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Vorwort

In dem Augenblicke, da das klassische Soldatenvolk durch seine Rüstung aufs neue Europa zum Rüsten zwingt, scheint es lehrreich, den berühmtesten deutschen Soldaten der letzten Epoche zu zeichnen. An diesem Beispiel könnte die Welt erkennen, in welche Irrwege und Konflikte der deutsche Wille zum militärischen Kommando einen tüchtigen Soldaten treibt, indem man ihm die größten politischen Entscheidungen im Kriege wie im Frieden auf die Kniee legt. Vielleicht begreift der Leser außerhalb Deutschlands, wie wenig sich dieses Volk in seiner neuen Staatsform geändert hat; nur daß der Geist des Angriffs wilder geworden ist im Vergleich zu den Jahren 1912 oder 13, denen unsere Epoche entspricht. Wer die Geschichte Hindenburgs schreibt, dem mehr geschah als er tat, wird deshalb in diesem Symbol eine Skizze des deutschen Charakters zeichnen, und eben an diesem beweisen, warum die Republik nach dem Willen des Volkes so rasch zu Grunde ging.

Zu den drei Darstellungen, die ich, zwischen größeren Arbeiten, unserer Gegenwart im letzten Jahrzehnte gewidmet habe, – zu Wilhelm dem Zweiten, Juli 14 und dem Schauspiel »Versailles« – füge ich deshalb das Bildnis Hindenburgs; auch dies ein Beitrag zur Psychologie der Deutschen. Darin soll geschildert werden, wie ein Offizier nicht vom Ehrgeiz, sondern von der Legende weit über seine Grenzen getrieben wurde, und wie er sich dabei auf die natürlichste Art im hohen Alter zu Grundlagen zurückfand, die er nur scheinbar kurz verlassen hatte; wie ein Junker als Feldmarschall und Präsident, zuerst von seiner Umgebung, zuletzt von alten Herren-Instinkten zur Diktatur gedrängt wird und schließlich auf eine tragische Art im höchsten Alter die Macht an eine Gruppe von Draufgängern verliert, um in Verbitterung zu sterben. Aus der Dämmerung des Durchschnitts wurde er erst im biblischen Alter ins Licht gehoben, und so ist die späte Entwickelung zu schildern, die ein Charakter von entschiedener Stabilität durch eine ihm aufgedrungene Rolle noch so spät durchmachen muß.

Als zweites Thema wird man hier einen pragmatischen Abriß der deutschen Republik finden, dagegen keinen ähnlichen des »Dritten Reiches«. In jene hat die Hauptfigur bedeutsam, in dieses hat sie nicht mehr eingegriffen; auch würden meine Fähigkeiten den Ansprüchen seiner Führer zur Darstellung nicht genügen.

Dieses biographische Unikum: ein Mann, dessen Geschichte erst mit 67 Jahren beginnt, verschob den harmonischen Aufbau, den ich sonst in allen Lebensbildern versuchte, so daß ein halbes Jahrhundert seiner Geschichte weniger Raum fordert als vier Jahre. Das Fehlen fast aller privaten Dokumente erschwerte dabei die Darstellung; aus der Zeit der Präsidentschaft fehlen überdies die meisten amtlichen Papiere. Hier ist man auf persönliche Beobachtungen und auf Berichte angewiesen, die mir von beiden Seiten, von den Mit- und Gegenspielern zugeflossen sind, ohne daß ich ihre Namen nennen dürfte. Auch die vorzüglichen Bücher von Rosenberg und Konrad Heiden wurden benutzt. Wenn einmal alle Quellen erschlossen sein werden, wird niemand mehr ein Buch über Hindenburg lesen.

Dann wird man nur noch das Märchen von dem alten deutschen Riesen erzählen, der einst nach manchen Abenteuern an einem Staudamm Wache hielt, bis er zuletzt in einer Verwirrung das eiserne Tor öffnete und über das Land eine große Flut brausen ließ, die alles zerstörte, was ihm teuer gewesen, bis er am Ende selber darin ertrank.

Moscia, Dezember '34.


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