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Neuntes Kapitel

Die Büffeljagd. – Der Grabgesang. – Der Comantschen Rache. – Die Späher.

Eine gute Stunde mochten William und George auf ihren schnaubenden Rossen dem wild dahinstürmenden Häuptling gefolgt sein, als dieser sein Pferd so plötzlich anhielt, daß er es auf die Hacken riß.

»Ich hörte einen Schuß fallen.« sagte der aufmerksam Lauschende.

»Vielleicht war es einer Deiner Krieger, oder Preston.« entgegnete George, eifrig bemüht den tanzenden Schecken zurückzuhalten, welcher beim Anblick der noch immer ruhig lagernden Büffel sich wohl der wilden Hetzen aus früheren Tagen erinnern mochte, denn er bäumte wild auf und biß wüthend auf die Stange.

Noch immer lauschte die Pantherkatze, halb für sich sprach sie dann:

»Meine Söhne sind zu weit über die verbrannte Fläche vorgedrungen, sie haben nicht geschossen. Der bleiche Mann? Es wäre möglich, doch glaube ich, der Schuß kam vom Lager her!«

»Vielleicht war es Bob,« meinte William, der die letzten Worte gehört, »er ist bei Arrita zurückgeblieben!«

»Uah, Arrita!« rief unruhig der Comantsche, »Arrita und der Knabe! doch der schwarze Mann ist tapfer und seines Schusses gewiß, auch sind Euere Hunde im Lager, drum weiter!«

Und weiter jagten die Rosse über die glatte Fläche, vorsichtig und schweigend waren die Reiter nur bedacht, die Büffel nicht zu zeitig aufzuschrecken und glücklich hatten sie sich ihnen bis auf etwa zwölf Ruthen genähert, als die braunen Burschen Wind bekamen und mit erstaunlicher Geschwindigkeit davonrasten, geführt von dem weißen Büffel, der all die anderen gewaltigen Thiere bei Weitem überragte.

Jetzt aber erfaßte auch die Pferde der Jagdeifer und dahin brausten die edelen Rosse, daß der Staub in dunkelen Wolken aufstieg. Der Häuptling war der Vorderste und ohne Zögern drängte er seinen Hengst zwischen die braunen Colosse, auch George folgte und nur William's Rappe hatte durchaus keine Lust, in nähere Berührung mit den Büffeln zu kommen, so bereitwillig er auch war die Hetze in einer anständigen Distance mitzumachen. Es blieb dem jungen Manne Nichts übrig, als zu versuchen, an der Seite der Heerde vorbeizukommen und auf diese Weise in die Nähe des weißen Stiers zu gelangen; jetzt sah er auch, daß George und die Pantherkatze das seltene Wild erreicht hatten und bemüht waren, es von der Heerde zu trennen, lange Zeit zwar vergeblich, doch endlich brachte George dem Dahinstürmenden einen Streifschuß bei und mit wogender Mähne und blutunterlaufenem Auge, den weißen Schaum in großen Flocken aus den Nüstern werfend, brach der Bulle aus der Heerde und stürzte in rasendem Galopp direct auf William zu. Der Rappe prallte erschrocken zur Seite und kam so in die Mitte der fliehenden Heerde, welche er zuvor mit so großer Scheu gemieden. Nur mit unendlicher Anstrengung ward William des vollständig durchgegangenen Pferdes Meister und erst nach langem wildem Ritte in der Mitte der Büffel, von allen Seiten gedrängt und gestoßen, daß er oft nicht wußte, ob er auf einem Büffel oder seinem Pferde säße, gelang es ihm, den erschöpften Hengst zu wenden und dem Platze zuzureiten, wo er den Häuptling und seinen Freund verlassen hatte.

Dort fand er auch Beide, emsig beschäftigt, dem glücklich erlegten Stier die riesige, dichtgelockte Haut abzuziehen, welche den kostbarsten Schmuck der Indianer bildet.

»Das Pferd meines Bruders hatte noch nie Büffel gesehen!« lachte der, ob seines Triumphes erfreute Häuptling. »Die heutige Hetze aber hat es zu einem vollkommenen Jagdpferd gemacht, es wird die Büffel nicht mehr fürchten!«

William, wie zerschlagen von dem rasenden Ritte, sprang ab und sich die Glieder reibend, murrte er halb erzürnt:

»Zum Henker, fürchten? Das Vieh war ganz verliebt in die braune Bande und wäre ohne meine entsetzlichen Anstrengungen sicher mit ihr auf und davon gegangen. Ich habe aber genug von der vielgepriesenen Büffeljagd und mache gewiß sobald keine wieder mit!«

»Mein Bruder wird anders sprechen, wenn er heute die besten Leckerbissen der Prairie genießt!«

»Glaub's kaum!«

»Die Sehnsucht nach Büffelhöcker und Büffelzunge und einigen gerösteten Markknochen werden Dein Pferd noch oft in Schweiß bringen. Mein Bruder wird es sehen! doch laßt uns heimkehren, die Magnolienblüthe wird Sorge haben, ich werde die Haut auf's Pferd nehmen.«

»Und ich das Fleisch!« rief George. »Viele Jahre sind vergangen, seit ich mit den Apachen gejagt, aber stets habe ich mich dieser Stunden mit Vergnügen erinnert. Doch Hölle und Teufel, was will Bob?«

»Bob?« rief William erstaunt und folgte mit den Augen George's Hand. »Mein Gott, der Bursche jagt ja wie verrückt hierher, da kann nur ein Unglück passirt sein;« auch der Indianer starrte den rasch Näherkommenden mit düsterem Auge entgegen. Ja, es war wirklich Bob und sein Gesicht, vor Schrecken aschgrau, kündete den ängstlich Harrenden Entsetzliches; endlich parirte er seinen schweißtriefenden Mustang dicht vor seinem Herrn, welcher so wenig wie George im Stande war die Lippen zu einer Frage zu öffnen.

Wenn des Indianers Gesicht auch deutlich verrieth, daß er schlimme Kunde befürchte, so hatte er doch den Muth, sich rasch Gewißheit zu verschaffen.

»Warum kommt nicht der bleiche Mann, zu sehen, ob unsere Jagd glücklich war?« frug er anscheinend ruhig, mit tiefer Stimme.

»Der bleiche Mann, großer Golly, der sein geflohen!«

»Geflohen? Allein?«

»Die Jäger seien gegangen mit, doch,« fuhr der Neger mit entsetzlichem Grinsen fort, »zwei haben sich anders besonnen, sie kamen zurück, hatten wahrscheinlich dies Kind zu lieb.«

»Wo aber ist das schöne Mädchen mit dem goldnen Haar?«

»Geraubt!« schluchzte Bob und den Männern entfuhr ein schmerzlicher Schrei!

»Und das Kind des Häuptlings?« drängt dieser.

»Im Lager!«

»Und – und Arrita?« flüsterte der rothe Krieger, welcher unwillkürlich die ihm wichtigste Frage bis zuletzt gelassen, dessen muskulöser Körper jetzt vor Erregung bebte und dessen Auge mit dem zauberhaften Blitzen, der Schlange gleich, Bob umglühte. »Und wo ist Arrita?« frug er noch einmal dumpf!

»Im Lager bei dem Kind,« stotterte Bob verstört.

»Was thut sie?«

»Ich, ich glaube sie schläft.« war die leise Antwort, die Bob mit zitternden Lippen hervorbrachte, er wagte nicht dem armen Manne die Wahrheit zu sagen.

Der Häuptling aber trat zum Neger und legte seine Rechte fest auf dessen Schulter, sein durchbohrender Blick raubte dem armen Burschen den Rest seiner Fassung; schweigend stand so die eigenthümliche Gruppe, dann wandte sich der Comantsche, bestieg sein Pferd und sprengte im Galopp davon.

William's Schmerz war lauterer Natur, doch verfehlte nicht die Fassung, mit der sein rother Freund ein augenscheinlich schweres Unglück trug, einen beruhigenden Eindruck auf ihn zu machen. Auch er bestieg sein Pferd und folgte dem Indianer, George aber hielt Bob zurück, ließ sich das Vorgefallene genau erzählen und jagte dann in des Negers Begleitung in die offene Prairie hinaus, die zerstreuten Comantschen herbeizurufen. Mit wenig Worten erzählte er den Erstaunten die unerwarteten Ereignisse, und in kaum zwei Stunden erreichte er mit ihnen das Gebüsch, welches den Bach begrenzte, wenige Schritte noch und sie betraten den kleinen Hügel, auf welchem das Lager errichtet war.

In tiefes Sinnen verloren, lehnte der Häuptling an seiner langen Lanze; zu seinen Füßen, auf Fellen gebettet, von der verhängnißvollen weißen Büffelhaut überdeckt, lag still und regungslos Arrita; den weinenden Knaben hielt William in seinem Arme und auch über seine gebräunten Wangen rannen heiße Thronen, Thränen des Mitgefühls, des eigenen tiefen Schmerzes.

Weder George noch die herbeigerufenen Indianer waren aus Bob's wirren Reden klug geworden, daß Arrita erschossen sei, wußten sie nicht und so war ihr Staunen über die ernste Gruppe ein nicht geringes. George konnte sich die Bedeutung nicht recht erklären, doch die Indianer verstanden sie nur zu bald, sie kannten ja nur zu gut die Töne, die leise den Lippen des geliebten Sachem's entflohen, die Töne, die jetzt mehr und mehr anschwellend, den Todtengesang ihres Stammes verkündeten.

Lautlose Stille herrschte, als der Häuptling den wilden Schmerz bemeisternd, mit tiefer Stimme den unter vielen Indianerstämmen üblichen Aufruf an Verstorbene, in das verlassene Leben zurückzukehren, anhub, und der seelenvolle Ausdruck des einfachen Gesanges bewies dem Rohesten, daß nicht die Volkssitte allein dem Sänger die Worte eingab, nein, wie Gebet, wie das inbrünstigste Flehen erklang es von der Pantherkatze Lippen:

Komm Blume der Comantschen
Sollst mir am Herzen ruh'n.
Laß mich Dein Locken hören.
Arrita – wache auf!

Laß Deine Augen strahlen.
Zerreiße meinen Schmerz.
Laß mich nicht länger fleh'n
Arrita – wache auf!

In grimmigem Schmerz schlug sich der arme Mann die geballten Fäuste vor die Stirn und mit dem Weherufe »Arrita wache auf,« sank er, seines Grames nicht mehr mächtig, auf die Knie, dann beugte er sich über die geliebte Gestalt und mit einer Innigkeit, die Niemand in dem wilden Krieger gesucht, flehte er immer und immer wieder, das Gesicht seines Weibes ängstlich betastend: »Arrita wache auf!«

Da – ein leises Beben überflog die leblose Gestalt, und das Zittern wurde stärker und stärker; gleich Bildsäulen aus Erz gegossen, standen die erstaunten Indianer, die Augen quollen aus dem Gesicht des Häuptlings, der noch einmal, als könne er den geflohenen Geist in den so heißgeliebten Körper zurückrufen, mit unendlicher Inbrunst flehte: »Arrita, wache auf!«

Da hob sich deren gesenktes Lid und ein erstaunter Blick der Todgeglaubten traf den überseligen Mann, welcher sein Glück noch kaum zu fassen schien; doch jetzt machte Arrita einen schwachen Versuch sich aufzurichten, indem sie leise lispelte:

»Arrita schlief! – Ah, sie träumte schlimm!«

Jubelnd wollte der Comantsche sein verloren geglaubtes Weib an die Brust pressen, als ihn George ziemlich kräftig auf die Seite zog.

»Mein Bruder hüte sich, das kaum erwachte Leben wieder zu verscheuchen,« sagte er sehr ernst, »wir wollen Arrita untersuchen; der Häuptling aber nehme den Knaben in seinen Arm, daß seine Squahw beim Aufschlagen der Augen mit einem Blicke das Liebste sieht, was sie kennt.«

»Ist mein Bruder denn ein Medizinmann?« frug die Pantherkatze erstaunt, George's Anordnungen Folge leistend.

»Ich bin es nicht, aber mein Freund hier,« sprach dieser, auf den nähertretenden William zeigend, der in Wirklichkeit früher einmal hatte studiren wollen und einige Kenntnisse der Verbandlehre besaß.

Vorsichtig hob William jetzt die Büffeldecke, als ihn George leise frug:

»Wie erklärst Du Dir das sonderbare Erwachen?«

»Die thierische Wärme der frischen Büffelhaut wird die Lebensgeister geweckt haben!«

»Glaubst Du, daß sie davon kommt? doch sprich leise und ohne eine Miene zu verziehen, der Häuptling lauert auf die geringste Bewegung. Wie ist's, hast Du Hoffnung?«

»Erst muß ich die Wunde sehen!« war William's Antwort, »Du mußt mir Wasser holen George! Sieh, der Shawl über dem Busen ist auf der Wunde festgeklebt und hat die Blutung gehemmt!«

George sprang zum Bache und kehrte mit seinem Hut voll Wasser zurück, vorsichtig wurde nun das geronnene Blut, welches den Shawl hielt, aufgeweicht und William's fand zu seiner Freude die Wunde durchaus nicht gefährlich. Zwar saß die Kugel, die an einem Metallzierrath der Indianerin ihre größte Kraft verloren hatte und an einer Rippe abgeglitten war, noch im Fleische und mußte herausgeschnitten werden, dennoch konnte der junge Mann ein freudiges Aufleuchten seiner Augen nicht unterdrücken; und in selbem Momente stand der Häuptling an seiner Seite und frug:

»Wird Arrita's Leben nicht wieder fliehen?«

»Nein, mein Freund!« war William's zuversichtliche Antwort, »doch muß ich ihr leider Schmerz bereiten, um sie zu heilen; sieh, die Kugel, die hier in der Seite festsitzt, muß heraus.«

»Arrita ist das Weib eines großen Sachem's,« flüsterte die Verwundete, »sie wird nicht zittern.«

»Nun, denn in Gottes Namen!« sagte William entschlossen, kniete neben Arrita nieder und mit einem glücklichen Schnitte seines Messers, löste er die wenig tief liegende Kugel, welche die Pantherkatze sofort ergriff und in dem Medizinbeutel an ihrem Gürtel verbarg.

Eine kleine Hütte von Zweigen und Baumrinde wurde rasch aufgerichtet, in der Arrita bald in tiefen Schlummer sank. Es war Alles für sie gethan, was, nur ihre Lage erleichtern konnte und die Pantherkatze erschien nun ganz wieder als der gleichmüthige, ernste Häuptling; auf seinen Ruf lagerten sich sämmtliche Anwesende in der Nähe der Hütte und die Pfeife machte die Runde in dem stillen Kreise. Endlich erhob sich der Sachem und begann mit sanfter Stimme:

»Die Pantherkatze war mit ihrer Squahw und dem Knaben des Unterganges sicher, als die fremden Krieger unser Leben retteten; sie wurden unsere Freunde, das heilige Calumet besiegelte den Bund – hier lagern sie an unserem Feuer.

»Doch das Herz des Einen, welcher nicht allein ein großer Jäger, sondern auch ein berühmter Medizinmann ist, drückt schwerer Kummer, denn das Mädchen mit dem goldenen Haar, mit der er sein Herz getauscht, ist ihm geraubt.«

Ein leises Murmeln der Versammlung bewies deren Theilnahme, und die Pantherkatze fuhr mit erhobener Stimme fort:

»Der bleiche Mann und seine vier Jäger, die das Wampum mit uns getheilt, sie waren die Verräther! Nur Schlangen haben wir im Lager gepflegt, sie haben das Herz unseres Freundes verwundet, wir müssen es heilen.

»Der Falke, dessen Augen nichts verborgen bleibt und die Antilope, deren Schritt leis' und schnell ist, wie des Ersteren Flug, sie mögen ihre Rosse besteigen und die Spur der Fliehenden finden; bald treffen die Jäger der Comantschen hier ein, ihnen übergebe ich unsere Beute, ihnen werde ich die Sorge für die Verwundete anvertrauen, und mit einer Anzahl der Tapfersten folgt der Sachem den vorausgesandten Spähern. Wer aber von meinen Söhnen mir den Hund in die Hände liefert, welcher den rothen Quell in Arritas Brust geöffnet, den wird der Sachem zum reichsten Krieger machen,« und mit den Worten: »ich habe gesprochen!« ließ sich der Häuptling wieder auf seine Decke nieder, der Vorschläge seiner Krieger gewärtig. Da stand der Neger auf und sprach:

»Es sein noch Jemand da, der auch mit berathen will.« Eilig sprang er unter dem erstaunten Murmeln der Indianer davon und verschwand hinter den aufgehäuften Packen mit Häuten, um bald darauf mit einem langen, in eine Decke gehüllten Gegenstand zurückzukehren, den er keuchend niederließ, doch mit den Worten – nicht anfassen, eilte Bob noch einmal hinter sein Versteck.

Grenzenloses Staunen sprach sich aber in Aller Gesichter aus, als er sich wieder dem Lager näherte, den bis jetzt vor jedem Auge verborgen gehaltenen Brown mit gefesselten Händen vor sich herschiebend.

William, der schon lange ungeduldig gesessen hatte, wollte jetzt aufspringen, doch George zupfte ihn leis' am Aermel und wies auf die in stoischer Ruhe sitzenden Rothhäute, deren fragende Blicke Bob zum Sprechen drängten; nach einigem Zögern begann dieser:

»Dies Kind sah Miß Marie's Raub! Es konnte nicht hindern, daß er gelang, es konnte die rothe Frau nicht schützen vor dem Schusse, aber es weiß, daß zwei Schurken weniger zu verfolgen sind.«

»Zwei?« frug George, »ich sehe nur einen!«

Schweigend hob Bob die Wollendecke ein wenig in die Höhe und ließ den Unterkörper eines Mannes auf kurze Zeit sehen.

»Der Jäger ist in meiner Gewalt,« sprach jetzt die Pantherkatze, zu dem furchtlos dastehenden Brown gewendet, »er ist als Feind von mir geflohen, er wird als Feind behandelt werden, doch der Raub aus meinem Lager, zu dem er seine Hilfe gab, betrifft nicht mich, sondern meinen Bruder dort, der Gefangene ist sein Sklave, er sterbe von seiner Hand, wenn er aber ein furchtloses Herz hat, so sage er, wer schoß nach der Squahw?«

»Das weiß ich nicht!« antwortete Brown offen. »Der verdammte Mustang des Negers schleifte mich, daß mir Hören und Sehen verging, als ich wieder zu mir kam, lag ich gefesselt und geknebelt hinter jenen Packen.«

»Hat auch mein schwarzer Bruder nicht gesehen, wer jenen Schuß that?«

»Ja! ich sah es!«

»Wah! wer war der feige Coyote, der seine Hand mit Weiberblut besudelt?«

»Dieser!« sprach Bob, die Decke wegreißend und vor dem wild aufgesprungenen Comantschen krümmte sich wimmernd der schwerverwundete Steven, in dessen Auge der grausame Neger noch den Pfeil hatte stecken lassen, welchen Arrita auf ihn abgeschossen.

»Mich dürstet, mich friert!« ächzte der Unglückliche, über den sich der Häuptling mit grimmigem Lachen beugte:

»Mich dürstet auch!« höhnte er, »aber nach Deinem Blute, das ich Dir tropfenweise abziehen würde, hielte es Dein elendes Leben aus. Dich friert? Uah, meine Söhne auf! macht ein Feuer! den feigen Hund, der ein Weib niederstreckte, zu erwärmen!«

Bald prasselte ein mächtiger Haufen Reisholz und dürre Aeste in lustiger Flamme zum Himmel auf und der Häuptling trat zu dem Unglücklichen, der sich wie ein Wurm wand.

»Hier ist's kalt! komm, besteige Dein warmes Lager, aber zweies mußt Du mir zurücklassen, den Pfeil, der Dich niedergestreckt,« – und mit gellendem Lachen riß der wilde Krieger dem Aufschreienden den mit scharfem Widerhaken versehenen Pfeil aus dem Auge.

»Nun Deinen Skalp!« donnerte die Pantherkatze – ein leichtes Blitzen des Messers, ein Mark und Bein durchdringender Schrei, und in hocherhobener Hand schwankte die blutige Trophäe. Der Körper des Unglücklichen aber, von zwei Comantschen erfaßt, flog in die knisternden Flammen. Die Schmerzensrufe wurden von dem wilden Gesänge der Indianer übertönt, deren entfesselte Leidenschaften die sonst so ruhigen Krieger zu wahren Teufeln verwandelt zu haben schien.

William wollte zum Beistand des Gemarterten springen, doch hielt George den Erregten mit festem Arme zurück.

»Um Alles was Dir theuer! Um Marie's Willen – mische Dich hier nicht ein!« flüsterte er dem sich heftig Stäubenden zu. »Tritt nie zwischen die Leidenschaft der Rothhäute, wenn Du ihr Freund bleiben willst. Laß den Unglücklichen, wir können ihn nicht retten und wollten wir das eigene Leben opfern, auch werden seine Leiden bald überstanden sein, die ihn übrigens nicht unverdient treffen, denn er war ein Bösewicht, der nicht Weib und Kind verschonte!«

William, noch nicht an solche Scenen gewöhnt, preßte, tief ergriffen von dem Gesehenen, die Hände vor die Augen. Als er wieder aufblickte, erinnerte Nichts mehr an das Racheopfer und die Indianer saßen wieder mit unbeweglichen Gesichtern auf ihren Plätzen.

»Die Zeit drängt!« begann der Häuptling, als William sich wieder gesetzt. »Mein Bruder möge entscheiden, was mit dem Gefangenen werden soll, damit unsere Bewegungen durch ihn nicht gehemmt werden, wenn der Mond aufgeht, müssen der Falke und die Antilope reiten.«

Ehe William noch eine Antwort geben konnte, trat Brown mit noch immer gefesselten Armen in den Kreis und sprach ernst, doch ohne jeden Schein von Furcht:

»Bevor ein Entschluß über mich gefaßt wird, hört einige Worte geduldig an.

Ohne die Pläne Preston's zu kennen, bin ich von dem Mormonen gegen guten Lohn gemiethet worden, ihn auf seiner Wanderung durch die Indianergebiete zu begleiten und sein Eigenthum zu schützen.

Wäre ich feig, wäre ich ein Verräther gewesen, so hätte ich ja hier zurückbleiben können, aber treu meinem gegebenen Worte, zögerte ich nicht. Euch, die Ihr uns so sehr überlegen wäret, als Feind gegenüber zu treten.

»Ich that nur meine Pflicht als rechtschaffner, muthiger Mann; als Feind fiel ich in Euere Hände, wohl, Ihr habt die Macht, thut, was Ihr wollt, was Ihr aber auch beschließt, ich werde standhaft Alles ertragen.«

Ein beifälliges Murmeln der Rothhäute folgte dieser, ihrem Character so sehr ansprechenden Rede, als William aufstand und der Indianer frug:

»Der Gefangene gehört mir? ich kann mit ihm machen, was ich will?«

»Was Du willst,« war die einstimmige Antwort derselben.

»Gut,« sagte William, »ich danke meinen Brüdern!« Und sein Messer ergreifend, zerschnitt er Brown's Fesseln, gab ihm die Hand und sprach:

»Sie sind frei! Gehen Sie ruhig Ihres Weges und leihen Sie Ihre Hand nie wieder zu einem Bubenstreiche.«

»Ich danke Ihnen mein Leben,« sprach Brown ergriffen, »und möchte Ihnen gern beweisen, daß ich durchaus kein Schurke bin, ich will nicht ruhen und rasten, bis ich Sie wieder im Besitze des jungen Mädchens sehe, behalten Sie mich bei sich, Sie sollen es sicher nicht bereuen.«

Zögernd blickte William die Pantherkatze an, und erst auf ein leises Zeichen derselben nahm er Brown's Vorschlag an. –

Gegen Abend verließen »der Falke« und »die Antilope« das Lager, um den Spuren Preston's zu folgen.


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