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10. Kapitel.

Um dieselbe Zeit, oder vielmehr einige Minuten zuvor, stand Kaiser Max am Fenster und blickte mit einem ernst sinnenden Ausdruck seines Gesichtes hinab in den Klostergarten. In der Mitte des Zimmers aber stand ein untersetzt gebauter Mann in reicher mexikanischer Uniform. Dieselbe trug die Abzeichen des Generals, und sein Gesicht, ebenso ernst wie dasjenige des Kaisers, war vom Wetter tiefgebräunt und gegerbt. Der Mann, dem man die indianische Abstammung leicht ansah, war – General Mejia.

Als Juarez gegen Sternau den Marschall Ney, den Bravsten der Braven, erwähnte, hatte er seinem General Porfirio Diaz dieselbe Bezeichnung gegeben. Kaiser Max aber hätte ganz mit ebendemselben Recht den General Mejia den Bravsten der Braven, den Treuesten der Treuen nennen können.

Die beiden Herren hatten augenscheinlich ein sehr ernstes Gespräch durch eine Pause unterbrochen. Endlich beendete der Kaiser diese, indem er, ohne sich umzudrehen, fragte:

»Und Puebla ist also auch verloren?« – »Unwiederbringlich, Majestät.« – »Sagen Sie dieses Wort mit voller Überzeugung?« – »Leider.« – »Und doch denke ich, daß dieser Ort wieder zurückzuerobern sei.« – »Ich sehen keine Möglichkeit ein.« – »Ah! Haben wir hier nicht fünfzehntausend Mann zur Verfügung?« – »Wir können keinen einzigen Mann entbehren.« – »Warum nicht?« – »Weil uns Eskobedo bedroht.« – »Er liegt noch in Zacatecas.« – »Aber er hat seine Avantgarde so weit vorgeschoben, daß er uns in drei Tagen erreichen kann, vielleicht sogar in zweien.«

Da drehte sich der Kaiser schnell um und sagte:

»Ah! Sie fürchten Eskobedo?«

Mejia antwortete nicht.

»Nun?« fragte Maximilian ungeduldig. – »Ich fürchte ihn nicht, aber er ist einer der besten Generäle, die ich kenne«, antwortete Mejia. »Übrigens glaube ich, niemals gezeigt zu haben, daß ich Furcht besitze.« – »Aber Sie sind zu bedenklich.« – »Nicht für mich, sondern für meinen Kaiser.« – »Ihre Bedenklichkeit ist es ja, die Puebla für immer aufgibt.« – »Weil ich keine Mittel sehe, es zurückzunehmen.« – »Nun, wenn wir unser Militär brauchen, so kommandiert ja Marquez in der Hauptstadt. Er ist im Besitz verfügbarer Kräfte.« – »Er braucht diese Kräfte. Er ist von Diaz bedroht.« – »So halten Sie Diaz für einen so vorzüglichen General wie Eskobedo?« – »Für noch vorzüglicher!« – »Marquez wird ihm gewachsen sein.« – »Majestät gestatten mir, zu zweifeln. Marquez ist verhaßt. Er ist zu langsam, er ist nicht treu. Gerade sein Zögern, sein Hinhalten trägt die Schuld, daß es Porfirio Diaz gelang, Puebla wegzunehmen.« – »Mein Gott! Welche Perspektive eröffnen Sie!« – »Leider! Majestät, wir sind eingeschlossen.« – »Sie meinen, wir können nicht nach der Küste?« – Jetzt nicht mehr.« – »Auch vereint nicht?« – »Nein.« – »Pah! Ich verfüge im ganzen über dreißigtausend Mann guter Truppen. Wenn ich mich entschließe, die Hauptstadt und Querétaro zu räumen, so bringen diese Truppen mich sicher nach Verakruz. Was meinen Sie? Zweifeln Sie auch da noch?« – »Leider ja.« – »Warum?« fragte Max ungeduldig oder vielleicht sogar unwillig. – »Erstens traue ich diesen ›guten Truppen« nicht. Und zweitens hat uns Porfirio Diaz den Weg verlegt.« – »Wir sind stärker als er. Wir werfen ihn über den Haufen.« – »Eskobedo würde ihm sofort durch einen eiligen Flankenmarsch zu Hilfe kommen.« – »So schlagen wir erst den einen und sodann den anderen.« – »Bedenken Majestät, daß, wenn wir Querétaro und die Hauptstadt aufgeben, wir in freier Feldschlacht ohne alle Stütze sind, während wir jetzt wenigstens unter Deckung stehen.«

Max war kein Kriegsmann. Seine Ansichten bewegten sich bald auf der höchsten Sprosse der Hoffnungsleiter, bald sanken sie wieder und rasch bis auf die unterste herab.

»So ist also Ihre Ansicht, daß alles verloren sei?« fragte er mutlos. – »Alles!« antwortete Mejia in tiefem Ton.

Da strich der Kaiser sich den Bart, seine Augen ruhten vorwurfsvoll auf dem General, und er sagte:

»Wissen Sie, daß Sie durchaus nicht Hofmann sind?« – »Majestät, ich bin es nie gewesen. Ich bin Soldat und meines Kaisers treuer, wahrheitsliebender Untertan.«

Da reichte Max ihm die Hand und sagte mit dem mildesten Ton seiner Stimme:

»Ich weiß das. Sie sind zwar immer ein Unglücksrabe gewesen, aber Sie haben es gut gemeint.« – »Ein Unglücksrabe?« fragte Mejia unter überströmendem Gefühl seines Herzens. »Nein, nein, Majestät. Ich habe Majestät gewarnt, seit Sie den Fuß auf den Boden dieses Landes setzten. Meine Warnungen verhallten ungehört. Nun werde ich mit meinem Kaiser untergehen.«

Wieder trat eine Pause ein, während welcher der Kaiser trüben Sinnes zum Fenster hinausblickte. Dann drehte er sich schwer und langsam um und sagte:

»General, ich will gestehen, daß ich jetzt wünsche, mich zuweilen Ihrer Ansicht gefügt zu haben.«

Da ergriff Mejia des Kaisers Hände, küßte sie und benetzte sie mit Tränen und rief aus:

»Dank, tausend Dank für dieses Wort, Majestät. Es entschädigt mich für alles, was ich im stillen erlitten habe.« – »Ja. Sie sind treu und zuverlässig. Und Sie glauben wirklich, daß wir weichen müssen?« – »Weichen? O nein, das können wir gar nicht.« – »Wieso?« – »Wohin wollen wir weichen?« – »Hm! Ich weiß es nicht.« – »Es gibt keinen Ort. Man wird Mexiko und Verakruz nehmen und uns hier erdrücken.« – »So werden wir kämpfen.« – »Kämpfen und sterben!« – »Dieses letztere Wort mag ich nicht hören. Ich scheue nicht den Heldentod auf dem Schlachtfeld; aber man wird es niemals wagen, Hand an das Leben eines Sohnes des Hauses Habsburg zu legen.«

Da streckte Mejia abwehrend seine Hand aus und rief:

»Man wird es wagen, Majestät.« – »Meinen Sie?« fragte Max fast drohend und indem er seine Gestalt stolz aufrichtete. – »Ich bin überzeugt davon.« – »Das wäre Kaisermord.« – »Die Bewohner dieses Landes sagen, daß sie keinen Kaiser kennen.« – »Man würde mich rächen.« – »Wer?« – »Die Mächte.« – »Haben England und Spanien etwas vermocht? Sie haben ihre Truppen bereits im ersten Augenblick zurückgezogen. Hat Frankreich etwas erreicht? Napoleon hat sich rechtzeitig aus der Schlinge gezogen und uns darin zurückgelassen. Welche Macht sollte uns rächen?« – »Die Stimme der Geschichte.«

Diese Worte waren im Ton tiefster Überzeugung gesprochen.

»Die Geschichte?« fragte Mejia. »Ist sie stets unparteiisch?« – »Nicht immer, aber die Nachwelt müßte unsere Richter verurteilen.« – »Vielleicht verurteilt die Nachwelt uns.« – »Wieso?« – »Indem sie sich auf die Seite der Mexikaner stellt.« – »Also auf die Seite unserer Mörder?« – »O Majestät, gestatten Sie mir in Gnaden, diesen Punkt mit objektivem Auge zu betrachten. Der echte Mexikaner kennt keinen Kaiser von Mexiko. Er nennt den Erzherzog von Osterreich einen Eindringling, der widerrechtlich das Land mit Blut übergössen hat.« – »General, Sie ergehen sich in starken Ausdrücken.« – »Aber diese Ausdrücke bezeichnen die Stimme der Republikaner sehr genau. Und dazu bitte ich, an das Dekret zu denken.« – »Erwähnen Sie es nicht!« rief Max unter der Gebärde eines tiefen Unmutes. – »Und doch muß ich dies tun. Ich riet Ihnen damals von der Unterschrift ab, sie wurde dennoch vollzogen.« Von dem Augenblick an aber, als wir die Republikaner als Mörder bezeichneten und behandelten, hatten sie, von ihrem Standpunkt aus betrachtet, das doppelte Recht, dies auch mit uns zu tun. Gerät der Erzherzog Max von Österreich in ihre Hände, so machen sie ihm den Prozeß, ohne nach dem Urteil der Mächte oder nach der Stimme der Geschichte zu fragen.« – »Das wäre schrecklich.« – »Ja, man wird uns als gemeine Mörder behandeln und erschießen.« – »Eher sterbe ich mit dem Degen in der Faust.« – »Nicht immer hat man die Gelegenheit zu einem solchen Tode.« – »So gibt es also kein Mittel, einem so gräßlichen Schicksal zu entrinnen?« – »Es gibt eins.« – »Sie meinen den Rückzug?« – »Ein Rückzug? Wohin? Es gibt keinen. Ein Rückzug war möglich, als Bazaine wartete, Sie an Bord aufzunehmen. Ein Rückzug war möglich, noch immer und zum letzten Male möglich, als uns Puebla noch gehörte und der Weg nach Verakruz noch offenstand. Jetzt ist das nicht mehr der Fall.« – »Nun, welches Rettungsmittel meinen Sie?« – »Die Flucht.« – »Die Flucht?« fragte Max, sich abermals stolz emporrichtend. – »Ja.« – »Nie, niemals!« – »Sie ist der einzige Weg der Rettung.« – »Ich verschmähe, ihn zu betreten.« – »Und ich würde ihn nicht verschmähen.« – »Man würde Sie für feig erklären.«

Da richtete Mejia sich stolz empor.

»Majestät«, sagte er, »ich hoffe, man kennt den General Mejia zu gut, als daß es möglich sei, ihn für einen Feigling zu halten.« – »Und dennoch würde man dies tun.« – »Hielt man Bonaparte für einen Feigling, als er aus Ägypten und Rußland flüchtete? In beiden Fällen ließ er sein Heer zurück, das nichts zu erringen vermochte.« – »Er rettete die Kaiseridee, nicht sich.« – »Sie haben ganz dieselbe Aufgabe.« – »Ich halte aus.« – »Oder noch ein Beispiel. War der schwedische Karl ein Held, als er verachtete, nach der Heimat zurückzukehren?« – »Er war ein Tollkopf.« – »Und doch war er wenigstens seines Lebens sicher. Hier aber lauert der Tod in seiner schrecklichsten Gestalt auf Sie.« – »Ich halte auch diese Rettung für unmöglich.« – »Darf ich fragen, warum?« – »Das ganze Land ist vom Feind besetzt.«

Da legte Mejia mit blitzenden Augen seine Hand an den Degen und antwortete:

»Haben Sie nicht mehrere hundert ungarische Husaren, die bereit sind, ihr Leben für Sie zu lassen? Stellen Sie mich an die Spitze dieser Leute, und ich hafte mit meinem Ehrenwort und mit meinem Kopf dafür, daß ich Sie wohlbehalten an die Küste und auf ein Schiff bringe.« – »Ich darf diese Treuen nicht opfern.« – »Sie opfern sie auch, indem Sie hierbleiben.« – »Was wird aus den anderen, aus meinen Generälen, wenn es mir gelingt, zu entkommen? Man wird sie ergreifen!« – »Man wird dies auch tun, wenn Sie bleiben.« – »Aber dann wird es möglich sein, für sie zu sprechen.« – »Man wird nicht auf diese Fürsprache hören.« – »Sie würden verloren sein, alle, Marquez, Miramon ...«

Mejia wagte den Kaiser zu unterbrechen, indem er fragte:

»Getrauen sich Majestät wirklich, diesen Miramon durch Ihre Fürsprache zu retten?« – Ja.« – »Er ist der erste, dem man den Prozeß machen wird.« – »Er steht unter meinem Schutz.« – »Man wird diesen Schutz nicht anerkennen. Miramon gilt im ganzen Land als Verräter.« – »General!« – »Ich weiß es, ich darf es behaupten.« – »General!« rief Max abermals in strengem Ton.

Mejia achtete nicht darauf. Er fuhr fort:

»Man gibt ihm die Schuld an allem, was geschehen ist.« – »Beweisen Sie es!« – »Tausend Stimmen sind zu hören!« – »Ah! Was sagen diese tausend Stimmen?« – »Haben Majestät von Jecker gehört?« – »Natürlich!« – »Dieser naturalisierte Franzose borgte Miramon, der damals Gegenpräsident war, sieben Millionen Franken, gab ihm aber nur drei Millionen bar und die anderen vier in wertlosen Papieren. Hierfür erhielt Jecker von Miramon Schuldbriefe, die auf die Republik Mexiko lauteten, und zwar im Betrag von fünfundsiebzig Millionen Franken. Über achtundsechzig Millionen also waren erschwindelt.« – »General!« – »Diese Schwindelschuld kaufte Herr Morny, Halbbruder Napoleons. Und weil Juarez diese Summe nicht bezahlen wollte, so ...« – »General!« rief Max noch drohender.

Aber Mejia ließ sich in seinem ehrlichen Feuereifer nicht irremachen, sondern er fuhr fort:

»So überzog Napoleon unser schönes Land mit Krieg.« – »Ah, Sie machen mich zum Mitschuldigen!« rief Max. – »Nein. Das sei fern von mir! Davor mag unser Gott mich in Gnaden behüten! Ich halte es nur für meine Pflicht, Sie auf die Stimme des Landes, des Volkes aufmerksam zu machen, die vielleicht einmal die – Stimme der Geschichte sein wird.« – »Sie sind mehr als kühn!« – »Ich bin es nur, um Sie zu retten. Ich muß Ihnen beweisen, daß Miramon nichts zu erwarten hat, weder Gnade noch Barmherzigkeit. Und Marquez, Lopez und die anderen, unter denen die Bewohner der Hauptstadt seufzen, werden auch nicht gerettet, indem Sie sich für dieselben opfern. Ein Haar Eurer Majestät ist teurer und mehr wert als diese Männer zusammen. Majestät, Sie sehen mich zu Ihren Füßen. Ich vereinige mein Flehen mit den Bitten aller Ihrer treuen Diener und Untertanen. Lassen Sie das Wort Flucht nicht den schlimmen Klang haben, den es zu besitzen scheint! Vertrauen Sie sich mir an! Kehren wir zurück nach Europa, um Kräfte zu sammeln, das hohe Spiel, das uns die Klugheit rät, einstweilen aufzugeben, von neuem zu beginnen und dann zu gewinnen.«

Mejia war vor Max niedergekniet und hatte dessen Hände ergriffen.

»Ich – kann nicht!« antwortete dieser.

Da spielte Mejia seinen letzten und besten Trumpf aus. Er sagte:

»Denken Sie unserer hohen Kaiserin. Noch ist vielleicht Rettung für sie möglich. Vielleicht belebt sich ihr Auge, wenn es auf den Mann fällt, dem ihre Seele, ihr Herz, ihr Leben gehören. Soll sie in die Nacht unrettbaren Geistestodes fallen, wenn sie vernimmt, daß dieser Mann gestorben sei, gestorben am Kreuz im dunklen Winkel, gestorben den Tod des Verbrechers?«

Der Kaiser entzog dem General seine Hände und legte sie vor das leichenblasse Angesicht.

»Wer – wen erwähnten Sie da?« rief er. – »Diejenige, die Sie vielleicht retten können und retten müssen, indem Sie sich selbst retten.« – »Charlotte, o Charlotte!«

Bei diesem Schmerzensruf rollten dem Kaiser Tränentropfen zwischen den Fingern hervor. Er war tief bewegt. Seine Brust hob und senkte sich, und hinter den vorgehaltenen Händen ließ sich ein lautes Schluchzen hören.

»Majestät!« rief der noch immer kniende General in bittendem Ton.

Da ließ Max die Hände sinken und sagte unter strömenden Tränen:

»Mejia, Sie haben da eine Saite berührt, deren Klang ich niemals widerstehen konnte.«

Jetzt sprang der treue Mann auf und rief:

»O mein Gott, wäre es möglich, daß du das Herz meines Kaisers gelenkt hättest?« – Ja, er hat es gelenkt«, antwortete Max. »Mein Weib, meine Charlotte soll nicht dem Wahnsinn verfallen, wenn es mir möglich ist, ihrem Geist das Licht wiederzugeben. Also Sie halten die Rettung für möglich?« – Ja.«

– »Aber nur durch die Flucht?« – »Nur durch sie.« – »Sie meinen heimliche Flucht?« – »Nein. Heimlich zu fliehen, bin auch ich zu stolz. Freilich braucht nicht jeder vorher zu erfahren, daß Sie das Land verlassen wollen. An der Spitze Ihrer treuen Husaren bringe ich Sie sicher an das Meer.« – »Aber die Republikaner?« – »Ich fürchte sie nicht!« – »Sie werden es erfahren und uns den Weg verlegen.« – »Sie werden uns ziehen lassen.«

– »Nachdem wir sie zurückgeschlagen, ja. Aber ich will so wenig wie möglich Blut vergießen.« – »Es soll keins vergossen werden. Juarez wird uns beschützen.« – Juarez?« fragte der Kaiser erstaunt. – Ja.« – »Welch ein Rätsel! Juarez wird meine Flucht beschützen?« – Ja«, antwortete Mejia im Ton größter Zuversicht. – »Inwiefern?« – Darf ich an die Dame erinnern, die Majestät bereits einige Male gesprochen haben?« – Jene Señorita Emilia etwa?« – Ja.« – »Sie ist mir doch einige Male absichtlich in den Weg getreten.« – »Haben Majestät mit ihr gesprochen?« – »Nein. Sie hat mir jedesmal ein Schreiben übergeben.« – »Darf ich erfahren, was diese Schreiben enthielten?« – Die dringende Mahnung zur Flucht.« – »War Juarez nicht erwähnt?« – Ja. Ich hielt sie für eine Abenteurerin!« – »Vielleicht ist sie das auch. Aber Juarez bedient sich ihrer zu Aufträgen, die nicht den Charakter des Offiziellen trafen dürfen.« – »Ah! So ist sie seine Spionin?« – »Nein, sondern seine Agentin.« – »Verkehren Sie noch mit ihr?« – Ja.« – »Das könnte Sie verdächtig erscheinen lassen, General!« – »Majestät, Juarez will nicht Ihren Tod. Er weiß, daß er Sie nicht zu retten vermag, wenn Sie in die Hände der Republikaner gefallen sind, und so sandte er diese Dame als Botin, die seinen Wunsch in diskreter Weise zu erkennen geben soll. Sie hat sich an mich gewandt.« – »Hat sie bestimmt formulierte Aufträge?« – Die kann sie noch nicht haben. Aber sobald sie weiß, daß Majestät auf sie hören wollen, wird sie um eine kurze Audienz bitten.« – »Wo wohnt sie? Kennen Sie ihre Wohnung?«

– »Ja.« – »Sie sehen ein, daß es höchst unklug sein würde, der Vertrauten des Juarez wissen zu lassen, daß ich fliehen will. Aber ich will doch sehen, was sie mir mitzuteilen hat. Lassen Sie sie holen.« – »Sie ist bereits da.« – »Ah! Wo?« – »Im Garten.« – »Ich ahne, Sie haben sie bestellt oder mitgebracht.« – »Verzeihung, Majestät! Ich habe Gott gebeten, meinem Flehen bei meinem Kaiser Erhörung zu schenken. Ich war überzeugt, daß Gott ja und amen sage, und so beorderte ich die Señorita nach dem Garten, damit sie nötigenfalls sofort zur Hand sei.« – »Gut! Gehen Sie, um sie zu holen!«


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