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Indem ich hiemit dem Publikum das letzte Werk meines seligen Vaters »Ritter Sigismund Hager und die Reformation«, soweit es vollendet, übergebe, halte ich mich für verpflichtet, einige kurze Bemerkungen über Veranlassung und Zweck dieser Schrift mitzutheilen.
Mein seliger Vater hatte durch jahrelanges, unermüdetes Studium der Theologie und Geschichte bereits in den letzten Jahren seines Lebens die Einsicht gewonnen, daß nur allein ein Anschluß der protestantischen an die katholische Mutterkirche vermögend sei, die sittlichen und socialen Gebrechen unserer Zeit zu heilen. Als hiezu nun die Ereignisse unserer letzten Tage kamen und er seine Besorgnisse für die protestantische Kirche neben der Religionsfreiheit auch in der beabsichtigten Trennung der Kirche vom Staat sich verwirklichen zu sehen glaubte, so reifte in ihm der schon lange mit sich getragene Entschluß: die Nothwendigkeit der Vereinigung der protestantischen mit der katholischen Kirche öffentlich auszusprechen.
Jedoch zweifelte er, einen günstigen Erfolg zu erzielen, wenn er, wie schon oft geschehen, in rein abstrakter Darstellung die abweichenden Lehren beider Kirchen beleuchtete, und fürchtete auch andererseits, seine ausgesprochenen Besorgnisse für die protestantische Kirche würden unbemerkt und fruchtlos in dem Strome der Literatur untergehen, wenn er dieselben nicht in einem völlig neuen Gewände auftreten ließe.
Zu dem Ende wählte er die chronikalische Darstellungsform, über deren Zweck, Wesen und Bedeutung er sich im dritten Theile seiner Sidonia ausführlich ausgelassen, und hoffte so, indem er die psychologische Entwickelung der protestantischen und katholischen Lehren in concreto darstellte, seinem Werke neben dem wissenschaftlichen Interesse auch zugleich einen ästhetischen Reiz zu verleihen.
Keine Zeit der Handlung schien ihm wegen der charakteristischen Gegensätze geeigneter zu sein, als gerade die Reformationszeit selber, und glaubte er sich für diese um so mehr entscheiden zu müssen, als seine Besorgnisse sich für den Leser zur höchsten Wahrscheinlichkeit steigern würden, da unsere Zeit, in ihren Bestrebungen gleich der reformatorischen, mit Nothwendigkeit auch dieselben Folgen haben müsse.
Denn wie z. B. die menschliche Gesellschaft zur Zeit der Reformation nur dadurch habe gerettet werden können, daß die Fürsten den Laien die Kirchengewalt nahmen, so müßten folgerichtig auch jetzt, wo umgekehrt die Fürsten den Laien die Kirchengewalt wieder geben wollten, dieselben Erscheinungen in der Protestantischen Kirche eintreten, wie zur Zeit ihrer Entstehung selber.
Diese Erscheinungen der ersten Reformationszeit nun wird im Gegensatz zum Katholicismus der geehrte Leser in dem vorliegenden Werke finden, nicht als Erzeugnisse eines gehässigen Parteigeistes, sondern als wahrhaftige, auf Geschichte beruhende Thatsachen.
Obwohl nun durch den plötzlichen Tod meines seligen Vaters dieses Werk nicht hat vollendet werden können, so sind dennoch die Hauptmomente erledigt, so daß es dem Wesen nach für abgeschlossen erachtet werden kann. Der beabsichtigte zweite Theil sollte neben einem Ausrufe an die evangelische Geistlichkeit zur Wiedervereinigung mit der katholischen Kirche, vorzugsweise die weitere Entwicklung des Romanes in sich schließen.
Damit nun jedoch der geehrte Leser sich nicht plötzlich im Gange der Erzählung wie verlassen finde, habe ich den Prospektus des beabsichtigten zweiten Theiles, wie er mir vorliegt, folgen lassen und wird man darin die stufenweise Auflösung des Romanes finden.
Was nun schließlich noch den Helden unserer Erzählung anbetrifft, so ist er eine historische Person und Ahnherr der geistreichen Dichterin Julia Gräfin von Oldofredi-Hager, auf deren besondere Veranlassung mein seliger Vater diese interessante Persönlichkeit zum Hauptgegenstande der dramatischen Handlung wählte.
Ueber ihn und die Gräfin Oldofredi, welcher diese Blätter gewidmet sind, zum Schlusse des Ganzen noch einige historische Details.
Breslau, 1853.
Aurel Immanuel Meinhold.
Fünf Jahre sind verflossen, seit der Ritter Sigismund Hager seine Fahrt durch Deutschland begonnen. An guter Aufnahme und freundlicher Herberge hat es ihm hüben nicht gemangelt, aber drüben hat man ihm, scheinbar mit Absicht, Thür und Thore verschlossen.
Zwar hat er mit offenem Visire es nicht gescheuet, in die Schranken ehrlichen Zweikampfes zu reiten, aber gegnerischer Seits hat kein Herold den getreuen Ritter gerufen, geschweige denn, daß sich ein Turnirgeübter gefunden, mit ihm eine Lanze zu brechen.
Man hat den Ritter Hager protestantischer Seits todtgeschwiegen und seiner vormals nur in den Neuigkeitsanzeigern mit hagern Worten gedacht; freilich die fahrloseste, literarische Strategik!
Da kehrt der Ritter Hager nun heuer zum zweiten Male von Regensburg aus durch Deutschland; möge man ihn freundlich willkommen heißen; – er will mehr bringen als begehren, hüben: Begeisterung für die heilige Kirche, drüben: einige Aufklärung über Personen und Sachen.
Wenn der getreue Ritter aber dießmal mehr zu erzählen weiß als früher, so wird man es dem Sohne des entschlafenen Verfassers verzeihen, den skizzenartigen Entwurf des II. Theiles, wie er der ersten Auflage beigegeben, nach Vermögen ausgefüllt zu haben, um den Nachruhm seines Vaters zu ehren, sei es durch Lob oder Tadel.
Den geneigten Leser, welcher den zweiten Theil, der von dem ersten abgesondert erscheint, einer gütigen Beachtung würdigt, verweisen wir auf die Vorrede zu demselben, worin der Verfasser sich bemühen wird, die Weiterführung des Romanes zu rechtfertigen.
Und somit möge denn der Ritter Hager zum zweiten Male seines Weges ziehen; Gott aber verleihe seinen Waffen Sieg und Segen, und dem entschlafenen Verfasser Ruhe und Frieden!
Ottmachau im Christmonat 1857.
Aurel Meinhold, Weltpriester.