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Robert allein, später Andres, zuletzt Lindenschmied.
Robert. Schändlich! Schändlich! Einer solchen Rache wär' Andres fähig gewesen? Und ich muß es glauben – ich muß! Der Sterbende sagt' es; er hatt' es gedroht – es war seine Flinte – und alles ist wirklich – hier starb der Gemordete – hier ist – er schrieb's mit seinem Blut in den Rasen, damit ich nicht zweifeln durfte. Und solche Menschen stehn zwischen mir und meinem Glück? Steh fest, Robert, hier gilt's das Äußerste! Du hast's mit Menschen zu tun, die keine Untat scheun. – Wer kommt dort? – Er ist es selbst – Andres – (Dem Andres, der noch nicht sichtbar, entgegen.) Nur heran! Wenn du mich suchst, Mörder. Mich findest du nicht wehrlos und ungewarnt wie den Buchjäger –
Andres (indem er bleich und wankend auftritt). Der Buchjäger? –
Robert. Dort tragen sie ihn hin. Er ist gemordet, und du hast es getan.
Andres (aufwallend). Ich, Robert?
Robert. Der Gemordete hat dich erkannt und deine Flinte – und dein Gewissen zeichnet dich.
Andres. Hör mich – um Gottes willen –
(Lindenschmied kommt hinten über den Felsenweg geschlichen.)
Robert. Flieh, Mörder. Jeder Schritt hier trägt dich dem Blutgerüst entgegen. Hier ist das Blut, das dich anklagt, und du selbst trägst das bleiche Geständnis vor dir her; das Fieber, das dich rüttelt, zeugt gegen dich.
Andres. Das Fieber über dich, schändlicher Lügner! Die Flinte stahl mir der Lindenschmied, der dem Buchjäger aufpassen wollte. Ich eilte nach, wie ich's erfuhr; ich wurd' ohnmächtig – riß mich mit Gewalt aus der Ohnmacht auf und –
Robert. Der Lindenschmied hätte –
Andres. Glaubst du mir nicht, sieh dorthin nach dem Felsenweg –
Robert. Mörder, steh! Oder ich schieß dich nieder.
(Lindenschmied eilt auf dem Felswege über die Bühne. Robert folgt ihm unten.)
Andres (wankt ihm nach). Sieb dich vor, Robert! Der Mensch ist verzweifelt – es geht um Tod und Leben!
Lindenschmied (hinter der Szene). Bleibt zurück; ich schieße!
Robert (ebenso). Die Flinte weg und steh!
Andres. Er schlägt an – spring seitwärts, Robert!
(Es fallen zwei Schüsse nacheinander.)
Da ist's geschehn! (Er verschwindet in den Büschen.)
Verwandlung
Schloß.
Stein unruhig herein; dann Bastian, später der Pastor.
Stein. Ob der Möller vergessen hat, den Robert suchen zu lassen? Oder ob der Junge – der Zwist mit dem Andres! Bastian!
(Bastian in der Tür.)
Wo ist der Buchhalter?
Bastian. Gegen Abend noch nach dem Hochofen gegangen.
Stein. War mein Robert nicht wieder zu Hause seit heut mittag?
Bastian. Der Herr Robert haben sich reisefertig gemacht und sind dann mit Kastellans Kathrine weggegangen.
(Stein winkt. Bastian geht.)
Stein. Und der Pastor – könnte nun auch längst zurück sein –
Bastian (in der Tür). Der Herr Pastor –
Stein. Wie gerufen.
(Pastor tritt auf. Stein gibt ihm die Hand.)
Endlich! Endlich! Bringen Sie gute Nachricht?
Pastor (achselzuckend). Sie könnte besser sein.
Stein. Sind Sie dem Hitzkopf, dem Robert, begegnet?
Pastor. Nein.
Stein. Ich hofft' es schon – weil Sie so lange blieben, Sie würden ihn mitbringen.
Pastor. Ein Kranker, zu dem man mich von meinem Weg hierher abrief, hat mich bis jetzt aufgehalten.
Stein. So denken Sie nur, Sie kommen vom Kranken zum Kränkeren. Wenn Ungeduld, Unzufriedenheit mit sich selbst, schlimme Befürchtungen Krankheiten wären, so wär' ich ein gefährlicher Patient. – Aber die Antwort. – Ich lasse Sie auch nicht einmal zu Atem kommen. (Deutet ihm an, Platz zu nehmen; setzt sich, steht gleich wieder auf.) Wenn ich nur wenigstens sitzen könnte. Sechsmal schon hatt' ich den Hut mechanisch in der Hand; so reißt mich die alte Gewohnheit des Zusammenlebens mit dem Förster in Händen und Füßen, schlimmer als das Podagra. Unterdes hatt' ich einen Gedanken – aber erst: wie ist's mit dem alten Eigensinn?
Pastor. Ich kam eben nicht zum besten bei ihm an mit Ihrem Anerbieten. Und doch, wer weiß, ob er sich nicht noch dazu verstanden hätte, wenn nicht unglücklicherweise die Geschichte mit dem Andres –
Stein. Mit dem Andres? welche Geschichte? (Springt auf.) Er ist doch nicht mit dem Robert zusammengerannt?
Pastor. Dasmal nur mit dem Buchjäger –
Stein (setzt sich wieder). Sie sehn, ich zittre vor Ungeduld –
Pastor. Der Buchjäger, betrunken wie gewöhnlich, hat ihn wie einen Holzdieb behandelt, ihn schlagen lassen –
(Stein springt wieder auf.)
Da war's denn kein Wunder, daß der Alte auf nichts mehr hörte und jeden, der außer Ihnen mit dem Gewehre in den Forst kommt, als einen Wilddieb behandeln lassen will.
Stein (der Schritte gemacht). Bastian!
(Bastian in der Tür.)
So wie Möller kommt – die Kanaille wieder abgesetzt – eingesperrt soll die Bestie werden – hörst du?
Bastian. Der Buchhalter?
Stein. Der Buchjäger – und der Möller mit, wenn er – Kommen Sie, Pastor! (Nimmt Hut und Stock.)
(Bastian ab.)
Pastor. Sie wollen –
Stein. Sie fragen? – Hin zum Alten! Die Grillen wegwerfen, allen Wilkens und Möllers zum Trotz!
Pastor. Recht so! Ich bin dabei. (Er steht auf.)
Stein (bleibt stehn). Warten Sie noch, Pastor. Soll ich vergebens den guten Gedanken gehabt haben? Hören Sie, was mir vorhin einfiel – wie vom Himmel herunter. Pastor! Wenn ich dem Robert heut noch Düsterwalde abträte? als selbständiges Eigentum? Er könnt' ihn mit allen Ehren wieder einsetzen, den Alten, und niemand wär' blamiert. Augenblicklich setz ich die Zession auf. Sie schnell ins Jägerhaus, Pastor –
Pastor. Mit dieser Botschaft –
Stein. Eh' der Alte oder die hitzigen Jungen oder alle drei einen Streich machen, der – (Er macht sich zum Schreiben fertig.)
Pastor. Und morgen –
Stein. Als wär' kein Heute gewesen –
Pastor. Kommt Herr Stein wie gewöhnlich um die Jägerhausecke und pocht ans Fenster, und der weiße Schnauzbart drin schnarcht sein »Gleich« –
Stein. Und wenn Sie den Robert treffen –
Pastor. Bin ich der erste, der dem neuen Gutsherrn von Düsterwalde gratuliert –
Stein. Und heute bringen Sie alle mit, den Alten, die Jungen, die Mutter und die Braut, dann (kommt zum Pastor nach der Türe) brechen wir zum Vorfest meinem ältesten Johannisberger den Hals. – Was ist aber da draußen? Wer stürmt da die Treppe herauf? (In der Türe.) Was ist passiert?
Vorige. Möller, später Bastian.
Möller (außer sich herein). Gräßlich! Gräßlich!
Stein. Aber was ist denn?
Möller. Ein Mord! Ein entsetzlicher Mord!
Stein. Aber so sagen Sie doch –
Möller. Der Herr Robert –
Stein. Mein Sohn! (Sinkt in einen Stuhl.)
Pastor. Robert ist gemordet? (Tritt besorgt zu Stein.)
(Bastian tritt ein.)
Möller. Noch nicht; noch, hoff ich, nicht. Aber – ich bin ganz außer mir. – Den Buchjäger hat er schon erschossen, Ulrichs Andres. Die machen förmlich Jagd auf ihre Feinde, die vom Jägerhaus. Den Buchjäger ließ ich heimschaffen. Der Mensch sieht gräßlich aus; die Kugel ging links am Rückgrat ein. Er ist in Herrn Roberts Armen gestorben. Ich fragt' ihn noch: »War's der Andres, Gottfried?« »Der Andres war's«, sagt' er, – »der Andres war's« – und streckte sich, und aus war's mit ihm. Ich bat Herrn Robert, um Gottes willen mit heimzukommen; er war ganz außer sich und wollte nicht. Und keine zweihundert Schritte war ich mit den Leuten, da fielen wieder zwei Schüsse hinter uns.
Stein (steht auf; außer sich). Augenblicklich zu Pferde – Sie können's totreiten – nur schnell – Militär aus der Stadt – den ganzen Wald besetzen – die Mordbande einfangen da vom Jägerhaus. Du, Bastian, schnell meine Lütticher, die geladene – dann die Arbeiter zusammenrufen – sich bewaffnen – nach – wo war's, Möller?
Möller. Beim ersten Lautensteg – im Heimlichen Grund, kaum eine halbe Viertelstunde überm Jägerhaus drüben.
Pastor. Gott gebe nur, daß das Schlimmste noch zu verhüten steht.
Stein (stampft mit dem Fuß). Bastian! Bastian! Und was stehen Sie noch da? So eilen Sie doch!
(Möller ab.)
Und ich – während – Bastian!
(Bastian bringt die Flinte. Stein reißt sie ihm aus der Hand.)
Ich komme! Robert, halte dich! – ich komme!
(Alle ab.)
(Vorhang fällt.)
(Ende des dritten Aufzugs.)