Otto Ludwig
Der Erbförster
Otto Ludwig

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Sechster Auftritt

Stein. Förster.

Stein (wirft die Karten hin). Hab ich denn einen Trumpf?

Förster (meldend). Zwanzig in Grün.

Stein (nimmt seine Karten wieder auf; ungeduldig). Warum nicht vierzig? Da über dem Grün fällt mir ein – Hast du's überlegt nun, das mit dem Durchforsten?

Förster. Der Kerl ist ein –

(Sie spielen fortwährend.)

Stein. Welcher Kerl?

Förster. Der das ausgeheckt hat.

Stein. Ich?

Förster. Dein Buchjäger da –

Stein (wird immer hitziger; betonend). Mein Buchjäger?

Förster (immer ruhiger und leichter). Na, meinetwegen meiner.

Stein. Was du immer mit dem hast?!

Förster. So laß ihn weg.

Stein. Als wenn ich – du – bei jeder Gelegenheit bringst du den. Du kannst nicht von ihm loskommen. Wie Teig hängt er dir in den Zähnen.

Förster (sehr ruhig). Wie zum Exempel jetzt.

Stein. Du hast's einmal darauf abgesehn, mich zu ärgern.

Förster. Dummes Zeug; dir ist's nur ums Krakeelen –

Stein. Mir? – Aber was stichst du da gleich, wenn ich mich verwerfe?

Förster. Verworfen ist verspielt.

Stein (wirft seine Karten hin). Nun; da hast du die ganze Geschichte! (Springt auf.)

Förster. Ich gebe. (Mischt ganz ruhig und gibt.)

Stein (der Schritte gemacht). Ich spiele nicht mehr mit dir.

Förster (ohne sich stören zu lassen). Aber das Geben ist an mir.

Stein (setzt sich wieder). Alter Eigensinn!

Förster. Gleich oben hinaus.

Stein (nimmt seine Karten; noch heftig). Nicht nachgegeben! Und wenn sein Unrecht klar ist wie der Tag.

Siebenter Auftritt

Möller, der die Försterin geführt bringt. Wilkens. Der Walzer draußen zu Ende. Die Vorigen.

Försterin. Aber nun dächt' ich –

Förster. Noch einmal herum.

Försterin. Fertig wär' alles –

Förster. Der Pastor –

Försterin. Mit dem Frühstück sollten wir nicht auf ihn warten, hat er sagen lassen. Aber Punkt elf käm' er zur Verlobung.

Förster. So setzt euch und eßt.

Stein. Bitte – lassen Sie sich nicht abhalten.

Förster. Ob wir hier sitzen oder dort. – Jetzt einmal vierzig in Grün! (Immer im Spielen.)

Stein. In Gottes Namen.

Förster (siegreich). Fällt dir der Buchjäger nicht wieder ein? Und das Durchforsten? – Das wäre –

Stein (hält an sich). Nun siehst du doch –

Förster (immer rascher). Daß der Kerl ein Esel ist. Der Ober ist ein Freimann.

Stein. Ich denke daran, daß wir nicht allein sind.

Förster (etwas vom Spiel erhitzt). Und Trumpf – Und Trumpf! – Durchforsten!

Stein. Es ist genug, sag ich. Der Einfall war mein.

Förster. Und Trumpf!

Stein. Und wenn ich – (Er bezwingt sich.)

Förster (siegreich). Ja und was denn? (Macht die Karten zusammen.)

Stein (äußerste Gewalt sich antuend, nicht loszubrechen). Und wenn ich's haben wollte – und wenn ich drauf bestünde – so –

Förster. Blieb's, wie es ist.

Stein. So würde durchforstet.

Förster. Nichts würde.

Stein. Das wollen wir doch sehn. Und nun wird durchforstet.

Förster. Nichts wird.

Stein. Herr Förster!

Förster (lachend). Herr Stein!

Stein. Es ist gut. Es ist gut.

Förster (mit Seelenruhe). Wie's ist.

Stein. Kein Wort –

Förster. Und kein Baum –

Stein (steht auf). Keinen Widerspruch und keinen Hohn. Das bitt ich mir aus. Das muß ich mir ausbitten. Ich bin Herr von Düsterwalde.

Förster. Und ich bin Förster von Düsterwalde.

(Stein wird immer hitziger; man sieht, welchen Anteil an seiner Empfindlichkeit und zugleich an seinem Bemühn, dieselbe zu bezwingen, die Gegenwart anderer hat. Der Förster behandelt die Sache leicht, wie etwas, was alle Tage vorkommt. Die Försterin sieht voll wachsender Angst von einem zum andern. Wilkens verändert keinen Zug. Möller ficht seines Herrn Partei gestikulierend mit durch. Immer rasches Zusammenspiel.)

Stein. Sie sind mein Diener. Und ich befehle: es wird durchforstet. Oder Sie sind's gewesen. Es wird durchforstet!

Förster. Alter Hitzkopf!

Stein. Oder Sie sind mein Förster gewesen.

Förster. Dummes Zeug.

Stein. Und der Buchjäger wird in Ihre Stelle kommen.

Förster. Recht so. Ich gratuliere.

Stein (knöpft sich ein). Es wird durchforstet.

Förster. Es wird nicht durchforstet.

Försterin (zwischen den beiden). Aber –

Stein. Es tut mir unendlich leid. – Herr Möller! – Ich empfehle mich allerseits. (Ab.)

Möller. Bravo. Endlich einmal gesprochen wie Stein und Sohn! Ganz Gehorsamster. (Folgt Stein.)

Förster. Ich gebe – (Er sieht beim Mischen auf.) Aber – So laßt ihn laufen. Wenn er nicht eine Stunde lang sitzen kann, ohne loszugehn, der alte Pulversack der!

Achter Auftritt

Förster, der gleichmütig dort sitzt. Försterin neben seinem Stuhle stehend, Wilkens tritt zum Förster.

Försterin. Aber was soll nur das werden?

Wilkens. Er hätt' ihm nachgesollt.

Förster. Alter Hitzkopf.

Försterin. Ich bin wie aus dem Himmel gefallen! Am Verlobungstag!

Wilkens. Aber Er wird doch nicht um die paar elenden Bäume da –

Förster. Elende Bäume? Donnerwetter! In meinem Forst ist kein elender Baum! – Dummes Zeug. Lamentiert mir da um nichts.

Wilkens. Aber der Herr Stein –

Förster. Wird nicht weit laufen. Wenn er ausgebraust hat, ist er der erste, der – Er ist besser als ich.

Wilkens. Aber –

Förster. Ihr habt doch immer ein Aber. So macht er's alle Tag'. Seit zwanzig Jahren –

Wilkens. Aber heut ist er Sein Herr.

Förster. Herr oder nicht; durchforstet wird nicht!

Wilkens. Aber so verliert Er die Stelle.

Förster. An den Buchjäger? Litanei. Der Stein kann den Buchjäger selbst nicht leiden und weiß, was er an mir hat; ich brauche mich nicht zu loben. Zeig Er mir den Forst in der ganzen Gegend, der dasteht wie meiner. – Hört ihr? Da ist er ja schon wieder. Setzt euch. Und wenn er hereinkommt, tut mir nicht dergleichen.


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