling unterhandeln lasse, worauf der Oberrichter sich auf den Fersen umdrehte und die Thür heftig zuwarf. Einige Minuten später erschien der Heiducke Pintyö, einen alten Ziegenbock am Stricke nach sich schleppend.
»Was willst du mit dem dummen Vieh, du ungläubiger Hund?«
»Ich brachte es auf Befehl des Herrn Oberrichters. Der Herr möge mit dem Bock da unterhandeln, der hat einen Bart.«
Dieser Trumpf gefiel in Kecskemét und die Wage sank zu Gunsten Miskas.
»Das wird ein Mann! Der läßt nicht mit sich umspringen. Er hat's dem Effendi tüchtig gegeben. Einen solchen Oberrichter hatten wir noch nicht.« Und sie beobachteten ihn seither sehr aufmerksam, was wohl aus ihm werden würde. Und richtig brachte fast jeder Tag der öffentlichen Meinung eine kleine Delikatesse. Man erzählte sich, der Oberrichter habe den Goldschmied Johann Balogh und den aus Kronstadt hierher verschlagenen berühmten Goldschmied Wenzel Walter zu sich berufen: sie mögen eine Peitsche anfertigen, deren Griff aus reinem Gold sein solle, ausgelegt mit Topasen, Smaragden und anderen strahlenden Edelsteinen, ferner einen Filigran-Fokosch, dessen Stiel gleichfalls Gold und dessen Scheide reines Silber sein müsse. Sie mögen den Tag nicht für die Nacht ansehen, sie mögen's vielmehr umgekehrt thun. Diese beiden wertvollen Dinge verschlängen eine Million. (Ja, hat denn die Stadt für dergleichen Dinge Geld?) Am folgenden Sonntag gingen die Richter und die beiden Senatoren sämtliche Geschäftsläden durch und kauften den gesamten Vorrat an nationalfarbenen Bändern auf, alsdann fuhren sie mit den vier Pferden der Stadt nach dem »Szikra« hinaus. Der Szikra ist die Sahara der Stadt Kecskemét. Ein Meer aus Sand. Seither haben die Enkel dort Bäume gepflanzt, damals war der Sand noch frei, er wanderte und rollte in hohen, wilden Wellen, nach seinem Gefallen ins Unendliche. Ringsumher auf einem unendlichen Gebiete weder Wasser, noch Pflanze; die Sonne sendet ihre Strahlen in lilienweißer Farbe auf die Milliarden winziger Sandkörner, welche sich in augenblendender Schnelligkeit bewegen, wie wenn Tausende unsichtbarer Besen unaufhörlich arbeiten würden, oder nur der Sonnenstrahl sich auf ihnen bewegt und umherspringt. Von einem Tier, einem lebenden Wesen ist keine Spur vorhanden. Dieses Landgebiet kann nicht einmal einen kleinen Maulwurf hervorbringen. Denn dieses Gebiet ist nur auf der Durchreise begriffen. Hier kann niemand zu Hause sein, da die Erde selbst nicht zu Hause ist. Auch ein Maulwurf liebt es, wenn er seinen Bau verläßt, ihn wieder vorzufinden. Ei, wer würde es versuchen hier auch nur einen einzigen Sandhügel zu bezeichnen, den er morgen wiederfindet? Die Hügel ziehen fort wie der unstäte Wanderer, sie lösen sich und bilden sich an anderer Stelle wieder. ... Es herrscht tiefe Totenstille. Nur zuweilen zwitschert eine Schwalbe oben in der Luft, welche es nicht verschmäht, dort vorbeizufliegen. Weit, sehr weit schnattert ein Wildentenpaar. Dort ist irgendwo ein Weiher. Wenn die Sonne aufgeht, ringt sie sich aus einem Sandhügel empor und sinkt am Abend wieder auf einen Sandhügel herab. Die Sonne selbst erscheint als ein glänzender Sandhügel, dessen goldener Staub aus der Höhe auf die graubraune einförmige Welt herabweht. Lange, lange muß man wandern, bis endlich unwillkürlich ein Freudenruf auf die Lippen kommt. Jetzt kann das Wasser schon nicht mehr weit sein. Zwischen zwerghaften Weiden windet sich die romantische Theiß, unser Süßwasserfluß. Links erglänzt eine kleine Hütte. Üppige Weiden breiten sich hinter ihr aus, mit wehendem Röhricht. Den Oberrichter interessierte das Leben der Pußten; er betrachtete Alles der Reihe nach. Dann befahl er den Ochsen- und Pferdehirten, daß von heute in vier Wochen bei Sonnenaufgang hundert schön gehörnte weiße Ochsen und fünfzig der fehlerfreiesten Hengste, deren Mähnen mit nationalfarbenen Bändern geschmückt, vor dem Stadthause stehen müssen. Auch von den Hörnern der Ochsen sollen nationalfarbene Bänder herabwehen. Diese Verfügung blieb nicht geheim, sobald die Herren nach Hause kamen, und wenn es schon damals in Kecskemét Zeitungen gegeben haben würde, so hätte der verantwortliche Redakteur diese Nachricht im Entrefilet veröffentlicht. So aber sprachen die Bürger nur bei den Weinhumpen davon: »Goldener Fokos! Mit nationalfarbigen Bändern geschmückte Ochsen und Pferde! Vielleicht will der Sohn des Königs sich bei der edlen Stadt als Hirt verdingen.« Aber noch größer wurde das Staunen am anderen Tage, als Gyurka Pintyö es bei Trommelwirbel in den Hauptgassen mit seiner groben Stimme verkündete:
»Drum! Brum! Es wird allen jenen, welche es betrifft, kundgegeben!« Hier pflegte in der Regel der trommelrührende Gyurka eine Pause zu machen und seinen einem Sellerie ähnlichen Kopf zur Seite zu neigen, wie eine traurige Gans, aber so geschickt, daß sein Mund bis an den Rand der in der inneren Tasche seines Dolmans verborgenen Holzflasche kam, aus welcher er einen guten Schluck that und dann mit durchnäßter Kehle donnernd fortfuhr: »Daß, wer die Gemahlin des türkischen Kaisers werden will, sich bis Sonntag bei dem wohledlen Herrn Oberrichter melden soll.«
Darauf entstand natürlich ein Hin- und Hergerede. »Ist der Oberrichter wahnsinnig geworden.«
»Ein unreifer Knabe!« brummten Viele. Die Eingeweihten, welche wußten, was der Zweck sei, schüttelten die Köpfe. »Es wird keine Wirkung haben.« Die Naiven jedoch erstaunten und freuten sich über die Auszeichnung, denn es ist doch schön, daß der türkische Kaiser seine Frau aus Kecskemét wählt. Se. Majestät hat einen guten Geschmack. (Jetzt möge Nagy-Körös reden!) Mädchen und junge Witwen besprachen erstaunt die interessante Neuigkeit. Sie spotteten und überhäuften einander mit mutwilligen Reden fünf Tage lang am Brunnen. Der Plan des Oberrichters streckte wie die Schnecke seine Hörnchen immer weiter hinaus. Es kam die Nachricht, daß der Sultan Mahomet IV. nach Ofen käme, auch erzählte man, daß man ihm die hundert Ochsen und fünfzig Hengste bringe und daß für ihn die Senatoren als Geschenk die vier schönsten Kecskeméter Mädchen auswählen.
»Nur vier?« rief mutwillig die schöne Frau Paul Inokai aus; »armer türkischer Kaiser!«
»Und wenn du noch wüßtest, Schwester Borcsa,« erklärte Mathias Tóth, »daß er zu Hause noch dreihundertundsechsundsechzig Frauen hat.«
»Er muß viel zu thun haben,« warf die geistreiche Frau Georg Ugi ein, »bis er sie alle des Morgens durchprügelt.« (Und sie schnalzte mutwillig mit der Zunge.) Ein heller Weiberverstand, derjenige der Kata Agoston, entdeckte sofort unter den vielen Frauen die unglücklichste. »Was aber kommt auf die Arme, welche am 29. Februar an der Reihe ist, in einem Jahre, wo der Februar nur 28 Tage hat?«
Das konnte wirklich selbst Mathias Tóth nicht beantworten, er brummte etwas, daß bei den Türken ein anderer Kalender sei, aber das hinderte nicht, daß ein bis zum Weinen gehendes Mitleid über die dreihundertsechsundsechzigste Frau sich der Weiber bemächtigte. (O, arme, unglückliche Seele.) Dann gewann die Neugierde die Oberhand, wer wohl die Unverfrorenheit haben wird, sich zu melden? Obwohl es keine Narrheit wäre, zu erfahren, welche die vier schönsten Rosen in dem Blumengarten Kecskeméts seien, welche der Magistrat auswählen würde? Heimlich beschäftigten sich gewiß wieder eitle Herzen mit dem eitlen Gedanken. Aber die Schamhaftigkeit sagte: »Still!« Das Gesicht des Oberrichters nahm auch alsbald eine enttäuschte Miene an. Bis zum Sonntag blieb kein einziges Fischlein an der Angel hängen. Das heißt, daß Frau Fábián mit bemalten Augenbrauen, gesteiften Röcken hinkam. »Rathen Sie, Herr Oberrichter, warum ich kam?« sprach sie mit ihrem Blicke kokettierend.
»Vielleicht kamen Sie um Steuer zu zahlen?«
»Aber gehen Sie doch.« Und mit ihrem Spitzentuche wehte sie Lestyák kokett zu.
»Vielleicht kamen Sie um jemanden anzuklagen?«
»Nein!«
»Vielleicht sammeln Sie für die Pfaffen,« fuhr der Oberrichter fort.
Frau Fábián neigte traurig das Haupt und seufzte: »Wenn Sie es nicht erraten, dann würde ich es vergeblich sagen.« Es lag in ihrer Stimme eine Art schmerzlicher Entsagung, eine seelenerschütternde Melancholie.
»Was! Sie kommen doch vielleicht nicht, um sich zu melden!«
»Ich bin Witwe,« sagte sie schamhaft.
»Das ist ein Grund. Hm!«
»Ich thue es der Stadt zuliebe,« fuhr sie, bis zu den Ohren errötend, fort.
»Aber was würden Pater Bruno, Pater Litkei dazu sagen?« murmelte der Oberrichter halb zornig, halb lachend, »welche Sie fast zur Heiligen gemacht haben.«
»Ich werde eine Messe für meine Seele lesen lassen. Meine Seele wird auch fernerhin der Kirche bleiben, meinen Körper opfere ich für die Stadt.«
»Schön! Schön! Ich werde Ihren Namen notiren.«
Noch einige aufgeblasene Gesichter meldeten sich außer ihr. Panna Nagy aus der Czeglédergasse, Witwe Frau Kemenes, Maria Bán. Einige jagte der Oberrichter aus seinem Zimmer hinaus. »Wirst du dich von hier packen, du Scheusal, wem zum Teufel kannst du gefallen?« Einem blatternarbigen Mädchen sagte er zornig: »Hast du zu Hause keinen Spiegel?«
»Ich habe keinen, wohledler Herr Oberrichter.«
»Dann geh', mein Kind, suche dir irgendwo einen Kübel Wasser, betrachte dich darin und komme zurück, wenn du den Mut hast.«
Alle diese Details erregten in den wohlinformierten Kreisen große Heiterkeit. Am nächsten Tage, Montag, war Senatssitzung und die Senatoren selbst ließen einige bissige Bemerkungen über das resultatlose Unternehmen fallen. »Nun, befindet sich schon jemand im Käfig?«
»Keine einzige ist geeignet,« antwortete Lestyák zornig.
Herr Gabriel Poroßnoki lächelte gemütlich.
»Wir haben uns verrechnet. Es wäre leichter für den Kaiser in Kecskemét vier Mütter zu finden, als vier Odalisken,« sagte der Oberrichter dezidiert. Er war hartnäckig und unbeugsam in Dingen, die er sich einmal in den Kopf gesetzt hat. »Wir können nicht ohne Bouquet gehen.« Und damit schob er den Senatoren den vertraulichen Brief des Ofner Sandschakpaschas hin, der auf die Erkundigung, welches Geschenk Sr. Majestät angenehm wäre, mit orientalischer Dunkelheit erwiderte: »Bring' ihm Pferde, Waffen, Braten und Blumen!«
Die Blumen müssen da sein. Punktum. Freilich meldete sich bisher niemand – weil noch keine Lockspeise ausgesetzt war. Der türkische Sultan ist in der That keine solche. Wer schwärmt für den türkischen Sultan? Wenn es noch irgend ein reicher, strammer Müller aus der Theißgegend wäre, in einem hübschen, fest anliegenden hechtgrauen Dolman, in Stiefeln und wenn er eine legitime Gattin suchen würde. Aber der türkische Sultan! Von dem die Frauen unserer Gegend nur wissen, daß er der Pascha der Paschas ist. Selbst der Spatz würde sich ja nicht in den Hinterhalt locken lassen, in den aus weißen Pferdehaaren gewundenen Ring, wenn zwischen den Strohhalmen nicht rötliche Fruchtkörner hervorscheinen würden. Selbst die kleine Maus würde nicht in die Falle gehen, wenn darin nicht das weiße Speckstück verlockend glänzen würde. Auch den Kecskeméter Mädchen muß man die Lockspeise ausstecken. Und was kann diese Lockspeise sein? Nun, du lieber Himmel, was anders, als – die Kleider. Perlen, Bänder, Spitzen. Auch das ist eine heilige Dreifaltigkeit der Hölle. Von Belzebub angefangen waltet darin jeder Teufel; der eine ruft: »Komm, betrachte mich,« der andere ermutigt: »Probiere mich,« der dritte flüstert: »Sei verdammt meinetwegen.«
Michael Lestyák sandte dazu geeignete Frauen aus, die einen nach Szegedin, die anderen nach Ofen zu den türkischen Kaufleuten, damit sie die schönsten Seidenbrokatstoffe zusammenkaufen: mit Gold- und Silberblumen durchwirkte Stoffe, feine Blondspitzen, rubinenbesetzte Gürtel. Sie wurden beauftragt, alles in der glänzendsten Pracht auszuwählen. Ihr Sinn soll so darauf gerichtet sein, als handelte es sich darum, vier Prinzessinnen für den Ball herauszustaffieren.
Der alte Lestyák selbst ruhte nicht, er setzte sich auf einen Wagen im Auftrage seines Sohnes, um die benachbarten herrschaftlichen Familien aufzusuchen: Die Vays, Fáys und Bárius, für welche er arbeitete (denn er war weit und breit als ein meisterhafter Schneider berühmt), damit er von ihnen für städtische Gemeinzwecke (denn auch sie alle sind Grundbesitzer in Kecskemét) die Kleider nähenden Fräulein erbitte. Überall waren die Herrschaftsdamen, die »Patrone der Stadt«, gnädig. Meister Mathias konnte mit einer ganzen Wagenladung Fräulein nach Hause kommen. Als in großen Kisten auch die Ware ankam und alles bewundernswert war, begann unter der Aufsicht Mathias Lestyáks die fieberhafte Thätigkeit bei Tag und Nacht. Die Scheren, Fingerhüte klapperten, die Nadeln funkelten und nach und nach begannen die vielen Sammet- und Seidenstücke Gestalt zu gewinnen. Auch Hauben wurden verfertigt, für zwei Jungfrauen und zwei Frauen. Man braucht vielleicht nicht zu sagen, daß, so viele Mädchen und Frauen es gab, sie alle von diesen Wunderkleidern bei Tag sprachen und bei Nacht träumten. Es wäre alles im besten Flusse gewesen, wenn der Quardian Bruno und Pater Litkei sich nicht eingemischt hätten. Diesen gefiel nämlich der Plan keineswegs, daß in Kecskemét eine türkische Behörde sein und dies die Stadt gar selbst erbitten solle. »Wer Jehovas Getreuer ist, der soll mit Allah nicht kokettieren. Denn den treulosen Diener verstößt der eine Herr und der andere nimmt ihn nicht auf. Seid auf der Hut, Kecskeméts gottesfürchtige Einwohner.« Sie schimpften, hielten aufreizende Reden gegen den neuen Oberrichter, der mit den Türken gemeinsame Sache macht, indem er ihnen die Stadt des heiligen Nikolaus zuschanzen will, die Jungfrauen raubt und das Seelenheil verkauft.
Das Ungarherz ist ein guter trockener Zündschwamm: jeder Funke fängt. Immer mehr Menschen wurden aufgeregt. Am folgenden Sonntag sammelten sich unruhige Gruppen nach der heiligen Predigt vor dem Stadthause an, welche mit drohenden Handbewegungen schrien: »Nieder mit dem Oberrichter! Nieder mit den Senatoren!« Besonders die Katholiken waren stark irritiert. Die Lutheraner, deren Vorfahren vor mehr als hundert Jahren eingewandert sind und die aus Tolna hiehergekommenen Kalviner, welche in jener Zeit abgesondert in der Friedhofgasse wohnten, liebten ein wenig die mit den protestantischen Siebenbürger Fürsten paktierenden Ungläubigen. Den Protestanten erscheint der Turban ebenso absonderlich wie die Tiara.
Die Herren Poroßnoki und Agoston liefen erregt zum Oberrichter: »Es steht sehr schlecht. Das Volk unten ist empört. Hören Sie das nicht?«
»Ich höre es,« antwortete er gleichmütig.
» Quid tunc? Sollen wir unseren Plan aufgeben?«
Max sah sie spöttisch an. »Die Frage ist, ob er schlechter sei, seitdem der Quardian ihn hintertreibt?«
»Er ist nicht schlechter geworden,« sagte Poroßnoki, »aber wir müssen mit den Eventualitäten rechnen. In zwei Wochen werden die beiden Patres, welche großen Einfluß auf das Volk haben, dasselbe mit Hauen und Hacken gegen uns treiben.«
»Die Frage ist, ob wir das Schicksal Kecskeméts entscheiden oder die Gasse? Ich glaube, wir. Es wird also bleiben, wie wir es beschlossen haben.«
Mit so viel Energie sprach der junge Oberrichter diese Worte aus, daß sie selbst dem eisernen Charakter Poroßnokis imponierten, nur Christoph Agoston hätte gern ein wenig gestritten. »Der Trotz ist nicht immer vernünftig, Herr Oberrichter. Das Übel ist da! Dagegen muß man etwas thun, ehe es uns über den Kopf wächst.«
»Wir thun ja. Sie werden sich nach einer halben Stunde aufs Pferd setzen.«
»Ich?«
»Sie reisen als geheimer Gesandter in einer wichtigen Angelegenheit.«
»Wohin?«
»Setzen Sie sich, wohledle Herren, aber legen Sie ein Schloß an Ihren Mund, denn wer verrät, was ich sage, dem mache ich einen Strafprozeß.«
»Er spricht wie ein Diktator,« murrte der kränkliche Zaládi.
Unterdessen waren die Senatoren herein gekommen, blaß, mit aufgedunsenen Gesichtern, einigen sah der Schreck aus den Augen. »Hört! Hört!«
»Herr Agoston, Sie werden den Kurutzentrupp aufsuchen, namentlich Stefan Csuda.«
»Diesen Dieb! Nun, dem werde ich es geben, er soll mir nur vor die Augen treten.«
»Sie werden ihm nichts thun, sondern vielmehr mit ihm höflich unterhandeln, um wie viel er geneigt wäre, noch einmal den Quardian und Pater Litkei zu rauben – aber sofort. Diese beiden Menschen haben wir einige Zeit nicht nötig.«
Das ernste Gesicht der Stadtväter erheiterte sich zu einem Lächeln, kein einziger war mehr blaß. Herr Poroßnoki schlug sich lustig mit der Hand vor die Stirn. »Nun, das wäre mir auch nicht eingefallen. Eure Gnaden sind ein geborener Diplomat.«
»Die Notwendigkeit ist ein guter Lehrer, oft ein besserer als die Erfahrung. Über die Pfaffen haben wir keine Macht, wir können sie weder gefangen nehmen, noch ihnen die Kanzel verbieten. Es giebt nur ein Mittel: Stefan Csuda.«
»Wie viel kann ich versprechen?« fragte gut gelaunt der hinausgehende Agoston.
»Sie können es billig abmachen, denn er hat jetzt nichts mehr zu thun, überdies schlägt es in sein Fach. Versprechen Sie ihm die Hälfte von dem, was er begehrt.«
Nach einer halben Stunde wirbelte bereits die Stute Agostons den Staub aus der Czegléder Straße auf und am Abend des dritten Tages führten die Csudas die frommen Mönche gebunden auf demselben Wege fort ... So erfolgreich war die geheime Sendung des Herrn Christoph Agoston, welche er bis zu seinem Todestage stets mit großer Vorliebe erzählte, immer prächtiger, romantischer und in seinem Greisenalter mit den prahlerischen Worten anfing: »Hei! Als ich noch plenipotenter Gesandter war am Hofe Sr. Majestät des Herrn Thököly!«