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Dritter Teil.

I.

In der Morgenfrühe des 4. April trafen sich Thédenat und Poncet nach kurzer, schlaflos verbrachter Nacht zur verabredeten Stunde in der Rue Parée, vor dem Tore des alten Hotels Lamoignon. Dort hatte Jacquenne im vierten Stock eine kleine, kalte Wohnung inne. Am Sonntag Nachmittag hatten sie ihn nur flüchtig gesehen und ihn den ganzen gestrigen Tag nicht im Rathaus angetroffen, wo die in größter Aufregung befindliche Kommune zwei tumultuöse Sitzungen abgehalten hatte, während von Stunde zu Stunde schlimmere Nachrichten über den großen Ausfall anlangten.

Die beiden alten Freunde drückten sich die Hand; würde es ihnen glücken, etwas bei Jacquenne zu erreichen? Hatte die furchtbare Lektion ihn aufgeklärt? Würde die Kommune im Gefühl ihrer Schwäche sich zu den Schritten bereit finden, die sie in Versailles versuchen wollten, ja gestern schon versucht hätten, wäre ihnen der Weg nicht durch die Schlacht versperrt gewesen? Traurig blickten sie einander an. Jeder hatte unterwegs über denselben Gedanken gegrübelt, den Taumel der letzten Tage im Geiste noch einmal durchlebt.

Während die Bataillone ohne Befehle sich erhoben, viele von selbst den Kanonen entgegengingen und über die Champs-Elysees nach Neuilly marschierten, hatte die Exekutiv-Kommission eine Proklamation erlassen, die ihrer Entrüstung Ausdruck gab, weniger über die Attacke, da ja doch auch drei ihrer Mitglieder – Duval, Eudes und Bergeret – eine solche vorbereiteten, als um, im Falle, daß man ihnen zuvorkam, als Opfer sich aufspielen zu können. »Die Chouens von Chouette, die Vendeer von Cathelineau, die Bretonen Trochus, die Gendarmen von Valenten haben den Bürgerkrieg begonnen.« In viel falsche Behauptungen mischten sie ein Körnchen Wahrheit, denn mit keinem Worte taten sie der Armee Erwähnung, die, anfangs ohne Eifer, doch bald erhitzt, sie auch geschlagen hatte, und die gestern ...

Ah! welcher Wahnsinn jener drei unwissenden Generäle, die, von dem blinden Volksstrom getrieben und in gutem Glauben der Begeisterung dieser wirren Massen vertrauend, alles überhastet hatten, ohne dem Widerstande ihrer Zivilkollegen Rechnung zu tragen: Tridon, Vaillant, Lefrançais. Man ging auseinander mit dem Übereinkommen, nichts zu unternehmen, ehe die Kommission nicht eine detaillierte Liste der Streitkräfte an Mannschaft, Artillerie, Munition und Transportmitteln in Händen hatte. Cluseret, dessen Talent man rühmte, war als Kriegsdelegierter dem General Eudes zugeteilt ... Sobald sie draußen waren, hatten die Generäle, alles aufs Spiel setzend, auf eigene Faust ihre Befehle erlassen. Von den beiden Konzentrationspunkten aus, dem Vendômeplatz und dem Place Wagram auf dem rechten, dem Place d'Italie und dem Marsfeld am linken Ufer, formierten die Legionchefs mit Mühe ihre Kolonnen; eine große Anzahl von Nationalgardisten war bereits abmarschiert und wartete bei den Toren gegen Neuilly und Vauves. Herden leichtgläubiger Menschen, von der Hoffnung geblendet, daß die Brüder von der Armee die Gewehre umkehren würden und der Mont-Valerien neutral bliebe! ... Sie rückten aufs Geratewohl vor, von Patronen und Proviant entblößt, nur wenige Geschütze mit sich führend, – ganze Bataillone fast ohne Führer, andere um ihnen zusagende Generale sich scharend.

Indessen beriet die versammelte Kommune über alles mögliche, nur nicht über die militärischen Vorbereitungen und die große Bewegung, die die Bevölkerung in fieberhafte Erregung versetzte: über die Vertagung der tags zuvor beschlossenen Öffentlichkeit der Sitzungsprotokolle; über die von Pyat vorgeschlagene In-Anklagestand-Versetzung von Thiers, Favre, Simon, Pothuau, deren Vermögen sequestriert werden sollte; über die Adoption der Familien der vor dem Feinde gefallenen Nationalgardisten; endlich über die Abschaffung des Kultusbudgets; der Urheber dieser letzten, dringend geforderten und gewährten Maßregel war Pyat, der mit gleichem Rechte die Einnahme von Berlin oder die Unterdrückung von Versailles hätte dekretieren können.

Und zur selben Stunde setzte die bewaffnete, von langem Warten, von Märschen und Gegenmärschen schon erschöpfte Menge sich voll Begeisterung in Bewegung, um den, wie es hieß, von Cluseret retouchierten Plan der Generäle auszuführen; eine starke Demonstration zur Rechten, gegen Rueil, mit den beiden Kolonnen von Bergeret und Flourens, während Eudes im Zentrum und Duval zur Linken, auf Versailles losmarschieren sollten, der eine über Meudon, der andere auf der Straße nach Chatillon.

Eine in hyperbolischen Worten abgefaßte Depesche meldete die Anwesenheit Bergerets selbst in Neuilly, den Abfall der Linientruppen, die vollzählig eingetroffen seien und erklärt hätten, daß mit Ausnahme der höheren Offiziere keiner sich schlagen wollte.

Indessen erschien erst in bleicher Morgenfrühe Bergeret inmitten der Föderierten, die seit einigen Stunden in der Nähe der Brücke rasteten und beim Anblick des Generals im Wagen murrten. Endlich bricht man, zehntausend Mann stark, auf, die Sektionen wie bei einer Promenade in der Mitte der Straße, ohne einen Eclaireur; man erreicht das Plateau des Bergere, da beginnt der Mont-Valerien zu donnern; eine Granate, eine zweite, unzählige schlagen in die von Entsetzen ergriffenen, zersprengten Reihen. Vergebens sucht Bergeret, dessen beide Wagenpferde getötet wurden, seine Leute wieder zu sammeln. Alle schreien Verrat und stieben auseinander. Die Queue erreicht in unglaublicher Verwirrung Paris, die Tete marschiert gegen Rueil weiter, wo auf einen dringenden Ruf hin Flourens mit seiner von sechstausend auf tausend Mann zusammengeschmolzenen Truppe eintrifft. Kaum hat man sich vereinigt, als vom Plateau de la Jonehere herab die Versailler Batterien das Feuer eröffnen.

Nun erst rückte Vinoy, der auf seinen gestrigen Lorbeeren geschlafen hatte und unsanft durch den Donner geweckt worden war, ins Treffen. Auf der Linken waren die Vorposten der Brigade Galliffet vor dem Einfall zurückgewichen; bald jedoch trieben die Spitzen der Kolonne der Brigade Daudel und der Division Grenier das als Avantgarde vorgeschickte Häuflein Pariser zurück. Nun wandten die Trümmer der Truppen Bergerets und Flourens' sich zur Flucht und bedeckten von Rueil an die Ebene; die Kavallerie zur Rechten, die Eskadronen Du Barails säbelten sie nieder und machten eine große Anzahl von Gefangenen.

Flourens, den die Enttäuschung seiner Illusionen seit einigen Tagen schweigsam gemacht hat, sieht sich allein. Fliehen wie die anderen und als Besiegter das von Unfähigen beherrschte Paris wieder betreten, das erträgt sein ritterlicher Sinn nicht. Mit Cipriani, seinem Adjutanten, wendet er sich nach Chatou, legt sich auf der Böschung nieder und schläft ein ... Ein Haus liegt in der Nähe, ein elendes Wirtshaus; Cipriani beschwört ihn, sich dahin zu begeben. Sie treten ein, Flourens wirft sich aufs Bett, der Besitzer geht, um Nachrichten einzuholen. Statt seiner sind es Gendarmen, die eintreffen. Cipriani entlädt seinen Revolver, man überfällt ihn mit Bajonettstichen. Man mißhandelt Flourens und schleppt ihn heraus; Kapitän Desmarets sprengt herbei: »Sind Sie's, Flourens, der auf meine Gendarmen schießt?« – »Nein!« Doch schon saust der wütend geschwungene Säbel nieder und spaltet den Kopf wie ein Scheit Holz entzwei. Man wirft den toten Flourens und den sterbenden Cipriani auf einen Düngerkarren. So hält also dieser junge, edle und tapfere Don Quichotte, der für das Volk, das er liebte, gestorben, seinen Einzug in Versailles.

Ebenso waren die über Meudon und Villacoublay vorrückenden Kolonnen zersprengt und zurückgetrieben worden. Eudes wich nach einer sehr heftigen Attacke vor der Brigade La Mariouse; Duval war, nachdem er die Vorposten Du Barails aus Petit-Bicetre vertrieben, auf die Brigade Derroya und die Division Pelló gestoßen und wich nach energischem Kampfe hinter die Schanze von Chatillon zurück, wo er sich für die Nacht einschloß ...

Während Thédenat und Poncet die finstere, altertümliche Treppe hinaufstiegen, teilten sie sich die Neuigkeiten mit, die sie gesammelt, und die alle nach dem falschen Jubel der offiziellen Bulletins über die Panik der vertrauensseligen Stadt berichteten, die eben erst Pyats Rodomontaden gelesen hatte, wie: »Nach Versailles, wenn wir nicht wieder den Luftballon besteigen wollen! Nach Versailles, wenn die Zeit der Brieftauben nicht wiederkehren soll! Nach Versailles, wenn wir nicht von neuem auf Kleienbrot beschränkt bleiben wollen! ...« und noch andere Reime auf wollen und sollen.

Überall die Bestürzung über den mißglückten Ausfall, überall die überreizte Erregung des Volkes; hier rüstet sich ein Bataillon von dreihundert Frauen, die rote Flagge an der Spitze, gegen den Feind zu ziehen; dort jagen in rasselndem Galopp die unheilkündenden Ambulanzwagen durch die Straßen, tobt die Wut der Flüchtlinge und jener Schrei, der während der Belagerung so oft ertönt war: »Wir sind verraten!« Durch alle Klagen brach immer wieder die Empörung über die Granaten des Mont-Valerien. War es Fahrlässigkeit, war es böse Absicht der Generäle, die sich mit der am Tage nach dem 18. von Lullier gegebenen vagen Versicherung, die Festung werde nicht schießen, zufrieden gaben?

Poncet zog auf dem engen Treppenflur einen verrosteten Glockenzug. Nach wiederholtem Anläuten erschien endlich Jacquenne mit verschlafenem Gesicht, in mangelhaftem Anzug, ein Seidentuch um den hageren Hals geschlungen. Die hohlen Wangen waren von struppigem Bart überwuchert, in dem gelben Gesicht funkelten die Augen. Beim Anblick seiner alten Freunde runzelte er die Stirn.

»Sie!« sagte er trockenen Tons.

Er trat zurück und ließ sie in ein kleines, mit Büchern angefülltes, von Tabak, Staub und Verwahrlosung riechendes Arbeitszimmer treten. Auf dem Kamin lag neben einer roten Schärpe mit goldenen Fransen ein Dolch; ein geladener Revolver diente als Briefbeschwerer.

»Entschuldigen Sie, ich war eben eingeschlummert. Ich bin vor zwei Stunden erst nach Hause gekommen. Ich schlafe kaum mehr. Die Tage, die Nächte vergehen, ohne daß ich dessen gewahr werde. Eine aufreibende Tätigkeit! Womit kann ich Ihnen dienen?«

Thédenat berichtete von ihren Plänen: der Gründung einer Liga zur Vereinigung der Rechte von Paris, welche das Werk der Versöhnung vollbringen sollte, indem sie sich zwischen die beiden Parteien stellte. Es mußte dem Blutvergießen Einhalt getan, und – da die hartnäckige Weigerung von Versailles, die legitimen Rechte von Paris anzuerkennen, im Grunde die Hauptschuld trug, – verhindert werden, daß die Kluft sich noch erweiterte, daß die Kämpfe dieser beiden letzten Tage in einen täglichen Kampf ausarteten, in den ketzerischsten aller Bürgerkriege. Das Ende mußte der Untergang der Republik und der Freiheiten sein!

Poncet entwarf das Programm der Liga: Anerkennung der Republik, Anerkennung des Paris zukommenden Rechtes, sich selbst zu regieren, mit Hilfe eines frei gewählten und innerhalb der Grenzen seiner Machtbefugnisse souveränen Rates seine Polizei, seine Finanzen, seine Armenpflege, sein Schulwesen und die Ausübung seiner Gewissensfreiheit selbst zu regeln; die Bewachung von Paris sollte ausschließlich der aus sämtlichen gesunden Wählern zusammengesetzten Nationalgarde anvertraut sein. Das war das Programm, welches die Delegierten Herrn Thiers unterbreiten wollten.

Jacquenne zuckte die Achseln.

»Sehen Sie, Poncet, ich, ich schlafe nicht, Sie aber schlafen im Wachen! Können Sie denn wirklich hoffen, daß jene Leute jetzt, da sie siegreich sind, mit einem Schlage sich selbst Lügen strafen und das annehmen würden, was sie in ihrer Angst von sich gewiesen haben? ... Sie sind auf falschem Wege. Zwischen Paris und Versailles, diesen sich unversöhnlich gegenüberstehenden Feinden, ist kein Platz für eine dritte Partei. Uns auf diese Weise verteidigen wollen, hieße uns verraten! Die Zeit der Worte ist vorüber. Neigen Sie sich uns zu, so stehen Sie auch zu uns! Ergreifen Sie die Feder, das Gewehr. Wir sind auf dem Punkte angelangt, wo man nur an eines noch denken darf: an den Kampf bis aufs Messer. Der Krieg ist erklärt! Der Krieg der Zukunft gegen die Vergangenheit. Der Stärkere wird den Schwächeren verschlingen ...«

Thédenat wiegte das Haupt. Jacquenne fuhr fort:

»Das Mißgeschick unseres Ausfalls? ... Er lächelte bitter. »Ja, man hat zuviel erwartet. Am Tag nach seiner Flucht hätte man dieses Lumpenpack stürzen müssen ... Wir sind nicht genügend ausgerüstet, um das Feld zu behaupten und uns mit den regelrechten Armeen messen zu können. Wieder einmal mußten wir für den militärischen Nimbus, für die Unfähigkeit der Generäle büßen! ... Ein Narr oder ein Verräter wie dieser Lullier! ... Ein Idiot und ein Kranker wie Bergeret, ein Haubenstock wie Eudes! ... Diese Herren hatten ihren Plan! Immer wieder Trochu! Und uns hat man nicht einmal um Rat gefragt! ... Aber wir werden da Ordnung schaffen. Nieder mit den Generälen! Die Vorherrschaft muß in den Händen der Zivilgewalt bleiben. Paris kämpfe an Ort und Stelle, hinter seinen Forts, seinen Wällen, seinen Barrikaden! Hier ist es unüberwindlich, und es wird, nun es mit Brot versorgt ist, so lange und so energisch den Preußen von Versailles Widerstand leisten, bis das von Empörung erfaßte Frankreich aufstehen wird!« ...

Von den erbitterten Szenen der Sitzung, die ihn bis ein Uhr morgens im Rathause festgehalten hatte, von jenen zwischen Kollegen ausgebrochenen Meinungsverschiedenheiten, die ihm die Situation schon als gefährdet zeigten, davon sprach er nicht. Er schwieg von den Anschuldigungen der sozialistischen Arbeiter, von dem Umschwung in Pyats politischer Überzeugung, indem er den Vorschlag machte, an die Stelle der exekutiven Kommission die drei Generäle zu setzen, von Lefrançais' Weigerung aus Empörung über den tollen Ausfall, von dem Beschluß, der Cluseret allein mit der Kriegsdelegation betraute, von Groussets Verlangen, den Mächten den Regierungsantritt der Kommune zu notifizieren! ... Zwist und Sterilität, wohin man blickte.

Ohne Jacquennes scheinbarer Hoffnung zu widersprechen, betrachtete Thédenat mit einer mit Verwunderung gemischten Sympathie diese von einer eigenwilligen Falte gefurchte eckige Stirn, diese fieberhaft und doch kalt glänzenden Augen, diese ziellos glühende Willenskraft ... Was vermochte inmitten all dieses Schmutzes dieser Sektierer? Und er war einer der Besten!

Sie schieden kalt von einander, Jacquenne, um sich vollends anzukleiden und ins Rathaus zurückzukehren, Thédenat und Poncet, um ihre Bemühungen fortzusetzen. Über das Treppengeländer sich neigend, rief Jacquenne ihnen nach:

»Sie werden nichts erreichen! Seien Sie die Unseren!«


An demselben Morgen hatte Du Breuil, dessen Nerven seit zwei Tagen von dem Getöse der Kanonen um Versailles her vibrierten und der gleichzeitig glücklich war, sich nicht persönlich an einem solchen Kampfe beteiligen zu müssen, und unglücklich, machtlos und im Ungewissen zu bleiben, wo französisches Blut floß, seinen Spazierritt nach Chatillon gerichtet, wo die Operationen stattfinden mußten.

Vinoy hatte beschlossen, sich der viereckigen Schanze zu bemächtigen, deren Besitz, gegen Versailles bedrohlich, gegen Paris von großem Nutzen war, indem sie dazu dienen konnte, die Aufständischen fortan in der Befestigungslinie festzuhalten. Als Du Breuil die Infanterie der Brigade Derroja nach rechts zusammenschließen sah, um Chatillon über Fontenay-aux-Roses zu umgehen, während diejenige der Division Pellé von der Front angriff, erinnerte er sich eines für die merkwürdige Kopflosigkeit der ersten Tage ungemein bezeichnenden Details.

Am 23. März hatte Galliffet, in dem Thiers einen der augenblicklichen Retter erblickte, den Auftrag erhalten, mit einigen Truppen diese selbe Schanze zu stürmen, die man heute von neuem anzugreifen im Begriffe war. Der General langte am Fuß der Werke an und besetzte sie, ohne daß ein Kanonenschuß abgegeben wurde: sie waren leer, die ganze Garnison war ins Dorf gegangen, um Kaffee zu trinken. Thiers, von dem unverhofften Fund benachrichtigt, antwortete mit dem Befehl, die Sache im Stich zu lassen und nach Versailles zurückzukehren. Eines so schnell und leicht gewonnenen Vorteils sich schämend, hatte der Stratege plötzlich lauter Unzukömmlichkeiten entdeckt: die Armee war nicht bereit, sämtliche Steine des Schachbretts mußten systematisch vorrücken, von kluger Bedächtigkeit geleitet.

Die Kanonen donnerten, die Salven des Kleingewehrfeuers zerrissen knatternd die frische, trübe Morgenluft. Diesmal würde Thiers zufrieden sein, die Dinge vollzogen sich regelrecht! Cydalise setzte über einen Graben. Du Breuil klopfte liebkosend den schlanken, stolzen Hals, unter dessen goldbrauner Haut die Adern pulsierten. Er gedachte ehemaliger Morgenritte in Italien, Mexiko und Lothringen.

Niemals mitten im Schlachtengetöse hatte er jenes Unbehagen empfunden, das ihn zu dieser Stunde peinigte: ein Gefühl, gemischt aus schmerzlicher Neugier und einem instinktiven Widerwillen bei dem Gedanken, daß seine Kameraden, die sich mitten im Kampfe befanden, im Begriffe waren, eine grausame, eine furchtbare Pflicht zu erfüllen. Nein, diese Pariser, die er um sich her als Verbrecher, als Sträflinge, Diebe, Mörder behandelt sah, diese Männer, die d'Avols erbarmungslose Vernunft als Verräter am Vaterlande zum Tode verurteilte, er konnte sie nicht anders, denn als Verirrte betrachten, als Schuldige wohl, aber von vorübergehendem Wahnsinn Befallene. Sie ohne Selbstvorwürfe, ohne Gewissensschwanken als Feinde behandelt sehen, darein konnte er sich nicht finden. Wie hatten ihn gestern Abend Aninas tiefer Schmerz, Bersheims Zorn ergriffen und erregt: »Besitzt denn Frankreich, nach der Amputation von zwei Provinzen, noch Blut genug, sich selbst zu zerfleischen!«

Er horchte auf, atmete tief. Der Lärm wurde schwächer, schwieg bald ganz. »Wenigstens war der Kampf nur kurz«, sagte er sich. Er zog seine Uhr: kaum halb sieben. Er lenkte Cydalise im Schritt gegen das Gehölz von Loup-Pendu, ritt die die Straße von Bievres nach Petit-Bicetre beherrschenden Abhänge hinab, überlegte, ob er sich dem Ufer, der Seite des Dunstes und der Stille, oder dem noch von den letzten Nachklängen des Kampfes bewegten Plateau zuwenden sollte. Der brennende Wunsch nach Gewißheit lenkte ihn mit unwiderstehlicher Macht.

Plötzlich sah er am Rand der Straße, an der Kreuzung, eins große Ansammlung, eine stillstehende Kolonne, einen Offizierstab in lebhafter Bewegung. Er sprengte heran und erkannte bald zwischen einem doppelten Spalier berittener Chasseurs lange Reihen von pulvergeschwärzten Gefangenen mit verdüsterten oder wutverzerrten, von den Strapazen der letzten Nächte eingefallenen Gesichtern. Er gab Cydalisen die Sporen und mischte sich in den Stab, vor dem, im Gespräch mit dem Chef der Eskorte, eine wuchtige Gestalt stand, von der Du Breuil nur den weißen Nacken unter dem goldgestickten Käppi wahrnehmen konnte. An der Haltung erkannte er den kommandierenden General. Ein ihm bekannter Major winkte ihm freundschaftlich zu; Du Breuil sprach ihn leise an:

»Was geht hier vor?«

»Sieg auf der ganzen Linie! Es ist die Garnison der Schanze, die die Waffen gestreckt hat. Pellé scheint ihr Schonung des Lebens zugesichert zu haben.«

Doch da erhob sich Vinoys Stimme:

»Ist ein Chef da?«

Ein Mann mit energischen Zügen und finsteren Augen löste sich stolz aus den Reihen:

»Ich bin es. Ich bin Duval.«

»Und die anderen?«

Ein Bataillonschef sagte schlicht:

»Ich. Ich bin Duvals Generalstabschef.«

Ein dritter gesellte sich zu ihnen.

Die Stimme des kommandierenden Generals brach das drückende Schweigen:

»Erschießt mir die da!«

Ohne zu antworten, überschritten die drei Männer den Straßengraben und stellten sich auf einer kleinen Wiese, neben einer Mauer, auf. Du Breuil erhob sich in den Steigbügeln und betrachtete in einer Art von Faszination diese ohne Richterspruch Verurteilten, deren kalter Mut, deren Mienen wilder Entschlossenheit den Vorbereitungen zum Morde trotzten und irgend einen höheren Richter anzurufen schienen. Er begegnete dem Blick verächtlichen Hasses, den Duval über alle schweifen ließ, und empfand ihn wie einen persönlichen schmerzenden Vorwurf.

Inwieweit hatte der kommandierende General das fürchterliche Todesurteil, das auf jeder Seite des militärischen Strafkodex eingeschrieben steht, hier auszusprechen, ohne Einberufung eines Kriegsrates, ohne Zeugen und ohne Verteidiger? Inwieweit waren überdies Duval und seine Genossen, die doch weder Soldaten noch Deserteure waren, dieser besonderen Justiz unterworfen? Mußte, wenn die Aktion vorüber, die Wut des Kampfes, der den gegenwärtigen Mord notwendig oder doch entschuldbar macht, verraucht war, eine solche außerhalb aller Kriegsgesetze stehende Härte nicht als Repressalie erscheinen? Aus der stoischen Gruppe erhob sich der Ruf: »Es lebe die Republik! Es lebe die Kommune!«

Ein betäubender Krach, ein gelber Blitz, der durch den Dampf zuckte. Cydalise sprang zur Seite, so daß Du Breuil auf den Sattel zurückfiel, doch hatte er noch Zeit gehabt, zu sehen, wie die beiden Bataillonschefs getroffen nach vorwärts sanken, während Duval schwankte und rücklings zu Boden schlug ... Im Innersten erschüttert, richtete sich Du Breuil von neuem auf, um die Szene weiter zu verfolgen. Einer der Reiter der Eskorte stürzte sich auf Duvals Leichnam, riß ihm die Stiefel ab und schrie, sie vor der Kolonne bis unter Vinoys Augen schwenkend:

»Wer will Duvals Stiefel?«

Diese Verhöhnung des Todes, dieser gemeine Spott gegen mit edlem Mute gefallene Unglückliche machte Du Breuils Seele von Empörung überfließen. Ein Ekel erfaßte ihn, als Mensch eine solche Erniedrigung der Menschheit mit ansehen zu müssen. Weil eine sich selbst überlassene Horde in einer Stunde wahnwitziger Wut zwei Generäle ermordet hatte, war das ein Grund, daß Zivilisierte, Sieger, Männer, die auf der sozialen Leiter auf einer hohen Sprosse standen, ihrerseits mit kälterem Blute, doch mit ebensolcher Grausamkeit Männer töteten, die für jenen anderen Mord in keiner Weise verantwortlich waren, einfache freiwillige Kämpfer einer Sache, die man wohl tadeln konnte, die aber doch der Größe nicht entbehrte, da sie zu solchen Taten des Opfermutes begeisterte?

Während die Kolonne sich wieder in Bewegung setzte, betrachtete er mit peinlicher Verwunderung die Gesichter der Gefangenen. Es waren etliche häßliche, viele nichtssagende, einige schöne darunter. Ohne die langen Bärte, den sichtbaren Ausdruck des Leidens wäre es eine Menge gewesen wie jede andere; Männer jeden Alters und jeden Berufs, denn es war nicht nur der Plebs darin vertreten, sondern auch das Kleinbürgertum; Frauen hielten gleichen Schritt mit ihren Männern. Es waren Durchschnittsfranzosen, Schlechte, Gute, Vortreffliche. Ein Antlitz fesselte seine Aufmerksamkeit durch die von Willenskraft und Intelligenz durchleuchteten Züge, durch den sinnenden Glanz des Blickes. In aller Mienen lag der Ausdruck stummen, mit düsterem Glauben gepaarten Entsetzens. Nein, das waren die Gesichter nicht, die er auf Montmartre gesehen. Es verletzte ihn, Zeuge des Hasses und Spottes sein zu müssen, mit dem Kameraden, Offiziere wie er selbst, diese Besiegten bedrohten und verhöhnten. Die Soldaten stimmten ein. Er vernahm schreckliche Worte.

Von Abscheu erfaßt, wandte er die Zügel und lenkte Cydalisen im Trab auf die Straße nach Bievres; es verlangte ihn nach dem Alleinsein, nach dem engen Tal, nach den Bäumen. In bitterem Brüten erreichte er Versailles. Die dunstige Luft, die seine Stirn kühlte, die feuchte Frische der Wälder, das saftige Grün des jungen Laubes brachten ihm keine Erleichterung. Er sah nicht den in silbernen Zickzacklinien sich durch die Wiesen schlängelnden Bach. Gedanken, wie er sie noch nie gedacht, stürmten durch seine bangende Seele.

In erhöhtem Grade überkamen ihn die Zweifel, die schon in Metz ihn gepeinigt hatten. Er, der sich immer und trotz alledem die Achtung vor der Disziplin bewahrt, der sich einem engen Pflichtbegriff geopfert hatte, er stand jetzt vor einem furchtbaren Problem, das zu lösen er in den letzten Tagen sich vergeblich abgequält hatte, und das angesichts dieser summarischen Exekution sich in seinem ganzen unsagbaren Grauen ihm enthüllt hatte. Der Krieg gegen den Feind, den Fremden, schon das etwas Grausames, doch in seiner Einfachheit zu keinen Zweifeln Anlaß gebend. Jetzt aber, – wie sollte man sich länger darüber täuschen – jetzt begann ein weit barbarischerer Krieg, ein sozialer Krieg, der in seinem Schoße eine Fülle unbekannter, fürchterlicher Katastrophen barg und tausend schreckliche Fragen aufrührte, deren Widerhall zum ersten Male bis in die Tiefe seines Gewissens drang.

Auf die Pflichten eines Berufes, den er liebte, beschränkt, hatte nichts in seinem Gefühls- und seinem gesellschaftlichen Leben ihn auf diesen Kampf vorbereitet. Er allein, sein eigener Ehrbegriff waren in Metz im Widerstreit mit dem militärischen Zwang gelegen; plötzlich erweiterte sich das Feld, die Welt mit ihren Kategorien lag vor ihm, ein Horizont, der nicht von seiner Person allein, sondern von der wirren, menschlichen Menge ausgefüllt war.

Vor diesem Wirbelsturm, der, die bestehende Ordnung umwerfend, die Gesellschaft in ihrer ganzen Nacktheit enthüllte, war alles in dem glücklichen Egoismus, der sorglosen Sicherheit des Kaiserreichs ihm an seinem Platze, in schönstem Gleichgewicht erschienen. Die einen oben, die anderen unten, nicht Kraft ihres inneren Wertes, ihres angeborenen Rechtes, sondern kraft einer altüberkommenen Harmonie, die in seinen Augen um so fester begründet war, als er, die Vorrechte seiner Geburt genießend, niemals daran gedacht hatte, sich zu jenen hinabzuneigen, die in den Fabriken, Werkstätten und Geschäftsläden für ihn arbeiteten, und über jene, die, auf der Stufenleiter noch um eine Sprosse tiefer stehend, unter dem verwahrlosten Dach ihrer Hütten, unter den unbarmherzig gleichgültigen Himmel ohne Arbeit Hungers starben.

In dieser Pariser Revolution, in der erlesene Geister, ein Thédenat, ein Poncet – diese beiden kannte er und konnte ihre Selbstlosigkeit, ihre ideale Gesinnung nicht abstreiten, wie Grandpré es allen Männern der Linken gegenüber tat, – ihre Stimme zugunsten gewisser Reformen erhoben, in der Männer der Tat – er dachte an Duvals verächtlichen Blick – mit solch schlichter Größe für ihre Überzeugungen starben, da gab es anderes noch, als niedere Gelüste und neidische Anklagen! ... Hätte man nicht versuchen sollen, gut und gerecht gegen sie zu sein, anstatt sie zu reizen und sie allmählich zu nicht wieder gut zu machenden Handlungen zu treiben? Blieb kein anderer Weg mehr übrig, als die Schlacht zu ordnen und nach der Schlacht der Tod durch Erschießen oder Gefängnis? ...

In einem anderen Lichte erschien ihm jetzt die Welt, in der nicht mehr jedes Ding so fest auf seinem richtigen Platz stand. Nicht mehr war alle Intelligenz, alles Recht auf einer Seite. Hatten nicht die Arbeit, das Elend Anspruch auf eine gerechtere Verteilung des Schicksals? In dieser Kolonne von Gefangenen befanden sich Greise, Kinder, Frauen ... Wer hatte sie dorthin getrieben? ... Mitleid und Befangenheit ergriffen ihn...

Und es waren Franzosen! Gegen durch dieselbe Geschichte, dieselben Instinkte, dieselbe Sprache verbundene Wesen, gegen Wesen, mit denen man für das Vaterland gelitten, mußte er seine Soldatenpflicht erfüllen! Und die Preußen, die auf den Wällen der östlichen Forts saßen und den ganzen Kreis der von ihnen besetzten Städte überblickten, sie schauten »einer der schönsten Armeen, die Frankreich je besessen«, bei solcher Arbeit zu! Ah! Thiers, die Nationalversammlung! ...

Von den beiden Stimmen Bersheims und Grandprés, die er allabendlich um sich hörte, die eine voll Wärme in ihrer rauhen Bonhomie, die andere elegant und kalt in ihrer trockenen Höflichkeit, war es die erstere, die Du Breuil in dieser bangen Minute zu hören glaubte. Waren denn Eisen und Feuer das einzige Mittel, offensichtliche Wunden zu heilen, zu verbinden, zu lindern? War das auch nur zu wünschen? ... Man verzweifelte an den Mitteln der Milde und Güte, bevor man sie noch versucht! Griff man nicht zur Gewalt, um nicht nur das Übel zu entfernen, sondern auch zugleich sich des Kranken zu entledigen?

Diese quälenden Zweifel, die den ganzen Morgen, während er über seiner Arbeit gesessen, ihn verfolgt hatten, verließen ihn auch jetzt, beim Verlassen des Ministeriums noch nicht. Gesenkten Kopfes schritt er durch die Rue Saint-Pierre, als eine Hand sich auf seine Schulter legte.

»Wie geht's?«

Er schrak zusammen und erkannte einen seiner ehemaligen Metzer Kameraden, den Eskadronchef von Francastel, der jetzt dem Generalstab einer der neuen Divisionen zugeteilt war.

Die Niederlage, die Gefangenschaft hatten in dieses eitle Gesicht mit der Adlernase, der niederen Stirn und dem aufgezwirbelten Schnurrbart keine Falte gegraben, kein Lächeln daraus verwischt. Mit alter Geschwätzigkeit begann er eine endlose, von tausend Zwischenfällen unterbrochene Geschichte; sein hohles Gehirn sprang von einem Satz zum andern. Er gefiel sich in seinem hellen Dolman, er war mit sich, mit den anderen, mit den Ereignissen zufrieden. Man konnte sich nun erholen, konnte durch ein Avancement oder ein Kreuz sich den im Dienste der »Gueuse« belohnten Glückspilzen der Verteidigungsarmeen gleichstellen. Indessen führte man ein angenehmes Leben. Dank dem guten Herrn Thiers, der von dem Tage des Falles von Metz an die Nachzahlung der Gage verordnet hatte, immer gefüllte Taschen! Dabei eine höchst angenehme Garnison; die Boulevards waren in Versailles, hübsche Frauen in den Straßen und im Hotel des Reservoirs eine vorzügliche Küche.

Du Breuil wollte an der Ecke der Avenue de Paris eben den lästigen Schwätzer abschütteln, als sich in der Rue des Chantiers ein lärmendes Geschrei erhob. Bürger eilten vorbei mit dem Rufe: »Die Gefangenen kommen!«

»Was für Aufhebens man mit ihnen macht!« sagte Francastel mit liebenswürdigem Lächeln. »Man sollte sie alle niederschießen!«

Und ein heiteres Lied pfeifend, tänzelte er fort. Auf seinen Platz festgewurzelt, wahrend aus den anstoßenden Straßen ein Strom von Neugierigen und Spaziergängern sich ergoß, sah Du Breuil zwischen den Pferden der Chasseurs der Eskorte langsam die ihm am frühen Morgen begegnete Kolonne auftauchen. Er erkannte diese von Ermattung, Schmerz und Haß verzerrten Gesichter wieder. Von dem Marsch, den ausgestandenen Entbehrungen und Leiden erschöpft, schleppten sie sich nun in düsterer Ergebung dahin; ihre Kleider waren zerfetzt und mit Kot bedeckt. Von tausend Lippen rang ein Schrei sich los. Er kam aus dem Spalier der Zuschauer, das sich aus ehrwürdigen alten Herren, bekannten Parisern, Journalisten, Modegecken, aufgeputzten Dirnen, friedfertigen und ehrsamen Frauen, einer ganzen eleganten, gut genährten Gesellschaft zusammensetzte, unter die Gassenkehrer, Camelots und Pferdeknechte sich mischten.

Mit Schmähungen, Geheul und Schimpfworten überschüttet, defilierte der namenlose Zug. Es war, als fände ein jeder in diesen Unbekannten einen persönlichen Feind. Stöcke wurden geschwungen und sausten nieder. Hände krampften sich in die litzengeschmückten Ärmel, Nägel gruben sich tief ins Fleisch. Ein kleiner Kerl mit buttergelben Handschuhen versetzte einem hinkenden Greise, der scheu und verständnislos um sich blickte, einen Backenstreich. Man heulte: »Nieder mit ihnen! Schießt sie tot!« Die Chasseurs mußten ihre Pferde in die Menge treiben, um das ärgste zu verhüten.

Du Breuil sah den blutgetränkten Kreuzweg wieder vor sich, den Duvals Stiefel schwenkenden Reiter, die drei auf der kleinen Wiese ausgestreckt liegenden Leichen ... Und stürmisch klopfenden Herzens, die Ohren noch erfüllt von dem Lärm, der mit der Tete der Kolonne sich jetzt bis zu den Grandes Ecuries fortpflanzte, entfernte er sich, von Grauen erfaßt. In Gedanken erklomm er wieder den Kalvarienberg nach Montmartre ... Er schritt durch die Rue des Rosiers, ein Bajonett richtete sich gegen ihn, die mordgierige Meute folgte ihm mit tierischem Geheul.

Gewiß, dort hatte er die gemeine Bande von verblühten Straßendirnen, rasenden Megären, bleichen Kupplern kennen gelernt. Und doch waren jene, von Elend und Laster zerwühlten Gesichter nicht abstoßender als die, welche er soeben in der ganzen abstoßenden Nacktheit tierischer Wut gesehen hatte, die Gesichter reicher, gereifter, gebildeter Leute, zufriedener Familienmütter, junger Frauen, glücklich liebender und des Lebens sich freuender junger Männer, wohlbeleibter Greise.

Er verlebte einen traurigen Nachmittag. Spärlich nur sickerten die Nachrichten. Unter dem Feuer der Forts von Vaures und Issy hatten die von dem Gewehrfeuer stark hergenommenen Brigaden La Mariouse und Derroja wohl Clamant erstürmt, der verwundete General Pellé war jedoch durch General Péchot ersetzt worden und seine Division hatte unter der schweren Festungsartillerie so sehr gelitten, daß gegen vier Uhr eine frische Division sie ablösen mußte. Die an Kaliber und Schußweite geringeren Feldgeschütze blieben machtlos. Die Festungs- und Marinegeschütze konnten erst in einigen Tagen aufgestellt werden.

Oberst Laune sagte sorgenvoll im Vorübergehen zu Du Breuil:

»Sie besitzen ein beträchtliches Material, geschickte Stückrichter, feste Mauern. Wir werden nicht sobald ans Ziel kommen! Eine zweite Belagerung beginnt.«

Zwei Tage später kehrte Martial von Montmartre, wo er bei seinen Eltern gefrühstückt hatte, zurück. Er ging jetzt häufiger zu ihnen, denn er mied so viel wie möglich sein Stadtviertel. Seine Lage wurde schwierig, besonders seit gestern; ein Dekret Cluserets, betreffend die Reorganisation der Nationalgarde, teilte dieselbe in neue Bataillone, ansässige und aktive, von denen letztere alle unverheirateten Bürger zwischen siebzehn und fünfunddreißig Jahren umfaßten; und Martial, den der Gedanke, mitmarschieren zu sollen, immer heftiger abstieß und der schon seit seinem Austritt argwöhnisch betrachtet wurde, witterte nun eine mögliche Denunziation.

Keine Illusion mehr! das war der Krieg ohne Gnade und Erbarmen. Das Getöse der unter dem leuchtenden Himmel rollenden Kanonade, ununterbrochen wie in den trostlosen Wintermonaten, umhüllte die Stadt mit höllischem Lärm. Es donnerte im Süden von Vaures und Issy her, im Westen von Neuilly herüber.

Als er in die Rue Lafitte einbog, sah er zwischen zwei Gardisten und einem Haufen halbwüchsiger, hohnlachender Burschen einen Geistlichen vorüberführen. Es wurden seit vorgestern viele Priester verhaftet, der Pfarrer der Madeleine, der Erzbischof Monseigneur Darboy sogar. Einige Schritte weiter hatten etliche Föderierte einen Zeitungsverkäufer überfallen und entrissen ihm, zu seiner größten Verzweiflung den Pack frisch gedruckter Blätter, die er einzeln zusammenzufalten eben im Begriffe war. Tags vorher waren der Constitutionel, das Journal des Débats, das Paris-Journal konfisziert und aufgehoben worden. Martial zuckte die Achseln: »So steht es mit der Freiheit!«

An der Ecke des Boulevards stieß er mit Thérould zusammen. Der lächelnde und aufgeputzte Bummler – er hatte frische Wäsche und einen neuen Rock an – öffnete die Arme zu einer theatralischen Umarmung.

»Halte ich dich, Treuloser! Der Herr ist nicht leicht zu treffen ...«

Unwillkürlich lächelte Martial dem alten Kameraden zu:

»Donnerwetter, welcher Luxus! Man sieht, daß du jetzt ein Würdenträger bist.«

Thérould streckte den Arm mit augustischer Majestät aus:

»Nimm einen Posten an, Cinna! Ich suchte dich diese letzten Tage, um dir einen solchen anzubieten. Man braucht in der Präfektur intelligente Männer. Willst du Untersuchungsrichter werden?«

Martial machte eine bezeichnende Grimasse.

»Bureauchef? ... Nein? Der Herr fühlen nicht den Beruf dazu in sich? Du tust unrecht daran, mein Alter! Es ist was Feines, was ich dir da anbiete. Tu tätest gut daran, wo unterzukriechen. Von dort hätte man dich nicht geholt, um dir die Flinte über die Schulter zu werfen. Kann dir sonst passieren! ... Andere sind nicht so wählerisch, wie du. Mußtest nur die Überschwemmung von Stellensuchenden sehen, gleich am ersten Tag. Dieses Gedränge in den Vorzimmern! ... So eine neue Regierung, die hat alle Taschen voll Stellen ... Als man aber erfuhr, daß die Kommune schlecht zahle und keine reiche Regierung sei, und daß die Kanonen mit von der Partie seien, da machten alle Bürger eiligst kehrt. Keiner blieb mehr zurück, als die guten Kumpane und jene Leute, die arbeiten, wo sie können, denn man muß doch satt werden, nicht? ... Jetzt sind die Rahmen auf gut Glück ausgefüllt. Es sind da wohl noch einige Spione von Versailles, den großen Haufen aber bilden arme Schlucker und kleine in Samen geschossene Beamte... Deshalb ist's doch nicht schlimmer ... Im Gegenteil! ... Potztausend, Thiers hat ordentlich aufgeräumt! Man denke, daß Grousset und Arnould am ersten Abend im Ministerium des Auswärtigen niemand zum Installieren vorgefunden haben als den Portier und den Zimmerputzer! ... Sag' mal, wenn dieses Werkel dir mißfällt, soll ich dich im Louvre festnageln? Du weißt, die Künstlervereinigung kann mir nichts verweigern. Papa Courbet braucht nur ein Wort zu sagen, und man teilt dich dem Konservierungsamte zu ...«

Martial zuckte die Achseln ... In seiner Unabhängigkeit hatte er einen Widerwillen gehabt gegen Maler, Bildhauer, Künstler, die mehr in Idealen, als in Farben und Marmor arbeiteten, die bisher ihr Leben damit verbracht hatten, die Verwaltung zu bekritteln, und die sich nun selbst zu einem Posten bei der Verwaltung drängten: zu Kommissionen, Sub-Kommissionen, Berichten ... Er empfand für den Führer der Gruppe, den Maler von Ornans, mehr Bewunderung als Sympathie. Thérould mißverstand die Geste seines Freundes:

»Du glaubst vielleicht, daß nichts mehr zu konservieren übrig ist? Da irrst du ... Einige besonders wertvolle Gemälde ausgenommen, die vor der Belagerung nach Brest in Sicherheit gebracht wurden, sind die Galerien vollständig, und das Publikum wird sich bald wieder nach Belieben darin ergehen können. Von den Skulpturen fehlt nur die Venus von Milo, die Jules Simon bei uns in einem Keller der Polizeipräfektur vergraben hat ... Wenn nur die Arme ihr nicht abfallen.«

An dem Tischchen im Kaffeehaus, wohin er Martial geschleppt, setzte er seinen beredten Monolog fort, während er seinen Zucker feierlich Tropfen für Tropfen mit blaugrünlichem Absinth begoß. Martial bemerkte das leichte Zittern der knochigen Hand, sein Blick glitt über das noch magerer gewordene Gesicht mit der roten Nase und den roten Flecken auf den Wangen. Thérould genoß in vollen Zügen den Taumel dieser in einer ununterbrochenen Kette aufregender Ereignisse verfliegenden Wochen. Es war dies die Revanche für Jahre der Erniedrigung, ein unvergällter Triumph; das stolze Gefühl, befehlen zu können, die leichten Liebesabenteuer mit leichten Dirnen, die linde Luft dieses Frühlings, all das versetzte ihn in einen Rausch, den ihm die Kommune zu einem endlosen Fest, zu einem tollen Karneval machte. Von einer inneren Alkoholsonne erhitzt, sah er alles in rosigstem Lichte. Indessen war Martials Kälte so merklich, daß selbst er sie empfand und mit tränenvoller Stimme und spöttischer Rührung fragte:

»Was ist? Bist du nicht mehr unser Bruder? Du bist uns böse!«

Martial, der eine Auseinandersetzung gern vermieden hätte, machte eine abwehrende Handbewegung. Doch Thérould wurde hitzig:

»Ich habe es ja immer gesagt, daß du nicht für's Volk bist! Was wirfst du uns denn eigentlich vor?«

Martial blickte ihn fest an:

»Nun denn, ja, da dein Gewissen es dir nicht sagt, ich betrachte die Dekrete, mit denen deine Herren uns seit einigen Tagen überschwemmen, als einen albernen Mißbrauch ihrer Macht, Gott sei Dank, kein Mucker. Auch spreche ich gar nicht von der Abschaffung des Kultusbudgets, von der Trennung von Kirche und Staat. Dafür bin ja auch ich dem Prinzip nach! ... Dies hindert mich jedoch nicht, zu finden, daß ihr ein wenig zu scharf ins Zeug geht; die Frage ist verzwickter, als ihr glaubt! Und dann, wenn ihr glaubt, mit Reformen von solcher Opportunität die Nationalgarde ernähren und neue Soldaten anwerben zu können! ... Da seid ihr stark auf dem Holzweg! ... Mögt ihr, der Munizipalrat von Paris, immerhin dekretieren, daß Kirche und Staat in Frankreich getrennt sein sollen, Frankreich schlägt euch ein Schnippen und lacht euch ins Gesicht. All das sind doch nur Worte! Und Worte, die euch mehr schaden als nützen!«

Mit majestätischer Würde versetzte Thérould:

»Wir arbeiten für die Zukunft. Es gilt, den Aberglauben aus seinen Höhlen zu treiben, dem Polypen die Arme abzuschneiden, mit denen er das menschliche Gewissen umstrickt und erwürgt, die Niederträchtigkeit zu vernichten! Rigault sagte zum Erzbischof: »Seit achtzehn Jahrhunderten tyrannisiert ihr uns! Jetzt ist's vorbei damit!« Man mußte nur dabei Darboys Gesicht sehen! ... Ich befand mich gerade in Rigaults Kabinett ... Ein merkwürdiger Kerl, dieser Rigault, ein Typus! Darboy tritt mit ausgestreckten Armen ein: »Meine Kinder!« »Es gibt hier keine Kinder«, erwidert ihm Rigault, »sondern Bürger und Beamte der Kommune!« ... Tags zuvor stand ein Jesuit vor der Untersuchung: »Ihr Beruf?« – »Diener Gottes.« – »Wo wohnt Ihr Herr?« – »Überall!« Da wendet sich Rigault um und diktiert mir: »Schreiben Sie: Ein Soundso, angeblich Diener eines Herrn namens Gott, vagabondierend!« – Das ist nicht schlecht, das gleicht die Distanzen aus!«

»Das ist albern«, sagte Martial, »albern und geschmacklos! ... Und wenn ihr euch noch an solche Karrikaturen hieltet! Aber harmlose Geistliche zu Dutzenden zu verhaften! Ich sah vorhin eben einen abführen... Trennt, so viel ihr wollt! Aber nehmt nicht mit solcher Willkür gefangen.«

»Halt da!« rief Thérould; »sie brachten die Kultusobjekte beiseite ... Das ist öffentliches Geheimnis.«

»Das muß noch bewiesen werden«, beharrte Martial ... »Und ihr nehmt nur Geistliche gefangen? Und Bonjean? Und die anderen? ... Es gibt augenblicklich in Paris fünfhundert politische Gefangene! Gestehe nur, daß Ihr euch gut vorseht, um euer schändliches Dekret von heute morgen auf die Geiseln anzuwenden! Jede des Einverständnisses mit Versailles überführte Person in den Anklagestand versetzt und ins Loch gesteckt! Jeder Angeklagte wird als Geisel zurückbehalten, und jede summarische Hinrichtung in Versailles wird hier mit einer dreifachen Hinrichtung beantwortet! Jeder Kriegsgefangene untersteht diesem vortrefflichen Gesetz! ... Aber bei einem solchen System könnte morgen ganz Paris unter Schloß und Riegel sitzen... Thédenat, mein Vater, ich selbst ... Ihr übt nur das Recht der Wiedervergeltung, willst du sagen? Als wären der Erzbischof und der Pfarrer der Madeleine mit dem Chassepot in der Hand getroffen worden! Das ist ungeheuerlich! Das ist Barbarei aus der Vorzeit! Weißt du, was ihr tut? Ihr ahmt den Preußen nach, ihr betragt euch nicht wie Franzosen! Da braucht ihr euch nicht zu rühmen, eine Regierung der Gerechtigkeit und der Freiheit zu sein!« Er war lebhaft geworden. Thérould, der andächtig in kleinen Zügen seinen Absinth kostete, unterbrach sich und stellte sein Glas nieder:

»Erhitze dich doch nicht, mein Alter! ... Schießen sie denn nicht auch auf unsere Ambulanzen? ... Und Flourens? Und Duval? Und alle jene, die Versailles hinwegfegt? ... Und jene, die man soeben begräbt?«

Ach ja! Martial wußte es, mit welcher Erbarmungslosigkeit der Krieg wütete. Er hatte die Proklamation gelesen, die General Galliffet am Morgen des großen Ausfalls in Chatou hatte ausrufen lassen, worin er verkündete, an den seine Soldaten mordenden »Banditen von Paris« ein Exempel statuieren zu wollen. Er hatte die eingehenden Berichte über Flourens' Tod gelesen. Über Duval hatte eine unwahrscheinliche Legende sich verbreitet ... Vinoy habe gefragt: »Was täten Sie, wenn Sie mich in Ihrer Gewalt hätten?« Und Duval habe mit seiner Antwort: »Ich ließe Sie erschießen ...« sein eigenes Urteil gesprochen ... Wie schrecklich waren schon diese unmittelbaren Repressalien! Aber erst die Geiseln! Das heißt: fast lauter Unverantwortliche, Unschuldige! ... Nein, das war himmelschreiend...

Thérould verstärkte seinen Absinth, kostete ihn, schnalzte mit der Zunge und fuhr mit halblauter Stimme fort:

»Ich werde dich in Verwunderung setzen. Jenes Dekret ist ein Dekret der Humanität. Ja wohl, der Vorbeugung. Ohne dieses Dekret hätte man schon Auge um Auge, Zahn um Zahn geantwortet. Im Rathaus hat man sich fast gebalgt. Die Eifrigen, mit Urbain und anderen, wollten, daß man eine gewisse Anzahl speziell unter den Geistlichen ausgewählter Reaktionäre unverzüglich erschieße; Versailles wäre dann wohl zur Besinnung gekommen ... Aber Delescluze – der Alte hat noch immer ein weiches Herz – hat den Beschluß auf dem Papier gestrichen. Das Dekret bellt, aber es beißt nicht. Es ist nur ein Schreckschuß! Ja« ... er näherte seine Lippen Martials Ohr – »die Majorität ist stillschweigend übereingekommen, es nicht anzuwenden. Beweis dafür ist, daß die Anklagejury, die heute eingesetzt werden sollte, noch lange nicht einberufen wird ... Das überrascht dich? Und doch ist es so! ... sage ich dir. Die Kommune ist ja von idyllischer Sanftmut, wahre Schafe!« beteuerte er mit wieder erhobener Stimme. »Die Bewohner des XI. Arrondissements haben soeben zu Füßen der Voltairestatue die Guillotine verbrannt... Tod der Todesstrafe.«

»Wie rührend!« versetzte Martial. »Höre doch nur, wie dort hinten das Chassepot und die Kanonen arbeiten. Wenn man die auch noch abschaffte, da man schon an der Arbeit ist!«

Er wußte, in welchen Träumen die Revolutionen sich wiegen, welch seltsames Gemisch von Humanitätsfanatismus und Grausamkeit ihren Paroxismus kennzeichnet: der philantropische Wortschwall der Zeitungen und der Klubs mit den schlimmsten Gewalttaten abwechselnd! Die Extreme berührten sich. »Die süßen Tränen der Empfindsamkeit ...« Blutige Tränen! ...

Thérould machte verdrießlich eine Gebärde, als wollte er einen lästigen Gedanken abschütteln. Auch ihn verfolgte jenes unheilschwangere Getöse. Er wollte es nicht hören ... Wozu daran denken? Paris mußte doch Sieger bleiben! Und gerührt, – ebensosehr durch die Leere seines Glases als durch die Anwesenheit seines alten Kumpans –, zog er ein dickes Portefeuille aus seiner Tasche und entnahm demselben verschiedene Papiere, Polizeinoten, Forderungen, Theaterbillets:

»Ein Fauteuil für ›Le Canard aux trois becs‹ in den Folie-Dramatiques? – Nein! Also eine Loge für ›Le Conte des Feés‹ in den Délais-Com?« – Er küßte seine Fingerspitzen: »Eine Darstellung – ich sage nichts weiter! Und Trikots, wie in den besten Zeiten ... Auch nicht? Dann also ›L'Ange de Minuit‹, ›La Grâce de Dieu‹? Du brauchst nur zu sagen ...«

Die Theater fuhren fort, zu spielen und wurden von einem getreuen Publikum von Gleichgültigen und Leichtfertigen besucht, die in der überhitzten Atmosphäre der Säle lachten und weinten, als spielte sich nicht um sie her die furchtbarste der Tragödien ab.

Thérould dämpfte die Stimme:

»Da du meine Anerbieten verschmähst – man weiß nie, was geschehen kann! – da, nimm hier dieses kleine Ding, das dir oft von Nutzen sein kann. Du brauchst nur noch deinen Namen darauf zu schreiben.«

Er reichte Martial einen Passierschein, der, von Rigault unterzeichnet, in blauem Stempel die Worte trug: Pariser Kommune. – Französische Republik, und in der Mitte: Allgemeine Sicherheit. Er setzte hinzu:

»Damit findet man überall Einlaß.«

Gerührt ergriff Martial den kostbaren Zettel. Dieser verteufelte Thérould war im Grunde doch ein guter Kerl.

»Sieh nur!« sagte der Farbenkleckser.

Auf dem Trottoir, wo das Gedränge immer dichter wurde in der Erwartung des Zuges, dessen Trauerklänge man von ferne vernahm, rief er einen vorübergehenden Bataillonschef an, der ein kleines Käppi verwegen auf den dicken Kopf gesetzt trug und dessen langer schwarzer Bart über den neuen Rock herabwallte.

»Fernol!«

Der neuernannte Toulousaner blieb breitbeinig stehen. Er trug mit großem Selbstgefühle die Abzeichen des Zentralkomitees, die Rosette und die rote Schärpe mit den silbernen Fransen, Litzen bis zur Schulter und einen wehenden Mantel mit scharlachroter Binde.

»Eine Grüne?« schlug Thérould vor.

»Nein«, versetzte Fernol, »ein Glas Mandelmilch.«

Und dem einschänkenden Kellner befahl er:

»Viel Sirup!«

Der dicke Mann mit der dröhnenden Stimme und der schwarzen Löwenmähne war ein großer Verehrer von Süßigkeiten: beständig nährte er seine bombastischen Reden mit Bonbons und Zuckerwerk.

»Nun, Bürger, was sagt ihr zu der Proklamation des Komitees? Gelungen, was?«

Thérould stimmte eifrig zu.

Das Zentralkomitee hatte, den Umstand benützend, daß die Kommune die Bedingungen des Kampfes noch nicht genau formuliert hatte, soeben ein Manifest veröffentlicht, das die Ereignisse in ihrer wahren Bedeutung darlegte; das Bürgertum gegen das Proletariat gerüstet, der große Kampf des Parasitentums gegen die Arbeit, der Ausbeutung gegen die Produktion. Dieser feurige Aufruf an die Arbeiter, von deren Energie jetzt das Glück des Landes abhing, hatte durch seine Ehrlichkeit und seine Kraft einen tiefen Eindruck auf Martial gemacht. Einzelne Sätze kamen ihm wieder ins Gedächtnis, wie: »Wenn ihr es müde seid, in Unwissenheit zu vegetieren und im Elend zu verkommen, wenn ihr wollt, daß euere Kinder zu Menschen werden, die die Früchte ihrer Arbeit ernten, nicht für die Werkstätte und den Kampf dressierte Arbeitstiere ... Wenn ihr nicht wollt, daß euere Töchter, die ihr nicht nach euerem Wunsche erziehen und bewachen könnt, Werkzeuge des Vergnügens in den Armen der Geldaristokratie seien ... usw.« In diesen bitteren Anklagen lag ein zu großer Kern von Wahrheit, als daß der Sohn des Republikaners Poncet, des Freundes der Armen, nicht davon hätte ergriffen sein müssen. Mit Bedauern und Sympathie gedachte er der Simons. Es war nicht zu leugnen, in diesen Volksbestrebungen, welche die Vertreter des Volks zu gefährden im Begriffe standen, war vieles berechtigt.

»Ja«, erklärte Fernol, »wir haben gesagt, was die Kommune hätte sagen sollen!«

Sein Achselzucken verriet den Antagonismus, mit dem die beiden Gewalten einander gegenüber standen, die ihre Autorität eifersüchtig wahrende Kommune und das Komitee, das unter dem auf ihm lastenden Drucke litt, fortwährend einzugreifen suchte und auf den geeigneten Augenblick lauerte, um wieder das Ruder an sich zu reißen. Nachdem es widerwillig das Rathaus geräumt, hatte es jetzt seinen Sitz in der Rue de l'Entrepot, hinter dem Zollamt.

»Und da mußte man noch«, fuhr der Prahler fort, »die Eigenliebe dieser Herren schonen und sofort eine zweite Proklamation erlassen, um zu erklären, daß man sie nicht in den Hintergrund drängen wolle. Für die Arbeit, die sie leisten!«

Ein Gemurmel durchlief die Menge. Der erste Wagen war in Sicht, Martial bezahlte schnell seine Rechnung. Ernst geworden, erhoben sich die drei Männer und trennten sich; Fernol und Therould gingen dem Zug entgegen, um ihre Plätze darin einzunehmen, während Martial blieb, um sich das Schauspiel anzusehen. Ein Bataillon von jungen Freiwilligen, die Rächer von Paris, in der Uniform der Chasseurs zu Fuß, eröffnete den Zug. Musikkapellen der Nationalgarde folgten. Die dumpfen Wirbel der mit Trauerflor umhüllten Trommeln wechselten mit den schrillen Klängen der Trompeten ab. Dann kamen zwischen zwei Reihen von Nationalgardisten mit gesenkten Waffen drei ungeheure, von schwarzen Pferden gezogene Wagen, die unter der schwarzen, mit silbernen Sternen gestickten Draperie ihre Last von Särgen trugen. Zwischen grünen Palmzweigen und Immortellenkränzen flatterten an den vier Ecken Bündel von roten Fahnen. Hinter den Wagen schritten, den Kondukt anführend, Mitglieder der Kommune in ihren dunklen Gewändern und den roten Schärpen; dann die Angehörigen der Toten, trostlose Frauen und jammernde Mütter, endlich eine unabsehbare, andächtig blickende Menge und, den Zug beschließend, eine endlose Kolonne von Bataillonen ...

In einem derselben marschierten im Begräbnisschritt die drei Simons. Von Beaujou an, wo die Toten mit enthüllten Gesichtern zum letzten Abschied von den Ihren aufgebahrt gewesen, entrollte sich der Trauerzug mit jenem ostentativen Pomp, der die Phantasie der beim Vorüberziehen der Leichenwagen das Haupt entblößenden Menge entflammte und die Nerven der Tausende und Tausende den Wagen folgenden Teilnehmer erschütterte.

Von dem Schmerze dieses Volkes gerührt, das bleichen Angesichtes den Zug der für Paris und die Lebenden, die sie rächen sollten, Gefallenen betrachtete, hing der alte Simon seinen bitteren Gedanken nach. Seinen struppigen Kopf senkend, fühlte er sich fern, fern von seinen Söhnen, die an seiner Seite schritten.

Louis empfand bei dem großen Schauspiel, an dem sie beteiligt waren, weniger Traurigkeit, als die Erhabenheit der erwiesenen Huldigung. Man ehrte die Toten in würdiger Weise. Welch schone Apotheose für Kinder des Volkes! Ein Gefühl des Stolzes beseelte ihn, das seine kraftvolle Jugend durchglühte und ihm heißere Lebensfreude in die Seele goß. Die Niederlage von neulich, die täglich wiederkehrende Unruhe und der stets frisch geschürte Zorn entflohen, wie Nachtvögel vor dem Lichte. Diese vom scharfen Wind der Revolution gepeitschten Wochen voll Sonnenschein und Himmelsbläue, sie waren für ihn der Rausch der Liebe, Rosens strahlendes Gesicht. Weit davon entfernt, ihn zu erschrecken, erschien ihm die Aussicht auf den bevorstehenden Kampf als eine natürliche Sache und freudig fühlte er bei diesem Gedanken alle Kräfte in sich schwellen.

Anatole, der sich äußerlich zu einer ernsten Miene zwang, lachte innerlich über die tausend kleinen Komödien, die er an Dingen und Menschen wahrnahm. Ein solches Begräbnis, das war ein Schaustück, ebenso schön wie im Ambiju! In seinem knabenhaften Übermut, der keine Ehrfurcht kannte, amüsierte er sich über alles, über das Leben und über den Tod.

Das Bataillon erreichte den Bastilleplatz; schon hatten die Wagen die Runde beendet und ihre Leichen vor den Überresten der Toten von 1848 vorübergeführt, als wollten die Opfer der Gegenwart, für jene der Vergangenheit zeugend, bevor sie gleich ihnen in das geheimnisvolle Schattenreich versanken, die Fortdauer, die Unsterblichkeit ihrer Sache verkünden. Simon sah die Tete des Trauerzuges in die Rue de la Roquette einbiegen und sich dem Père-Lachaise, dem Nichts des gemeinsamen Grabes zuwenden.

Während er sich der Säule näherte, deren Sockel immer noch unter dem Haufen von verwelkten Blumen und Bannern verschwand, und von deren Spitze die rote Fahne in den Händen des goldenen Genius über der Stadt flatterte, gedachte er jenes hoffnungsvollen Tages, da vor sechs Wochen das waffenlose Bataillon einen Kranz auf diesen friedlichen Altar der Republik niedergelegt hatte.

Eine lichte Morgenröte war nach der langen Nacht der Belagerung über dem niedergeschmetterten Paris und seinen wunden Herzen aufgegangen. Mit welch tiefer Gläubigkeit hatte er sie begrüßt! Mit welcher Glut hatte er vor acht Tagen noch, auf dem Rathausplatze, in den begeisterten Hoffnungsschrei der Menge eingestimmt, der sich mit den Freudensalven und der Festmusik vermischte. Das Zentralkomitee übergab Paris und seine Geschicke der Kommune. Eine Friedenssonne vergoldete mit blendendem Lichte den Horizont.

Naiver Narr, der er gewesen, daß er ohne die ewigen Feinde, die Klassen der Unterdrückung, ohne die ganze Vergangenheit gerechnet, die nur darauf lauerte, die Zukunft zu erwürgen! Die von ehemals, die Krautjunker und die Priester, die von jetzt, die Bürger, die mit seit der Revolution gefülltem Magen nur die eine Sorge kannten, um jeden Preis ihren Platz an der gedeckten Tafel zu behalten und die Hungernden, das sich erhebende Volk, zu hindern, sich daran zu setzen. Ein bitterer Geschmack legte sich ihm auf die Zunge und er spie aus, wenn er an die Deputierten von Paris dachte, die dort in Versailles fast alle schwiegen und den Rücken krümmten, nachdem sie ihrer Pflicht vergessen. Wo war der Louis Blanc von einst? Mit Ausnahme von Clemenceau, Lockroy, Floquet, Millière, die jede Gemeinschaft mit der Nationalversammlung von sich wiesen, fast alle gealtert, kleinmütig und verzagt ...

Ah! diese Bürger! Er dachte an alle jene, die mehr oder weniger schnell die Reihen verlassen hatten, Delourmel, Martial ... Er bewahrte ihm eine mürrische Freundschaft voll Groll und Bitterkeit ... Selbst die Guten waren verdorben. Es war noch immer die gleiche Geschichte: das Jahr 1871 war die Wiederholung von 1848. Wieder kämpfte und starb das Volk für seine Rechte. Ganz nahe von hier war die Stelle, wo er in jenen Junitagen, vor der Barrikade, bei der Kirche Saint-Paul, mit seiner teueren Bürde, dem verwundeten Jean-Louis, zu Boden gesunken war ... Es war ihm, als würde das Bein ihm schwer und schwerer.

Er glaubte die mit Leichen angefüllten Straßen wieder vor sich zu sehen, die Agonie der Sterbenden, die schleunige Flucht ... Weit vor ihm schwankten die Trauerwagen. Für einen Augenblick schwieg das dumpfe Rollen der Trommelwirbel. Dann vernahm er ein anderes, ersticktes und schauriges Rollen, Vanves, Issy, Neuilly, das wirre Getöse der Schlacht ... Mochte man noch so tief ins Fleisch der Niederen schneiden, es blieb noch immer genug! Er dachte an den unseligen Marsch gegen Versailles.

Wie einen Vorwurf, einen bösen Traum trug er die Erinnerung an den mißglückten Ausfall in sich. Als die Granaten des Mont-Valerien Bergerets Kolonne gesprengt, war sein als Nachtrab aufgestelltes Bataillon von der Panik zurückgedrängt und mit fortgerissen worden. Mit heißer Rachgier im Herzen ausgezogen, war er in Verzweiflung über die Niederlage heimgekehrt. Er hatte nichts begriffen, er räsonnierte nicht, er wußte nur, daß man wieder besiegt war. Doch noch war nicht alles zu Ende. Die Versailler konnten nicht mit Gewalt Paris bezwingen, wo die Preußen mit ihren zahllosen, siegreichen Armeen gescheitert waren! Man mußte auf den Wällen, in den Straßen weiterkämpfen, und man sollte sehen! In diesen Entschluß legte er all die verhaltene Energie seines Lebens, alle zähe Willenskraft seiner Jahre des Elends und der Hoffnung, die Wut über die letzte Enttäuschung. Und konnte man nicht siegen, so würde man zu sterben wissen!

Unaufhörlich donnerten die Kanonen.

Tags zuvor hatten die Versailler Truppen sich bei Chatillon zusammengezogen und ihre Vorposten und Linien von dem mörderischen Feuer der Forts zurückgezogen, während sie gegen Courbevoie zu bis vor Neuilly vorgedrungen waren, wo Galliffet mit seinen drei Regimentern und den von Sevres gekommenen Gendarmen sich anschickte, das Zurückweichen der Föderierten zu benützen, um die Brücke zu erstürmen. Da wurde ihm in respektvoller Weise von Oberst Cholleton und dem Gendarmeriekommandanten ein eventueller Befehl Thiers' entgegengehalten: das Verbot, den Fluß zu überschreiten. Der General referierte darüber dem methodischen Staatsmann; die formelle Ordre, sich nicht zu rühren, wurde bestätigt.

Und das war dieselbe Brücke mit den heute von Gewehren starrenden Barrikaden, welche die Brigaden Péchot und Besson am Morgen angegriffen hatten. Ein blutiger Kampf, in dem die beiden Generäle, tödlich getroffen, fielen. Die Föderierten führten die Kanonen der Barrikade bis zu den Wällen zurück, von den regulären Truppen gefolgt, welche den Kampf bis nach Neuilly ausdehnten. Der Mont-Valerien unterstützte die Bewegung und sandte Granaten und Kartätschen gegen die Umwallung. Die Geschosse hagelten weit übers Ziel hinaus, über Neuilly und bis zu den Champs-Elysees und den Ternes.

Als Thédenat, durch Martial von dem Rendezvous, das Poncet ihm gab, benachrichtigt, bei Anbruch der Dämmerung seine Wohnung verließ, hatte das ferne Getöse sich beruhigt. Die Versailler kehrten über die Brücke zurück; die Zuschauer des Kampfes, – Neugierige und Müßiggänger aller Art und von ihren Equipagen aus lorgnettierende Engländerinnen, – die sich alle beim Arc de Triomphe angesammelt hatten, auf den Ketten stehend, an den Wagen hängend, suchten ihre Häuser wieder auf. Seit langem waren die Grabreden auf dem Père-Lachaise verhallt, die Stadt war zu ihrem gewohnten Abendleben zurückgekehrt, die Kaffeehäuser waren voll, die Theater öffneten sich; und oben in ihrer Küche bewunderte Frau Thédenat als gute Hausfrau die Vorräte, die Martha Villoir soeben von der Eröffnung des Schinkenmarktes heimgebracht hatte. Man mußte für die Hungersnot vorsorgen, da die Belagerung von neuem begann.

Während Thédenat sich dem rechten Ufer zuwandte, rekapitulierte er die seit dem Besuche bei Jacquenne getanen Schritte und deren Resultate. Die Versöhnungsbewegung fand mehr Anhänger, als man anfangs gehofft. Überall bildeten sich Komitees, wurden Adressen redigiert, Versammlungen abgehalten, denen die gemäßigten Blätter ihren Beifall zollten. Zwischen dem Proletariat und den führenden Klassen erstand eine Partei des arbeitenden Bürgertums, die gleich weit von der Gewalttätigkeit der einen, wie von der reaktionären Gesinnung der anderen entfernt war. Den 4. hatte, gleichzeitig mit den von der Liga, welcher Thédenat und Poncet angehörten, eingeleiteten Schritten, eine aus den Industrie- und Handelskreisen organisierte Gruppe, die Union nationale des Chambres syndicales den Beschluß gefaßt, zwischen der Nationalversammlung und der Kommune zu vermitteln.

Das war derselbe Tag, an dem Thédenat und Poncet mit einigen ehemaligen Bürgermeistern, einigen früheren Deputierten und Notabilitäten der republikanischen Partei sich an Ranc gewandt hatten, dessen Patriotismus und Klugheit sie kannten, um ihn zu bitten, seine Kollegen vom Rathaus zu sondieren. Vergebliche Müh'! Die Kommune würde eher bis zum letzten Atemzuge kämpfen, als sich in Unterhandlungen einlassen. Das bewies der die Geiseln betreffende Erlaß. Ranc hatte daraufhin seine Demission gegeben, von Ulysse Parent und Ernest ??Lefebvre gefolgt.

Tags zuvor hatte man, in den Bureaus des Avenir national versammelt, gleichzeitig mit dem Jacquenne dargelegten Programm, einen Aufruf an die Einwohner unterzeichnet, worin sie für den nächsten Abend zu einer großen Friedenskundgebung in die Börse einberufen wurden.

Dorthin begab sich jetzt Thédenat. Poncet erwartete ihn im Café de la Bourse. Ja, je länger er darüber nachdachte, je mehr erkannte er es als ihre Pflicht, der Kommune zuzurufen: »Beschränket euch auf die Errichtung der munizipalen Freiheiten; verpflichtet euch, euer Mandat niederzulegen, sobald ein gerechtes, euere Rechte wahrendes Gesetz euch zu freien und legalen Wahlen beruft!« Und Versailles sollte man zurufen: »Höret auf den Schrei der öffentlichen Meinung, die Zeit drängt; votiert unverzüglich für republikanische Institutionen! Keine Gesetzentwürfe mehr, die zu ebensovielen Brandfackeln der Zwietracht werden!« ...

Älter jedoch, als der Chemiker, und weniger auf die Intelligenz und die Güte der Menschen vertrauend, vermochte Thédenat sich kaum einer unbezwinglichen Traurigkeit zu erwehren. Ihm tönte noch Jacquennes schrille Stimme im Ohre. Wie durfte man hoffen, ohne materielle Macht, durch bloße moralische Überredung, all diese Wahnsinnigen zum Niederlegen der Waffen zu bewegen, besonders, da schon Blut geflossen und schauriger Leichengeruch sie berauscht?

Als er den Platz betrat, wimmelte dieser von einer vor den geschlossenen Toren der Börse angesammelten Menge; an einem der Tore war ein mit der Hand geschriebener Zettel befestigt, der die Aufhebung der Versammlung verkündete. Thédenats Ahnung hatte ihn nicht getrogen. Er trat zu Poncet, der in großer Erregung in einer Gruppe von Freunden stand; bald war eine Proklamation der Kommune plakatiert, und hundert Köpfe drängten sich hinzu, sie zu lesen. Entrüstete Stimmen kommentierten sie und Stellen wie: »Die Reaktion nimmt alle Gestalten an, heute die der Versöhnung ... Die Versöhnung mit den Spionen und den Verrätern!« ... liefen von Mund zu Mund.

Thédenat erkannte Jacquennes Wort: »Unter solchen Umständen ist es ein Verrat«, und mit tiefem Schmerze las er weiter die Zeilen: »Jede Kundgebung, die geeignet ist, die Ordnung zu stören und während der Schlacht den Bürgerkrieg zu schüren, ist von der Gewalt aufs strengste untersagt.« So also beurteilte und behandelte man die Ehrlichkeit und Selbstlosigkeit ihrer Absichten, so traten die hochmütigen und brutalen Herren im Rathaus die öffentliche und die private Freiheit mit Füßen! Sie zogen den ruchlosen Krieg der Verzichtleistung auf ihre Macht vor ...

Allein kehrte er müden Schrittes in dunkler Nacht heim. Schwer drückte die Last seines Alters und seiner Ohnmacht seine gebeugten Schultern nieder ... Entmutigt erkannte der Kenner der Geschichte, daß die Lehren der Vergangenheit und der menschlichen Erfahrung kaum je dem Wahnwitz der Lebenden würden dienen können. Durch seine Erinnerung taumelte die Wut der Bürgerkriege, der schauerliche Brudermord des ewigen Kain ... Diese Kriege, denen an Haß keine anderen gleichkamen, durch die wildesten persönlichen Interessen entfacht, durch dasselbe Blut vergiftet, von tierischem Vernichtungsrausche trunken und von unersättlichem Blutdurst erfüllt! ... Sollten auch diesmal die feindlichen Brüder den Kampf bis ans Ende, bis zum Verbrechen, bis zur gegenseitigen Vernichtung ausfechten?


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