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Der Wein glänzte in den Gläsern vor ihnen. Sie stießen mit einander an.
»Aber ich bin ausgesöhnt mit meiner Dummheit –« rief er in ehrlicher Freude, während er sie ansah.
Sie war es wert, angesehen zu werden.
Fest zurückgelehnt in den Stuhl und die Füße gegen den Boden gestemmt, die Hände im Schöße gefaltet, saß sie in der unbewegten Ruhe von Menschen da, welche viel arbeiten, und diese Ruhe, welche sie bedürfen, dann, wenn sie ihnen wird, auch wirklich genießen.
Ihren Hut hatte sie abgenommen und Grach bewunderte die einfache Kunst, mit welcher sie ihr dunkelbraunes Haar in einen griechischen Knoten gebunden trug.
Alle Linien an dieser schönen Gestalt waren groß, kühn und frei; lang und natürlich, durch keine künstlichen Mittel verziert, fielen die Falten ihres Kleides nieder.
Ihre Hände, an denen sie keine Ringe trug, waren groß und weiß, und ebenso waren ihre Zähne, keine »Perlen«-Zähne, aber Zähne von tadelloser Ebenmäßigkeit.
Das Gleichmaß der ruhigen, großen Schönheit war in ihr verkörpert. Und wie es unmöglich war, sich dieses Gleichmaß ihrer Erscheinung durch irgend etwas: durch eine eckige, unbehülfliche Bewegung, durch die Wildheit eines fassungslosen Schmerzes, die Raserei einer zügellosen Leidenschaft, die Unschönheit einer Erniedrigung oder einer gewaltsamen Ueberhebung gestört zu denken, so unmöglich war es auch zu glauben, daß das Alter jemals diese hohe Gestalt beugen, das Elend diese einfache Würde knicken, der Tod diese verkörperte Gesundheit brechen könne.
Es giebt Profile, welche hingekritzelt scheinen, stümperhafte Dilettantismen, verzerrte Karrikaturen in die Breite oder in die Länge, hingeklatscht von ungeübter Hand und dann verwischt durch Zerknitterung des Papiers; und es giebt Profile, welche mit Künstlerhand schnell entworfen scheinen in verräterisch-schönen Linien voll Weichheit, Grazie und Liebreiz, oder aber hingezeichnet in einem großen, wundervollen Zuge in seltener Stunde… .
Zu den letzteren gehörte Dora Syks Profil. Ein Ansatz, ein kühner Zug, rasch, energisch, meisterhaft – tadellos: so war ihr Profil, das Grach in erwachender Leidenschaft mit dem Auge sich immer wieder heimlich nachzeichnete, während er es betrachtete.
Nie war ihm früher die bestechende Harmonie ihres Wesens so aufgefallen, wie jetzt. Der beschäftigte Tag hatte damals seinen Blick getrübt. Nun saß sie vor ihm und sah vor sich hin, während er sprach.
Und mehr als alles bezwang ihn der Ausdruck einer beginnenden Müdigkeit, die sich über dies schöne Antlitz ausbreitete. Keine Spur von der Unschönheit der Bitterkeit, nur das ganz allmähliche Erlahmen …
Ein noch fastunsichtbares lirlanmen.
Aber er sah es
Dieser schöne Mund begann sich zu schließen in der Herbheit des Stolzes – wann durfte er einmal sprechen in den Lauten, die er gewohnt war, den Lauten der Erkenntniß, der Freiheit und des Verständnisses der Liebe? – Diese tiefen Augen umschatteten sich bereits. Gewöhnt, in die weiteste Ferne zu schauen, Abwechslung, Fülle, Reichtum alles äußeren Lebens zu trinken, fingen sie an sich zu trüben zwischen den Dunstwolken dieses ärmlichen Thales, dem Rauche der Feuerheerde dieser erbärmlichen Stadt, der Stickluft einer ungelüfteten Schulstube.
Er dachte an Anderes, während er ihr erzählte, weshalb er hierhergekommen war. Er wurde unruhig.