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An Franz Stephan, Herzog von Lothringen, nachmals Kaiser Franz I.

Franz I., Stephan, geboren 1708, Herzog von Lothringen, später Großherzog von Toskana, seit 1731 mit Maria Theresia verlobt, seit 12. Februar 1736 mit ihr vermählt, 1740 von seiner Gemahlin zum Mitregenten der österreichischen Erblande erklärt, hat er geringen Anteil an der Staatsregierung. 1745 wurde er zum Deutschen Kaiser gekrönt und starb am 18. August 1765.

Der sehr glücklichen Ehe entsprossen sechzehn Kinder, von denen in unserer Sammlung vertreten sind: Erz-Herzogin Josepha, Erzherzog Ferdinand, Erzherzog Maximilian, die spätere Königin von Frankreich Marie Antoinette, Erzherzogin Karoline, Erzherzog Joseph, nachmals Kaiser Joseph II., Erzherzog Leopold, der spätere Kaiser Leopold II., und Erzherzogin Marianne.

Durchleüchtigster Herzog, villgeliebter Bräutigamb! Eüer liebden schreiben hat mich sehr erfreut, bin auch gantz persuadirt, daß Sie lieber selbes persönlich als schriftlich versichert hätten wie nicht zweiffle Eüer liebden ein gleiches von mir auch glauben werden. ist wohl gutt das nicht auf lange ist und hoffe daß es ins künftige zu einer beständigern und gewünschtern Einigkeit dienen wird, die versichere daß zeit meines lebens verbleiben werde

Eüer liebden getreüeste braut
Maria Theresia.

*

Wien dem 8ten Februarij 1736.

Caro viso Diese Nachschrift ist im Original französisch. Caro viso liebes Gesicht, sponsia dilectissima geliebteste Braut. – Aus Stil und Rechtschreibung der meisten Briefe ist ohne weiteres ersichtlich, welche deutsch abgefaßt und welche aus dem Französischen übersetzt worden sind., Ich bin Ihnen unendlich für Ihre Aufmerksamkeit verbunden, mir Nachricht von Ihnen zu geben, denn ich war bekümmert wie eine arme Hündin. Haben Sie mich ein wenig lieb und verzeihen Sie mir, wenn meine Antwort nur kurz ist. Aber es ist 10 Uhr und Herbeville wartet auf meinen Brief. Adieu Mäusl, ich umarme Sie von ganzem Herzen, schonen Sie sich recht. Adieu, caro viso.

Ich bin Ihre
Maria Theresia
sponsia dilectissima.

Adresse: Dem durchleüchtigsten Fürsten Franzisco, Herzogen zu Lothringen, meinem villgeliebten Bräutigamb.

Durchleüchtigster Herzog, villgeliebter Bräutigamb! Kann nit genug meine obligation bezeugen vor solche große attentionen, wünschte nur, daß es mit weniger ungelegenheit geschehen kunte und versichere das Eüer Liebden brief allzeit eine große ehre und freüd verursachen bey derjenigen die sich rühmt Euer Liebden mit großter Ergebenheit zu Sein und allezeit verbleibent

Eüer liebden
getreüste braut
Maria Theresia.

*

Wieen dem 9ten Februarij 1736.

Durchleüchtigster Herzog, villgeliebter Bräutigamb! Was man gern thut macht kheine ungelegenheit, indeme recht von hertzen auf Euer liebden so obligeante und complimentose Brief antworte, wüntsche eine glickliche reis und guttes wetter, hoffe daß dieses die letzte sein wird, die Eüer liebden ohne ihrer so ergebenen braut machen werden, die allzeit verbleibe

Eüer liebden
getreüeste braut
Maria Theresia.

*

Wieen den 10. Februarij 1736.

Adresse: dem Durchleüchtigsten fürsten Franzisco Herzogen von lothringen meinem herzliebsten bräutigamb.

*

Undatiert (1742).

Mein liebes Herz, Sie werden hieraus ersehen, was man getan hat, aber ich beschwöre Sie, Ihre Rückkehr nicht einen Augenblick zu verzögern. Schreiben Sie, wenn Sie es so wollen, aber er Friedrich der Große. In diesem Briefe gibt Maria Theresia mit großem innerem Widerstreben dem Wunsche ihres Gemahls nach, Friedensverhandlungen mit Preußen anzuknüpfen, die zum Abschluß des Ersten Schlesischen Krieges führen sollten. ist dessen nicht würdig und wird einen schlechten Gebrauch davon machen. Erniedrigen Sie sich nicht und nehmen Sie unsere Eroberungen zum guten Vorwand. Aus dem deutschen Briefe werden Sie das Übrige sehen, und wie nötig ich Ihren Beistand brauche. Verweigern Sie ihn mir nicht. Ich war sehr erstaunt, Sie bei Sprinzenstein Graf Sprinzenstein gehörte zu den oberösterreichischen Adligen, die es mit dem Gegenkaiser aus dem Hause Wittelsbach, Karl VII., gehalten hatten. zu wissen; man hat ihn auch für einen der Verschwörer gehalten. Leben Sie wohl, ich küsse Sie zärtlich!

 

*

Aus den Jahren des Eheglücks

Der Kaiser liebte alle Lustbarkeiten, ohne irgendeine bestimmte Passion an den Tag zu legen. Im engen Kreise spielte er gern Karten; in Laxenburg waren lange Jahre Pharao und Lansquenet an der Tagesordnung, und es ging um so große Summen, daß manche sich zurückzogen und keiner mehr die Bank geben wollte. Er sprach meist Französisch; überhaupt kam mehr ein französisches Element an den Wiener Hof, das den italienischen Geschmack aus der Zeit Karls VI. ganz verdrängte. Man erzählte sich von ihm, daß er mehrere Frauen gerne gesehen habe, so die Gräfin Colloredo, die Frau des Reichsvizekanzlers, die Gräfin Palffy, später Canales, besondern aber die junge Fürstin Wilhelmine Auersperg, eine Frau voll Grazie und Anmut, lebhaftem heiteren Charakter, ohne Spur von Intrige, die Freundin aller ausgezeichneten Geister und von solcher Schönheit, daß ihr niemand am Hofe gleichkam. Die Huldigungen, die ihr der Kaiser erwies, machten Maria Theresia eifersüchtig, aber sie behandelte sie immer mit der größten Artigkeit und Höflichkeit.

Inmitten seiner Familie, wo er sich gern gehen ließ, und wo sein Wohlwollen so erfrischend ausströmte, erschien er fast wie ein bürgerlicher Hausvater, denn Zucht und Ordnung liebte er vor allem. In herzlicher Liebe war er seinen Kindern ergeben; Erzherzog Joseph war sein Liebling, wie Karl jener der Mutter. In allen Beziehungen zeigte sich der humane Geist des Kaisers, der die Gerechtigkeit und das Gute erkennt und anstrebt; er war nicht imstande, jemanden zu hassen oder ihm lange zu zürnen; soweit seine Hand reichte, machte er jeden glücklich. Nie hat man von ihm gehört, daß er heftig geworden sei. In den kleinen Zwistigkeiten, die zwischen ihm und der Kaiserin vorfielen, war in der Regel er es, der nachgab und den ersten Schritt entgegen tat. Er hatte Witz, liebte es zu scherzen, andere zu necken, zog aber immer zurück, wenn er bemerkte, daß man sich beleidigt fand.

(Adam Wolf,
Aus dem Hofleben Maria Theresias.)


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