Karl May
Im Reiche des silbernen Löwen II
Karl May

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Frohe Heimkehr

Wir sahen dem alten, braven und jetzt so frohen Manne nach, bis er unten angekommen war. Ich fühlte mich tief bewegt von seinem Gebete und den darauf folgenden Worten. Halef ging es ebenso. Er sagte:

»Das ist wieder einer, den du glücklich gemacht hast, Sihdi! Ich weiß noch viel besser als er, wie gefährlich deine Nächstenliebe jedem Anhänger des Propheten werden kann, der mit dir in Berührung kommt. Anstatt dich, wie es mein fester Wille war, zum Islam zu bekehren, habe ich mich von dir zu Isa Ben Marryam führen lassen und sehe ein, daß ich dadurch geworden bin, was ich früher glaubte zu sein, aber doch nicht war, von ganzem Herzen glücklich nämlich! Du hast mir vorhin gesagt, daß jeder Soldat hundert und jeder Unteroffizier zweihundert Piaster bekommen soll; das sind über sechstausend Piaster. Wo willst du die hernehmen? Aus deinem eigenen Beutel? Da muß er viel tiefer und inhaltsreicher sein, als ich bisher dachte!«

»Wir haben Geld, lieber Halef, viel, viel mehr Geld, als wir brauchen!«

»Wo?«

»ich werde es dir zeigen.«

»Allah! Ich ahne es! Es steckt welches hier in den Ruinen?«

»Allerdings.«

»Wieviel?«

»Das weiß ich nicht; aber es scheint, daß es nicht wenig ist.«

»Maschallah! Wer wird es bekommen?«

»Meiner Ansicht nach bin ich verpflichtet, es dem Pascha auszuliefern.«

»Dem Pascha? Mir scheint, es giebt nur einen einzigen Pascha, der es zu bekommen hat, und der bist du!«

»Warum?«

»Weil du es entdeckt, gefunden hast.«

»Deine Ansicht vom Finden ist nicht die meinige.«

»So hast du wenigstens einen Finderlohn zu beanspruchen, und den mußt du so hoch wie möglich stellen!«

»Dazu bin ich allerdings entschlossen.«

»Wieviel wirst du verlangen?«

»ich fordere, daß unser Bimbaschi in Bagdad das wieder bekomme, was ihm der Säfir abgenommen hat.«

»Das ist gut; das freut mich sehr! Weiter!«

»Ferner sind davon die Belohnungen zu bezahlen, welche ich den Soldaten versprochen habe.«

»Auch das hat meine Billigung. Weiter!«

»Weiter nichts.«

»Wie? Weiter nichts? Für dich und auch für mich nichts?«

»Nichts!«

»Höre, Effendi, das ist so eine Stelle deines Verstandes, welche zugeklebt und ausgebessert werden muß! Bedenke doch, was wir alles unternommen und gewagt haben, und wie es uns dabei ergangen ist, um hinter die Geheimnisse des Birs Nimrud zu kommen! Und dafür sollen wir nichts, gar nichts erhalten? Kein Hamal und kein Schaggal biljomije arbeitet umsonst, und wir, die wir die tapfersten Helden des ganzen türkischen Reiches und auch aller andern Reiche sind, sollen unsere Freiheit und unser Leben wiederholt gewagt haben, ohne einen einzigen Para von dem Gelde zu bekommen, dessen Entdeckung man nur uns allein zu verdanken hat? O, Sihdi, du bist zu nobel, viel zu nobel!«

»Eben weil ich kein Hamal und kein Schaggal biljomije bin, verbietet es mir meine Ehre, für mich persönlich Lohn zu fordern. Ich bin überzeugt, daß auch dein Ehrgefühl dich hindert, dich wie einen Tagelöhner behandeln zu lassen!«

»Tagelöhner? Höre, Effendi, ich bin der oberste Scheik der berühmten Haddedihn vom großen Stamme der Schammar, und wehe dem, der es wagen sollte, mir die Ehrfurcht, welche ich fordere, zu versagen! Ich mag von diesem Gelde nichts, gar nichts! Keinen einzigen Para will ich haben! Ich finde es ganz vortrefflich von dir und stimme dir vollständig bei, daß wir viel zu hoch stehen, als daß uns dieses bißchen Geld verlocken könnte, auch nur einen einzigen Blick darauf zu werfen! Wir brauchen es nicht. Diese Angelegenheit ist also erledigt; die andere ist für mich viel wichtiger.«

»Welche?«

»Das Versprechen, welches du mir gegeben hast. Du willst dem frühern Kol Agasi und jetzigen Bimbaschi und seinen Soldaten dein Wort halten, und so hoffe ich, daß auch ich erlange, was du mir verheißen hast.«

»Was?« »Meine Kurbadsch für den Säfir!« »Dieser Wunsch wird dir in Erfüllung gehen.« »Wann?«

»Sobald wir ihn herausgeholt haben. Jetzt gehen wir zu ihm, um nachzusehen, wie er sich befindet. Dann nehmen wir die Räume in Augenschein, und wenn wir das gethan haben, schaffen wir ihn heraus. Du wirst leuchten.«

»Ich? Kann das nicht lieber ein Askari thun?«

»Nein. Es soll, bis der Pascha kommt, niemand das Innere des Birs Nimrud sehen, als nur du, ich und der Kammerherr, der ja nun einmal eingeweiht ist.«

»So mag der das Licht tragen!«

»Auch er nicht, denn wir nehmen ihn nicht wieder mit hinab. Er wird ganz froh sein, den finstern Gang verlassen zu dürfen.«

»Soll ich ihn holen?« »Ja.«

Als er ihn brachte, konnte der Pischkhidmät Baschi nicht verbergen, wie leicht er sich fühlte, dem Schikäm-i-Charabe, wie er es nannte, entronnen zu sein. Er holte tief, sehr tief Atem und rief, indem sein Gesicht vor Wonne strahlte, frohlockend aus: »Allah sei gepriesen, daß er es mir gestattet, das Licht des Tages wiederzusehen! Ich lag in den Banden der Finsternis und des Todes; aber er hat mich errettet durch meine große Zuversicht, mit der ich auf ihn hoffte. Der Säfir wollte mich töten, aber er wagte sich nicht an mich, denn ich bin der Liebling des Beherrschers, und er fürchtete sich vor meiner Tapferkeit. Ich bin –--«

»Wie – – wie war das? Was hast du gesagt?« unterbrach ihn Halef schnell.

»Hast du es nicht gehört?«

»Ich hörte dich freilich sprechen, aber ich traue meinen Ohren nicht. Hast du dich wirklich den Liebling des Beherrschers genannt?«

»Ja.«

»Und das hat den Säfir in Angst versetzt?«

»Ja.«

»Und er hat sich vor deiner Tapferkeit, höre es richtig: vor deiner Tapferkeit gefürchtet?«

»Ja.«

»So hast du es also seiner Angst vor dem Beherrscher und deiner Tapferkeit zu verdanken, daß du gerettet worden bist?«

»Ja, das habe ich.«

»Das sagst du mir so ruhig ins Gesicht?«

»Ich sage es nicht bloß dir, sondern jedermann, dem ich begegne, wird es von mir erfahren.«

»So! Dann will ich dir jetzt einen guten Rat erteilen: Sage es ja keinem Menschen in meiner Gegenwart!«

»Warum nicht?«

Der kleine Hadschi nahm seine Peitsche aus dem Gürtel und antwortete mit erhobener Stimme:

»Weil ich dir sofort hier diese Kurbadsch geben würde, welche du bereits kennen gelernt hast! Die Furcht vor dem Beherrscher! Ich sage dir, wenn dieser dein Beherrscher lauter solche Unterthanen hat, wie du bist, so ist er der traurigste Mensch, den es auf Erden geben kann! Und deine Tapferkeit? Kerl, du bist ein solcher Feigling, daß ich der Wahrheit gemäß behaupten kann: Es ist mir in meinem ganzen Leben noch kein so großer und verachtenswerter vorgekommen! Hier, mein Effendi ist's, der dich gerettet hat, er allein! Ein Bettler dankt mir für die kleinste Gabe, und selbst ein Hund leckt die Hand, die ihm den härtesten Knochen giebt; du aber, der du dich für so erhaben über tausend Menschen dünkst, stehst tiefer als der Bettler und tiefer als der Hund, denn du hast kein einziges Wort der Erwähnung für den Retter aus der größten Todesnot. Also ich warne dich: Wagst du es, deinen Beherrscher und deine Tapferkeit in meiner Gegenwart zu erwähnen, so gerbe ich dir das Fell, daß es in Stücke platzt! Du bist mir ein verächtlicher Wurm; deine Gegenwart widert mich an. Mach dich augenblicklich fort von uns, sonst fange ich schon jetzt an, zuzuhauen!«

Er holte mit der Peitsche zum Schlage aus; da flog der Perser in einem vor Angst so weiten Sprunge von ihm fort, daß er über den Rand der heraufführenden Böschung hinausgeriet und, anstatt festen Fuß zu fassen, mit dem Rücken auf das lockere Geröll niederkrachte, welches, ihn in eine Lawine hüllend, mit ihm in die Tiefe schoß.

»Da fährt er hin, doch ohne Pferd und Wagen!« lachte Halef. »Nimm mir es nicht übel, Sihdi, aber solche undankbare Halunken könnte ich umbringen! Paß auf, Sihdi, er wird dir zumuten, ihm zur Wiedererlangung seines Eigentums behilflich zu sein; aber ich sage dir, wenn du nur noch eine Lippe oder einen Finger für ihn bewegst, so schreibe ich deiner Dschanneh, welche die Zierde deines Harems ist, einen monatelangen Brief, in welchem ich ihr erkläre und beweise, daß sie im höchsten Grade unglücklich ist, wenn sie sich nicht so schnell wie möglich an einen andern Türken verheiratet. Paß nur auf, das thue ich, das thue ich ganz bestimmt.«

»Wenn du zu solchen Mitteln greifst, lieber Halef, so sehe ich mich freilich gezwungen, deinen Wunsch als einen Befehl zu nehmen, dem ich zu gehorchen habe.«

»Das erwarte ich allerdings von dir! Es giebt keinen größern Lump auf Erden, als einen Menschen, welcher undankbar ist. So! jetzt ist der Zorn heraus, und nun will ich wieder dein alter, stiller Halef sein!«

»Still? Hm!«

»Hm? Warum hmst du denn? Hältst du es etwa nicht für wahr, daß ich ein sehr stiller Charakter bin?«

»O, ich halte es für sehr wahr, nur freilich in grad entgegengesetzter Weise, als du es gemeint hast.«

»Wieso?«

»Dein Charakter ist so überwältigend, daß andere ganz still sein müssen.«

»Andere? ja, richtig! Es ist auch wirklich oft sehr notwendig, daß man einen solchen Charakter hat! Du bist zu gut, viel zu gut, und wenn da nicht ich mich zuweilen in deine großen Lücken stellte, so würde das Belad esch Schark wohl wenig Freude an uns erleben. Ich bin auch in dieser Beziehung dein unermüdlicher Führer und Beschützer. Nun aber komm, sonst stirbt der Säfir vor Sehnsucht nach unserer Gegenwart!«

Wir begaben uns also wieder in den Gang, und zwar nach der Nische, in welcher die Lämpchen standen. Als wir da Licht gemacht hatten, gingen wir nach der Ecke, wo die Stufen hinabführten. Den im Gange liegenden Waren schenkten wir zunächst keine Beachtung, sie interessierten uns nicht. Zwar war anzunehmen, daß sich unter ihnen auch die der Karwan-i-Pischkhidmät Baschi abgenommenen wertvollen Sachen befanden, aber da wir uns vorgenommen hatten, uns mit diesem Menschen nicht mehr zu befassen, so ging uns auch sein Eigentum nichts an.

Im Raume Nummer Eins unten angekommen, verschoben wir die Untersuchung desselben noch für kurze Zeit, um zunächst nach dem Säfir zu sehen, der sich in Nummer Drei befand. Er stand oder vielmehr er hing noch genau in derselben peinlichen Lage, in welcher wir ihn verlassen hatten, an den eisernen Vorhangsstäben. Er war gezwungen, sich nicht zu bewegen und den Kopf unausgesetzt hoch zu halten, denn sobald er ihn senkte, wurde ihm durch den eng um den Hals liegenden Strick der Atem genommen. Er befand sich also in steter Angst vor dem Erstickungstode, und so war es leicht erklärlich, daß er uns bei unserm Eintritte im höchsten Zorn entgegenrief:

»Endlich laßt ihr euch wieder einmal sehen! Ist das die Art der Christen und Sunniten, Menschen zu behandeln! Bindet mich los, und gebt mich frei, wenn euer Leben für euch nicht weniger als einen Pulverschuß Wert besitzt! Ich gehe zum Sandschaki, und wehe euch, wenn er erfährt, was ihr hier zu unternehmen wagtet! Nur meine Fürsprache kann euch vor dem Ärgsten retten!«

Halef stellte sich breitspurig vor ihn hin und fragte:

»Ah! Unser Fürsprecher willst du sein?«

»Ja; aber nur, wenn ihr eurer Feindseligkeit gegen mich sofort ein Ende macht!«

»O, wir sind ganz begierig darauf, dir Freundlichkeiten zu erweisen! Leider aber würden sie uns nichts nützen, weil deine Fürbitte ebenso machtlos wie dein Sandschaki ist. Er steckt im Kerker, und Ketten schmücken seine Hände!«

»Das ist Lüge!«

»Keine Beleidigung, sonst beweise ich dir mit der Peitsche, daß ich die Wahrheit spreche! Grad du darfst dich nicht darüber wundern, daß ich vom Gefängnisse spreche, denn nur du allein trägst die Schuld, daß er eingesperrt worden ist!«

»Ich – –?!«

»Ja, du! Es war die größte aller Dummheiten, die es giebt und geben kann, daß du den Pädär-i-Baharat mit einer Schrift zu ihm schicktest, welche entdeckt und ihm abgenommen worden ist. Man weiß nun nicht nur, was du hier im Birs zu suchen hast, sondern man kennt auch alle eure andern Heimlichkeiten. – Doch, was habe ich mich mit dir abzugeben! Es giebt hier mehr zu sehen, als dich, einen Menschen, der nicht wert ist, daß man ihn nur mit einem einzigen Blick begnadet!«

Ich hatte nämlich nicht auf ihren Wortwechsel geachtet und war mit dem Lichte nach Nummer Zwei gegangen. Jetzt kam mir Halef dorthin nach. Wir sahen uns in diesem Raume und dann auch in dem andern um. Unser alter Bagdader Gastfreund hatte wirklich nicht zu viel von den hier hoch aufgestapelten Waren erzählt. Es gab da eine so tadellose Ordnung, daß man hätte meinen können, sich in einem wohlgeleiteten kaufmännischen Magazin zu befinden. Jeder Pack und jeder Gegenstand hatte eine Etikette, welche sich auf seinen Inhalt bezog. Wir brauchten also nur diese Aufschriften zu lesen, um zu erfahren, was alles hier vorhanden war.

Es gab da Tabak aus Räscht, besten Opium, Haschisch, Tamariskenhonig, Hennah, Krapp aus Täbriz, Safran und Saflor, getrocknete Hallagäh- und Angur-i-Ali-Deresi-Trauben, gedörrte Melletzu- und Gulab-i-Schahi-Birnen, Kischmisch- und Savsa-Rosinen, Gulab und das herrliche teure Atr-i-gul. Das Gegenteil davon, nämlich Asa foetida, war auch vorhanden. Es waren da verzeichnet wohlriechende Seifen aus der Stadt Kum, Demawendi-Schwefel, Arsenik aus Kaswin, ferner kostbare Lammfelle von Bokhara und Kum, große, schwere Ballen Maroquins, in Persien Tscherme hamadahni genannt, und Saghri-Chagrins, welche aus der Rückenhaut des wilden Esels gefertigt werden. Außerordentlich reich war das Lager an den verschiedensten Kleiderstoffen, als Sammet, Seide, Wolle, Baumwolle u. s. w., ebenso an köstlichen Shawls und Teppichen. Der Säfir mußte sich hier vollständig sicher gefühlt haben, denn sonst hätte es ihm nicht einfallen können, solche Werte an dieser Stelle aufzustapeln. Mit welchen Gefühlen mochte er nun Zeuge davon sein, daß wir seine Schätze so ungestört und mit Gemächlichkeit betrachteten! Er verhielt sich ruhig und sagte lange, lange Zeit kein Wort; aber als wir an die schon einmal erwähnte Truhe kamen und ich, um sie zu öffnen, den ihm abgenommenen Schlüssel hervorzog, da schrie er mit hier in diesem Raume schmetternder Stimme auf:

»Halt! Wagt euch nicht an diesen Kasten!«

Ich steckte natürlich den Schlüssel trotzdem an und drehte ihn im Schlosse um. Als er das Geräusch hörte, brüllte er:

»Ich warne euch bei Allahs Namen: Berührt dort nichts! Es liegt ein Sihhr darin verborgen, der jedem, der ihn berührt, Verderben bringt!«

»Das freut mich außerordentlich!" lachte Halef. »Dieser dein Zauber gehört wahrscheinlich in das Gebiet der schwarzen Simijah, und da ich mich nun sehr gut auf die weiße Simijah verstehe, so habe ich hier die beste Gelegenheit, zu erfahren, welche mächtiger ist, die schwarze oder die weiße.«

»Die schwarze, die schwarze ist mächtiger! Hüte dich! Rühr nichts an!«

»Wenn das wirklich wahr ist, was du sagst, so brauchen wir uns dennoch nicht zu fürchten, denn mein Effendi ist Meister in der blauen, roten, grünen, und gelben Simijah, und du wirst gleich sehen, daß deine einfache, schwarze gegen diese vierfache und bunte Wissenschaft unmöglich aufkommen kann! Also öffne, Sihdi, öffne getrost!«

Ich hob den Deckel auf.

»Mach zu, mach wieder zu!« warnte der Säfir mit überschnappender Stimme. »Der Zauber bringt dich sonst um dein ewiges Leben, um deine ganze Seligkeit!«

»Mach dich nicht lächerlich!« antwortete ich jetzt. »Glaubst du denn wirklich, daß ein Europäer, ein Christ, so dumm sein kann, eine solche Albernheit zu glauben, über welche dich bei uns jedes Kind verspotten würde? Die Truhe ist geöffnet; nun, wo ist dein Zauber?«

»So sei verflucht im Leben und verdammt in Ewigkeit!«

Da sprang Halef hin zu ihm; der Schein der Lampe reichte nicht so weit. Ich hörte einen klatschenden Hieb und einen Schmerzensschrei; dann war es still. Der Hadschi kehrte zurück und sagte nichts. Selbst wenn er etwas hätte sagen wollen, wären ihm bei dem Anblicke, der sich ihm hier bot, die Worte wohl auf der Zunge liegen geblieben. Wie ein kleiner Knabe, dem eine große, ungeahnte Überraschung wird, spreizte er die Finger aus und starrte auf das flimmernde Gold und Silber und auf die funkelnden Edelsteine, welche vor uns lagen. In holzgeschnitzten Schalen sahen wir, offen, nicht in Rollen gepackt, in- und ausländische Gold- und Silberstücke in Haufen, während eingelassene Fächer eine Menge geschliffene oder ungeschliffene Halb- und Ganzedelsteine enthielten. Auch gab es Ringe, Ketten, Hals- und Armbänder, Haar- und andern Schmuck in Menge. Was dieser Kasten enthielt, das war ein Vermögen, wirklich ein Vermögen! Und als ich einige Fächer herausnahm, erblickte ich kostbare Pistolen und Dolche, welche den untern Teil der Truhe füllten. Dabei lagen zwei Bücher. Ich schlug sie auf. Wer hätte das denken sollen! Es waren die Geschäftsbücher, welche eine ganze Reihe von Jahren zurückreichten und ein genaues Verzeichnis aller Aus- und Eingänge enthielten. Das war ja staunenswert!

»Maschallah!« ließ sich Halef endlich hören. »Mein Verstand steht still! Sihdi, gieb mir einen Stoß in die Rippen, daß er wieder in Bewegung kommt!«

»Steckt er bei dir zwischen den Rippen?« fragte ich.

"Wo er steckt, das kann ich in diesem Augenblick nicht wissen; ich fühle nur, daß er nicht da ist, wohin er gehört. Welch ein Geld! Welch eine Pracht der Steine! Ich bin kein Dschohardschi und weiß also nicht, wie sie heißen. Kennst du vielleicht die Namen?«

»Was nützt es, wenn ich sie dir aufzähle? Die Steine werden dadurch doch nicht unser!«

»Ja, eigentlich betrübt es meine gefühlvolle Seele sehr, daß ich sie nur betrachten, aber nicht in meine Tasche stecken darf! Sieh dieses herrliche Suwahri! Was sind das für Steine?«

»Ein Almahs, ein Sumrud und ein Jakut, woran sich die dreifachen Firuzareihen schließen.«

»O, Sihdi, wie würde meine Hanneh jubeln, die schönste unter den Schönheiten aller erschaffener Frauen, wenn ich ihr diesen Schmuck mitbrächte, um ihn an ihren geliebten Arm zu legen! Stehen wir wirklich gar so hoch, daß wir gar nichts wegnehmen dürfen?«

»Ja.«

»Und ist unsere Ehre wirklich von so großer Erhabenheit, daß wir sie durch einige solche Steine beleidigen würden?«

»Ganz gewiß.«

»So denke an Dschanneh, die lieblichbraune Herrin deines Frauenzeltes! Liebt sie es nicht auch, sich zu schmücken?«

»Ihr und mein bester Schmuck ist Ehrlichkeit, und alles, was hier liegt, ist fremdes Eigentum. Bedenke das!«

»Ich bedenke es! Zugleich bedenke ich aber auch, daß es eine wahre Schande ist, diesen Reichtum entdeckt zu haben, ohne ihn behalten zu dürfen. Hoffentlich ist es wenigstens erlaubt, einmal so recht mit allen zehn Fingern hineinzugreifen?«

»Dagegen habe ich nichts. Wenn es dir Vergnügen macht, so thue es!«

»Sogleich, sogleich! Sieh, wie das funkelt, wie es strahlt!«

Mein kleiner Hadschi war ein grundehrliches Kerlchen; aber dieses Metall und diese Steine thaten es ihm doch an. Darum sagte ich ihm, indem er darinnen wühlte und sie aus einer Hand in die andere gleiten ließ:

»Ein freundlicher Strahl aus dem Auge deiner Hanneh ist schöner und tausendmal mehr wert, als diese ganze leblose und künstliche Flimmerei!«

Da zog er die Hände schnell zurück, sah mir mit warmem Blick in das Gesicht und antwortete:

»Das ist sehr wahr, Sihdi! In den Augen, von denen du sprichst, wohnt ein Licht der Liebe, gegen welches dieses Gefunkel hier die reine Finsternis, der unsichtbare Neumond ist. Ich bin reicher, viel reicher, als der arme Teufel, dem dieses Geld und diese Steine da gehören werden. Ich tausche nicht mit ihm! Ein fröhliches Lachen aus dem Munde meiner Hanneh, der herrlichsten aller Frauen, klingt schöner als das Klirren dieser Münzen. In ihren Augen und ihrem Lächeln wohnt die Seele, in diesen toten Schätzen aber ist keine---- Allah, was sehe ich!«

Er hatte, wie zur Erklärung, wieder in die Schmucksachen gegriffen und das erste beste Stück herausgenommen. Sein Ausruf lenkte auch meinen Blick auf diesen Gegenstand.

»Ein Bild, Sihdi, ein Bild!« fuhr er fort. »Das muß einem Christen gehört haben, denn einem Moslem ist es ja verboten, sich malen zu lassen. Und doch ist die Kleidung dieses Mannes und dieses Weibes keine fränkische, sondern persisch. Schau es an!«

Er gab mir das kleine, mit Edelsteinen eingefaßte Doppelporträt. Als mein Auge darauf fiel, hätte ich beinahe einen Ruf der Überraschung ausgestoßen. Ich kannte den Perser, dessen Konterfei ich vor mir sah. Es handelte sich nicht um eine zufällige Ähnlichkeit, sondern er war es, war es unbedingt und ohne Zweifel selbst, nämlich Dschafar, mit dem ich damals drüben im Westen der Vereinigten Staaten zusammengetroffen war. Neben ihm sah ich ein wunderschönes, orientalisches Frauenangesicht mit geheimnisvollen Dunkelaugen, aber kalten, unerbittlichen Lippen und rätselhaften Sphinxzügen, ein Gesicht, welches mich sofort, doch nicht etwa den Menschen, sondern den Psychologen in mir, gefangen nahm. Das Original zu diesem weiblichen Porträt war sicher keine im Harem psychisch vernachlässigte, sondern ganz gewiß eine geistig bedeutende Persönlichkeit. Und als ich schärfer hinschaute, bemerkte ich unter den Bildern zwei feine, in das Gold des Rahmens gegrabene Unterschriften. Diejenige, welche unter dem männlichen Porträt stand, lautete »Dschafar Mirza« und die unter dem weiblichen »Schahzadeh Khanum Gul«.

Man muß wissen, daß das Wort Mirza, wenn es vor dem Namen steht, ein allgemeiner Titel ist, welcher jedem gebildeten Manne, besonders aber Gelehrten, Dichtern etc. gegeben wird, z. B. Mirza Schaffy, der bekannte Freund Bodenstedts; steht er aber hinter dem Namen, so bedeutet er den Rang eines Prinzen. Mit dem Schah nahe- und blutsverwandte Prinzen werden Schahzadeh tituliert. Steht das eine Dame bezeichnende Wort Khanum hinter dieser Bezeichnung, so ist eine Prinzessin gemeint. Hieraus folgt, daß mein früherer Reisegenosse Dschafar ein Prinz und das Original des andern Bildes eine mit dem Schah von Persien verwandte Prinzessin war. Durch die Vereinigung der beiden Bilder war ich natürlich veranlaßt, auch die Personen in nahe Beziehung zu einander zu bringen; aber welches das Verhältnis war, in dem sie sich berührten, das konnte ich freilich nicht wissen. Aus dem Umstande, daß sie sich dem Verbote des Islam entgegen hatten abbilden lassen, war zu schließen, daß sie über der gewöhnlichen muselmännischen Denkweise erhaben standen, was bei dem weitgereisten Dschafar Mirza kein Wunder war; in Beziehung auf die Schahzadeh Khanum aber ergab sich daraus die wahrscheinlich berechtigte Folgerung, daß sie eine jener selbständigen Damen sei, vor denen der Orientale ein Grauen hat. Hat es schon bei uns einen eigenen Beigeschmack, wenn wir von einer »emanzipierten Frau« sprechen, so tritt dieser goût hétérogène im Oriente noch viel mehr hervor. Wer es fertig bringt, alle Traditionen und Rücksichten außer acht zu setzen und die Fesseln des so streng abgeschlossenen dortigen Frauenlebens zu sprengen, der ist gewiß mit einem explosiven Temperamente ausgerüstet oder hat – ich bitte, mich eines Lieblingsausdruckes meines kleinen Halef bedienen zu dürfen – verschiedene Schejatin im Leibe sitzen. Daher der Widerwille des Orientalen, den Frieden seines Harems durch eine solche »Teufelin« in das Gegenteil umwandeln zu lassen.

Daß die Prinzessin Gul hieß, war eigentlich gar nichts Auffälliges, und doch dachte ich sonderbarerweise dabei sogleich an die Gul-i-Schiraz. Vielleicht war das eine Folge des Eindruckes, den das Bild auf mich machte. Die sphinxartigen Züge des Gesichtes paßten ja ungemein zu der Rätselhaftigkeit, weiche die geheimnisvolle »Rose von Schiras« für mich hatte.

Alle diese Gedanken gingen mir sehr schnell durch den Kopf, und doch blieb es für Halef nicht unbemerkt, daß die Porträts kein gewöhnliches Interesse für mich hatten.

»Du siehst die Bilder so eigentümlich an, Sihdi,« sagte er. »Kennst du etwa diesen Mann oder das Weib oder wohl gar beide?«

»Sprich leise!« warnte ich mit unterdrückter Stimme, indem ich das Bild in meine Tasche schob. »Der Säfir darf nichts davon hören.«

»Allah! Du steckst es ein!« flüsterte er. »Willst du es behalten?«

»Ja.«

»Aber du hast doch noch soeben gesagt, diese Sachen seien fremdes Eigentum!«

»Ich hatte das Bild noch nicht gesehen.«

»Es scheint dich plötzlich aus der großen Erhabenheit deiner Ehre herabgezogen zu haben. Wie nun, wenn ich mich durch die Schönheit des Armbandes auch herabziehen ließe?«

»Das ist etwas ganz anderes. Es hat mit diesem Bilde eine ganz eigenartige Bewandtnis, die ich dir jetzt nicht erklären kann. Ich darf es nicht hier liegen lassen; ich muß es mitnehmen. Vielleicht treffe ich den rechtmäßigen Eigentümer, dem es wahrscheinlich gestohlen wurde. Auch scheint es mit einem Geheimnisse zusammenzuhängen, dessen Lösung auf unserm Wege liegt. Es ist kein Diebstahl, den ich begehe, nicht einmal eine Unehrlichkeit, sondern ich habe das Recht, und die Klugheit gebietet mir, es zu nehmen. Komm, wir wollen gehen!«

»Wohin?«

»Hinunter zu den Soldaten.«

»Lassen wir den Säfir hier?«

»Nein; wir nehmen ihn mit.«

»Und wie steht es mit den Hieben, die seinen Rücken und meine Seele erfreuen werden?«

»Hat das so große Eile?«

»Ja, sehr große, Sihdi! Ich behalte das, was andere zu bekommen haben, nicht gern auch nur eine Minute länger, als unbedingt nötig ist, also auch die Hiebe, welche schon längst in seinen Besitz hätten übergegangen sein sollen. Ich will und muß sie los werden, denn es stört mich in meinem Wohlbefinden, wenn ich sie noch länger mit mir herumtragen soll!«

So wollen wir uns jetzt sputen, damit du ja so schnell wie möglich von dieser schweren Last befreit wirst!«

Ich schloß die Truhe wieder zu und steckte den Schlüssel wieder ein. Als wir dann zum Säfir traten und der Lichtschein auf ihn fiel, bemerkte ich auf der rechten Seite seines Gesichtes eine beginnende Geschwulst. Das war die Folge des Hiebes, mit welchem sein grasser Fluch vorhin von Halef beantwortet worden war. Wir banden ihn von den Stäben los und gaben seine Füße frei, schnürten ihm aber die Ellbogen so fest auf dem Rücken zusammen, daß er, trotzdem er nun laufen konnte, ganz in unsere Hände gegeben war. Dann stiegen wir hinauf. Er ging mit, ohne sich zu weigern und aber auch ohne ein Wort zu sprechen. Es war, als ob der in ihm kochende Grimm ihn ersticken wolle. Als wir oben in das Freie traten, wirkte sein Gesicht ganz anders als unten bei dem unzureichenden Lichte des kleinen Lämpchens. Zu der schon vorhandenen gewesenen und ihn entstellenden Narbe auf der linken Seite seines Gesichtes war jetzt die schnell wachsende und sich dunkel färbende Geschwulst der andern Seite gekommen; dazu der lange, zerzauste Bart, der drohende Blick der blutunterlaufenen Augen und die weit herabhängende Unterlippe. Es überlief mich ein Grauen, ein körperlicher und geistiger Ekel, als ich dieses mehr als abstoßende Gesicht so vor mir sah!

Er wollte abwärts schreiten; ich befahl ihm aber, sich niederzusetzen, was er still, aber mit einem Blicke that, der mich vernichtet hätte, wenn es auf den Besitzer des Auges angekommen wäre.

»Wir wollen den Eingang verschließen,« sagte ich zu Halef.

»Womit?«

»Mit den Ziegeln, welche hier liegen.«

Als der Säfir diese Worte hörte, ließ er ein höhnisches Räuspern hören. Ich fuhr als Antwort auf diese Verspottung fort:

»Das ist nämlich ganz leicht, wenn man die Sache kennt. Du kannst dich doch, lieber Halef, auf die Schrift besinnen, welche ich dem Pädär-i-Baharat aus der Tasche genommen und, nachdem ich sie gelesen hatte, wieder hineingesteckt habe?«

»Ja, Sihdi.«

»Sie enthielt eine Zeichnung, welche sich auf diesen Eingang bezog. Es ist kaum glaublich, wie unendlich dumm alle diese Menschen gewesen sind! Durch diese Zeichnung wurde mir das Geheimnis verraten. Es war der Weg von da unten bis hier herauf ganz genau angegeben und auch die Schrift abgebildet, an welcher der letzte Stein, der eigentliche Verschlußziegel, zu erkennen ist. Es war babylonische Keilschrift, die ich lesen kann; darum war es sehr leicht, mir die Zeichen einzuprägen, so daß ich sie nicht wieder vergessen habe. Diese Menschen aber verstehen nichts von dieser Sprache und von dieser Schrift und müssen sich also mit Abbildungen des Steins behelfen. Die betreffenden Zeichen bedeuten die Worte ›– – – romen 'a. Illai in tat kabad bad 'a Illai‹.»– – – darbringen dem höchsten Gott, nur allein um seine Herrlichkeit zu zeigen.« Ich werde jetzt nachsehen, welcher Stein diese Worte enthält.«

Die Ziegel waren so vorsorglich nach der Reihe gelegt, daß es nur eines Blickes bedurfte, den zu finden, welchen er meinte. Ich deutete auf ihn und fuhr fort:

»Hier sehe ich ihn. Er enthält ganz genau die Zeichen, welche mir durch die unverzeihliche und unbegreifliche Unvorsichtigkeit des Pädär-i-Baharat verraten worden sind, und ist also der letzte, welcher eingefügt werden muß. Daraus folgt, daß ich mit den Ziegeln, die auf der ihm entgegengesetzten Seite liegen, beginnen muß.«

»Allah zerreiße diesen leichtsinnigen Halunken!« knirschte der Säfir. »Dich aber verfluche er bis – –«

Er verschlang die übrigen Worte, denn Halef zog die Peitsche und holte zum Hiebe aus.

»Das ist dein Glück, daß du den Zibi den du sprechen wolltest, wieder auf den Unrat, der dein Inneres füllt, zurückgeschlungen hast,« sagte er. »Ich hätte dich durch diese Peitsche gezwungen, es zu thun. Soll ich dir helfen, Effendi, die Steine zusammenzufügen?«

»Nein,« antwortete ich. »Diese Arbeit muß ich alleine thun. Es wird da leichter und auch schneller gehen als mit deiner Hilfe.«

Indem ich die überall sehr scharfen, aber vielfältigen und höchst unregelmäßig verlaufenden Kanten des Einganges betrachtete, welche keine gerade, sondern eine nach allen Richtungen zickzackende Linie bildeten, und von unten herauf diejenigen Steine, welche in die Zickzacke paßten, aufeinander setzte, wurde es mir nicht schwer, das Loch in so kurzer Zeit zuzusetzen, als ob ich diese Arbeit schon oft ausgeführt hätte. Als ich zuletzt den Schlußstein eingefügt hatte, wäre es einem Uneingeweihten wohl nicht möglich gewesen, bei Betrachtung dieser Mauerstelle zu erraten, daß hinter ihr ein Gang verborgen war. Die einzelnen Stücke paßten so genau an- und aufeinander, als ob sie seit dem Bau des babylonischen Turmes nie von einer Hand berührt worden seien. Die Leute, welche den Gang entdeckt und diesen Verschluß desselben hergestellt hatten, waren sehr vorsichtige und sorgsam arbeitende Personen gewesen.

So sehr mich das Gelingen dieser meiner Arbeit befriedigte, so groß war der Grimm des Säfir über diesen Erfolg. Ich sah trotz des dichten Schnurrbartes, daß seine Lippen vor Wut bebten. Er hätte diesen Gefühlen wohl gern durch entsprechende Worte Luft gemacht; aber der Hadschi hatte die Peitsche noch immer in der Hand, und die Furcht vor dieser Omm es Sefa, wie Halef sie gern nannte, zwang ihn, still zu sein.

Es war nun Zeit, die Höhe zu verlassen, und so stiegen wir hinab. Halef ging voran, ich hinterher; der Säfir mußte, von mir scharf beobachtet, in der Mitte schreiten. Als wir bei den Soldaten ankamen, stand der neue Bimbaschi von dem Platze auf, wo er gesessen hatte, und meldete mir:

»Effendi, der Bote nach Hilleh ist längst fort, und ich habe ihm befohlen, sich möglichst zu beeilen. Darf ich vielleicht nun die Pferde hierher zurückkommen lassen?«

»Ja. Ich werde inzwischen den Askari holen, der in der Nacht mit uns gegangen ist.«

»Soll ich nicht lieber nach ihm schicken?«

»Nein; man würde ihn nicht finden.«

Ich ging selbst, weil ich es nicht für geraten hielt, daß noch mehr Personen als dieser eine Askari den Ort erfuhren, wo ich mit dem Kammerherrn in den Turm gestiegen war. Als ich zu ihm kam, lag er in dem weichen Schutt und schlief. Ich weckte ihn und befahl ihm, mir zu folgen. Er rieb sich die Augen und kletterte, bald stolpernd und bald auf allen Vieren oder auf dem Rücken rutschend, hinter mir her. Ich führte ihn aus Berechnung nicht gleich auf die Ebene hinaus, sondern in der Weise zwischen Mauerresten hindurch und über Trümmerhaufen hinweg, daß er, zumal infolge seiner Schlaftrunkenheit, über die Richtung irre wurde, und, als wir die Ruinen endlich hinter uns hatten, stehen blieb, und, indem er mit Kopfschütteln zurückblickte, sagte:

»Dieser Rückweg war bös, Effendi; der Hinweg in der Nacht war besser. Da war es aber dunkel; ich sah und hörte lange Zeit nichts mehr und schlief darum ein. Wo sind wir denn eigentlich gewesen?«

»Das mußt du doch wissen!« antwortete ich, sehr befriedigt von dem Gelingen meiner List.

»Ich weiß es nicht. Wir sind jetzt durch ein solches Wirrwarr geklettert, daß ich die Stelle, wo ich geschlafen habe, ganz gewiß nicht wiederfände, wenn ich sie suchen sollte.«

»Es wird dir niemand auftragen, sie zu suchen. Also beruhige dich und komm!«

Als wir die Asaker von weitem sahen, bemerkte ich, noch ehe wir sie erreicht hatten, daß dort etwas Ungewöhnliches vorgekommen war. Ich verdoppelte also meine Schritte. Ich wurde gesehen; der von ihnen gebildete Kreis öffnete sich; Halef kam mir entgegen und rief mir zu-.

»Sihdi, denke dir, der Kerl wollte den Kol Agasi, welcher jetzt Bimbaschi ist, erwürgen!«

»Welcher Kerl? Der Säfir?«

»Ja.«

»Wie konnte er auf den Gedanken kommen? Er ist doch gebunden und hat eine schwer verwundete Hand!«

»Mit dieser Verwundung steht es nicht so schlimm wie wir dachten. Er kann die Finger, oder wenigstens einige davon, noch ganz gut bewegen.«

»Aber die Hände waren ihm doch auf den Rücken gebunden; da war ein solcher Angriff meines Erachtens vollständig unmöglich!«

»Ja, Effendi, er hatte sie ja doch nicht mehr auf dem Rücken!«

»Wo denn?«

»Sie waren frei.«

»So hast du wieder einmal eine deiner Eigenmächtigkeiten begangen. Halef, Halef, du wirst in deinem ganzen Leben nicht anders werden, als wie du warst und leider jetzt noch bist!«

»O, Sihdi, wünsche ja nicht, daß ich anders werde! Dir gehört ja mein ganzes Herz, und wenn das nicht so bleiben dürfte, so müßte ich dir die Liebe und Freundschaft entziehen, durch welche mein Leben und auch das deinige verschönert werden. Ich bitte, zu glauben, daß ich ganz so bin, wie ich sein soll. Wenn du annimmst, daß ich einen Fehler begangen habe, so irrst du dich.«

»Du scheinst ihm aber doch die Hände freigegeben zu haben!«

»Nur für einen Augenblick.«

»Warum?«

»Ich wollte dich rächen.«

»Das war falsch. Du weißt, wie und was ich über die Rache denke; ein Christ rächt sich nie.«

»So will ich nicht Rache, sondern Strafe sagen.«

»Wenn ein Mensch meinetwegen zu bestrafen ist, so habe ich darüber zu bestimmen, nicht aber du. Was wolltest du denn bestrafen?«

»Daß er dich da oben im Gefängnisse so krumm gefesselt hat. Das mußte dir Schmerzen verursachen, die ich jetzt ihm selbst auch einmal fühlen lassen wollte. Du wirst zugeben, daß er das verdient hat!«

»Dieses sein Verdienst will ich gern anerkennen, nur durftest du ihm diese Anerkennung nicht ohne meine Erlaubnis erteilen.«

»Du bliebst mir zu lange fort, und es drängte mich, ihn von meiner Dankbarkeit so bald wie möglich zu überzeugen. Darum ließ ich ihm die Hände von dem Rücken lösen, um ihn grad so zu binden, wie er dich gefesselt hatte. Das war doch ein Gedanke, den du billigen mußt, gegen den du gar nichts haben kannst!«

»Das ist deine Ansicht, aber nicht die meinige. Ihr bandet ihm also die Hände los, und er machte natürlich dann sogleich Gebrauch von ihnen?«

»Allerdings. Dieser Halunke hatte nicht genug Gegenwart der Geistesgaben, um einsehen zu können, daß ihm dies verboten war. Der frühere Kol Agasi und jetzige Bimbaschi hatte, während er ihm die Hände frei machte, einige Worte gesagt, welche ihn in die Übelkeit des Mißbehagens versetzten; er krallte seine Finger um seinen Hals, riß ihn nieder und drückte ihm die Adern so zusammen, daß das Gesicht die Farbe einer Burneta el Kastar annahm, mit welcher die Europäer bei großen Feierlichkeiten ihre Häupter nach oben zu verlängern pflegen. Es wurde uns himmelangst um den Angegriffenen, dessen Atem die Bequemlichkeiten seines irdischen Daseins verlassen wollte, denn der Säfir hing so fest an ihm wie ein Wüstenfloh, der sich in die nackte Zehe eines Wanderers verbissen hat. Mehrere Männer hatten trotz seiner verletzten Hand sehr zu thun, ihn loszulassen. Er wurde natürlich sofort in der Weise gebunden, wie ich es beabsichtigt hatte; aber die Ausdrücke, welche wir dabei von ihm zu hören bekamen, kann ich dir nicht berichten, denn sie enthielten solche Lästerungen Allahs und so große Beleidigungen unserer Personen, daß auch ich lästern und beleidigen wurde, wenn ich sie wiederholte. Er schimpft noch jetzt aus voller Kehle. Hörst du ihn? Komm also mit hin! Ich hoffe, daß du mir gestattest, ihm meinen Standpunkt nun endlich einmal klar zu machen, aber nicht etwa auch auf seinen Stand-, sondern auf denjenigen gefühlvollen Punkt, auf welchem er zu sitzen pflegt. Es ist die höchste Zeit für ihn, zu erfahren, daß diejenigen Empfindungen die lieblichsten sind, deren Dasein man auf der von mir erwähnten Stelle bewiesen bekommt!«

Er fuchtelte, um mir den tief humanen Sinn seiner Worte zu erklären, energisch durch die Luft und schritt mir dann nach der Stelle voran, wo der Säfir lag oder vielmehr saß.

Dieser war krumm geschlossen, und zwar so, daß man hätte meinen sollen, es sei ihm kaum möglich, Atem zu holen, brüllte aber trotzdem wie ein unvernünftiges Wesen in einem fort und ließ Flüche und Drohungen hören, welche geradezu empörend und, wenigstens was die letzteren betraf, bei seiner hilflosen Lage im höchsten Grade lächerlich waren. Als er mich erblickte, erhob er seine Stimme bis zum Überschnappen und warf mir Verwünschungen entgegen, welche förmlich das Gefühl des Zurückprallens erregten. Seine Lippen geiferten; die rot unterlaufenen Augen gaben seinem an sich schon widrigen Gesichte einen nicht bloß tierischen, sondern viehischen Ausdruck; ich hatte keinen Menschen, sondern eine unsagbar niedrige, gemeine Kreatur vor mir, die demgemäß behandelt werden mußte.

»Halef, haue ihn, bis er schweigt!« rief ich empört. »Haue ihn, wohin du triffst!«

»Hamdulillah!« antwortete der Hadschi. »Endlich, Sihdi, endlich kommst du zu Verstand! Dein Befehl erfüllt mich mit überirdischer Wonne. Es soll dir nie mit solchem Entzücken gehorcht worden sein, wie ich dir jetzt gehorchen werde! Ich werde ihm den Faden seiner Rede so zerhauen, daß er die davonfliegenden Fetzen selbst mit der schärfsten Naddara nicht wieder finden kann!«

Kaum hatte er das gesagt, so klatschten seine Hiebe so dicht und kräftig nieder, daß der Getroffene anstatt Zornes- nur noch Jammerlaute hatte, doch hörte Halef nicht eher auf, als bis auch diese schwiegen. Dann fragte er mich, die Peitsche liebevoll streichelnd:

»Soll ich mit dieser überzeugenden Erklärung fortfahren, oder ist's genug?«

»Laß es genug sein!«

»Aber nur für jetzt, für einstweilen, das bitte ich dich!«

»Und ich bitte nicht darum, sondern ich verlange es!« fiel Amuhd Mahuli ein. »Schau her, Effendi, wie er mich zugerichtet hat! Es war seine ernstliche, seine feste Absicht, mich zu erwürgen. Ich lag unter ihm wie ein Lamm. in den Krallen eines wütenden Panthers, und wenn das noch nicht Grund genug zur größten Strenge wäre, so müßten seine gottes- und menschenlästerlichen Reden die Peitsche in Bewegung setzen, bis er tot am Boden liegt!«

Er zeigte bei diesen Worten auf sein zerzaustes Haar, seine zerrissene Uniform und seinen zerkratzten Hals, welcher jetzt noch blutete.

»Wäre es mir doch gelungen, dich zu ersticken, du nichtswürdiger Helfershelfer eines verdammten Christenhundes!« zischte der Säfir.

Da holte Halef schnell wieder aus, versetzte ihm einige Hiebe und fuhr ihn an:

»Willst du schweigen, Bösewicht! Wir dulden kein einziges solches Wort!«

Obgleich vor Schmerz sich windend, brüllte der Säfir ihn an:

»Du hast mir nichts zu befehlen! Du bist ein stinkender Köter, den ich verachte, und gehörst mit deinem dreimal verfluchten Effendi dahin, wo die Aase faulen. Ihr wurdet als Schweine geboren, seid als Schweine zu verachten und werdet als Schweine verenden!«

Halef schwang die Peitsche sofort wieder. Ich hielt seinen Arm fest und sagte:

»Warte noch! Vielleicht bewährt sich auch hier ein gutes Wort besser als ein zorniges; ich werde es versuchen.«

»Versuche es; ich habe nichts dagegen; versuche es doch!« rief der Säfir mit höhnisch schallendem Lachen.

»Ja, ich werde den Versuch trotz deines Gelächters machen, doch nicht deinet- sondern meinetwegen. Ich weiß, daß jedes Wort umsonst sein wird; aber ich will mir sagen können, daß ich nichts zur Rettung deiner Seele versäumt habe.«

»Rettung meiner Seele? Was geht dich meine Seele an! Mag sie fahren, wohin sie will, mir ist es gleich, und du hast nichts dreinzureden. Willst du mir etwa von dem ewigen Leben, von dem Paradiese und der Hölle vorschwatzen? Mit solchen Verrücktheiten brauchst du mir nicht zu kommen. Was Muhammed und euer Christus darüber sagen, ist lächerlich, denn nach dem Tode ist alles aus.«

»Du bist ein Verblendeter, dem ich – –«

»Alles aus!« wiederholte er, mich unterbrechend.

»– –ein Verblendeter,« fuhr ich fort, »dem ich mein – –«

»Alles, alles aus!« rief er wieder.

»– – dem ich mein Mitleid nicht versa – –«

»Alles aus, alles, alles, alles!« brüllte er mit der ganzen Stärke seiner Stimme. »Und das ist ein Glück für euch, ihr verächtlichsten unter allen Hunden, die es giebt! Um euretwillen möchte ich, daß es nicht aus wäre. Ihr solltet verdammt sein, wie noch niemand verdammt gewesen ist. Euch müßte es im jenseits –--«

Die nun folgenden Verwünschungen sind nicht wiederzugeben. Indem ich sie, ohne ihn zu unterbrechen, über mich ergehen ließ, sah ich ein, daß es nicht nur unnütz, sondern auch geradezu lächerlich gewesen wäre, ihm noch eine Spur von Mitleid zu zeigen. Als er seinen Grimm herausgesprudelt hatte, spie er mich und Halef, die wir nahe bei ihm standen, an, und schloß mit den Worten:

»So wie jetzt solltet ihr verspieen und verachtet werden, von allen Menschen und in alle Ewigkeit! jetzt kennst du meine Meinung ganz und kannst deinen frommen Jammer bringen; ich werde kein Wort mehr dazu sagen.«

»Es wird dir nichts, aber auch gar nichts vorgejammert werden, sondern wenn hier jemand jammert, so wirst du es sein. Du hast von den Martern gesprochen, denen ich nicht entgehen könne; wo hast du sie? wo bleiben sie? Ich aber sagte dir, daß mit dem Anbruche des Tages das Strafgericht über dich beginnen werde; mein Wort, über welches du lachtest, ist pünktlich eingetroffen. Ich prophezeite dir noch mehr, will es aber jetzt nicht wiederholen. Warten wir den Abend ab! Für jetzt sollst du nach deiner eigenen Ansicht behandelt werden: Mit dem Tode ist alles aus. Wenn es im jenseits keine Strafe für dich giebt, so dürfen wir im Diesseits keinen Augenblick versäumen, dir zukommen zu lassen, was du verdienst. Vorher aber frage ich dich, wo die Leichen der ermordeten Mitglieder der Karwan-i-Pischkhidmät Baschi sind?«

Er antwortete nicht, auch dann nicht, als ich meine Frage zweimal wiederholte. Ich richtete sie an die gefangenen Ghasai-Beduinen, und zwar mit demselben Mißerfolge. Darum wendete ich mich speziell an denjenigen von ihnen, den ich für ihren Anführer halten mußte, weil er bei der Taxation der Beutestücke das Wort geführt und das Geld eingesteckt hatte. Seine einzige Antwort bestand in einer höhnischen Gesichtsverzerrung.

»Ich werde dir den Mund mit der Peitsche öffnen lassen!« drohte ich.

»Wage das!« rief er. »Wir sind freie Beduinen und dürfen nicht geschlagen werden! Wir sind ehrliche Leute und wissen nicht, weshalb man uns gefangen genommen und gebunden hat!«

»Ehrliche Leute! Und habt euch doch für Solaib-Araber ausgegeben! Und habt dort bei den Feuern gesessen und bei jedem einzelnen Stück um euern Mörderlohn gefeilscht!«

»Das ist Lüge!«

»Ich selbst habe es gesehen und gehört; das ist genug! Also sag, wo sind die Leichen?«

»Ich weiß von keiner Leiche! Wenn es Leichen giebt, so suche sie dir doch selbst!«

Seiner spöttischen Miene war die Überzeugung, daß ich sie nicht finden würde, deutlich anzusehen. Darum erwiderte ich:

»Ich werde dir beweisen, daß es mir sehr leicht ist, sie zu entdecken, aber dich dann doch noch zwingen, uns zu sagen, wohin sie geschafft worden sind. Die Peitsche macht gesprächig.«

»Das wirst du bleiben lassen! Mein ganzer Stamm würde über dich kommen und dir hundert Hiebe für jeden einzelnen geben!«

»Laß ihn hauen, immer laß ihn hauen!« rief mir da der Bimbaschi zu. »Vorher aber gestatte, daß der Säfir bekommt, was ihm gebührt!«

»Ich habe nichts dagegen, erwarte aber, daß ihr euch an eine Bedingung haltet, welche ich unbedingt stellen muß.«

»Teile sie uns mit!«

»Schlagt ihn, soviel ihr wollt, aber nur nicht tot! Wir müssen ihn dem Pascha ausliefern, und ich bin überzeugt, daß er die Bestätigung deiner Ernennung zurücknehmen und dich vielleicht zum gewöhnlichen Soldaten machen würde, wenn er ihn nicht lebend, sondern tot zu sehen bekäme!«

Diese Warnung hatte den Zweck, eine sehr leicht mögliche Ausartung der Strenge in Grausamkeit zu verhüten. Der Offizier beeilte sich, mir die Versicherung zu geben:

»Sei da ohne Sorge, Effendi! Diesen Schurken tot zu schlagen, wäre eine ganz unverdiente Wohlthat für ihn. So kurz darf seine Strafe nicht sein. Aber du weißt, daß er in der Mehkeme die Bastonnade für dich verlangte; dafür soll er sie nun selbst bekommen, aber wie! Das erlaubst du doch?«

»Ja.«

»Bloß die Bastonnade?« fragte Halef. »Ich habe geglaubt, daß meine Kurbadsch mit ihm sprechen soll! Sihdi, dadurch, daß du ihm nur die Bastonnade verordnest, wirst du mich um den Hochgenuß bringen, ihm zu zeigen, wie innig meine Seele mit den Gefühlen seiner empfindungsvollen Haut verbunden ist!«

Ich nahm ihn bei der Hand, zog ihn zur Seite und stellte ihm die Frage:

»Sag, lieber Halef, welches ist der stolzeste und berühmteste Stamm der Beduinen, soweit die Blumen der Steppe blühen?«

»Der große Stamm der Schammar,« antwortete er. »Das weißt du ebensogut wie ich; warum fragst du also?«

»Und welche ist die hervorragendste seiner Abteilungen?«

»Das sind natürlich meine Haddedihn!«

»Von denen du der oberste bist?«

»Natürlich.«

»Also bist du der berühmteste und am höchsten gestellte Mann des ganzen Stammes der Schammar?«

»Das will ich meinen! Das steht sogar über jedem Zweifel erhaben!«

»Du hast also diesen großen Stamm mit deiner Person und die Ehre von soviel tausend Kriegern mit deiner Ehre zu vertreten?«

»Selbstverständlich!«

»Was du thust, ehrt oder schändet also jeden einzelnen Schammar und jeden Haddedihn?«

»Gewiß!«

»Was würdest du thun, wenn jemand alle Schammar und Haddedihn für Schinder, für Henker erklärte?«

»Ich würde ihm augenblicklich mein Messer zwischen die Rippen stoßen!«

»So stoß zu!«

»Was – –? Wie – –? Wen – –?« fragte er.

»Dich selbst!«

»Mich – – – selbst – – –?«

»Natürlich dich selbst, denn du, der Vertreter der Ehre deines ganzen Stammes, hast mir soeben selbst erklärt, daß du die Absicht habest, der Henker und Schinder des Säfir zu sein.«

Er sah mich erstaunt an. Er hatte meine Fragen mit stolzem Selbstbewußtsein beantwortet; jetzt klang seine Stimme ganz anders, als er sagte:

»Sihdi, du bist ein sehr gefährlicher und gegen deinen treuen Halef ein ganz schlechter Mensch!«

»Wieso?«

»Du hast mich wieder einmal von hinten herum übertölpelt und gefangen! Warum kommst du mir nicht lieber und ganz ehrlich und aufrichtig von vorn herum?«

»Weil die ›Breite deines Verstandes‹, von welcher du so gerne sprichst, vorn größer ist als hinten.«

»So! Du gestehst also ein, daß du dich nicht an die vordere Hälfte meiner Klugheit wagst, sondern dich vor ihr fürchtest. Das sollte mich eigentlich freuen; aber diese Freude wird mir durch das Bewußtsein vergällt, daß du nicht ehrlich mit mir verfährst. Ich aber frage dich aufrichtig in dein Gesicht: Hast du mir versprochen, daß ich dem Säfir die Peitsche geben darf?«

»Ja, das that ich.«

»Und nun willst du mir dieses dein Versprechen nicht halten?«

»Ich habe es ja gehalten!«

»Wie – –? Wirklich – –? Hättest schon – –?«

»Ja. Hat er Hiebe von dir bekommen oder nicht?«

»Hm. Freilich hat er sie!«

»Nun, wozu also deine grundlosen Vorwürfe?«

Da schüttelte er bedauernd den Kopf und antwortete:

»Oh, Sihdi, Sihdi, wenn du wüßtest, wie groß der Schmerz der Enttäuschung ist, welchen du mir bereitest! Ich glaubte, ich dürfe meine Kurbadsch einmal so recht aus vollstem Herzensgrunde schwingen, und nun soll sie sich mit den wenigen, armseligen Hieben begnügen, von denen sie nicht im entferntesten satt werden konnte, sondern nur noch viel größeren Hunger bekommen hat! Wenn du deinen großen Versprechungen so kleine Erfüllungen folgen lässest, muß ich dich für einen zwar großen, aber leeren Geldbeutel halten, mit dem nichts anzufangen ist. Es geschieht jetzt nicht zum erstenmal, daß du die freundlichen Bewegungen meiner Peitsche durch den Hinweis auf meinen Ruhm und meine Ehre hemmst. Ist die Ehre denn nur dazu da, den Besitz einer Kurbadsch fruchtlos zu machen? Meine Peitsche gehört zu mir, wie meine Hand zu mir gehört; sie ist ein Teil von mir selbst. Sie hat auch ihre Ehre, welche zugleich die meinige ist. Wie kann ichmich also dadurch entehren, daß ich ihr ihre Ehre gebe?«

»Dein Schluß ist falsch, weil er von einer falschen Voraussetzung ausgeht.«

»Da irrst du dich, denn meine Ansicht ist, daß der Säfir Hiebe bekommen soll, aber keine Voraussetzungen.«

»Hier wird die Breite deines Verstandes so schmal, daß man gar nichts mehr von ihm bemerkt. Wir wollen uns nicht streiten, sondern die Sache kurz machen: Wenn du es für dein Recht hältst, den Säfir prügeln zu dürfen, so will ich es dir nicht nehmen. Also prügle ihn! Aber dann wundere dich nicht, wenn ich dich nicht mehr als meinen Chabib, sondern als einen Dschellad betrachte, der meinem Herzen nichts sein kann und nur für meine Augen etwas ist, nämlich das gefühllose Werkzeug des Gesetzes. Ich gehe!«

Ich wendete mich von ihm ab.

»Wohin, Sihdi?« fragte er schnell, indem er mir nachkam und mich am Arme faßte.

»Ich will die Leichen der Ermordeten suchen. Das ist eine Aufgabe der Pietät und keine Henkerarbeit.«

»Nimm mich mit! Wir müssen dem Säfir und dem Ghasai beweisen, daß wir ihre Angaben nicht brauchen, sondern ganz von selbst so klug sind, zu erfahren, was wir wissen wollen. Schau her! Ich stecke meinen Kurbadsch in den Gürtel und verzichte also darauf, dem Perser das Zeugnis seiner Verworfenheit auf den Rücken zu mal en. Der frühere Kol Agasi und jetzige Bimbaschi wird schon dafür sorgen, daß nicht weniger gegeben wird als gegeben werden darf.«

»So ist's recht!« lobte ich ihn. »Jetzt bist du ganz der, der du sein sollst!«

»Wer?«

»Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah, der oberste Scheik der Haddedihn vom großen Stamme der Schammar.«

Da richtete er seine kleine Gestalt so hoch wie möglich auf, blitzte mich mit leuchtenden Augen an und sagte:

»Jawohl, der bin ich ganz bestimmt! Ich bin der oberste Regent meiner herrlichen, meiner lieben Haddedihn, welche mir so gehorchen, wie kaum die Türken ihrem Padischah oder die Perser ihrem Schah-in-Schah gehorchen. Ich tausche mit keinem Menschen auf der ganzen Welt und habe die Peitsche nur zum Regieren, aber nicht um die Arbeit eines Henkers zu verrichten. Je berühmter der Mann, desto weniger hat er es nötig, die Kurbadsch selbst zu führen! Ich gehe mit dir, der du ebenso berühmt bist wie ich selbst!«

Ich sagte dem Bimbaschi, daß wir uns jetzt entfernen, aber bald wiederkommen würden; er könne inzwischen in der »Sprache der Prügel« mit dem Säfir reden. Dann bestiegen wir unsere Pferde und ritten fort.

Zwar hatte der Gedanke, mich bei dem Pischkhidmät Baschi zu erkundigen, nahe gelegen, aber ich wollte mit diesem undankbaren Menschen nichts mehr zu thun haben und verzichtete also darauf, mit ihm zu sprechen oder gar ihn mitzunehmen. Übrigens hätte er mir wohl schwerlich eine bestimmte Auskunft geben können, denn er kannte die Gegend nicht; es war Nacht, also dunkel gewesen, als er hier angekommen und überfallen worden war, und wohin man die Leichen geschafft hatte, das war eine Frage, die er noch viel weniger als jede andere beantworten konnte. Ich hielt es für das beste, mich auf mich selbst zu verlassen. Halef konnte mir auch nur wenig nützen, weil er kein Fährtensucher war. Ich hatte ihn nur mitgenommen, um ihn von der Prügelstelle zu entfernen.

Indem wir in nördlicher Richtung, woher wir gekommen waren, längs der Ruinen hinritten, betrachtete ich unausgesetzt den Boden, um die mir passenden Spuren zu entdecken. Ich fand bald die unserigen und bald andere, aber nicht die, welche ich suchte. Wir ritten dann ostwärts, über die Fährte der Pascher hinaus, welche vom Kanale herkam, und stießen dann wieder auf die Eindrücke der Karwan-i-Pischkhidmät Baschi. Nun war es mir klar, daß der Überfall nicht hier im Norden, sondern südlich von unserm jetzigen Lagerplatze stattgefunden hatte. Die Karawane war von dem Säfir über die Stelle, wo die unterirdischen Räume lagen, hinausgeführt worden; es wäre auch sehr unvorsichtig von ihm gewesen, sich grad dort über sie herzumachen, denn er hatte sich doch wohl sagen müssen, daß jedenfalls Spuren zurückbleiben würden. Wir kehrten also um und ritten zurück.

Als wir uns dem Lagerplatze näherten, rief uns der Anführer der Beduinen höhnisch zu:

»Nun, wo liegen die Ermordeten, nach denen ihr suchtet? Eure große Klugheit hat sie euch doch jedenfalls gezeigt!«

Er hatte also unsere Absicht erraten, und glaubte, wir würden nach diesem vergeblichen Ritte nun von den Pferden steigen und hier bleiben. Ich antwortete nicht; aber dem kleinen Halef war es unmöglich, zu schweigen. Er warf ihm, indem wir vorüberritten, die Drohung hin:

»Wir kommen nur, um dir zu sagen, daß du für jeden Toten, den wir finden, nach unserer Rückkehr fünf Streiche auf die Sohlen erhalten wirst!«

Es war so, wie ich gedacht hatte; die Spuren der Karawane führten von hier weiter und fielen mit denen der auf ihnen zurückgekehrten Räuber zusammen. Nach ungefähr fünf Minuten hörten sie auf, und wir befanden uns an der stark mit Blut getränkten Stelle des Überfalles. Es gab zwar kräftige Fuß- und Hufeindrücke, aber zerstampft und aufgerissen, wie es bei einem Kampfe unvermeidlich ist, war der Boden nicht. Die Perser hatten sich ohne eigentliche Gegenwehr abschlachten lassen, feige Menschen, die ebensowenig Mut besaßen wie ihr Herr, der sich doch so gern einen sehr tapfern Krieger nannte!

Diese Stelle lag ungefähr zweihundert Meter von den hier steil ansteigenden Ruinen entfernt, und es führten Fußstapfen hinüber, welche so tief eingedrückt waren, daß ich zu Halef sagte:

»Die Leichen hat man dort hinter die Mauern geschafft.«

»Woraus vermutest du das?« fragte er.

»Wenn du ohne eine Last hinübergehst, werden deine Fußeindrücke viel leichter sein als diese hier. Die Stapfen sind tiefer, weil man die Toten hinübergetragen hat.«

»Werden wir sie finden?«

»Gewiß. Leichname sind keine Geister, welche spurlos erscheinen und verschwinden. Komm!«

Drüben angelangt, sahen wir, daß die Spuren an einem zwar nicht großen, aber hoch an der Mauer aufgebauten Ziegelhaufen endeten, welcher nicht aus einzelnen, sondern noch durch den Asphaltkitt verbundenen Steinen bestand. Wir hatten ihn vorhin in der Entfernung nicht von der Mauer unterscheiden können. Wir stiegen ab und entdeckten, sobald wir nur einige der Konglomerate entfernt hatten, eine breite, doch nur halb manneshohe Öffnung, welche schief abwärts in das Innere zu führen schien. ich kroch hinein und spürte einen starken Moderduft und zugleich jenen eigentümlichen und nicht zu verwechselnden Geruch, welcher auf das Vorhandensein von Leichen deutet, selbst wenn der Tod erst vor wenigen Stunden eingetreten ist.

Indem ich mich, vorsichtig nach allen Seiten mit den Händen tastend, weiter schob, gewahrte ich, daß die Decke über mir in wagerechter Richtung verlief, während der Boden abwärts ging und der Gang, in welchem ich mich befand, also nach und nach tiefer wurde. Es war Sand, auf dem ich mich bewegte; die Wände und die Decke waren glatt; ich fühlte keine Ritzen zwischen den einzelnen Steinen. Wenn das auf eine Asphaltschicht deutete, so war das, was ich Gang genannt habe, wohl ein Kanal gewesen, welcher den Zweck hatte, das Innere des Birs vom ehemaligen Bette des Euphrat her mit Wasser zu versorgen. Durch den vom Westwinde herbeigewehten Sand war nach und nach draußen der Boden erhöht und die Mündung des Kanales bis fast ganz oben herauf verschüttet worden. So erklärte sich auch das Vorhandensein des Sandes im Innern, der immer weniger wurde, je weiter ich hineingelangte, so daß ich bald nicht mehr zu kriechen brauchte, sondern aufrecht gehen konnte.

Ich mochte vielleicht vierzig Meter zurückgelegt haben, als der Sand aufhörte und ich auf glattem Erdpechboden stand. Hier stieß ich mit dem Fuße an einen Gegenstand. Ich bückte mich nieder, um ihn zu untersuchen, und fühlte einen vollständig ausgezogenen, also unbekleideten Menschenkörper. Da fiel mir ein, daß ich ja noch ein Licht und auch Kibritat in der Tasche hatte. Ich brannte es an und sah nun die elf Perser, denen man nicht ein einziges Kleidungsstück gelassen hatte, neben- und aufeinander vor mir liegen. Ich war an dergleichen Scenen gewöhnt, muß aber doch gestehen, daß es mich schauerte. Die Geschichte dieses Ortes trug wohl auch dazu bei. Da stand ich in einem verschütteten Kanale des babylonischen Turmes vor nackten, blutigen Leichen, die mit ihren starren, gebrochenen Augen und klaffenden Wunden einen grauenhaften Anblick boten, zumal bei der mangelhaften Beleuchtung. Das Flackern des Lichtes täuschte mir gespensterhafte Bewegungen hervor, und der mir unbekannte Teil des Kanals jenseits der Ermordeten schien von tausend schattenhaften, durcheinander huschenden oder tanzenden Wesen belebt zu sein. Dazu der schwere, drückende Modergeruch, welcher, je weiter ich vorgedrungen war, desto mehr Leichenduftartiges angenommen hatte. Dieser Gestank konnte nicht von den Persern stammen, die ja noch vor kurzem gelebt hatten. Ich mußte wissen, welche Ursachen er hatte, stieg also über die Toten hinweg, weil kein Platz war, an ihnen vorüberzukommen, und ging weiter.

Da sah ich denn, daß ich mich in einer wahren Massengruft befand. Es lagen Schädel, Knochen und andere Leichenreste in Menge da; ich stieß bei jedem Schritte an sie, bis ich eine Stelle erreichte, wo die Decke eingestürzt war und ich nicht weiter konnte; ich kehrte also um. Die Ghasai hatten ihre Ermordeten hierher geschafft; sie kannten also diese grausige Totenkammer und waren demnach schon oft hier gewesen, um die Spuren und Beweise ihrer Thaten diesem geheimen Orte anzuvertrauen. Kein Wunder, daß ich beschloß, Halefs Drohung solle in Erfüllung gehen!

Als er mich nach einiger Zeit dem finsteren Loche entsteigen sah, schaute er mich erschrocken an und fragte:

»Wie siehst du aus, Sihdi? Wäre dein Gesicht nicht so von der Sonne verbrannt, so würde ich sagen, du seiest blaß wie eine Leiche. Hast du die Ermordeten gefunden?«

»Ja.«

»So hast du dich vor ihnen gefürchtet?«

»Ich, fürchten? Nicht vor Lebenden, viel weniger vor Toten! Der entsetzliche Geruch, den es da unten gab, ist schuld, daß ich so angegriffen aussehe.«

»Was hast du entdeckt? – Erzähle es!«

»Jetzt nicht. Ich muß sofort zu den Beduinen, um dir eine Freude, eine große Freude zu machen.«

»Welche?«

»Frag nicht, sondern komm!«

Wir stiegen wieder auf und ritten nach dem Lagerplatze. Der alte Ghasai schien von der Fruchtlosigkeit unserer Nachforschung vollständig überzeugt zu sein, denn noch war ich nicht aus dem Sattel gesprungen, so fragte er mich hämisch:

»Hat Allah euch den richtigen Weg geführt? Du machst ein so frohes, ein so glückliches Gesicht, daß ich weiß, ich werde die Streiche jetzt bekommen. Wie freue ich mich darauf!«

Ich antwortete ihm nicht, sondern wendete mich an Halef:

»Wie viele Hiebe hast du ihm versprochen?«

»Fünf für jeden Toten; das sind also fünfundfünfzig,« antwortete der Hadschi.

»Er soll sie bekommen, sofort bekommen. Und nach ihm erhält jeder seiner Leute dreißig; aber derb; die Sohlen müssen platzen!«

Da schrie der Alte mich an:

»Untersteht euch nicht etwa, uns auch nur zu berühren!

Wo sind die Toten, die wir ermordet haben sollen? – Zeig sie uns!«

»Dort in den Ruinen haben wir sie gefunden, bei den Resten derer, die ihr schon vor ihnen umgebracht habt!« erwiderte ich ihm.

»Dein verfluchtes Maul ist eine Geburtsstätte der Lüge, und dein wahnwitziges Gehirn brütet Unwahrheiten aus, welche –--«

Er sprach nicht weiter, sondern unterbrach seine Worte mit einem überlauten Schrei, denn ich hatte, nun endlich doch einmal in Hitze geraten, dem kleinen Hadschi die Peitsche aus dem Gürtel gerissen und zog dem unverschämten Menschen einen solchen Hieb über das Gesicht, daß es sofort aufsprang und das Blut ihm an beiden Seiten herunterlief.

»Hamdullillah, mein Effendi wird gescheit!« jubelte Halef. »Es giebt nur eine einzige Sprache, in welcher man mit solchen Frechlingen verkehren kann; das ist die Sprache der Peitsche, welche deutlicher, überzeugender und auch eindringlicher ist, als jeder sonstige Dialekt. Sihdi, du hast, seit ich dich kenne, jetzt das schönste Wort gesprochen; es enthält die wahre Weisheit, welche über alle andern Kenntnisse und Klugheiten der Erde geht! Soll ich die beglückende Fortsetzung deines wohlthuenden Anfangs übernehmen?«

»Ja. Hier hast du das Zeichen der Macht, welche ich dir anvertraue,« antwortete ich, indem ich ihm seine Peitsche wieder gab. »Ich bin nicht für rohe Strafthaten, aber diese Hunde haben mehr als verdient, daß ihnen die Felle gegerbt werden. Der Alte bekommt seine fünfundfünfzig und jeder andere dreißig, und wenn einer von ihnen wagen sollte, sich darauf zu berufen, daß er als freier Beduine nicht geschlagen werden darf, so fangt ihr noch einmal von vorn an! Hörst du, Halef?«

»Ob ich das höre, Sihdi! Ich höre es so deutlich, als hättest du mir mit einer zehn Meilen langen Nafir und einer noch zwanzigmal längeren Zurna in die Ohren geblasen! Du wirst sehen, wie genau ich deinen Wunsch erfülle!«

»Ich werde nicht dabei sein, sondern inzwischen dem Pascha entgegenreiten.«

»Das ist schade, jammerschade! Aber ich weiß, du kannst solche Strafen wohl diktieren, doch dabei sein magst du nicht. Du kannst dich aber ganz ruhig entfernen, denn die Ausführung befindet sich in den besten Händen!«

Ich war von der Wahrheit dieser Worte ebenso vollständig überzeugt, wie davon, daß der Bimbaschi während unserer Abwesenheit den Säfir auf das vortrefflichste bedient hatte, denn dieser lag mit vor Schmerz zuckenden Gliedern wie ein zusammengerollter Igel an der Erde und ließ ein fast ununterbrochenes Wimmern hören. Er fühlte nun, was er nicht hatte zugeben wollen: den Anfang des ihm von mir vorausgesagten Strafgerichtes. Amuhd Mahuli mochte glauben, der Gezüchtigte thue mir leid, denn er fragte mich:

»Dein Gesicht ist so ernst und streng, Effendi. Meinst du vielleicht, daß wir mit der Bastonnade zu freigebig gegen ihn gewesen sind?«

»Nein, Bimbaschi, das denke ich nicht; aber wenn ich jemanden sehe, der zwar ein Mensch heißt, doch keiner ist, so thut mir das bitter wehe. Schau ihn nur an! Dieser Kerl ist auch erschaffen, um ein Ebenbild Gottes zu sein; was aber ist aus diesem Bildnisse des Allmächtigen und Allliebenden geworden? Das niedrigste und häßlichste Tier wirkt nicht so abstoßend wie so ein widriges Subjekt, welches doch ebenso wie wir die Berufung in sich trug, an Gottes Himmel teilzunehmen.«

»Er wird ihn nie erreichen, nie, nie! Du hast ja Worte aus seinem Munde gehört, bei denen dein Ohr gewiß ebenso schmerzte, wie das meinige; aber als ihr fort waret und wir ihn in die Lage der Bastonnade brachten, bekamen wir Reden zu hören, welche selbst in der Hölle nicht gottloser erfunden werden können. Dieser Mann ist verloren für alle Ewigkeit. Wenn ich recht gehört habe, stehst du jetzt im Begriffe, dem Pascha entgegenzureiten?«

»Ja. Ich mag hier, wo abermals geprügelt wird, nicht Zuschauer sein.«

»Du wirst ihm berichten, was heut nacht hier geschehen ist?«

»Ja.«

»So bitte ich dich, meiner dabei in freundlicher Weise zu gedenken!«

»Das werde ich gern thun.«

»Darf ich aus diesen deinen Worten schließen, daß du mit mir zufrieden bist?«

»Du hast dich als ein braver, umsichtiger und zuverlässiger Soldat bewährt, und es freut mich sehr, ihm das sagen zu können.«

»Allah sei Dank, und dir aber auch! Darf ich dir einen Gedanken mitteilen, den ich habe?«

»Immer zu!«

»Ich habe mich stets bemüht, meine Pflicht zu thun und ein guter Mensch zu sein; das ist mir oft schwer, sehr schwer geworden, wenn ich sah, daß mir dieses Bestreben nur Nachteil brachte, während andere, denen Allahs Wohlgefallen nicht am Herzen lag, vor mir berücksichtigt wurden und schnell vorwärts kamen. Ich habe mit meinem Herzen und mit meiner Armut unaufhörlich kämpfen müssen und mich schließlich drein ergeben, daß es meine Bestimmung sei, in der trüben Gesellschaft unerfüllter Wünsche durch das Leben zu gehen. Du bist ein Christ und fühlst dich also nicht beleidigt, wenn ich dir sage, daß mir das Kismet, welches unser Islam lehrt, geradezu entsetzlich ist. Es schlingt seine unzerreißbaren Bande um den Menschen, um seinen Leib und um seine Seele; es hält ihn auf der Stelle fest, wohin es ihn geworfen hat. Er kann bitten, wünschen und nach Besserem wimmern; er kann sorgen, schaffen und arbeiten mit allen seinen Kräften, es hilft und nützt ihm nichts; er liegt an der Erde und kann nicht auf, weil ihn die eiserne, um seinen Nacken gekrallte Faust des Kismet niederhält. Da sterben nach und nach alle Wünsche und alle Hoffnungen ab; das Vertrauen auf sich selbst und auf eine bessere Zukunft geht verloren, und man sinkt zum willenlosen Sklaven des Schicksals herab, der wie die Figuren eines Kara göz ojunu an unzerreißbaren Schnüren hin- und hergezogen wird. Man ist, mit einem Worte, – – – tot! Kannst du dich darein denken, Effendi?«

»Nur zu gut.«

»Ein solcher Schatten, eine solche Figur bin ich bis heute gewesen. Ich fühlte die Faust, welche mich niederhielt, und konnte nichts gegen sie machen. Ich hatte mit dem Leben abgeschlossen und meine Sehnsucht, meine Wünsche im tiefsten Innern angekettet. Ich wußte, daß es für mich kein Vertrauen, keine Hoffnung, keine Zuversicht, keinen Zweck, kein Ziel mehr gebe. Da kamst du, und es wurde so plötzlich und so unerwartet alles anders. Es ist eine Sonne in mir aufgegangen, und tausend Blüten und Blumen sind erwacht. Ich fühle, daß ich nicht tot bin, sondern lebe. Du hast mich befreit von der Sklaverei; du hast – –o Effendi, ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken soll; am liebsten möchte ich sagen, du hast mein Kismet besiegt und auf immer für mich unschädlich gemacht. Ist es eine Sünde, wenn ich so denke und so sage?«

»Nein. Es giebt kein Kismet. Allah ist kein Tyrann, welcher seine Unterthanen knechtet, sondern ein liebevoller Vater, der keine Sklaven, sondern Kinder hat, die frei und fröhlich seine Wege wallen sollen.«

»Ist das die Lehre deines Glaubens, deines Christentums?«

»Ja.«

»So seid ihr Christen glücklicher als wirf Ich muß dir ein Geständnis machen, bitte dich aber, mir zu glauben, daß ich dir nicht schmeicheln will! Denke dich in ein fernes Land des Südens, wo es nur schwarze Menschen giebt! Du bist viele, viele Jahre dort, und in dieser Zeit selbst auch schwarz geworden. Du lebst wie ein Schwarzer; du issest und trinkst wie ein Schwarzer; du denkst und fühlst wie ein Schwarzer; aber tief in deinem Innern lebt das Bewußtsein, daß du nicht zu diesen Schwarzen gehörst, und die Sehnsucht, aus dieser Schwärze, diesem Dunkel erlöst zu werden. Da kommt plötzlich ein Weißer. Alle Welt staunt ihn an, kann ihn nicht begreifen, wundert sich über seine Farbe, seine Gestalt, seinen Gang, seine Stimme, seine Worte. Dir aber ist er sofort begreiflich. Du liebst ihn gleich beim ersten Blick, den du auf ihn wirfst; dein Herz schlägt ihm entgegen, und du bemerkst mit Wonne, daß er dich aus all den andern herauskennt und sich mehr zu dir, als zu ihnen hält. Du fühlst, daß du zu ihm gehörst, daß es dein Glück sein wird, so denken und so empfinden zu lernen, wie er denkt und empfindet. Du atmest nach tiefer, schwerer Bedrückung auf. Es geht ein Hauch des Lebens, ein ungeahnter Frühling durch deine Seele, und riesengroß, gewaltig und unwiderstehlich wächst in dir die Überzeugung auf, daß alles, was als verborgene Sehnsucht in deinem Innern wohnte, nur durch ihn in Erfüllung gehen wird. Effendi, begreifst du, was ich sage?«

»Ja.«

»So war es mir, als ich dich sah und mit dir sprach. Dieser Weiße bist du. Ich habe nachgedacht und mich gefragt, woher der Eindruck kommt, den du auf mich gemacht hast. Ich kenne weder deinen Glauben, noch dein Volk, noch dein Vaterland. Vielleicht bist du nicht so wie andere Christen, von denen ich gehört habe, bist anderer Natur als andere Menschen überhaupt, aber ich sage mir doch, daß dein Auge, deine Stimme und Rede, dein freies und furchtloses Thun und Auftreten nur von der Religion beseelt und geleitet werden, welche dir nicht bloß im Herzen wohnt, sondern auch wie das Licht eines Fanus aus dir heraus und nach außen strahlt. Habe ich da unrecht oder recht?«

»Du hast darin recht, daß der Islam seine Anhänger knechtet und verdüstert, während das Christentum die Religion der Freiheit und der Liebe ist. Jeder gläubige Christ handelt so, wie ich hier und gegen dich gehandelt habe. So, wie du mich beschreibst, sind alle wahren Christen; ich habe vor keinem etwas voraus. Und indem du dich und dein Inneres geschildert hast, hast du mit packender Treue den denkenden Moslem überhaupt gezeichnet. Hier Licht, dort Dunkel; hier Liebe, dort Bedrückung; hier Recht, dort Unrecht; hier Freiheit und dort Knechtschaft! Wenn dir wirklich ein Frühling aufgegangen ist, so wünsche ich von ganzem Herzen, daß er in dir weiter wirken möge!«

»O, Sihdi, hättest du doch Zeit, mich deinen Glauben kennen zu lehren!«

»Die habe ich leider nicht; aber sobald ich nach Bagdad komme, werde ich dir einen Teil unserer Heiligen Schrift, das Kitab el Ahd edsch Schedid, schicken. Sein Inhalt wird deinen Füßen eine Leuchte und dir ein Licht auf deinen Wegen sein.«

»Ich danke dir! Wie lange wirst du hier in Hilleh bleiben?«

»Vielleicht reiten wir schon heut, vielleicht erst morgen fort.«

»Wenn ihr bis morgen bleibt, so bitte ich dich herzlich, heut abend mein Gast zu sein. Ich bin zwar arm und kann dir gar nichts bieten, desto mehr aber kann ich von dir erhalten. Ich möchte mit dir über deinen Glauben, über die Religion der Liebe und des Lichtes sprechen. Willst du mir diese große, große Gunst erweisen?«

»Ja, gern, Ich werde, selbst wenn wir schon heut fort könnten, nun doch bis morgen bleiben, um dir diesen Wunsch, über den ich mich herzlich freue, zu erfüllen.«

»Du machst mich glücklich, Effendi. Das ist eine Wohlthat, welche Allah dir vergelten möge! Erlaube, daß ich dir die Hand dafür küsse!«

Er ergriff sie und zog sie so schnell an seine Lippen, daß ich es nicht verhindern konnte; dann wendete er sich seinen Leuten wieder zu, denen Halef soeben seine Anweisungen in Beziehung auf die beschlossene Bastonnade erteilte. Ich mochte nichts damit zu thun haben und ritt also fort.

Wie freute ich mich über Amuhd Mahuli! Der Heiland sagte nach dem großen Fischzuge zu Petrus: »Von nun an wirst du Menschen fangen!« Welch ein hohes und schweres Amt wurde diesem jünger da verliehen, und wie leicht ist es doch unter Umständen für jeden wahren Christen, auch seinerseits als jünger des himmlischen Meisters dieses herrlichen Amtes zu walten! Das Netz der Liebe auszubreiten ist ja Bedürfnis, nicht bloß Pflicht. Man braucht nur der Stimme des Herzens zu folgen; den Segen spendet Gott.

Diese Gedanken waren es, welche mich auf dem jetzigen Weg begleiteten. Als ich vielleicht eine Stunde geritten war, kam mir ein Reitertrupp entgegen. Es war der Pascha in Begleitung einiger Offiziere und des Boten, den wir ihm geschickt hatten. Als er mich erreichte, gab er mir die Hand, nickte mir lächelnd zu und sagte in deutscher Sprache:

»Sie haben Erfolg gehabt, wie ich höre. Ich bin natürlich sofort in den Sattel gestiegen, um Ihren Wunsch zu erfüllen.«

»Mehr Erfolg, als Excellenz wohl ahnen,« antwortete ich. »Nur darum durfte ich mir erlauben, um Ihre Gegenwart zu bitten.«

»Ich komme gern. Die Verhältnisse in Hilleh sind soweit vorgeschritten, daß ich mich für einige Stunden entfernen durfte. Ist alles glatt abgelaufen?«

»Wenn nicht glatt, so doch zu meiner vollsten Zufriedenheit. Wir haben die ganze Gesellschaft gefangen genommen.«

»Den Perser, den sie Säfir nennen, auch?«

»Ja.«

»Aber bei ihm vor allen Dingen kommt es darauf an, daß wir nicht bloß seine Person, sondern auch Beweise haben!«

»Mehr als genug!.«

»Vollgültige, unwiderlegliche?«

»So überzeugende, daß er schon die Bastonnade bekommen hat.«

»Sie haben ihn schlagen lassen? Wären nicht Sie es, so würde ich fragen, ob Sie das Recht dazu besitzen.«

»Da will ich gleich gestehen, daß man, als ich fort ritt, eben im Begriffe stand, die gefangenen fünfzehn Räuber auch zu bastonnieren.«

»Gleich fünfzehn Personen? Und ohne richterliche Befugnis oder Genehmigung? Lieber Freund, werden Sie das verantworten können?«

»Verantworten? Pah! Wir befinden uns nicht in Stambul oder gar in Wien, Berlin oder einer anderen westeuropäischen Residenz, sondern unter Räubern und Mördern, inmitten einer Bevölkerung, welche trotz Scheriat und Mülteka el buhur doch nur nach ihrer Gewohnheit handelt: Auge um Auge, Blut um Blut. Richterliche Befugnis oder Genehmigung? Wie es mit den hiesigen Richtern steht, das wissen Sie ebensogut wie ich. Ihre Anwesenheit gilt ja diesen schauderhaften Verhältnissen! Und ob ich es verantworten kann?« Ich schlug mit der Hand an meine Waffen und fuhr fort: »Hier steckt die Verantwortung. Wer sie haben will, der kann und soll sie bekommen! Wenn ich hier in einer ganzen Atmosphäre von Schandthaten und Verbrechen atme und mir einmal gute, reine Luft verschaffe, um nicht elend ersticken zu müssen, so sollen die Vertreter des Gesetzes, welche an der Verpestung dieser Atmosphäre die Schuld tragen, nur kommen und mich zur Verantwortung fordern. Ich werde sie so bedienen, daß sie mehr als genug haben!«

»Na, na, na, na!« machte er lachend. »Sie geraten ja ganz und gar ins Fäusteballen! Da wird mir angst und bange! Aber beruhigen Sie sich! Ich kenne Sie, und es ist mir nicht eingefallen, Sie nur im geringsten beleidigen oder kränken zu wollen. Was Sie gethan und angeordnet haben, das ist auf alle Fälle wohlgethan und hat ausgeführt zu werden. Ich wohne in der Residenz des Kalifen; darum werden Sie meine Erwähnung des Richters und der Verantwortlichkeit verzeihlich finden. Sind Sie nun versöhnt?«

»Es bedarf dieser Frage gar nicht. Nur habe ich in einem moralischen Schmutze waten müssen, der geradezu entsetzlich ist, und wenn ich ihn nicht als köstliches Material, sondern eben nur als Schmutz behandle, so ist das einfach mein Menschenrecht. Übrigens, da ich von ›köstlichem Material‹ spreche, will ich nicht versäumen, zu erwähnen, daß ich nicht bloß Schmutz gefunden, sondern eine Schatzkammer entdeckt habe, deren Wert vielleicht nach Hunderttausenden zu taxieren ist.«

»Eine Schatzkammer? Wie meinen Sie das?«

»Ich meine dieses Wort wörtlich, nämlich eine aus mehreren Räumen bestehende Schatzkammer, in welcher alle möglichen Arten von Schmuggelwaren aufgestapelt sind. Auch Geld, Geschmeide und Edelsteine giebt es da.«

»Was Sie sagen! Das wird die Niederlage, das Magazin der Pascher sein?«

»Nichts anderes.«

»Und Geld ist da? Wahrscheinlich das Betriebskapital?«

»Vermutlich.«

»Und das soll einen solchen Wert, einen so außerordentlichen hohen Wert besitzen?«

»Es soll nicht, sondern es hat ihn wirklich.«

»Dann haben Sie ja einen Fang gemacht und einen Fund gethan, der ohnegleichen ist! Wie haben Sie das angefangen? Wie ist es geschehen? Bitte, erzählen Sie doch einmal!«

Ich erstattete ihm einen ausführlichen Bericht, ohne aber dabei der geheimen Verbindung der Sillan und meiner zu ihr in Beziehung stehenden Erfahrungen, Schlüsse und Vorsätze Erwähnung zu thun. Ich hielt eine derartige Mitteilung nicht nur für unnötig, sondern sogar für unklug, weil ich nur dann Erfolge haben konnte, wenn es verschwiegen blieb, daß mir die Angelegenheiten der »Schatten« schon nicht mehr ein vollständiges Geheimnis waren. Dennoch wuchs seine Aufmerksamkeit von Minute zu Minute; er unterbrach mich sehr oft mit Ausdrücken des Staunens, der Verwunderung, bei der Entdeckung der elf Leichen dachte er sich so lebhaft in meine Situation, daß er selbst blaß wurde, und als ich schließlich erzählte, daß ich voller Empörung über dieses Abschlachten menschlicher Wesen sofort zurückgeeilt sei und den Befehl gegeben habe, die Mörder zu bastonnieren, rief er aus:

»Das war recht, Effendi, das war sehr, sehr recht; ich hätte dasselbe, ganz dasselbe gethan! Prügel mußten diese Hunde bekommen, ganz gewaltige Prügel, und zwar sofort! jetzt bitte ich Ihnen den ›Richten und die ›Verantwortung‹ in aller Form und herzlich ab, denn Sie haben da ganz und gar in meinem Sinne gehandelt, und wenn wir jetzt hinkommen und ich sehe, daß der Leib irgend eines dieser Schurken noch Platz für einen Hieb hat, so bekommt er ihn. Dieser Säfir ist ein wahrer Teufel; er hat auch den von ihm verführten Sandschaki auf dem Gewissen, und ich sage Ihnen, daß ich nicht etwa Rücksicht auf irgendwelche staatliche Abkommen nehmen und ihn als persischen Ausländer aus meinen Händen geben werde. Ich mache sehr kurzen Prozeß mit ihm. Er wird gehängt, gehängt, gehängt, und wenn er der Bruder des Schah-in-Schah oder meinetwegen dieser selber wäre! Solche Kreaturen sind aus der menschlichen Gesellschaft getreten und dürfen also nicht als Menschen, sondern müssen wie Bestien behandelt werden. Ich sehe ihn mit diesen meinen guten Augen, die sich niemals irren, schon am Stricke baumeln. Jetzt wollen wir uns beeilen, an Ort und Stelle zu kommen!«

Er gab seinem Pferde die Sporen, obgleich wir dadurch nur einige Minuten sparten, weil wir den Birs Nimrud schon vor uns ragen sahen.

Ich wollte ihn zunächst nach der Stelle führen, wo ich mit dem Kammerherrn eingestiegen war; er ging aber nicht darauf ein, sondern sagte:

»Zunächst und vor allen Dingen will ich den Säfir, die Ghasai und die Schmuggler sehen. Mich verlangt, mit ihnen ein Wort zu sprechen!«

Es lag auf seinem Gesichte der Ausdruck einer solchen Entschlossenheit, daß ich jetzt keinen Piaster für das Leben derer, die er genannt hatte, geboten hätte. Er kam mir vor wie ein verkörpertes und unerbittliches Fiat justitia.

Als der »frühere Kol Agasi und jetzige Bimbaschi« uns kommen sah, ließ er schnell Aufstellung nehmen. Der Pascha achtete kaum darauf; er winkte ab, sprang vom Pferde und trat zu dem Säfir, welcher nicht mehr krumm geschlossen war, sondern lang ausgestreckt an der Erde lag.

»Hund, hast du die Karwan-i-Pischkhidmät Baschi überfallen?« fragte er ihn.

Das Gesicht des Gefragten hatte ein so vertiertes Aussehen, daß ich mich nach dem ersten Blicke von ihm abwendete; ich hörte ihn wie einen wütenden Stier brüllen.

»Du selbst bist ein Hund; sei verflucht!«

Da befahl der Pascha dem Bimbaschi:

»Diese Antwort wird ihm bezahlt. Seine Füße haben, wie ich sehe, den Stock schon gekostet. Gebt ihm noch dreißig Hiebe, doch nicht als Bastonnade!«

Dann wendete er sich an den alten Ghasai:

»Hast du die Karwan-i-Pischkhidmät Baschi überfallen?«

»Nein!« lautete die Antwort.

»Noch zwanzig Hiebe!«

So fragte er einen Ghasai nach dem andern; so wurde ihm jedesmal mit einem »Nein« geantwortet, und so diktierte er jedesmal auch sein »noch zwanzig Hiebe!«

Hierauf richtete er an sämtliche Pascher die laute Frage:

»Habt ihr geschmuggelt?«

»Ja,« antworteten sie alle wie aus einem Munde. Sie zogen das offene Geständnis den Hieben vor, die sie fürchteten. Übrigens hatten sie ja keine so harte Strafe wie die Ghasai zu erwarten.

»Ist der Säfir euer Anführer?« fragte er weiter.

»Ja.«

»Habt ihr bestimmte Gesetze, denen ihr gehorchen müßt?«

»Ja.« »Dürft ihr mir diese Gesetze mitteilen?« »Nein.« »Was für eine Strafe würde auf diese Mitteilung folgen?« »Der Tod.«

»So hört, was ich euch sage! Euer Anführer ist gefangen und wird mit dem Tode bestraft; er ist also unschädlich für euch. Teilt ihr mir die Gesetze mit, so lege ich Fürbitte beim Richter für euch ein; verschweigt ihr sie mir aber, so bekommt jetzt jeder von euch fünfzig Hiebe und später die schärfste Strafe, die es giebt. Also antwortet! Wollt ihr mir die Gesetze sagen?«

»Ja«, riefen sie alle.

»Das ist euer Glück! Ich halte Wort. Und wenn ihr wirklich aufrichtig seid, habe ich auch noch eine gute Mitteilung für euch.«

Nun sagte er mir, daß er jetzt Zeit habe, sich von mir führen zu lassen. Es durfte uns niemand, als nur Halef allein begleiten. Als wir nach der Höhe stiegen, wir beide voran und der Pascha hintendrein, fragte mich der Hadschi, so, daß letzterer es nicht hörte:

»Hast du ihm alles gesagt, Sihdi?«

»Alles, was er wissen muß, sonst nichts. Sprich also nicht von den Sillan, von unsern Ringen und anderen Heimlichkeiten!«

»Werde mich hüten! Ich bin neugierig, ob er den Eingang entdecken wird.«

»Ich bin überzeugt davon, daß er die Stelle nicht herausfinden wird. Es gehören andere Augen dazu als die seinigen.«

Es zeigte sich bald, daß ich recht hatte. Als wir oben angekommen waren und ich jetzt dem General sagte, daß er ganz in der Nähe der jetzt allerdings verschlossenen Öffnung stehe, suchte er längere Zeit, doch ohne die Stelle zu finden. Er wurde schließlich ungeduldig und sagte:

»Der Mensch, welcher die Ziegel hier zusammengepaßt hat, ist im höchsten Grade sorgfältig verfahren. Ich entdecke nichts; du mußt mir den Ort zeigen.«

Er nannte mich jetzt du, weil er Halefs wegen arabisch sprach. Zur Entfernung des ersten Ziegels brauchte ich, um in die Ritzen fahren zu können, die Messerklinge; die andern konnte ich dann mit der Hand nehmen. Ich legte sie so nebeneinander, daß sie beim Zustellen des Loches nicht verwechselt werden konnten. Osman Pascha sah mit einem Interesse zu, welches sich verdoppelte, als ich fertig war und er, in den Gang blickend, die in demselben liegenden Gegenstände bemerkte.

Wir hatten natürlich Lichter mit heraufgenommen. Da diese dem Generale nicht genügten, trugen wir dann sämtliche in der Nische befindlichen Lampen hinunter in die Räume, wo wir sie anbrannten. Was machte der Offizier für Augen, als er diese Gemächer betrat und alles, was da lag, mit einem zunächst nur oberflächlichen Blicke überflogt Er kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Und dann erst, als wir die Sachen einzeln vornahmen!

»Du hast recht gehabt!« gestand er. »Hier liegt ein ganzes Vermögen aufgestapelt. Wer hätte das gedacht!«

»Einer hat es gewußt,« bemerkte ich.

»Wer?«

»Mein alter Bimbaschi in Bagdad, von dem ich dir erzählt habe.«

»Ja, richtig! Diesen Mann müssen wir sehr streng bestrafen.«

»Bestrafen? Warum?«

»Weil er über diese Niederlage keine Anzeige erstattet hat.«

»Er konnte nicht, weil er mit einem Eide gelobt hatte, zu schweigen. Er verdient vielmehr anstatt der Strafe eine möglichst hohe Belohnung, denn nur ihm haben wir die Entdeckung dieses Ortes zu verdanken. Das geringste, aber auch allergeringste, was wir für ihn thun können, und auch thun müssen, ist die Rückerstattung der Summe, die ihm der Säfir abgepreßt hat.«

»Wie hoch ist sie?«

»Das weiß ich nicht; er hat es mir nicht gesagt, und ich hielt es für taktlos, ihn zu fragen.«

»Also wirklich eine Belohnung anstatt der Strafe?«

»Ja. Ich werde, freilich ohne ihn um die Erlaubnis dazu bitten zu können, dir von seiner hochinteressanten, und aber unglücklichen Vergangenheit erzählen; dann wirst du mein Interesse und meine Fürbitte für ihn begreifen. Er war auch Christ und ist Offizier des Padischah geworden, weil –--«

»Gut, gut für jetzt,« unterbrach er mich, weil er die von mir beabsichtigte Parallele heraushörte. »Du wirst mir nachher von ihm ausführlich berichten; für jetzt genügt es mir vollständig, daß du dich für ihn verwendest. Du schiebst ihm das Verdienst der Entdeckung dieses Ortes zu, bist aber selbst der Mann, dem wir sie zu verdanken haben. Ich werde also deine Freundschaft und deine Bemühung für ihn so berücksichtigen, wie du es wünschest und ja auch verdienst. Zur Zurückerstattung seines Verlustes brauchen wir aber Geld. Sagtest du nicht, daß auch welches vorhanden sei?«

»Ja, dort in der Truhe. Bitte, komm!«

Ich hatte den Schlüssel und öffnete sie. Das war der Augenblick, an welchem sein Staunen den Höhepunkt erreichte. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er den Inhalt des alten Kastens mit Ruhe betrachten und untersuchen konnte. Er zählte zunächst das Geld. Es war eine sehr, sehr hohe Summe. Dann machte er sich über die Schmucksachen und Steine.

»Ich kann mich wirklich nicht genug wundern!« rief er aus. »Dieser Säfir muß vollständig überzeugt gewesen sein, daß eine Entdeckung dieses Ortes ganz unmöglich sei. Ich habe wirklich keine Ahnung davon gehabt, daß der Schmuggel in diesem Umfange betrieben wird und ein so erstaunlich einträgliches Geschäft ist. Ich möchte wissen, ob der Kerl hier sein ganzes Vermögen angelegt hat, oder ob es wohl noch mehr solche Niederlagen giebt!«

»Vielleicht ist von den gefangenen Paschern etwas darüber zu erfahren. Ich glaube nicht, daß der Säfir der einzige Unternehmer, der Chef dieses Geschäftes ist. Der Bete, den er gestern oder vielmehr heut nacht zum Sandschaki sandte, ist sehr wahrscheinlich auch beteiligt. Vielleicht ist eine ganze Gesellschaft von Geld- und nicht niedrig stehenden Leuten die Unternehmerin. Ich habe so meine Gedanken.«

»Die du mir mitteilen wirst; ich bitte dich darum. Wie gut, daß kein anderer als ihr diesen Ort gefunden hat! Er hätte nichts davon gesagt. Es ist eine fast unwiderstehliche Versuchung, diese Sachen zu sehen, ohne sie sich anzueignen!«

»Für uns nicht,« fiel Halef ein. »Ich erlaubte mir nur die ganz kurze Bemerkung, wie Hanneh, das Glück meines Lebens und die herrlichste Rose unter allen Blüten des Blumenreiches, sich über das Armband, welches dort neben deiner rechten Hand liegt, freuen würde; da aber hättest du meinen Effendi hören sollen!«

»Welches Armband? Dieses hier?« fragte der Pascha, indem er danach griff.

»Ja.«

»Hanneh heißt die Gebieterin deines Harems?«

»Ja. Sie ist die Wonne meiner Augen, die Seele meines Körpers, die Sonne meiner Tage –--«

Er fuhr noch eine ganze Weile fort, dem Pascha in den poetischesten Ausdrücken klar zu machen, daß Hanneh die vorzüglichste aller Frauen und absolut unvergleichlich sei. Da hielt Osman Pascha ihm das Armband hin und sagte:

»Hier; es ist dein Eigentum, lieber Hadschi. Nimm es ihr mit, damit der Glanz ihrer Augen sich daran ergötze. Bring keinen Einwand vor! Ich versichere dir, daß ich es dir geben darf! Alles, was sich hier befindet, gehört dem Padischah, dessen Vertreter ich bin; ich kann verfügen, wie es mir beliebt. Ihr kennt ja die Verhältnisse. Der Weg nach Stambul ist weit, und was ich hier an einen, der es verdient, verschenke, braucht nicht unterwegs in die Hände ganz unbeteiligter Personen zu verschwinden.«

Er hatte recht. Halef genierte sich auch gar nicht; er steckte vielmehr das Armband sehr schnell in die Tasche und machte dann diese allzu rasche Bereitwilligkeit durch die glühendsten Dankesäußerungen wieder gut. Der Pascha forderte mich auf, mir auch ein Andenken auszuwählen; ich that es aber nicht. Daß ich das Doppelbild genommen hatte, verschwieg ich, da ich sonst meine Gründe hätte angeben müssen. Ich hielt es nicht für das jetzige Eigentum des Padischah, sondern für einstweilen herrenloses Gut. Es lag wie eine Ahnung in mir, daß es im Verlaufe meiner Reise mir Nutzen bringen werde. Es stellte einen Bekannten von mir dar, den ich in Persien zu treffen hoffte, und so fiel es mir gar nicht ein, die stille Aneignung des Porträts für einen Diebstahl zu halten.

Nun machte ich den Pascha auch auf die Buchführung aufmerksam. Er sprach seine Verwunderung über das Vorhandensein derselben aus und blätterte aufmerksam darin. Sie reichte, wie bereits erwähnt, eine Reihe von Jahren zurück. Da hielt er plötzlich inne, sah schärfer auf die Seite, die er grad aufgeschlagen hatte, und fragte mich nach dem Namen des Bagdader Bimbaschi; als ich ihn genannt hatte, sagte er.-

»Es ist wirklich, als ob ich daran gemahnt werden sollte, ihm seinen Verlust zurückzuerstatten. Da steht das Datum, sein Name und auch die Summe. Diese Buchführung ist eigentlich eine ungeheure Frechheit des Säfir! Fünftausend persische Tuman ist der hier verzeichnete Betrag. Was thue ich?«

»Willst du mich anhören, Hazretim?«

»Ja, wenn es nicht zu lange dauert.«

»Ich werde mich kurz fassen, halte es aber für geboten, dir jetzt mitzuteilen, was ich dir von ihm zu sagen habe.«

Ich gab ihm einen Auszug dessen, was der alte Bimbaschi uns an jenem Abende auf seinem Dache erzählt hatte, und bemühte mich dabei, den Pascha so günstig wie möglich für ihn zu stimmen. Es gelang mir auch ganz gut, diesen meinen Zweck zu erreichen, denn als ich mit meiner Darstellung fertig war, nickte Osman Pascha mir freundlich zu und sprach:

»Das ist wieder einmal ganz Kara Ben Nemsi! Du hast mich tief gerührt. Dein alter, braver Freund soll nicht nur zurückerhalten, was ihm abgepreßt worden ist, sondern ich werde auch in anderer Beziehung an ihn denken und mit dem Pascha von Bagdad über ihn verhandeln. Die Summe ist vorhanden; ich würde sie dir sofort geben; aber das Gold ist schwer; du kannst dich doch wohl nicht damit schleppen?«

Da antwortete Halef rasch:

»Schleppen? Warum nicht? Wir haben ja Pferde. Und wenn du uns den ganzen Kasten giebst, wir nehmen ihn mit; versuche es nur! Da liegt Leinwand genug herum, in welche wir es wickeln können. Ich mache sofort das Paket!«

Um mich kurz zu fassen, in wenigen Minuten waren die fünftausend Tuman abgezählt und eingepackt, und der General, dem der Eifer Halefs Spaß machte, forderte mich auf, es ihm nur getrost mitzuteilen, wenn es sich herausstellen Sollte, daß die Summe eine andere als die im Buche eingetragene sei. Dann fuhr er fort:

»Ich werde natürlich hier alles ausräumen und schon heut damit beginnen lassen. Dann machen wir den Platz mit Hilfe einer Pulversprengung unzugänglich, damit es für solche nächtliche Vögel nicht möglich ist, sich wieder einzunisten. Die Schmugglerbande werde ich auch sprengen, nicht mit Pulver, das heißt durch Strenge, sondern durch Güte, die zugleich eine Klugheit ist, wie du nachher hören wirst. Auch das Loch, durch welches ihr gekrochen seid, muß verschüttet werden. Jetzt aber wollen wir wieder an das Tageslicht gehen! Ich muß da reine Arbeit machen. Du hast mir die Norm dazu gegeben: Blut um Blut!«

Ob er mit diesen Worten meine Ansicht ausgesprochen hatte, das ging mich jetzt nichts an. Ich hatte ihm nun alles übergeben und trat mit großer Befriedigung von der Führung der ganzen Angelegenheit zurück. Was nun zu geschehen hatte, das war nicht meine, sondern seine Sache. Meine und Halefs Arbeit war vollbracht.

Als wir wieder unten am Lager ankamen, meldete der Bimbaschi, daß die befohlenen Hiebe verabreicht worden seien. Es hätte dieser Meldung gar nicht bedurft, denn das Auge hatte uns schon gesagt, daß es geschehen war.

Nun wurden zunächst die Leichen der elf Perser aus dem verschütteten Kanal geschafft und herbeigebracht. Ihr Anblick war hier am Lichte des Tages ein fast noch gräßlicherer als unten im dunkeln Kanale. Im strengen, unbeweglichen Gesicht des Pascha stand ein unerschütterlicher Entschluß geschrieben. Er trat zum Säfir und fragte ihn wie schon einmal:

»Hast du die Karwan-i-Pischkhidmät Baschi überfallen?«

»Nein!« fauchte wie ein grimmiges Raubtier der Gefragte.

»Gut! Da du nicht gestehst, so wirst du heut noch aufgehängt!«

»Ich bin Perser! Vergiß das nicht!«

»Ein Mörder bist du, also wirst du gehängt!«

Hierauf richtete er dieselbe Frage auch wieder an die Ghasai. Sie waren durch die Hiebe nicht mürbe geworden und antworteten verneinend.

»So werdet auch ihr gehängt!« bestimmte er. »Ich werde die Mehkeme über euch zusammenrufen.«

»Das wag' ja nicht!« erwiderte der alte Geselle. »Wir sind freie Beduinen und müssen nach unsern eigenen Gesetzen behandelt werden!«

»Das ist mir recht. Euch geschehe, wie ihr wollt! Wie lautet euer Gesetz in Beziehung auf den Mord?«

»Blut um Blut, Leben um Leben. Aber wir sind keine Mörder!«

»Was ihr seid, das weiß ich ganz genau; ihr mögt gestehen oder nicht! Blut um Blut! Ihr werdet also erschossen, nicht gehängt!«

»Darüber lachen wir! Unser Stamm würde uns rächen; den fürchtest du!«

»Vor Schurken ist mir nie bange. Und wenn ihr lachen wollt, so lacht bald! In kurzer Zeit ist es dazu zu spät! Bimbaschi, ist ein Muballir unter deinen Leuten?«

»Ja,« antwortete der Gefragte.

»So kann es rasch gehen, und ich brauch nicht erst nach der Stadt zu schicken. Er mag vortreten! Ich gebe diesen blutigen Ghasai-Hunden, obgleich sie es nicht wert sind, eine Viertelstunde Zeit, sich auf den Tod des Erschießens vorzubereiten. Nun mögen sie lachen oder beten; die Wahl steht ihnen frei!«

Nach diesen Worten nahm sein Gesicht einen freundlichern Ausdruck an. Er winkte mir, mit ihm zu kommen, ging zu den abseits liegenden Schmugglern und sprach sie mit gedämpfter Stimme an:

»Ihr habt euch schwer, sehr schwer vergangen und müßtet eigentlich für lange Zeit im Gefängnisse stecken; aber ihr seid wenigstens keine Mörder und habt ein offenes Geständnis abgelegt. Darum will ich milde mit euch verfahren und euch folgendes mitteilen: Es muß gegen den Schmuggel so vorgegangen werden, wie der Padischah es befohlen hat; dazu ist erforderlich, daß jeder Kumrukdschi die Schliche der Schmuggler so genau kennt, wie ihr sie kennt. Ich habe darum die Absicht, jedem von euch die Strafe zu erlassen und ihn zum Kumrukdschi zu machen, wenn ihr darauf eingeht, mir alles, was ihr wißt, mitzuteilen. Doch mache ich euch darauf aufmerksam, daß die Strafe, welche ihn jetzt treffen würde, für jeden von euch, der als Beamter bei einer Unredlichkeit betroffen wird, sofort und in doppelter Höhe anzutreten ist. Sie wird also nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben; dem Ehrlichen ist sie geschenkt, der Unehrliche aber hat sie doppelt zu erleiden. Wer einverstanden ist, der sag ja!«

Ein so frohes ja, wie jetzt einstimmig erschallte, hatte ich wohl selten gehört. Der Pascha nickte, nahm mich am Arm mit fort und fragte:

»Werden Sie über diese Art und Weise, die Kerls zu bestrafen, jetzt lachen?«

»Nein. Ich bin überzeugt, daß Sie zwar gegen die Vorschriften des Gesetzes, aber doch sehr klug gehandelt haben.«

»Das genügt. Es wird meinem Gewissen nicht schwer werden, sich mit dem Gesetze abzufinden. Sie haben ja selbst gesagt, daß wir hier nicht in Stambul oder Paris sind. Andre Gegend, andre Menschen, andre Behandlung derselben! Darum, grad darum werden die Ghasai ohne alle vorherige, gerichtliche Verhandlung nach der von mir angegebenen kurzen Frist erschossen. Wollen Sie Zeuge dieser Exekution sein?«

»Ich bitte, mich zu beurlauben. Wir kamen hierher, um einige Orte, welche wir früher kennen lernten, zu besuchen, und haben bis jetzt keine Zeit dazu gehabt. Heut abend möchten wir wieder in Hilleh sein, und so wird es jetzt Zeit für uns, diesen Ritt zu unternehmen.«

Halef hätte der Erschießung der Mörder wohl gern beigewohnt, fügte sich mir aber doch. Wir ritten nach der Straße von Kerbela und dann auf derselben langsam weiter, um uns in die Erinnerung an den damaligen, für uns so schicksalsschweren Tag zu versenken. An derselben Stelle, wo wir damals Kehrt gemacht hatten, kehrten wir auch jetzt wieder um und verfolgten überhaupt ganz genau denselben Weg, den wir an jenem Tage geritten waren, ich mit der Pest im Leibe. So kamen wir auch an den Ort, an welchem wir die Leichen der uns so teuren Ermordeten gefunden hatten, und blieben längere Zeit da halten.

Hierauf nahmen wir wieder die Richtung nach dem Turm, doch nicht direkt, sondern wir umritten ihn an seiner südlichen Seite und kamen grad zur Zeit der größten Tageshitze an das kleine Wasser, dessen Rand längere Zeit unser Krankenlager gewesen war, da die Pest nach mir auch Halef gepackt hatte. Weil es hier ein, wenn auch spärliches Grün gab, stiegen wir ab, um die Pferde fressen zu lassen, und unterhielten uns über die traurigen Tage, welche wir hier verlebt hatten. Dann ritten wir nach der Ruinenstelle, an welcher den Toten von uns die letzte irdische Ruhestätte bereitet worden warSiehe Karl May »Von Bagdad nach Stambul« Seite 290. Daß mein kleiner, lebhafter Halef während dieses Rittes und an diesen Erinnerungsstellen seine Gefühle in den vielfältigsten Farben und Redewendungen ausmalte und sich für unsere jetzige Reise in den kühnsten Hoffnungen erging, brauche ich wohl kaum zu sagen. Als wir dann zur heutigen Lagerstätte zurückkehrten, erfuhren wir, daß der Pascha sich mit den Offizieren im Innern des Birs befinde, um ein Verzeichnis der dortigen Gegenstände, welche fortgeschafft werden sollten, aufzunehmen. Er hatte nach der Stadt um Lastkamele und auch Soldaten geschickt, letztere zur Ablösung Amuhd Mahulis und seiner Mannschaften; sie sollten alles zum Begräbnisse der Perser und ihrer Mörder, welche während unserer Abwesenheit erschossen worden waren, Erforderliche mitbringen. Der Säfir lag still und zusammengekrümmt auf seinem Platze; ich kümmerte mich nicht um ihn. Der Pischkhidmät Baschi fragte mich, wie es mit seinem Eigentume stehe, welches er zurückverlange; ich wies ihn kurz angebunden an den General. Was die Schmuggler betrifft, so waren sie von ihren Fesseln befreit worden und arbeiteten mit Eifer daran, die Waren, welche sie während ihrer nächtlichen Züge mit herbeigebracht hatten, aus der unterirdischen Niederlage herauszuschaffen.

Der Bimbaschi teilte mir mit, daß die Ablösung bald eintreffen und er dann nach Hilleh zurückkehren werde; ich versprach, mich ihm anzuschließen und dann bis morgen früh sein Gast zu sein. Wir hatten das Geldpaket mit den fünftausend Tuman oben im Raume Nummer Drei gelassen, weil es dort sicher lag, und gingen nun hinauf, es zu holen. Es ging dort sehr lebhaft zu. Als der Pascha erfuhr, daß ich bald nach der Stadt wolle, lud er mich ein, mit im ›Regierungspalais‹ zu wohnen, was ich ihm aber infolge meines dem Bimbaschi gegebenen Wortes abschlagen mußte. Um meine Befürchtung zu zerstreuen, erklärte er mir, daß ihn dies nicht beleidige; bei seiner Überhäufung mit Arbeit hätte er sich mir doch nicht während des Abends widmen können. Bei dieser Gelegenheit holte ich nach, was ich bisher vergessen hatte. Ich gestand ihm, daß ich, um die Aufmerksamkeit der Soldaten zu verschärfen, damit uns niemand entkommen möge, jedem hundert, den Unteroffizieren aber zweihundert Piaster versprochen hätte. Er lobte das und zählte mir von dem vorhandenen Silbergelde den Betrag sofort zusammen. Durch diese Bereitwilligkeit kühn gemacht, trug ich ihm nun auch vor, wie lange Zeit der arme Bimbaschi keinen Sold erhalten habe. Er antwortete mir mit der scherzhaft klingen sollenden, aber ernst gemeinten Bemerkung:

»Sie scheinen den Segen des babylonischen Turmes auf alle Welt ausgießen zu wollen. Halten Sie ein damit, denn die Quelle, die Sie hier geöffnet haben, könnte sonst versiegen! Geben Sie ihm dieses hier, als Anerkennung, nicht als rückständige Gage, für deren Auszahlung ich morgen sorgen werde!«

Er gab mir eine große Handvoll Goldstücke aus der Truhe. Ich bedankte mich herzlich und verabschiedete mich für heute von ihm. Halef trug das schwere Paket mit dem Gelde unsers alten Bagdader Gastfreundes mit großem Stolze vom Birs Nimrud herab.

Wie freute sich Amuhd Mahuli über die goldenen Tumans, die ich ihm brachte! Und als ich dann mit der Austeilung der versprochenen Prämien begann, war auch der Jubel seiner Leute groß!

Kurze Zeit später kam die Ablösung, worauf wir mit unseren Kavalleristen »die alte Babel« verließen, die es auch dieses Mal mit uns so schlimm gemeint hatte. Der Kammerherr blieb da, um sich wegen seiner Forderung an den Pascha zu halten. Mir war das lieb, denn ich mochte von diesem Menschen nichts mehr wissen.

Unser nächtlicher Ritt nach dem Birs, der Zweck und auch der Erfolg desselben, hatte sich in der Stadt herumgesprochen; wir wurden also, als wir ankamen, von einer zahlreichen Menschenmenge förmlich angestaunt, doch nicht etwa mit Hurra empfangen. Daß ein verfluchter Christ, der erst vor der Mehkeme angeklagt und ihr entflohen war, solche Erfolge errungen hatte, das hatte keinesfalls den Beifall dieser Schiiten, zumal jedenfalls viele von ihnen zu den heimlichen Verbündeten der Pascher gehörten. Ich sah die meisten Augen nicht freundlich, sondern finster auf mir ruhen.

Der Bimbaschi bewohnte ein altes, kleines Häuschen, in dessen Hofe wir die Pferde unterbrachten. Das Gastzimmer, welches er uns bieten konnte, war eigentlich nur ein Winkel, und doch fühlten wir uns außerordentlich wohl bei ihm, weil wir nicht in diesem Winkel, sondern in seinem Herzen wohnten. Er war wegen der gehässigen Bevölkerung so vorsichtig, für den Abend und die ganze Nacht einen Posten auszustellen, und wir hatten Glück, nicht nur sein Haus, sondern auch seinen ›Harem‹ kennen zu lernen, Frau und Kinder, einfache aber gute Menschen, denen die jetzige Verbesserung ihrer Verhältnisse gern zu gönnen war.

Wir verlebten zusammen einen Abend, den ich mit vollstem Rechte einen Bibelabend nennen möchte, und ich bin überzeugt, daß die auf ein so empfängliches und fruchtbares Land gestreuten Samen aufgegangen sind. Als wir uns früh von dem dürftigen Lager erhoben, war der Hausherr schon beim Pascha gewesen, um von diesem zu erfahren, daß er nach Bagdad zu reiten habe, um dem dortigen Pascha einen sich auf die gestrigen Vorkommnisse beziehenden schriftlichen Bericht zu überbringen, dem er den mündlichen hinzufügen könne. Hierbei hatte es der General natürlich auch auf eine freundliche Überraschung für mich abgesehen, denn es freute mich ungemein, den Bimbaschi als Begleiter zu haben.

Vor dem Aufbruche verfügte ich mich selbstverständlich nach dem »Regierungspalast«, um mich von Osman Pascha zu verabschieden und ihm meinen Dank zu sagen. Er hoffte, mich auf dem Rückwege nach Persien in Stambul bei sich zu sehen, und teilte mir alles mit, was er gestern noch von den auf Bedingung begnadigten Paschern erfahren hatte. Es war für ihn viel, für mich aber nichts, was mir in Beziehung auf die Sillan und auf die »Rose von Schiras« hätte aufklärend oder sonstwie dienlich sein können.

Unsern Ritt nach Bagdad kann ich übergehen; er brachte uns nichts Interessantes. Aber als wir uns von Amuhd Mahuli, der zunächst zum Pascha mußte, getrennt hatten und dann an unserer gastlichen Pforte hielten und die schlürfenden Pantoffelschritte des alten Bimbaschi jenseits derselben hörten, sagte Halef.

»Jetzt gehen die Überraschungen los! Laß du mich sprechen, mich, mich, mich, du aber schweig, Sihdi! Ich bitte dich herzlich, ganz herzlich darum!«

Die spitze Nase und das alte, fahle, aber liebe Gesicht erschienen.

»Wir sind es, wir!« meldete der Hadschi.

Ein mir unverständlicher, polnischer Ausdruck der Freude kam zwischen den dünnen, blutleeren Lippen hervor; dann wurde das Thor geöffnet. Halef ritt sofort und direkt bis an die Hausthür, stieg dort ab, band das Geldpaket vom Sattel los und rief:

»Kommt in das Zimmer! Eher wird kein Wort gesprochen!«

Er ging in das Wohnzimmer des Bimbaschi; dieser folgte ihm, ohne etwas zu sagen. Kaum waren wir eingetreten, so pustete es hinter uns wie aus der Lunge eines Menschen, der zwei Stunden lang Galopp gelaufen ist; dieses Pusten war auch ganz selbstverständlich, denn der dicke Kepek kam. Da fragte Halef den Bimbaschi:

»Kannst du dich noch auf alles besinnen, was wir gesprochen haben?«

»Ja,« nickte dieser.

»Ich habe dir gesagt, daß ich niemals ohne Peitsche in den Birs Nimrud steigen würde. Auch habe ich gesagt, ich wünschte, wir würden einmal von dem Säfir in den Birs gesperrt; da würdest du bald sehen, wie schnell wir uns freimachen und dafür diesen Halunken fangen würden. Kannst du dich darauf besinnen?«

»Ja.«

»Wie hoch war die Summe, welche der Säfir dir damals abgepreßt hat?«

»Grad zweimalhunderttausend Piaster,« antwortete der Alte, der sich noch immer nicht in das vor Freude strahlende Gesicht des Hadschi finden konnte.

»Sind das fünftausend persische Tumans?«

»Ja, wahrscheinlich!«

»Nun, so höre, wir waren die Gefangenen des Säfir –-Ich habe meine Peitsche mit in den Turm genommen –-Wir haben uns frei gemacht – –! Der Säfir wurde von uns gefangen, gebunden und geprügelt – –! Und hier sind deine zweimalhunderttausend Piaster – –! Der Säfir hat sie wieder hergeben müssen und wird aufgehängt – –! So, das ist es, was ich dir zunächst sagen will. Wir sind wieder da und bringen dir deinen Schwur, zu schweigen und Bagdad niemals zu verlassen, auch zurück; er gilt nicht mehr, denn die Bande ist aufgelöst und kann dir nichts mehr schaden!«

Da that es hinter mir einen großen, quatschig klingenden Plumps. Ich drehte mich um, und sah den dicken Diener, mit Händen und Füßen wie eine umgestürzte Schildkröte zappelnd, am Boden liegen. Er war vor freudigem Schreck umgefallen. Ich hob ihn auf, wozu ich alle meine Kräfte nötig hatte. Kaum war er wieder auf, so schwappte er zu Halef hin, riß ihm das Paket aus der Hand und watschelte, ohne ein einziges Wort zu sagen, in größter Eile damit zur Thür hinaus. Der fette Praktikus wollte zunächst und vor allen Dingen den Nervus rerum gerendarum in Sicherheit bringen, worin er auch von niemandem, nicht einmal von seinem Herrn, gehindert wurde.

Dieser stand wie eine Bildsäule vor uns. Die Augen weit offen, sah er bald mich, bald Halef an.

»Ihr – – ihr seid also in – – – in – –?« fragte er endlich, doch ohne den Satz vollständig hervorzubringen.

»Ja,« bestätigte ich. »Es ist alles so, wie Halef sagte. Du hast dein Geld wieder, und der Säfir ist für immer unschädlich gemacht.«

Da sank er auf die Kniee nieder, faltete die Hände und betete so laut und inbrünstig, daß uns die Thränen in die Augen traten. Er dankte Gott für die unerwartete Errettung von der immerwährenden Pein, die ihm der abgezwungene Schwur bereitet hatte. Als er diesem ersten und mächtigsten Triebe seines Herzens nachgekommen war, stand er wieder auf und fragte, nein, er wollte fragen, kam aber nicht dazu, denn die Thür wurde aufgemacht, Kepek steckte den Kopf herein und sagte: »Das Geld war sehr schwer; ich habe es versteckt, sehr gut versteckt.«

»Wohin?« fragte sein Herr.

»In die Küche. Da habe ich es unter das Bahar versteckt, wo kein Spitzbube es sucht und findet. Gieb mir fünfzig Piaster, Herr!«

»Fünfzig Piaster? Welche Summe! Die habe ich heut nicht! Wozu brauchst du sie?«

»Ich muß Kaffee holen und Tabak, auch Fleisch, Mehl und viele andere Sachen.«

»Allah w'Allah! Schon wieder? Du bist doch erst gestern einkaufen gewesen! Da gingst du nach dem Mittagessen fort und kamst erst abends wieder, als es dunkel geworden war!«

»O Effendi, o Emir, willst du mich schon wieder mit so ganz unbegründeten Vorwürfen kränken? Es giebt wohl keinen einzigen Sajis hier in der Stadt, der so schnell rennt, wie ich zu hetzen pflege. Da geht der Atem verloren; die Beine zittern vor innerer Aufregung, und das angegriffene Herz verlangt nach einem Sitze der Erholung und der Ruhe.«

»Und des Plauderns; das ist die Hauptsache!«

»Betrübe doch dieses müde Herz nicht schon wieder. Ich pflege so stumm im Kaffeehause zu sitzen wie ein Verstorbener im Grabe. Gestern habe ich für dich und für mich eingekauft; du weißt, für uns genügen die gewöhnlichen Sorten; wenn man aber teure Gäste bei sich hat, so werden auch die Einkäufe teurer! Dir das zu erklären, sollte doch wenigstens in ihrer Gegenwart nicht nötig sein! Wir haben ihre glückliche Wiederkehr zu feiern; darum muß ich fünfzig Piaster ausgeben, weniger nicht.«

»Die habe ich aber heut nicht!«

»O Unglück meines Lebens; o Reichtum meiner Sorgen! Was wird der Kahwedschi sagen, wenn ich mit leeren Händen zu ihm komme! Meine Ehre ist hin, und das Vertrauen aller meiner Nebenmenschen geht mir verloren!«

»Warum?«

»Weil ich ihm zwanzig Piaster schuldig bin, die ich von ihm geliehen habe, weil ich einen neuen, irdenen Topf brauchte, zu dessen Ankauf mein Vermögen nicht mehr reichte.«

»Kostet denn ein irdener Topf zwanzig Piaster?«

»Nein. Ich habe fünfzig Para dafür gegeben; aber er zerbrach mir unterwegs; da mußte ich einen zweiten kaufen, den mir ein vorbeigaloppierender Esel aus der Hand riß und zerschmetterte. Ich kaufte einen dritten und ging in das Kaffeehaus, um diese Aufregung zu vergessen. Beim Niedersetzen kam ich auf den Topf, und bei dem Gewichte meines Körpers wirst du einsehen, daß er da in Scherben ging, welche außerordentlich schmerzlich für mich waren, sodaß ich einstweilen nicht wieder aufstehen konnte, sondern sitzen bleiben mußte, um über die Rücksichtslosigkeit der Trümmer dieses unglücklichen Topfes eifrig nachzudenken. Da that mir mein Freund, der Kahwedschi, den Gefallen, selbst zu gehen, um einen vierten einzuhandeln; dieser war größer und kostete siebzig Para. Die versammelten Freunde und Bekannten erbarmten sich meines Unglückes und machten mir den mildthätigen Vorschlag, auf die unerschütterliche Haltbarkeit dieses vierten Topfes einen Kaffee und eine Limonade zu trinken, worauf ich dankbar eingegangen bin. Aus einem Kaffee und einer Limonade wurden bei dem großen und aufrichtigen Mitgefühle dieser guten Leute mehrere, und so wirst du als einsichtsvoller Mann es für ganz selbstverständlich halten, daß ich dem Kahwedschi zwanzig Piaster schuldig geworden bin, welche ich ihm baldigst geben muß, wenn meine und auch deine Ehre nicht für alle Zeit abhanden kommen soll.«

Ich hätte über diese interessante Topfgeschichte gerne laut aufgelacht, unterdrückte aber meine Heiterkeit, als ich die betrübte Miene sah, mit welcher der Bimbaschi seufzte:

»Zwanzig Piaster für drei zerbrochene und einen ganzen Topf! Was kann es denn einem Topfe nützen, wenn man auf seine Unzerbrechlichkeit auf meine Rechnung Kaffee und Limonade trinkt! Onbaschi, ich bin gar nicht mehr mit dir zufrieden! Und nun soll ich dir fünfzig Piaster geben, die ich gar nicht besitze! Was ist da zu thun?«

»Du hast sie ja!«

»Wo denn?«

»In der Küche, unter dem Gewürz! Da liegt jetzt mehr, viel mehr; da stecken jetzt volle zweimalhunderttausend Piaster! Ich hoffe, daß du das nicht schon vergessen hast!«

»Dieses Geld wird nicht angegriffen!«

»So erweise mir die Güte, nachzusuchen, ob du nicht irgendwo einige Piaster liegen hast, welche sich aus der Öffentlichkeit deines Gedächtnisses zurückgezogen haben!«

Der wichtige und würdevolle Ernst, mit welchem diese Angelegenheit verhandelt wurde, war zum Platzen. Auch Halef gab sich alle Mühe, nicht zu lachen; er blinzelte mich fragend an, und als ich zustimmend nickte, sagte er zum Bimbaschi:

»Ich habe während des ganzen Tages im Sattel gesessen, und so ist es für mich eine wahre Wohlthat, eine Strecke gehen zu können. Wenn du es erlaubst, so begebe ich mich sogleich in die Stadt, um einzukaufen, was der Onbaschi braucht.«

Da fiel der Dicke, ohne abzuwarten, was sein Herr sagen werde, schnell und eifrig ein:

»Ja, das erlauben wir; wir erlauben es sogar sehr gern! Du wirst gehen und bezahlen, und ich gehe mit!«

»Nein, du bleibst,« entgegnete Hadschi. »Nähme ich dich mit, so würden wir vielleicht erst morgen wieder kommen; ich würde an dir festgebunden sein, wie ein kleines, schnelles Vöglein an einer langsamen Riesenschnecke.«

»Aber mein Kahwedschi muß bezahlt werden, und du kennst ihn nicht und weißt nicht, wo er wohnt!«

»Der kann warten!« bestimmte der Bimbaschi. »Dich treiben nicht die zwanzig Piaster, welche du ihm schuldest, zu ihm.«

»Was sonst, Effendi?« fragte der Dicke mit der unschuldigsten Miene.

»Du willst erzählen; du willst von den zweimalhunderttausend Piastern sprechen; du willst, um die Größe deiner Klugheit und Vorsicht zu beweisen, sogar sagen, wo sie stecken. Ich kenne dich!«

»Welch eine fürchterliche Beschuldigung! Wenn du es wünschest, werde ich weniger, viel weniger sagen. Ist es dir recht, daß ich bloß von hundertfünfzigtausend spreche oder gar von hunderttausend? Ich will ja gern bescheiden sein!«

»Du wirst gar nicht von diesem Gelde sprechen; Hadschi Halef Omar geht allein!«

»Das sagst du so bestimmt! Ist's ein Kommando, dem ich gehorchen muß?«

»Ja.«

Da watschelte der Onbaschi nach der Wand, legte beide Hände an, ließ sich in der schon beschriebenen Weise mühevoll in die sitzende Stellung niedergleiten und seufzte dann:

»So setze ich mich und stehe gar nicht wieder auf. Wenn er die Sachen holt, ohne mich mitzunehmen, mag er sie auch braten und kochen ohne mich! Ich muß mich fügen, weil ich dazu gezwungen werde. Da sitze ich! Nun bin ich aber sehr gespannt darauf, zu erfahren, was ihr während eurer Abwesenheit erlebt habt, und bitte dich, Hadschi Kara Ben Nemsi Effendi, es uns jetzt zu erzählen!«

Da fiel Halef schnell und energisch ein:

»Nein, nein! Effendi, versprich mir, zu schweigen und kein Wort zu sagen, bis ich wiederkomme! Du weißt, daß nur ich die Gabe der Rede und den Beruf der entzückenden Erzählung habe. Du würdest mich um einen der schönsten aller irdischen Genüsse bringen, wenn du mir das Recht entzögest, der einzige oder doch wenigstens der erste zu sein, der von den Ereignissen am Birs Nimrud sprechen darf. Ich bitte dich also dringend, zu warten, bis ich wiederkomme! Willst du, lieber Sihdi?«

»Ja,« antwortete ich.

»Du wirst kein Wort, aber ja kein einziges, sagen?«

»Ich will dir die Freude nicht verderben; aber wenn du jetzt in der Stadt herumlaufen und dich dann lange in der Küche beschäftigen mußt, wird die Geduld des Bimbaschi zu sehr auf die Probe gestellt.«

»Ich werde eilen; ja, ich werde förmlich springen. Zu braten oder zu kochen, fällt mir gar nicht ein, sondern ich werde nur solche Speisen kaufen, die wir gleich so, wie ich sie bringe, essen können. Du wirst also warten und schweigen?«

»Eine halbe Stunde, länger nicht!«

»Das ist mir genug; ich komme noch eher, noch viel eher wieder. Leb also einstweilen wohl, und halte deinen Mund!«

Mit dem letzten Worte war er schon zur Thür hinaus, und als er nachher wieder hereintrat, war erst die Hälfte der zweiten Viertelstunde vorüber; er schwitzte, so sehr hatte er sich beeilt.

»Es liegt alles in der Küche,« meldete er. »Was soll erst geschehen, das Erzählen oder das Essen?«

»Das Erzählen,« antwortete der Bimbaschi.

»Das Essen,« rief der Dicke.

»Oder beides zugleich?« fragte ich.

»Nicht zugleich!« bat Halef. »Mein Mund ist doch kein Thor, durch welches man zu gleicher Zeit hinein- und herausgehen kann! Wandert ein Stück Fleisch hinein, so kann nicht in demselben Augenblicke der Schönheitsglanz meiner Sprache auf den Lippen erscheinen. Ich bitte dich, nicht zuzugeben, daß die hinreißende Kraft der Ausdrucksweise durch das Verlangen des Magens und die Arbeit der Zähne nicht bloß in den Schatten gestellt, sondern ganz und gar verdunkelt werde!«

»So erzähle jetzt, und später essen wir. Kepek wird inzwischen wohl nicht vor Hunger sterben!«

Der Dicke antwortete nur mit einem ebenso tiefen und langen wie entsagungsvollen Seufzer, wobei er die gefalteten Hände auf diejenige Stelle legte, wo bei ihm unter der schützenden Fettschicht der edle Vorgang der Verdauung stattzufinden pflegte. Halef aber setzte sich in Positur und begann seinen Vortrag mit einer Miene, aus welcher zu schließen war, daß wir ein Meisterstück orientalischer Beredsamkeit zu hören bekommen würden.

Und wir bekamen es! Damit mag alles gesagt sein. Ich habe seine Art und Weise, sich auszudrücken, schon oft erwähnt und brauche also nur zu konstatieren, daß er die beabsichtigte Wirkung vollständig erreichte. Oft aufspringend, um seine Worte mit energischen Gestikulationen zu begleiten, riß er den Bimbaschi förmlich hin, und selbst Kepek war so ganz bei der Sache, daß er von der Wand, an welcher er lehnte, vor lauter Aufmerksamkeit immer tiefer rutschte und, als Halef mit einem bombastischen Satze schloß, mit dem Kopfe auf dem Boden lag.

»Welch ein gefährliches, wunderbares Ereignis!« rief der Bimbaschi aus. »Es war ganz unmöglich, zu ahnen, daß ihr so etwas erleben würdet!«

»Ich bin weg; ich bin nicht mehr da!« klagte der Dicke. »Die Aufmerksamkeit hat mich umgebracht; es thun mir vor Entzücken alle meine Glieder wehe! Hilfe, Hilfe! Hadschi Halef, heb mich auf!«

Halef gab sich alle Mühe, dieser Aufforderung nachzukommen. Als er den vor Anstrengung krebsrot gewordenen Diener endlich auf hatte, schlug dieser die feisten Hände zusammen und gestand, indem er vor Bewunderung die kleinen, kaum sichtbaren Augen verdrehte:

»Ihr seid wirklich wahre Helden! Euch ist nichts zu viel und schwer! Also dieser brüllende Löwe, der Säfir, ist gefangen, wirklich gefangen?«

»Ja,« antwortete Halef stolz. »Es ist alles genau so, wie ich erzählt habe. Dieser brüllende Löwe, wie du ihn nennst, ist jetzt ein zertretener Wurm, der euch nichts mehr schaden kann.«

»Vielleicht doch!« entgegnete der Bimbaschi. »Er ist ein so gefährlicher Mensch, daß man sich nur dann, wenn er gestorben ist, nicht mehr vor ihm zu ängstigen braucht. Daß ihr trotz meiner Warnung mit ihm angebunden habt, war kühn, war sogar verwegen von euch. Ich bewundere, Effendi, deinen Mut, deine Umsicht, deine Kaltblütigkeit, deine Klugheit und List; ich bin dir stete Dankbarkeit dafür schuldig, daß du dabei in dieser Weise an mich gedacht hast; ihr habt vollbracht, was kein anderer fertig brächte; aber ich kann nur dann erst ruhig sein, wenn ich weiß, ganz gewiß weiß, daß er nicht mehr lebt!«

Als ich ihm hierauf antworten wollte, ertönte draußen an der Pforte ein starkes Klopfen.

»Es kommt jemand, Emir,« sagte Kepek zu seinem Herrn.

»Geh du, um nachzusehen! Ich bin so ermüdet vom Zuhören, daß ich mich wieder setzen muß!«

Er rutschte sich wieder an der Wand auf den Boden nieder, und der gehorsame Bimbaschi schlürfte zur Thür hinaus. Es dauerte eine längere Zeit, bis er zurückkehrte; er kam nicht allein, sondern brachte – –Amuhd Mahuli mit, dem ich unsere Wohnung allerdings genau beschrieben hatte.

»Verzeih, Effendi, daß ich dich schon heut belästige!« begrüßte er mich. »Ich wollte dich erst morgen besuchen; aber der Pascha vertraute mir diese zwei Briefe an, welche ich noch heut abzugeben habe.«

Er zog zwei Schreiben aus der Tasche, von denen er das eine dem Bimbaschi und das andere mir überreichte. An mich war adressiert: »Emir Kara Ben Nemsi Effendi aus Dschermanistan«; unser Gastfreund wurde auf seinem Briefe nicht Bimbaschi, sondern Mir Alai tituliert.

»Das ist entweder ein Versehen, oder der Brief ist nicht an mich", sagte er.

»Es ist kein Versehen, und der Brief gehört dir,« antwortete Amuhd Mahuli lächelnd. »Ich hatte einen langen, ausführlichen Bericht Osman Paschas zu überbringen, der unser sehr warm gedacht zu haben scheint, denn als der hiesige Pascha das Schreiben gelesen hatte, war er von doppelter Freundlichkeit als vorher, reichte mir die Hand und bestätigte meine Ernennung zum Bimbaschi. Er ließ Kaffee und Pfeifen bringen, und ich mußte mich zu ihm setzen und erzählen. Dann schrieb er diese Briefe und schickte mich hierher. Ich las die Adresse und erlaubte mir, darauf aufmerksam zu machen, daß Mir Alai anstatt Bimbaschi geschrieben worden sei; da sagte er mir, daß Osman Pascha es so wolle; morgen abend werde er das übrige sagen.«

Wir öffneten die Briefe; sie enthielten die außerordentlich höfliche Einladung zum Ascha beim Pascha für morgen, weiter nichts, aber doch genug!

»Zum Ascha eingeladen! Beim Pascha! Und dieser höhere Rang!« rief der alte Pole erregt. »Was hat das zu bedeuten?«

»Daß Osman Pascha mir Wort gehalten hat,« antwortete ich. »Du bist, was wir bei uns rehabilitiert nennen, und noch mehr, denn mir schwant, daß du morgen deine Ernennung zum Oberst erfährst.«

Da ließ er den Brief aus den Händen fallen und sprach:

»Wäre das wirklich möglich!? Dann fehlt nur noch die Hinrichtung des Säfir, um mir wenigstens in dieser Beziehung meine Ruhe, meinen Frieden zurückzugeben!«

»Die Hinrichtung des Säfir?« fragte Amuhd Mahuli. »Der ist ja tot!«

»Tot?« ließ da ich mich hören. »Davon weiß ich ja nichts!«

Da richtete Amuhd Mahuli einen sehr bezeichnenden, verständnisinnigen Blick auf mich und antwortete mir:

»Er ist so gestorben, wie du ihm vorhergesagt hast.«

»Wann und wo?«

»Wann – – noch am Abend desselben Tages. Wo – – im Gefängnisse; er hat sich selbst aufgehängt.«

»Sich – – – selbst?«

»Ja, sich selbst. Osman Pascha war in seinem Gefängnisse, ihn zu vernehmen, und schloß ihn dann wieder ein. Als eine halbe Stunde später der Wärter kam, um ihm Wasser zu bringen, hatte er sich aufgehängt.«

»Wann und von wem hast du das erfahren?«

»Als du früh noch bei mir schliefest und Osman Pascha mich zu sich kommen ließ, um mich mit euch nach Bagdad reiten zu lassen, da erzählte er es mir.«

»Warum hast du gegen mich geschwiegen?«

»Weil Osman Pascha mir das Versprechen abnahm, dir den Tod des Säfir erst hier in Bagdad mitzuteilen. Vielleicht kannst du dir seine Gründe denken.«

Natürlich konnte ich sie mir denken! Osman hatte dem Säfir gesagt, daß er heut noch aufgehängt werde, und sein Wort war in Erfüllung gegangen. Um mich über das Wie aufzuklären, brauchte ich nicht erst wieder nach Hilleh zu reiten und mich bei dem strengen Richter zu erkundigen; er hätte mir es doch nicht gesagt; ich konnte mir diese Frage schon selbst beantworten.

Außerordentlich groß war der Eindruck, den die Nachricht von dem Tode des Säfir auf meinen Bimbaschi machte. Er sah sich aller seiner Angst und Sorge enthoben und sprang vor Freude wie ein junger Mensch im Zimmer umher. Auch Kepek machte seiner Wonne durch verschiedene Gutturaltöne Luft, versäumte aber nicht, dabei auch die Frage an Halef zu richten, ob das Essen wirklich schon in der Küche stehe. Das ließ den Hausherrn an seine Pflicht als Gastgeber denken; er bat den Hadschi, das Essen zu bringen und lud Amuhd Mahuli ein, nicht nur jetzt mit uns zu speisen, sondern überhaupt während seines Bagdader Aufenthaltes der Gast dieses Hauses zu sein; Platz sei genug für uns alle da! Der frühere »Kol Agasi und jetzige Bimbaschi« nahm diese Einladung mit Vergnügen an; er hatte sie wahrscheinlich schon im stillen gewünscht, um länger mit mir beisammen sein und noch so einen »Bibelabend«, wie der in Hilleh gewesen war, mit mir verleben zu können.

Das einfache, kalte Mahl wurde mit einer Heiterkeit eingenommen, wie diese Räume sie wohl noch selten gehört und gesehen hatten. Halef war bei vortrefflicher Stimmung, da wir seine feurigen Interjektionen über unsere unvergleichlichen Heldenthaten still über uns ergehen ließen, und der dicke Kepek bildete einen zwar ganz still nur mit den Zähnen arbeitenden, aber trotzdem nicht weniger unterhaltenden Gegenstand unserer Aufmerksamkeit.

Nach dem Essen beschäftigten wir uns mit unsern Pferden, denen auch ein »Fest- und Siegesmahl« vorgesetzt wurde, wie Halef sich auszudrücken beliebte, und als es dunkel geworden war, stiegen wir, wie am letzten Abend vor unserm Ritte nach den Ruinen, auf das platte Dach hinauf, um bei den dampfenden Tschibuks uns wieder und immer wieder zu sagen, was für ein großer Unterschied doch zwischen jenem und dem heutigen Abend sei.

Ich lenkte darauf ein, daß wir diese glücklichen Erfolge nicht uns selbst, sondern der Fügung und dem Beistande Gottes zu verdanken hätten, und so kam das Gespräch auf den Gegenstand, der nicht bloß mir und Halef, sondern für heut auch den beiden Offizieren der liebste und willkommenste war. Wir saßen und sprachen beim Flüstern der Palmwedel bis tief in die Nacht hinein, und als wir endlich aufstanden und uns in gehobenster Stimmung die Hände reichten, hielt der Pole die meinige fest und sagte:

»Effendi, ich gewinne dich mit jedem Augenblicke lieber und gestehe aufrichtig, daß das, was du heut abend wieder gesprochen hast, mir höher steht als alle Worte und Visionen Muhammeds. Schon hast du mich gefangen; ich bin dein Eigentum und das Eigentum dessen, der dich so sprechen läßt; aber zeige mir eine Spur, nur eine einzige Spur meiner lieben, die ich verloren habe, so werde ich euer Eigentum nicht nur sein, sondern werde es auch bleiben!«

»Stellst du nicht schon wieder Bedingungen?« antwortete ich. »Gott läßt sich weder gebieten noch mit sich handeln und schachern. Bete zu ihm; bitte ihn, denn, wie ich dir schon gesagt habe, das Gebet ist die Himmelsleiter, auf welcher das Vertrauen der Menschen aufwärts und die erhörende Liebe des Allmächtigen herniedersteigt!«

»Wohl, ich werde beten! Gute Nacht, Effendi!«

»Gute Nacht!«

Die Einladung zum Pascha bezog sich nicht bloß auf mich, sondern auch auf Halef; auch Amuhd Mahuli hatte zu erscheinen. Als wir ankamen, sahen wir, daß es sich um einen Istikbal, eine feierlichen Empfang handelte, bei dem die hohen Militär- und Ziviloffizianten des Pascha anwesend waren. Es ging während der ersten Viertelstunde sehr feierlich her; als dann aber die Tschibuks in ihre Rechte kamen, wurde es gemütlicher. Bei Tafel, welchen Ausdruck man freilich nicht wörtlich nehmen darf, forderte der Pascha mich auf, einiges von meinen und Halefs Erlebnissen zu erzählen, worauf ich mir die Bemerkung gestattete, daß Halef ein viel besserer Erzähler sei als ich. Der Kleine war darüber ganz entzückt und entledigte sich der ihm noch nie gewordenen Aufgabe, einen Pascha von mehreren Roßschweifen zu unterhalten, in so vortrefflicher Weise, daß der Gebieter am Schlusse lächelnd gestand, er sei noch nie einer Erzählung wegen so spät schlafen gegangen, wie heute.

Er verabschiedete jeden von uns einzeln. Als er unserm Polen, der in seiner alten Uniform mit dem Bimbaschiabzeichen erschienen war, die Hand gab, sagte er:

»Ich habe dir mitzuteilen, daß der Padischah, Allah segne und schütze ihn, dir infolge deiner Verdienste den Rang eines Mir Alai verliehen hat; die schriftliche Zufertigung wirst du in den nächsten Tagen erhalten. Bedanke dich nicht bei mir, sondern bei deinem Freunde Kara Ben Nemsi Effendi, dem, wie es scheint, selbst der Beherrscher der Gläubigen alle Wünsche zu erfüllen hat!«

Bei diesen Worten schüttelte er mit heiterem lachen auch mir die Hand, und wir durften uns entfernen, wobei wir durch ein Spalier sich tief verbeugender Beamten schritten, um dann auf weißen Eseln heimzureiten.

Eine ungeahnte Folge des Avancements des Polen war, daß Halef jetzt nicht nur von einem »früheren Kol Agasi und jetzigen Bimbaschi«, sondern nun auch von einem »früheren Bimbaschi und jetzigen Mir Alai« sprach, und daß Kepek sich noch viel dicker gab, als er eigentlich war; der Diener und Vertraute eines Mir Alai zu sein, das machte ihn ungeheuer stolz.

Amuhd Mahuli blieb noch zwei Tage in Bagdad; als er dann nach Hilleh zurückkehrte, hatte ich die feste Überzeugung, daß Muhammed und der Kuran bei ihm nichts mehr galten. Ich schenkte ihm ein neues Testament in arabischer Sprache, und er versprach mir, es des Abends, wenn er keinen Dienst habe, sehr fleißig durch- und auch den Seinen vorzulesen. – – –


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