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Jeanne Antoinette Marquise von Pompadour, diese merkwürdige Frau, welche als die Tochter eines Armeelieferanten Poisson den reichen Finanzpächter Lenormand d'Etiolles heirathete, um ihn bald zu verlassen und die Geliebte des Königs zu werden, dessen Aufmerksamkeit sie nach einem überlegten Plan auf sich zu ziehen verstanden, war damals fünf- bis sechsunddreißig Jahre alt. Ihre anmuthige und schlanke Gestalt hatte, trotz eines beginnenden Embonpoints, das den Französinnen oft so gut steht, während es die deutschen Frauen entstellt, noch die volle Elastizität der Jugend. Ihre Züge waren schön und regelmäßig und ihre etwas kränkliche Gesichtsfarbe war durch kunstvoll und diskret aufgetragene Schminke verdeckt. Ihre großen braunen Augen waren voll Leben und Geist, sie verstanden es, ebenso weich und gefühlvoll als leidenschaftlich und zornig zu blicken, ebenso wachsam umherzuspähen, um die kleinste Nüance, das unbedeutendste Symptom in diesem so intriguenvollen Leben des Hofes, an welchem sie täglich ihre Stellung verteidigen mußte, zu entdecken, – als hochmüthig mit königlichem Stolz auf die gebeugten Häupter der Höflinge herabzublicken. Sie war für den luxuriösen Geschmack jener Zeit einfach, in eine Robe von veilchenfarbener Seide gekleidet, welche vortheilhaft ihre Schultern und ihre Arme von blendender Weiße und klassisch schöner Form hervorhob, ihr nicht hoch toupirtes und nur leicht gepudertes Haar war halb bedeckt von einem nach spanischer Art umgewundenen schwarzen Spitzentuch, und nur wenige Diamanten von wunderbarer Schönheit und ungeheurem Werth schmückten ihren Anzug und ihren Kopfputz. Sie hatte den Anstand einer geborenen Fürstin, sie hatte stets den Ehrgeiz, sich zu dem Königthum, dessen Macht und Glanz zu theilen das Ziel ihres Lebens war, emporzuheben, – während die Dubarry, ihre so unähnliche Nachfolgerin, Alles that, um das Königthum zu sich herabzureißen und ihm den letzten Schimmer der Hoheit und des Glanzes zu nehmen, mit denen Ludwig der Vierzehnte seinen Sonnenthron umgeben hatte. Auch hatte sie mit eisernem Fleiß an ihrer Bildung gearbeitet, sie pflegte alle Künste und besaß in der Musik und Malerei nicht unbedeutende Kenntniß und Fertigkeit.
Die Marquise reichte der Gräfin die Hand, ohne den Chevalier zu bemerken, der, sich tief verneigend, zur Seite getreten war, und sprach, mit freundlichem Wohlwollen in das reizende Gesicht der jungen Frau blickend:
»Guten Morgen, Gräfin, – Sie werden schöner und jünger an jedem Tage – wie die Morgenröthe, – nur sind Sie glücklicher als Ihr mythologisches Vorbild, – diese Aurora ist von ihrem Tithon befreit.«
»Das Reich Aurora's ist nur kurz,« erwiederte die Gräfin, das Kompliment in dem etwas schwülstig poetischen Ton jener Zeit erwiedernd, – »ihr Schimmer verfliegt, sobald des Tages glänzendes Gestirn sich zeigt.«
»Schmeichlerin,« erwiederte die Marquise, – »die kurze Herrschaft ist die reizvollere, – die Morgenröthe beherrscht in ihrer Rosendämmerung das Reich der Träume und das Reich der Hoffnungen, – die Sonne beleuchtet,« fuhr sie seufzend fort, »die Arbeit und die Sorge.«
Sie erblickte den bescheiden zur Seite stehenden jungen Mann und sah ihn fragend an.
»Der Chevalier d'Éon de Beaumont, Marquise,« sagte die Gräfin, »ein Freund meines verstorbenen Gemahls, dem ich hier soeben wieder begegne. – Sie haben ihm Audienz gegeben zu dieser Stunde, wie er mir sagt.«
Die Marquise musterte den Chevalier mit etwas erstauntem Blick.
»Ah – Chevalier d'Éon,« sagte sie, – »ich bin erfreut. Sie zu sehen, der Herzog von Choiseuil hat mir sehr freundlich von Ihnen gesprochen, – er ist entzückt von einigen Broschüren und Memoires, die Sie geschrieben, er will Sie Seiner Majestät vorstellen, um Ihnen eine Karriere zu öffnen, – es wird mir ein Vergnügen sein, auch meinerseits zu thun, was ich vermag, um Ihren Fähigkeiten Spielraum zu schaffen, Frankreich hat wahrlich tüchtige Kräfte nöthig – ich habe deßhalb gewünscht, Ihre Bekanntschaft zu machen, damit ich um so wirksamer Ihre Wünsche unterstützen kann.«
»Die Frau Marquise ist sehr gütig – ich hoffe –« sagte der kleine Chevalier befangen.
Die Marquise betrachtete ihn immer noch verwundert und fuhr fort:
»Der Herzog hat mir so viel von Ihrer Gelehrsamkeit, von der Schärfe Ihres politischen Urtheils gesprochen, – daß ich – ich hätte Sie für älter gehalten, Chevalier –«
Der Chevalier zuckte zusammen, als er empfand, welchen Eindruck seine kleine, zierliche Gestalt auf diese Frau machte, von der seine Zukunft abhing, – er sah, wie die Lippen der Gräfin sich zu einem spöttischen Lächeln verzogen, und die Röthe des Zorns stieg in sein Gesicht, dieser Zorn aber gab ihm auch all' seine Sicherheit und all' sein Selbstgefühl wieder.
Mit fester Stimme und bitterem Ausdruck erwiederte er:
»Der Geist, Frau Marquise, bindet sich nicht an das Maß der Körperlänge, – sonst hätte man wahrlich die Diplomaten unter den berühmten Grenadieren des Potsdamer Regiments suchen müssen! Hier, – Ihnen gegenüber, Frau Marquise,« fügte er in galanter Schmeichelei hinzu, »bedarf es keiner Beweisführung, daß auch in zarter Frauengestalt männlicher Wille und Herrscherkraft wohnen können.«
Die Marquise, welche zuerst bei dem heftigen Ausbruch dieses unbekannten und unbedeutenden jungen Mannes betroffen und strengen Blickes zurückgetreten war, neigte bei der letzterer Wendung lächelnd den Kopf.
»Sie haben Recht, Chevalier,« sagte sie, – »verzeihen Sie meine Bemerkung. Sie verfolgen genau alle Bewegungen auf dem Gebiet des öffentlichen Lebens, wie mir Herr von Choiseuil sagt, – wir haben noch eine Stunde Zeit bis zum Empfang vor der Messe des König – es wird Sie interessiren, einen der merkwürdigsten Vertreter jener modernen Philosophie kennen zu lernen, welche mehr und mehr die Geister erfüllt – jenen eigentümlichen Sonderling, Jean Jacques Rousseau, – ich will diesen feinen und reichen Geist von den Fesseln der Noth und der Armuth befreien, – ich habe ihn zu mir beschieden; bleiben Sie hier, Chevalier, und urtheilen Sie mit mir, ob jener Apostel einer neuen Lehre eben so gut spricht, als er zu schreiben versteht.«
Der Chevalier verneigte sich, – die Marquise fuhr, den Gedanken, die sie beschäftigten, folgend, fort:
»Es sind zwei Feinde, welche die Regierung bedrohen und mich angreifen, da ich ein wenig die Fäden dieser Regierung mit in meinen Händen halte, – das sind die Herren Geistlichen, die Jesuiten vor Allem, und die Philosophen, – nun, mit den ersten denke ich Frieden zu machen –«
Der Chevalier blickte erstaunt auf.
»Und die anderen,« sprach die Marquise weiter, »denke ich für den Thron zu gewinnen, – persönlich stehe ich mit den meisten ganz gut, nur dieser Herr Rousseau und seine Anhänger waren unnahbar, – und ich will selbst mit ihm sprechen!«
«Jean Jacques Rousseau?« rief die Gräfin, »das ist jener Sonderling, der Preisschriften mit ganz neuen Ansichten verfaßt hat, – von dem man so viel spricht – o das ist ja vortrefflich, ich bin sehr neugierig, ihn zu sehen!«
«Er hat mir Noten abgeschrieben,« sagte die Marquise, »und neulich hat man mir einzelne Nummern aus einer Oper von ihm gebracht – le devin du village – die reizend sind, originell und geschmackvoll, es steckt ein großes Talent in diesem Manne, das sich in Sonderbarkeiten verirrt im Kampfe mit der Noth des Lebens, – ich will ihn dieser Noth entziehen, damit er seine Kraft frei entwickeln kann.«
»Ich fürchte, das wird Ihnen nicht gelingen, Frau Marquise,« sagte der Chevalier ernst.
»Nicht gelingen?« rief die Marquise erstaunt mit hochmütigem Ton, – »und warum nicht? halten Sie mich für so arm, daß ich die Bedürfnisse des Lebens dieses Herrn Rousseau nicht befriedigen könnte?«
»Vielleicht sind Sie zu reich, Marquise, – Herr Rousseau scheint mir ein Mann zu sein, der im Kampfe mit der Noth des Lebens entweder aus eigener Kraft Sieger bleibt oder zu Grunde geht.«
»Wir wollen sehen,« sagte die Marquise stolz und bewegte eine kleine Glocke auf dem Tisch.
»Herr Rousseau!« befahl sie dem unmittelbar eintretenden Lakai.
Einige Augenblicke später trat Derjenige, der in seinen Schriften die Axt an die Wurzeln der Gesellschaft legte und dessen Ideen die furchtbare Umwälzung von 1789 in's Leben rufen sollten, obgleich sie trotz dieser so blutigen und erschütternden Revolution doch nur zur Hälfte sich verwirklichten, langsamen Schrittes in den Salon.
Er trug einen Anzug von grauem Tuch, graue wollene Strümpfe und starke Schuhe, denen man ansah, daß er den Weg zu Fuß gemacht. Seinen Kopf bedeckte eine runde Perrücke, welche augenscheinlich lange nicht unter den Händen eines Haarkünstlers gewesen war. Sein blasses und kränkliches Gesicht war schlecht rasirt und trug den Ausdruck von Verlegenheit und Trotz zugleich, seinen Augen nahm die Kurzsichtigkeit den Glanz des geistigen Lebens, den man in ihnen erwarten mußte, die ganze Erscheinung, welche in ihrer Einfachheit dennoch etwas Gesuchtes und Prätentiöses hatte, machte in keiner Weise jenen sympathischen Eindruck, der manchen Menschen bei dem ersten Anblick die Herzen gewinnt.
Der Philosoph schien die neugierigen Blicke, welche sich auf ihn hefteten, nicht zu bemerken, er ging, ein Notenheft unter dem Arm haltend, mit steifen Schritten bis in die Mitte des Zimmers, grüßte die beiden Damen mit einer kurzen Verbeugung und neigte kaum bemerkbar den Kopf gegen den Chevalier.
Dann sprach er mit seiner trockenen Stimme mit pedantischem, schulmeisterhaftem Ausdruck:
»Man hat gewünscht, daß ich meine Arbeit selbst hieher bringen möchte, da man mich sprechen wolle, – vermuthlich um mir irgend etwas über meine Notenkopieen zu bemerken. Ich bin gekommen, um meine Arbeiten zu überbringen und zu hören, was man mir zu sagen hat.«
Er blickte fragend auf die beiden Damen.
Die Gräfin zog sich zurück, die Marquise näherte sich Herrn Rousseau und fragte:
»Ich habe Sie gebeten, zu mir zu kommen, mein Herr, nicht um über Ihre Notenabschriften mit Ihnen zu sprechen, eine Arbeit, für welche Ihre Zeit mir in der That zu kostbar zu sein scheint, – sondern um den geistvollen Schriftsteller kennen zu lernen, dessen Werk die Akademie zu Dijon mit ihrem Preis gekrönt hat und von dem das ganze gebildete Frankreich spricht –«
»Sie sind die Marquise von Pompadour, Madame?« fragte Rousseau, sie unterbrechend.
»Ich bin es, mein Herr,« erwiederte die Marquise, – »und zugleich eine der eifrigsten Leserinnen Ihrer so merkwürdigen und originellen Schrift.«
»Ich hätte nicht geglaubt,« sagte Rousseau kalt, »daß Sie mit solcher Lektüre sich beschäftigten. – Sie nennen meine Schrift merkwürdig und originell? Es ist ein trauriges Zeichen für unsere Zeit und die Welt, in der wir leben, daß die einfache Wahrheit originell erscheint. Man hatte die Preisaufgabe gestellt, ›ob die Wiederherstellung der Künste und Wissenschaften zur Reinigung der Sitten beitrüge?‹ – ich habe diese Frage verneint, weil es die Wahrheit ist, daß weder die Kunst, noch die Wissenschaft die Sitten verbessert, – weil allein die Tugend und die Arbeit die Grundlage des sittlichen Lebens ist, – weil ohne diese Grundlage die Wissenschaft zum Trugspiel des Geistes, die Kunst zur Sklavin der Sinne wird, – das ist die Wahrheit, die einfache Wahrheit, die nur Erstaunen und Aufsehen in einer Welt erregen kann, welche die Arbeit verlernt und die Tugend vergessen hat.«
»Wenn es so ist, mein Herr,« erwiederte die Marquise, – »so gehört doch ein kühner Muth dazu, um diese Wahrheit zu sagen, und ein feiner und tiefer Geist, um sie so treffend und glänzend zu begründen, wie Sie es gethan haben.«
»Hier die Notenreinschrift, Madame,« sagte Rousseau fast unhöflich, – »haben Sie mir eine neue Arbeit zu geben?« Er reichte der Marquise das Heft.
Die Marquise legte die Noten auf den Tisch und sprach: »Nein, Herr Rousseau, ich würde es mir nie verzeihen, die Kraft und Zeit eines Mannes wie Sie für eine Arbeit in Anspruch zu nehmen, welche jeder untergeordnete Schreiber eben so gut besorgen kann.«
»Das bedaure ich, Madame, der Ertrag meiner Notenabschriften für Sie bildete einen Theil, – einen bedeutenden Theil meines Lebensunterhalts, – ich habe doch die Abschriften immer korrekt und gut besorgt –«
»Vortrefflich, – ohne Fehler und Vorwurf, Herr Rousseau, – aber – ich habe es Ihnen schon gesagt, – diese Arbeit ist eines Geistes wie Sie nicht würdig.«
»Jede Arbeit ist des Menschen würdig,« sagte Rousseau in docirendem Ton, »durch welche er sich die Mittel für die Bedürfnisse und Genüsse des Lebens erwirbt, – die Arbeit ist der edelste Zweck unseres Daseins und erhebt uns hoch über die Müßiggänger, die vom Schweiß anderer Menschen in unnatürlichen und überreizten Genüssen leben. Ich bedaure, diese Gelegenheit zur Arbeit zu verlieren, – doch Sie sind frei, Madame, Ihre Noten von mir schreiben zu lassen oder nicht – ich bitte Sie um meinen Lohn und werde Sie nicht länger belästigen.«
»Sie verstehen mich nicht, mein Herr,« sagte die Marquise begütigend, – »ich bin wahrlich weit entfernt, Ihnen Ihren Erwerb schmälern oder entziehen zu wollen, im Gegentheil, ich möchte Sie frei von allen Sorgen wissen, damit Sie Ihre schönen Gaben zur Belehrung und zur Freude der Welt verwenden können. Ihre Freunde haben mir die Partitur Ihrer Oper le devin du village gebracht – sie enthält Stellen, die mich entzückt haben, – auch der König hat sich sehr anerkennend darüber ausgesprochen –«
»Das spricht für Ihren Geschmack, Madame,« fiel Rousseau kaltblütig ein, – »und für denjenigen des Königs.«
»Das ist ein stolzes Wort, mein Herr,« rief die Gräfin Rochefort lebhaft, – »nicht daß ich Ihnen das Recht dazu bestreiten wollte, – aber, verzeihen Sie mir – ich bin erstaunt darüber, da Sie soeben noch die Anerkennung Ihrer Preisschrift mit so viel Bescheidenheit zurückwiesen.«
»Ich habe nicht die Anerkennung derselben zurückgewiesen,« sagte Rousseau, indem er kaum den Kopf zur Gräfin hinwendete, – »ich habe mich nur gewundert, daß man die Wahrheit so außergewöhnlich findet, – auch war mein Wort nicht stolz, – Niemand soll stolz sein auf die Kraft, welche die Natur ihm gegeben, – aber wenn ich Etwas schaffe, so kann ich auch beurtheilen, ob es gut oder schlecht ist, – meine Oper ist gut, denn wenn sie es nicht wäre, würde ich sie vernichtet haben. Jene Bescheidenheit, welche das eigene Werk verkleinert und herabsetzt, ist eine Lüge – und ich strebe darnach, mich von jeder Lüge in Gedanken, in Worten und Thaten frei zu machen.«
»Herr Rousseau hat Recht,« sprach die Marquise. »Dem Geist, der Großes und Schönes schaffen kann, ziemt die falsche Bescheidenheit nicht. – Seine Majestät hat also« – fuhr sie mit leichter Ironie fort – »den guten Geschmack gehabt, Ihr Werk vortrefflich zu finden, und um Sie von allen Sorgen zu befreien, welche die Schöpfungskraft des Geistes niederdrücken, hat der König Ihnen eine Pension von dreitausend Livres ausgesetzt. Mir aber erlauben Sie, meine Schuld zu berichtigen und den Lohn nicht nach dem Werth der Arbeit, sondern nach der Hand zu bemessen, welche diese für sie so untergeordnete Arbeit gethan hat.«
Sie nahm aus einer mit Gold inkrustirten und mit Edelsteinen besetzten Schatulle eine seidene, goldgefüllte Börse und reichte sie dem Philosophen.
Rousseau wog die Börse kalt und ruhig in der Hand und sprach achselzuckend:
»Sie geben mir, Madame, vielleicht tausendmal den Werth meiner Notenschriften. Mit welchem Recht entziehen Sie diese Summe von Goldstücken, welche Brod, Kleidung und Obdach für viele darbende Arme enthalten, Denen, die sie bedürfen, um meine Arbeit so weit über ihren Werth zu bezahlen?«
Er nahm ein Goldstück aus der Börse und legte dieselbe dann auf den Tisch.
»Dieß,« sagte er, »ist der Werth meiner Arbeit, – wenn Ihnen das Uebrige überflüssig ist, so geben Sie es Denen, welche das Nothwendigste entbehren, – Sie werden deren genug finden.«
Die Marquise sprach mit ihrem liebenswürdigsten Lächeln: »Ich hätte diesen Stolz bei einem Manne wie Sie voraussetzen sollen – doch hoffte ich, daß der Reiche, der im Ueberfluß der edelsten und höchsten Güter der Menschheit lebt, einer Freundin, die seinen Geist bewundert und sich vor ihm beugt, erlauben würde, ihm zu bieten, was des Lebens niedere Sorgen erleichtern kann. – Meine Hoffnung war zu kühn, – ich bescheide mich, – der Fürst im Reich des Geistes will nur dem König erlauben, ihm den Boden der materiellen Existenz zu ebnen –«
»Ich danke Ihnen, Madame,« sagte Rousseau mit der Miene eines Beschützers, – »denn jeder gute Wille ist des Dankes werth – doch ich kann Ihr Geschenk nicht annehmen. Wer ein Geschenk gibt, erniedrigt den Empfänger, der keinen Gegenwerth bieten kann, – wer es annimmt, bestiehlt alle Diejenigen, welche Noth leiden und für ihre Arbeit nicht den genügenden Lohn finden. Danken Sie auch dem Könige, Madame, – und bitten Sie ihn, die mir zugedachte Pension zu einem guten Werke, zu einer Stiftung für Kranke und Gebrechliche zu verwenden, die nicht arbeiten können, – ich, Madame, bin reich und unabhängig, denn ich kann durch meine Kraft das Brod erwerben, welches die Maschine dieses Körpers erhält und sie in den Stand setzt, in der großen gemeinsamen Arbeit des Menschengeschlechts ihren Platz auszufüllen – «
»Wie, mein Herr, Sie lehnen die Pension ab, welche Seine Majestät Ihnen bewilligt?«
»Ich lehne Sie ab,« sagte Rousseau, »weil ich sie durch das, was ich gethan, nicht verdient habe, und weil ich nicht gesonnen bin, sie durch das zu verdienen, was ich thun werde.«
Die Marquise warf einen schnellen Seitenblick auf den Chevalier, der, auf die Lehne eines Sessels gestützt, mit hohem Interesse diese Konversation verfolgte. Es war in der That ein außergewöhnlicher Anblick, diesen schlecht gekleideten Mann mit den bestäubten Schuhen in seiner fast abstoßenden Erscheinung hier zu sehen, inmitten dieser Umgebung voll des höchsten Luxus, gegenüber dieser schönen Frau, welche über allen Genuß des Reichthums gebot und deren zierliche und zarte Finger mit der königlichen Macht Frankreichs spielten, wie er dieser Frau, vor der Alles sich beugte, rücksichtslose Ablehnung entgegenstellte. Es war, als sei der Geist des arbeitenden, duldenden und entbehrenden, aber in seiner Entbehrung und seiner Arbeit trotzig stolzen Volkes in die goldflimmernde Atmosphäre des Hofes hinaufgestiegen und die beiden Damen erbebten in unwillkürlichem Schauer bei der Erscheinung dieses hier so ganz unbekannten Geistes, dessen Hauch später die unwiderstehliche Flut der Massen in diese selben vergoldeten Räume treiben sollte, um das gebrochene Königthum von hier fortzuführen durch den Kerker zum Schaffot.
Die Marquise schien instinktiv zu fühlen, daß es gelte, diesen Geist zu beschwören und zu unterwerfen, – sie überwand die Empfindlichkeit über diese starre Zurückweisung und sprach ernst, aber mit so verbindlicher Höflichkeit, als hätte sie einen der vornehmsten Großen des Hofes vor sich:
»Aber, mein Herr, ich glaube, das heißt den Stolz des Geistes zu weit treiben, – ist es denn nicht des Königs Pflicht, die Edelsten und Besten zu sich emporzuheben über das Gemeine und Niedrige? – ist es nicht der edelsten Geister Pflicht, den Thron ihres Landes durch ihren Glanz zu verklären? – denken Sie, wie herrlich, wie unvergänglich jener Strahlenkranz leuchtet, welchen die Dichter der vergangenen Generation um den großen König bildeten, der die Sonne zu seinem Sinnbild wählte und der von den Geistesfürsten, die seinen Thron umringten, ebensoviel Licht empfing, als er ihnen gab, – ich hatte gehofft – es war eine meiner schönsten Hoffnungen, – auch die großen Geister unserer Tage um den Thron des Königs zu versammeln, damit Macht und Geist gemeinschaftlich und sich ergänzend Frankreichs Zukunft zu neuem Ruhm und Glanze führen –«
»Hoffen Sie das nicht, Madame!« fiel Rousseau ein. – »Die Zeit ist eine andere – die Zukunft folgt nicht mehr den Spuren der vergangenen Tage, – sie wendet sich zu neuen Bahnen, die klar und hell vor meinem Blick sich öffnen. – Jene Geister, Madame, welche den Thron des vierzehnten Ludwig umgaben und stolz waren, die Strahlen seiner Sonnenkrone zu bilden – sie lebten in einer Welt der Einbildung, welche sie bevölkerten mit den Gestalten ihrer Phantasie, und alle edlen Gefühle und Gesinnungen, die sie verherrlichten, alle Laster, die sie geißelten, gehörten der Welt des Genusses und des Glückes an, die sich im Laufe der Jahrhunderte aufgebaut hat, hoch über dem arbeitenden, duldenden und darbenden Volk. Jene Geister hatten keine Fühlung mit den Tiefen des menschlichen Lebens und des menschlichen Leidens, – sie waren niemals hinabgestiegen in jene finsteren Abgründe des fruchtlosen Arbeitens, der Entbehrung und Erniedrigung, des dumpfen, hoffnungslosen Kummers. Was ist das tragische Unglück, das den Helden unter den Donnerschlägen des flammenden Wetters niederwirft, um seinen Namen dann dafür in unvergänglichen Sternenlettern an das Firmament zu schreiben, – was sind die lächerlichen Leiden eines eingebildeten Kranken, – was sind die heuchlerischen Verfolgungen eines Tartüffe gegen die entsetzlichen, dumpfen, qualvollen Leiden des Volkes, das in dem finstern, unabänderlichen Einerlei der ewigen Arbeit seine Kraft verzehrt, um aus den Tiefen heraufzuringen, was jene Welt der Herrschaft und des Genusses auf den lichten Höhen des Lebens in unersättlicher Gier verschlingt? Werfen Sie einen Blick in diese Tiefen des Elends, Madame, dieses Elends, dem der Schlaf nur die Kraft zu neuen Leiden bringt und aus welchem nur der Tod erlöst, – dann werden alle jene tragischen Heldengestalten der Dichtung im hellen Sonnenglanz vor Ihnen erscheinen, – ihr Leiden stärkt und veredelt die menschliche Seele und erhebt sie zur Himmelshöhe der Unsterblichen, – das Leiden des im fruchtlosen Arbeitsjoche verschmachtenden Volkes aber erniedrigt die Seele, vernichtet den Geist und löscht die heilige Flamme aus, welche die schaffende Natur in jeder Menschenbrust entzündete. – Jene Geister, Madame, von denen Sie sprachen, – sie kannten das Volk nicht, – und wenn sie seine Ketten sahen, so waren sie bemüht, diese Ketten zu vergolden und mit Blumen zu umwinden – damit auch das Elend schön und edel erscheine. Der Kultus der Schönheit verhüllte und entstellte die Wahrheit; – heut ist das anders – die erleuchteten Geister unserer Tage haben eine andere, höhere Pflicht – ihre Aufgabe ist es, nicht die Ketten des Volkes zu vergolden und zu bekränzen, sondern sie zu zerbrechen!«
Er hatte, hingerissen von seinem Gefühl und seiner Ueberzeugung, immer feuriger und lebhafter gesprochen, seine Augen glänzten, seine vorher blöden und unsicheren Blicke erleuchteten sich von geistigem Licht. Dann aber, als er geendet, nahm seine Haltung wieder ihre frühere rauhe Starrheit an, er blickte finster vor sich nieder und schien fast zu bereuen, hier so viel gesprochen zu haben. Der Chevalier sah forschend aus die Marquise, welche betroffen, mehr traurig als unwillig, einen Augenblick schweigend dastand.
»Ich hatte gehofft, mein Herr,« sagte sie dann, »einen Freund zu gewinnen – und nun muß ich fast fürchten, einem unversöhnlichen Feinde gegenüberzustehen. Nehmen Sie sich in Acht,« fuhr sie fort, »daß der Polizeilieutenant des Königs solche Gedanken und Worte nicht hört, – hier bei mir sind dieselben unschädlich, – anderswo gesprochen, könnten sie Ihnen die Bastille öffnen und selbst mir würde es schwer werden, Sie aus deren finsteren Zellen wieder hervorzuziehen.«
Rousseau schien ergriffen von dem Ton wirklicher Theilnahme, der in diesen Worten lag, – er trat näher zur Marquise heran und sprach mit weicherer Stimme als vorher:
»Ein unversöhnlicher Feind, Madame? – Nein. – Ich bin Niemandes Feind, – kein Mensch darf der Feind eines andern Menschen sein, weil die Natur sie alle zu Brüdern geschaffen, und weil die höchste Tugend gebietet, sich selbst zu vergessen aus Liebe zu seinen menschlichen Brüdern; – diese große Lehre des Evangeliums, das mir zwar nicht ein Heiligthum mystischer Offenbarung ist, das ich aber hoch verehre als den Ausdruck erhabener Gedanken und reiner Sittengesetze, – diese Lehre ist auch die meinige. Ich beklage Diejenigen, deren Blick der Wahrheit verschlossen ist, – aber ich bin ihr Feind nicht, – meine Feinde sind nur Die, welche die Wahrheit erkennen und sie verleugnen und verhüllen. – Und Ihr Polizeilieutenant, Madame, er hat wahrlich keinen Grund, mir mit seinen Kerkern zu drohen, ich predige nicht den Aufruhr, nicht den blutigen Kampf gegen die Ordnung des Staates, wie sie sich in falscher Entwickelung der menschlichen Gesellschaft gebildet hat, – ich will die Menschheit zur Freiheit erziehen, – zur Freiheit von der Tyrannei herrschender Klassen, – aber auch zur Freiheit von ihren Lastern und Leidenschaften, – ich will die Menschen zum stolzen Bewußtsein ihres Rechtes erheben, aber auch zur demüthigen Anerkennung ihrer Pflichten, – Andere werden mir nachfolgen in der Verkündigung dieser Wahrheit, und wenn die Tugend, die Nächstenliebe und die Arbeit einst die Grundpfeiler der menschlichen Gesellschaft geworden sind, – dann wird freilich für den von gepanzerten Wachen umstellten Thron kein Platz mehr auf Erden sein, – dann aber wird dieser Thron nicht unter Blut und Flammen zusammenbrechen, – sondern der letzte König wird mit Freudenthränen in den Augen herabsteigen und in die geöffneten Arme seiner Völker sinken, – seiner Völker, die seinesgleichen, – die seine Brüder geworden sind! – Und wollte dennoch die Polizei wegen dieser meiner Meinungen mich in ihre Kerker versenken – ich fürchte mich nicht, Madame, – man kann mich zerbrechen, aber man kann den Geist nicht bannen, der mich erfüllt und der bald die Völker der Erde erfüllen wird, – und auch jene starren, drohenden Mauern der Bastille – sie werden vor dieses Geistes Wehen verschwinden, wie der Wind des Staubes kräuselnde Wirbel vor sich her treibt, und da, wo jetzt in den dunklen Tiefen der Kerker der Jammer der Gefangenen ungehört verhallt, da werden einst im hellen Sonnenlicht, mit Blumen bekränzt, freie und fröhliche Menschen ihre Feste feiern.«
»Und könnten Sie, Herr Rousseau,« fragte die Marquise, »für diese sanften, freundlichen Lehren keinen Platz unter dem Schutz des Thrones finden? Würden Sie nicht freier und freudiger Ihre Ueberzeugungen aussprechen können, wenn des Königs Großmuth Ihnen die tägliche Sorge abnähme?«
»Großmuth, Madame!« erwiederte Rousseau. »Eben weil es Großmuth wäre, kann ich des Königs Gabe nicht annehmen. Großmuth darf der Mensch nur gegen denjenigen seiner Mitmenschen haben, welcher sich selbst nicht helfen kann, – und selbst dann darf sie als Großmuth nicht empfunden werden, – ich aber, Madame, ich kann mir selbst helfen.«
»So lassen Sie mich Sie bitten, mein Herr,« sagte die Marquise, welche nicht nachgeben wollte, »das anzunehmen, was tausend Andere als ein Glück erstreben würden, – ich habe gehört, Herr Rousseau,« fuhr sie näher zu ihm herantretend und ihn scharf fixirend fort, – »Sie haben Familie
Rousseau sah sie groß an.
»Familie im Sinne der alten Gesellschaft,« erwiederte er, »habe ich nicht; ich theile des Lebens Arbeit und Genuß mit einem Wesen, das ich liebe und das mich wieder liebt, das mich versteht und mir gleich denkt und fühlt, – aber wir sind frei, uns schmiedet nicht jene Fessel der Ehe, der Familie an einander, welche zuerst den freien menschlichen Geist in lähmende Bande einengt, – wir Beide sind frei und darum bleibt uns die Sorge und die Reue fern.«
»Aber,« sagte die Marquise, »würde Diejenige, die Sie lieben, nicht glücklicher sein, wenn die Reize des Lebens ihr Dasein verschönten? – würden Ihre Kinder –«
»Meine Kinder, Madame,« fiel Rousseau kalt ein, »sende ich in das Findelhaus, so bleibe ich frei von der Sorge um sie, – und sie finden eine bessere Erziehung, als ich sie ihnen geben könnte.«
»Entsetzlich!« rief die Gräfin Rochefort lebhaft. – »wie ist es möglich, daß so viel Grausamkeit mit so edlen Gesinnungen vereint sein kann!«
»Grausamkeit?« fragte Rousseau, indem er sich verwundert halb zur Gräfin wendete. – »Nennen Sie es weniger grausam, wenn arme Eltern ihre Kinder in Noth und Elend verwahrlosen, vielleicht sterben lassen, – oder wenn die Reichen die armen Seelen der Kinder unter dem Beispiel ihrer Laster und ihrer Verderbniß erwachsen lassen? Nein, Madame, es ist wahrlich weniger grausam, meine Kinder in jenem öffentlichen Institut erziehen zu lassen, wo sie an Stelle einer beschränkten und engherzigen Anhänglichkeit an Eltern und Geschwister die ganze Menschheit als ihre Familie betrachten und lieben lernen.«
Die Marquise hatte sinnend dagestanden, – sie, die gewohnt war, die höchsten und stolzesten Häupter des Hofes sich vor ihr beugen zu sehen, schien sich zu fragen, ob denn dieser einfache, mit Armuth und Sorge kämpfende Mann seine schwache Seite habe.
Als er geendet, sprach sie mit sanfter, eindringender Stimme:
»Und doch, Herr Rousseau, – »wenn Sie nun nicht arm wären, – wenn Sie in freiem Aufschwünge die volle Kraft Ihres Geistes entwickeln könnten, – wenn, ohne Hemmung durch die Arbeit für des Lebens Nothdurft, immer schöner, immer reicher die Schöpfungen Ihrer edlen, ungefesselten Thätigkeit erstehen würden, – glauben Sie nicht, daß Diejenige, die Sie lieben, glücklicher, stolzer zu Ihnen aufblicken möchte, als wenn sie gebeugten Hauptes Sorge und Noth mit Ihnen theilt? – Und« – fuhr sie fort, ihm näher tretend – »wenn Sie dann Ihre Kinder bei sich behielten, wenn Sie alle Ihre Gedanken, Ihre Gefühle, Ihre Ueberzeugungen in die Seele eines Sohnes niederlegten, der allmälig unter Ihren Augen heranwüchse als Ihr zweites Selbst, – der einst, wenn Sie alt werden, nicht nur Ihren schwachen Arm stützte, sondern auch den edelsten Inhalt Ihres Wesens verklärt und verjüngt in die künftige Generation hinübertrüge – wäre das kein Glück? – Und wäre das ein Glück, dessen der edelste und tugendhafteste Mensch sich zu schämen hätte?«
Rousseau hatte in immer stärkerer Bewegung zugehört. Er faltete die Hände und blickte mit feuchten Augen starr vor sich nieder, während er halb für sich sprach:
»O mein Gott! mein Gott! – meine Therese – wie glücklich würde sie sein – wie würde ihr Auge prahlen – wie würde ihre bleiche Wange freudig erröthen! – Und meine Kinder, – o es thut doch weh, sie so fortzubringen, – und den Blick der reinen Augen nicht mehr zu sehen! – Ein Sohn, der in meinen Grundsätzen erwüchse, – der mein wäre – mein, nicht durch des Blutes zufälliges Band allein, sondern durch die langsam sorgende Erziehung und Bildung –«
Er breitete die Hände aus – mit wehmüthigem Lächeln, den Blick wie zu einer schönen Vision aufwärts richtend, flüsterte er leise:
»O es wäre schön – sehr – sehr schön!«
Die Marquise hatte mit dem Ausdruck des Triumphes diese mächtige Wallung des Gefühls bei dem bisher so unnahbar kalten Philosophen beobachtet. Sie trat nahe zu ihm heran und sprach mit herzlicher Innigkeit:
»Nicht wahr, Herr Rousseau, – Sie nehmen an, was der König frei und ohne Bedingung Ihnen bietet?«
Rousseau erschrak bei dem Ton ihrer Stimme, – dann versank er wieder in tiefes Sinnen und blickte immer finsterer zu Boden.
»Und ich war so stolz auf meine Kraft,« sprach er mit dumpfem Ton inneren Grimmes, während der Blick der Marquise in höchster Spannung an seinen in heftiger Bewegung arbeitenden Zügen hing, – »ich hatte mit der scharfen Schneide der Wahrheit alle jene Illusionen und krankhaft weichen Gefühle aus meiner Seele entfernt, welche uns verwirren und von den: geraden Wege der Pflicht und der Tugend ablenken! – Und doch – doch erliegt diese Kraft der ersten Versuchung – doch wuchern sie wieder empor jene Illusionen bei dem ersten Sonnenblick, den das trügerische Glück auf mich herabsendet? Soll alle Welt höhnend auf mich zeigen und sagen: Seht, das ist Jean Jacques Rousseau, der die Tugend predigt und der nicht die Kraft hat, nach seinen Lehren zu handeln? – der für elendes Geld seine Freiheit verkauft, – der die Wahrheit verleugnet hat?«
Er richtete sich stolz empor.
»Nein, Madame, – nein – ich nehme nichts an – ich will der Arbeit und der Freiheit treu bleiben. – Sagen Sie dem Könige, daß er für sein Gold und seine Ehren Feldherren und Minister finden kann, – aber daß alle seine Schätze nicht ausreichen, um Jean Jacques Rousseau zu kaufen!
– «Und doch wäre es so schön gewesen, – die arme Therese – meine Kinder« –
Er trat mit dem Fuß heftig auf den Boden –
»Ich will nicht,« rief er, »will nicht daran denken – flieh' – flieh', Unglücklicher, – flieh' die Versuchung, wenn du zu schwach bist, sie zu besiegen!
»Leben Sie wohl, Madame,« sagte er mit kurzem Gruß gegen die Marquise.
Dann eilte er, ohne sich umzusehen, hinaus.
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