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Sechster Teil.
Die grundlegenden und fundamentalen Ideale des christlich-amerikanischen Bürgertums

Herr Vorsitzender, meine Herren Geistlichen, Freunde und Brüder vom Männer-Club der Pilger-Kongregationalistenkirche:

Es wird mir nicht leicht, dem Vergnügen und der Ehre Ausdruck zu verleihen, die es für mich bedeutet, auf diese Weise zu Ihrem Sprecher berufen worden zu sein. Es gibt keine Organisation, der anzugehören mir eine größere Freude sein könnte. Allerdings kann ich nicht leugnen, daß ich infolge der Belastung durch meine Mitarbeit an den Amerikanisierungsbestrebungen und andere Pflichten nicht in der Lage gewesen bin, dem monatlichen gemeinsamen Abendessen so oft beizuwohnen, als mir lieb gewesen wäre, aber seien Sie versichert, daß ich jedem Abendessen, dem ich ferngeblieben bin, nur mit Schmerzen ferngeblieben bin.

Ich habe immer sehr viel von den Worten des großen Barden gehalten: »Kürze ist des Witzes Seele«, und ich könnte fast alles, was ich Ihnen zu sagen habe, mit dem Lied ausdrücken, das Bert Hubbard uns so schön vorgesungen hat:

Denn Deine Freunde sind auch meine Freunde,
Und meine Freunde sind auch Deine Freunde,
Und je mehr wir sind beisammen,
Desto größer unser Glück wird sein.

Vor allem möchte ich Ihnen sagen, daß ich von ganzem Herzen die Meinung unseres Vorsitzenden teile, daß es das denkbar größte Vergnügen und die denkbar größte Ehre für uns ist, heute abend in unserer Mitte nicht nur unseren über alles verehrten Seelsorger, Dr. Edwards, zu begrüßen, sondern auch Dr. Otto Hickenlooper von der Zentral-Methodisten- und Dr. Elmer Gantry, vormals von der Wellspring-Methodistenkirche, der jetzt so glorreich in New York tätig ist, und ich sehe mich genötigt, mich von ganzem Herzen und begeistert unserem geehrten Vorsitzenden und unserem geliebten Seelsorger in der Begrüßung dieser geistlichen Herren in unserer Mitte anzuschließen.

Was immer auch für geringe dogmatische, wenn ich mich so ausdrücken darf, Differenzen zwischen den Methodisten und uns Kongregationalisten bestehen, unsere Ziele sind die gleichen und dieselben, und ich bin sicher, daß kein Methodist Dr. Gantry und Dr. Hickenlooper mehr Hochachtung und Verehrung entgegenbringen könnte als wir.

Ich darf bezweifeln, ob über die ganze Ausdehnung unseres Landes Pfarrer gefunden werden könnten mit größerer Beredsamkeit, mit mehr tätiger Liebe zum wirkenden Christentum, mit beispielgebenderem und frömmerem Lebenswandel und mit mutigerer und gelehrsamerer Anhänglichkeit an die exakte Wahrheit, als diese beiden Herren, und obgleich sie heute abend ohne Priesterwesten und umgedrehte Kragen zu uns kommen, wollen wir doch nicht vergessen, daß es, wieviel Einfluß wir Geschäftsleute auch in Wirtschaftsdingen in Ausübung bringen mögen, daß es Denker sind wie Dr. Gantry, Dr. Hickenlooper und Dr. Edwards, die unserer Philosophie, unseren Idealen, unseren Urteilen in literarischen und künstlerischen Dingen und unserer Geschäftsmoral das endgültige Gepräge geben – und daß sie fortfahren werden uns zu führen, Gott sei gedankt, was für verleumderische und verlogene Angriffe auch gegen sie gemacht werden, von irregeführten unwissenden Menschen, die sich eine billige Berühmtheit erwerben wollen, indem sie ihre Charaktere anzweifeln!

Ich will nichts weiter sagen von gewissen schmutzigen Büchern und Zeitungen und Veröffentlichungen, die es lieben, im Schmutz zu wühlen und ihre Seelen für ein paar erbärmliche Pennys zu verkaufen, und ich will diesen allen antworten, indem ich sage, daß diese großen Diener am Worte – und das mögen diese Verleumder zur Kenntnis nehmen oder es auch bleiben lassen – diese berühmten Seelsorger genießen die geistige Billigung und finanzielle Unterstützung jedes Mannes wie Lowell Schmaltz!

 

Des öfteren, seitdem ich den Titel dieser bescheidenen Ansprache, die ich halten will, gewählt habe – »Die grundlegenden und fundamentalen Ideale des christlich-amerikanischen Bürgertums« – des öfteren habe ich mir überlegen müssen, ob er nicht ein klein wenig hochtrabend klingt. Das ist nicht beabsichtigt. Ich wünsche nichts weiter, als einfach und bescheiden die Moral der neuen Generation – der neuen amerikanischen Ära zu beschreiben.

In den alten Zeiten hatten die Geistlichen Interesse nur für alle möglichen konfusen Theorien; jetzt sind sie ebenso praktisch wie jeder Geschäftsmann. In den alten Zeiten ließen die Geschäftsleute – die Männer, die die Behaglichkeiten, die das Leben zu dem machen, was es heute ist, erzeugen und verkaufen – sich einschüchtern und führen von einer Unmenge von Königen, Adligen, Generälen, Journalisten, Richtern und einer Menge von solchen unpraktischen Leuten.

Aber jetzt ist die neue Ära da. Jetzt können wir einen Seufzer der Erleichterung ausstoßen, daß dieser altmodische und müßige Unsinn vorüber ist, und daß wir in einer Zeit leben, die beherrscht wird von Henry Ford, Woolworth, Marshall Field, Crane, Andrew Mellon, Cyrus H. K. Curtis, Pillsbury, von Ward, dem titanischen Bäcker, von den Gründern der A. & P.-Kolonialwarengeschäfte, von den Vereinigten Zigarrenläden und von den Liggett- und Owl-Apotheken, von Statler, John D. Rockefeller, William Randolph Hearst, Hart, Schaffner und Marx, Charles Schwab, Heinz, Swift und Armour, von der McCormick-Mähmaschinenfamilie und von anderen ähnlichen Führern der modernen Industrie und des modernen Handels – den neuen Fürsten, den neuen Hohenpriestern, den Schöpfern und Schutzherren einer neuen Philosophie und einer neuen Kunst.

Ich stehe niemand nach in meiner Bewunderung für das Amerika Abraham Lincolns, Emersons, Poes, Nathaniel Hawthornes. Aber diese Herren haben zu früh gelebt, um einerseits eine Nation von hundertundzehn Millionen Menschen, die der ganzen Welt ihre Ideale vorschreiben und sie regieren, zu erfassen, und andererseits einen Lebensstandard, in dem das Radio an die Stelle des Harmoniums getreten ist, der elektrische Beleuchtungskörper mit künstlerischem Schirm an die Stelle des alten Öllichts, und das Magazin mit einer Auflage von zwei Millionen Exemplaren an die Stelle des alten staubigen Kalblederbuchs.

Wenn diese Männer heute lebten, so wären sie ein Herz und eine Seele mit uns von der neuen Ära. Ich kann mir Lincoln vorstellen als Präsidenten der United-States-Stahl-, der Paramount-Film- oder der Wrigley-Kaugummigesellschaft; ich kann mir Poe vorstellen als einen der führenden Mitarbeiter des Red Book; Emerson als Präsidenten der Columbia- oder der Illinois-Universität, wie er zwanzigtausend Studenten mit seiner Beredsamkeit begeistert, und Hawthorne, wie er Inserate für das neue Hupmobile-Modell schreibt.

Doch die Moral dieser neuen Ära ist noch nicht ganz ausgedacht, und ich möchte, in meiner bescheidenen und demütigen Weise, am heutigen Abend dazu beitragen, was in meinen geringen Kräften steht.

 

Gewisse Ideale sind allgemein – Ehrlichkeit, Keuschheit und Nicht-zu-viel-trinken. Aber es gibt zwei Prinzipien, die fast ganz vom heutigen Amerika entwickelt und ausschließlich für dieses charakteristisch sind, und das ist: Dienst am Kunden und Praktischkeit! (Oder manche sagen auch Praktischheit.)

Nehmen wir Dienst am Kunden. Ich möchte damit beginnen, daß ich definiere, was ich darunter verstehe.

Dienst am Kunden ist Phantasie. Dienst am Kunden ist dieses gewisse Etwas, das, hinaus über das bloße Kaufen, Lagern und Liefern von Waren, dem Behagen und der Selbstachtung eines Kunden so sehr schmeichelt, daß er freundschaftliche Gefühle hegt, zurückkommt und wieder etwas haben will. Dienst am Kunden ist tatsächlich die Poesie, die guten Manieren, das große Erlebnis des Geschäfts.

Und es ist das erstemal in der Geschichte, daß eine Nation die solide, die kühne und funkelnde Idee erfaßt hat, daß man mehr tun kann, als bloß dem Kunden die Waren verkaufen, die er braucht – daß man ihn an sich fesseln kann durch diese feine Form der Freundlichkeit, die als Dienst am Kunden bekannt ist, so daß man, ohne daß es einen überhaupt etwas kostet, in ihm das Gefühl hervorrufen kann, daß er doppelt so viel bekommt, als sein Geld wert ist.

Dienst am Kunden! Und wenn die Rotarianer und Kiwianianer auch sonst nichts getan hätten, sie hätten ihre Existenz berechtigt und sich ihren Platz in der Geschichte für alle Ewigkeit gesichert durch ihre Propagierung des Werts und der Schönheit, ja, wenn ich, ohne eine Lästerung zu begehen, so sagen darf, der Religion des Dienstes am Kunden.

Gestatten Sie mir, Ihnen an Hand einiger Beispiele vorzuführen, was mir in bezug auf Dienst am Kunden als geschehen zu Ohren gekommen ist, und was ich mir ausgedacht habe, daß noch getan werden könnte.

Nehmen Sie meinen Beruf, Büroartikel.

Sagen wir, ich verkaufe jemandem eine Rechenmaschine. Nun gibt es bei der Behandlung derselben nichts, was ein einigermaßen helles Mädel nicht in einer halben Stunde lernen könnte, und was Reparaturen anbelangt, da spielt sowieso kein vernünftiges Büro damit rum. Aber wenn ein Herr eine Rechenmaschine kauft, bitte ich ihn, mir das Mädel, das dieselbe bedienen soll, für einen Unterrichtskurs zu schicken – selbstverständlich ganz kostenlos. Dann schicke ich einmal in der Woche oder einmal im Monat einen Mann ins Büro, der die Rechenmaschine durchsieht, sie adjustiert und jedem, den der Chef ihm bezeichnet, weiteren Unterricht in der Bedienung der Maschine erteilt – wieder alles vollständig kostenlos.

Nun versteht der Mann, den ich hinüberschicke, wahrscheinlich nicht mehr von der Behandlung der ollen Rechenmaschinen als mindestens die halben Leute im Büro, aber darauf kommt es gar nicht an. Es kommt nur darauf an, daß ich so bei den Chefs dieses Büros ein Gefühl der Zusammenarbeit mit mir erzeuge, ein Gefühl von einem Eifer, gut gemessen zu geben, zusammengedrückt und überlaufend, wie es in der Bibel heißt, und dann, wenn er wieder einmal etwas an Büroartikeln braucht, dann ist es sehr wahrscheinlich, daß er wieder zu mir kommt. Das ist Dienst am Kunden!

Oder nehmen Sie Versicherungen.

In den alten Zeiten, wenn einer – wenn ein Agent jemand eine Police verkauft hat, dann war es damit aus, und der Agent hat den Betreffenden nie wieder belästigt. Aber glücklicherweise hat jetzt die Morgenröte einer wissenschaftlicheren Ära stattgefunden. Für den wirklich erleuchteten Agenten ist der Verkauf der ersten Police nur der Anfang. Mit einem unpersönlich freundlichen Benehmen, und unter ganz besonderer Beachtung des Umstandes, nicht aufdringlich zu erscheinen, macht der Agent den Kunden zu seinem Bruderherz auf Lebenszeit.

Er legt eine Sammlung von Zeitungsauschnitten an, aus der er jeden Schritt seines Kunden ersehen kann – wie zum Beispiel Todesfälle in der Familie des Kunden, seine Ernennung zu irgendeiner hohem Stellung in der Loge, oder wenn seine Frau den Soroptimisten-Delegierten ein Dinner gibt – und bei jeder derartigen Gelegenheit übermittelt er dem Kunden seine Glückwünsche. Oder sein Beileid, wenn es erforderlich ist.

Selbstverständlich muß das mit Vorsicht getan werden. Der Agent muß sich davon überzeugen, ob der Kunde sich gern belästigen läßt oder nicht. Im Falle, daß ja, macht er diese Annäherungsversuche mit netten, freundlichen, gemütlichen, feinen kleinen Telephongesprächen, in denen er sich auch auf das Wetter oder ähnliche Dinge bezieht – jedoch niemals, wohlgemerkt, indem er direkt das Geschäft erwähnt, denn dann wäre es nicht Dienst am Kunden. Aber wenn der Betreffende empfindlich und nervös ist, so begnügt sich der Agent mit netten kleinen Briefen, in denen er vielleicht einflechtet, daß keine Antwort oder Bestätigung erforderlich ist.

Dann schließlich, wenn er merkt, daß die Aussichten reif sind, wenn ein wirklich reiches Gefühl persönlicher Freundschaft zwischen ihnen entstanden ist, dann macht er einen raschen Versuch, und in einer staunend großen Anzahl von Fällen ist er imstande, ihm eine neue und größere Police anzudrehen.

Das ist Dienst am Kunden – und, wie die Tugend, bringt er seinen Lohn.

Und ebenso in anderen Branchen. Der Kunde im Lebensmittelgeschäft wird oft einen zweitklassigen Apfel, wenn er hübsch verpackt ist, einem erstklassigen vorziehen, der achtlos in gewöhnliches Seidenpapier gewickelt ist. Ein Automobilist wird ziemlich schlechtes Benzin fressen, wenn die Angestellten der Tankstelle hübsche Uniformen anhaben, den Kunden respektvoll begrüßen und ihm kostenlos seine Windschutzscheibe abwischen. Man wird sich oft mit kleinen Zimmern, hohen Preisen und sogar recht schlechtem Essen abfinden, wenn sowohl der Sekretär wie der Direktor des Hotels einen wie einen Freund behandeln, einem warm die Hand drücken und, das vor allem anderen, sich den Namen gut merken und einen mit diesem begrüßen, wenn man ein zweites Mal zurückkommt.

Das ist Dienst am Kunden!

Und vergessen Sie nicht, daß nur ein gemeiner und niedrig denkender Kaufmann das bloß für eine Methode halten wird, mit der man besser verkaufen kann – obwohl es das natürlich auch ist. Aber über und darüber hinaus fördert es Freundschaft, Kameradschaft, Brüderlichkeit und bereitet so den Tag des Tausendjährigen Reiches vor, wo die ganze Welt eine glückliche christliche Gemeinschaft sein wird.

 

Und jetzt zu dem zweiten typisch modernen amerikanischen Ideal, Praktischkeit.

Europa hat immer seine Kunst gehabt und seine Schönheit, aber in einem haben wir das Alte Land überflügelt: obwohl wir unsere Sachen schön haben wollen – nehmen Sie zum Beispiel einen eleganten neuen Gasofen – müssen dieselben vor allem auch nützlich sein. Gestatten Sie mir, das zu beweisen, indem ich mich direkt in die Welt professioneller Kunst und Bildhauerei begebe.

Wenn eine europäische Stadt sich schmücken will, stellt sie, wenn ich aus einer ziemlich umfassenden Lektüre und einem Studium der Bilder im National Geographie Magazine urteilen darf – stellt sie in ihren Parks eine Menge heidnischer Götter auf – bei denen man, um nur das wenigste zu sagen, auf allerhand Gedanken kommen kann – und dazu Springbrunnen und derlei ähnliches mehr. Aber wir – nun, wir wünschen einen Park zu schmücken und entscheiden uns für eine Statue, die gleichzeitig hübsch und erzieherisch ist. Wir bedenken, daß es viele Spanier in der Stadt gibt, denen wir mittels Anerkennung eine Freude bereiten, und infolgedessen stellen wir eine schöne Kolumbusbüste auf; oder wir sehen, daß wir viele naturalisierte Italiener haben, die sich bei den Wahlen tadellos benehmen, und wir verleihen unserer Anerkennung für sie Ausdruck, indem wir ein Monument errichten für – für – also für Dante. Oder wir machen den Deutschen eine Freude mit einer Goethebüste. Und so treffen wir zwei Fliegen mit einem Schlag.

Oder nehmen wir ein direkteres Beispiel. Jetzt wo Weihnachten noch nicht lange vorüber ist, werden wohl einige von uns der Ansicht sein, daß die Sache mit den Geschenken etwas übertrieben wird. Ich habe Herren aus meiner eigenen Bekanntschaft versichern gehört, daß sie der Ansicht sind, daß gewisse Warenhäuser den heiligen Feiertag fast kommerzialisieren. Aber sei das, wie ihm mag, und es ist auch eine viel zu komplizierte Frage, als daß ich mich bei gegenwärtiger Gelegenheit darauf einlassen könnte, es ist eine tröstliche und feststehende Tatsache, daß unsere Geschenke die Tendenz haben, von Jahr zu Jahr praktischer zu werden.

Ich habe hier ein Magazin, das anfangs Dezember erschienen ist und deshalb im größten Ausmaß Inserate aufweist, auf denen der rosige Hauch der Feiertage ruht. Und wo es in den alten Zeiten Begeisterung über unpraktische Dinge für Weihnachten gegeben hätte, sagen wir zum Beispiel Bücher, Radierungen und Phantasiehaus Joppen – was finden wir da heute?

Vor allem und zuallererst sind da natürlich viele Anregungen für Autozubehör als Weihnachtsgeschenke, wie es ja auch richtig ist für ein Land, in dem der Hauptzweck darin besteht, rasch irgendwohin zu kommen. Schön! Schneeketten, Reifensicherungen, Kühlerjalousien, Kilometerzähler und Antifrostmischungen in hübschen, mit Palmenzweigen geschmückten Kanistern speziell für Weihnachten.

Und dann die anderen praktischen Geschenke, die sich dafür eignen, das Herz jedes Empfängers zu erfreuen: Taschenfeuerzeuge, Rasierklingenabziehapparate, kleine Waagen für das Badezimmer, so daß jeder, Mann, Weib oder Kind, täglich seine Gesundheit kontrollieren kann. Und was für Spielzeug! Richtige elektrische Züge, genau so wie die großen, so daß das glückselige Kind, das einen zu Weihnachten bekommt, nichts weiter zu tun hat, als einen Hebel herunterzudrücken, und der Zug fährt ganz von selber, und das Kind kann ganz einfach dasitzen und zusehen und sich freuen. Was das Spaß macht!

Und alle die Geschenkartikel, die in den Inseraten in die gewöhnliche große Anzahl anderer derartiger Luxusgegenstände, wie nur Amerika sie produziert, vermischt sind. Inserate von Städten in Florida, die in weniger als zehn Jahren so emporgestiegen sind, daß sie in jeder Hinsicht Venedig, Italien, gleichkommen, wenn nicht gar übersteigen. Diese wunderbaren neuen Damenüberschuhe mit dem Dings, ich habe vergessen, wie es heißt, aber man zieht nur an einem Dings, und dann geht das ganze Dings auf, ohne Knöpfe oder Haken und Ösen. Glänzende Inserate von Sauerkraut, das auf diese Weise, im ganzen Lande inseriert, sich aus seiner niedrigen Stellung erhebt und seinen Platz einnimmt neben Süßigkeiten und der Telephongesellschaft.

Und dann folgendes:

Bis vor kurzem wurden sowohl Schreibmaschinen wie Füllfedern in einem langweiligen und, ich möchte fast sagen, düsteren Schwarz erzeugt. Jetzt aber erscheinen Schreibmaschinen in allen möglichen lieblichen Farben, die ins Boudoir ebenso gut passen wie ins Büro; und Ihre Füllfedern können Sie jetzt in Opal, in Salatgrün, in Morgenrotrosa, in Elefantenhautgrau, in Lemarkieblau oder in Dutzenden von anderen verlockenden Farben und Nüangsen bekommen. Aber in diesem Magazin habe ich einen noch viel großartigeren Beweis dafür gefunden, wie Amerika Schönheit mit bloßer Praktischkeit verbindet. Ein Inserat beginnt mit einem Brief – ich vermute, daß er ausgedacht ist, das Erzeugnis des Genies irgendeines Zeitungsschreibers, und doch könnte er in dieser neuen Ära durchaus möglicherweise wirklich sein – der Brief einer jungen Dame, die angeblich an ihren Schatz schreibt, und sie sagt:

 

Du denkst an mich, Geliebter. Genau so, wie ich an Dich denke. Denken … nachdenken … sich an jeder köstlichen Stunde der Vorfreude ergötzen … die Tage zählen, bis …

Und Weihnachten ist fast schon da. Vielleicht denkst Du an ein Geschenk für mich. Vielleicht gar ein Kleinod! Doch kein köstlicheres Kleinod werde ich je ersehnen als das Deiner wunderbaren Gesellschaft; nach keiner königlicheren Gabe würde mich verlangen als nach der Ehrlichkeit Deines Herzens.

Laß Dein Geschenk etwas Intimes sein … etwas Schönes … etwas, das stets an die Tagträume von jetzt erinnert.

Und ich bitte dich … laß es praktisch sein!

Ein Heiligtum für die lieblichen Seiden- und Leinen- und Stickereigegenstände, die ich bekomme … für die Wolldecken … die Daunensteppdecken … für diese köstlichen Besitztümer, die ich jetzt in Kammer, Koffer oder Kommodenschublade verschließe. Eine Stelle der Schönheit und Duftigkeit, des Behagens und der Sicherheit, da sie weder Motten noch Rost fressen und neugierige Finger nicht stöbern werden … davon flüstere ich, mein geliebtes Herz …

Etwas, wonach ich mich immer gesehnt habe – wonach jede Trau sich sehnt. Etwas, das von ihrem Geliebten … oder ihrem Ehegatten … zu bekommen, sie so beglücken muß. EINE ZEDERNHOLZTRUHE …

 

Dann geht das Inserat weiter und zeigt Bilder von der Zedernholztruhenauswahl des Fabrikanten. Und ich muß Ihnen sagen, meine Herren, wenn wir im amerikanischen Reklamewesen einen Punkt erreicht haben, wo wir direkte Geschäftsworte nicht nur mit dem Frohmut der Feiertagszeit, sondern auch mit den köstlichen Vertraulichkeiten junger Liebe vereinen können, und auch mit einem geschickt hineingeflechteten Zitat aus der Heiligen Schrift, dann zum Donnerwetter haben wir einen Punkt der Praktischkeit erreicht, den man bisher in der Geschichte nicht gekannt hat!

Endlich ist die glorreiche Ära gekommen, wo jedes edle Gefühl, jeder künstlerische Satzbau und elegante Stil, jeder Instinkt für Schönheit nicht mehr gezwungen ist, allein und herrenlos zu sein, sondern mit Freuden seinen rechtmäßigen Platz im Dienst des Handels und der königlichen Kaufleute einnehmen kann!

Oder noch ein anderes Beispiel, das ich einem anderen Magazin aus derselben festlichen Zeit entnehme, über das praktische Getränk beim Weihnachtsmahl. Laßt den Deutschen ihr Bier, möge Frankreich sich an seinem rubinroten Wein erfreuen, laßt England sein – seine diversen Getränke, aber wir haben uns, gelobt sei Gott, von der furchtbaren Knechtschaft des Alkohols befreit.

Und warum? Weil wir gesehen haben, daß der Alkohol für den Geschäftserfolg nicht praktisch ist! Und doch wollen auch wir den großen Festtagen mit angemessenen Getränken Gerechtigkeit widerfahren lassen. Und da kommen unsere Fabrikanten und füllen diese Lücke durchaus befriedigend aus. Hören Sie sich dieses Inserat an und beachten Sie den erstklassigen literarischen Stil:

 

Ein wirklich froher Trank, der einem gut gekochten Weihnachtsessen neue Würze verleiht … An die Stelle des historischen Eberkopfes ist der majestätische Truthahn getreten; der fröhlich geschmückte Pfau hat dem Fleischragout Platz gemacht; ein feines altes Ingwerbier hat den schäumenden Weihnachtshumpen ersetzt, der einst als »die alte Quelle guter Laune, allüberall wo fröhliche Herzen vereint sind« von Hand zu Hand ging.

In der ganzen Welt gibt es kein Getränk, das sich so zum Weihnachtsessen eignet wie das Ingwerbier! In zerbrechlichen Kelchgläsern serviert, funkelt und moussiert es wie seltener alter Wein und fordert Sie auf, zu trinken und fröhlich zu sein! Das Essen bekommt immer eine neue Würze, eine neue Note, wenn dieses feine alte Ingwerbier auf Ihrem Tisch erscheint …

 

Das, meine Herren, ist unsere schallende Antwort an die Widersacher der Prohibition!

 

Welche Gelegenheiten dieses neue und ständig praktischer werdende Amerika heute jedem geweckten Menschen doch bietet!

Nehmen Sie zum Beispiel Al Smith. Da haben Sie einen armen Jungen von der Straße, einen Katholiken, und doch haben wir ihn Gouverneur von New York werden lassen. Natürlich bin ich dagegen, daß er Präsident wird, aber ich bin immer bereit gewesen, ihn so weit emporsteigen zu sehen, wie er bereits gestiegen ist, und obwohl er fast mit Bestimmtheit fast nie von mir gehört hat, wäre es mir ein Vergnügen, wenn er hier wäre, ihm die Hand mit allen guten Wünschen von Lowell Schmaltz zu reichen!

Was für Gelegenheiten heute! Welche Zusammenarbeit!

Nehmen Sie zum Beispiel die Gemeinschaftskasse. Was ist das doch für eine kolossale und einzigartige amerikanische Einrichtung – wir alle vereinen uns darin zu jeder würdigen Wohltätigkeit und weisen es von uns, Institutionen zu unterstützen, die Bankiers und andere Fachleute für unwürdig halten.

Nehmen wir bloß diesen jüngsten Fall –

War da ein junger Mann im Büro eines Freundes von mir, der sich weigerte, einen einzigen roten Cent für die Gemeinschaftskasse beizutragen, mit der leichtfertigen und in der Tat fast schnippischen Begründung, daß die großen Männer, die hinter dem Werbefeldzug stehen – die Männer, die so häufig selbst die freigebigsten Stifter waren! – die großen Beiträge für einen Verein benützen, mittels welchem alle radikalen und falsch denkenden Wohlfahrtsarbeiter den diversen Organisationen fern gehalten werden sollen.

Mein Freund hat also höchst richtigerweise diesen Mißvergnügten an die Luft gesetzt und in aller Stille seine Parole ausgegeben, und dieser junge Mann – wie Sie sehen können, praktisch ein verkleideter Sozialist – also, es sollte mich sehr überraschen, wenn er es jemals möglich machen kann, eine anständige Stellung in dieser Männerstadt zu finden! Ich führe nur dieses eine Beispiel dafür an, wie wir mit der ständig mehr Boden gewinnenden amerikanischen Organisation einerseits die aufstrebenden und richtig denkenden jungen Leute unterstützen und andererseits uns von allen Anarchisten und Nörglern befreien.

Denn wir dürfen nie vergessen, daß es sogar in der Mitte dieser Zivilisation, der luxuriösesten und mächtigsten, die die Welt je gekannt hat, noch immer Menschen gibt, die aus irgendeinem wahnsinnigen Grund, den sie selbst nicht erklären können, trotz allem kritteln und klagen und den Bannerwagen nicht besteigen wollen.

Nehmen Sie folgendes.

Ich weiß aus verläßlicher Quelle – obwohl ich selbstverständlich meine Selbstachtung nicht durch das Lesen derartiger Dinge beschmutzt habe, sondern ich bin über ihren Inhalt informiert durch die Kritik in diversen Predigten – ich habe gehört, daß im letzten Jahr oder so zwei Bücher erschienen sind, die daraufhinauslaufen, zu zeigen, daß George Washington nicht der große Held war, als den wir alle ihn kennen, sondern ein Mann, der geraucht, getrunken, geflucht und geflirtet hat. Dann ist da eine sogenannte Biographie herausgekommen, die behauptet, daß Henry Ward Beecher nicht das war, als was wir alle ihn kennen – der größte Prediger und Kämpfer für Rechtschaffenheit seit Martin Luther und ein Mann von fleckenloser Rechtschaffenheit und Redlichkeit – sondern vielmehr ein Mann, auf dessen Wort und liebende Freundschaft man nicht bauen konnte. Und nicht weniger als drei schandbare Bücher, zwei davon sind Romane, und eines eine Sudelei von einer Frau, die behauptet, daß sie ihn sehr gut gekannt hat, haben gewagt anzudeuten, daß unser Märtyrerpräsident, daß Harding ein von Verbrechern umgebener Dummkopf war.

Nun, ich habe eine Antwort für alle diese Herren Schriftsteller!

Und meine Antwort ist, daß es für einen ernsthaften und fleißigen Geschäftsmann nicht der Mühe wert ist, nach Berühmtheit haschenden Zeilenschmierern auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, Leuten, die aus ihren stinkenden Löchern herauskriechen, um den Mond anzukläffen, die durch ihre schmutzigen und verlogenen Anklagen in den Augen der Öffentlichkeit Fuß zu fassen suchen.

 

Ich sehe, daß die mir gewährte Frist ihrem Ende zuschreitet, aber, obgleich es nicht eigentlich zu meinem Thema gehört, möchte ich diese Gelegenheit ergreifen, um Ihnen kurz etwas von meiner vor einigen Monaten mit Präsident Coolidge stattgehabten Unterhaltung mitzuteilen, der, wie vielleicht viele von Ihnen wissen, während unserer ganzen Collegezeit ein guter Freund von mir war.

Als ich im Weißen Haus ankam, ging der Präsident grade mit dem englischen Gesandten zur Mayflower, da ich verfehlt hatte, ihn rechtzeitig von meiner Ankunft zu verständigen. Infolgedessen waren wir kürzer zusammen als sonst, aber er hat über gewisse Gegenstände gesprochen, über die authentisch informiert zu werden, Ihnen, wie ich weiß, ein Vergnügen sein wird.

»Herr Präsident«, sagte ich – er hatte mir zu verstehen gegeben, daß er wünschte, daß ich ihn »Cal« nenne, aber ich hielt das nicht für passend – »Herr Präsident«, fragte ich, »was ist Ihre Ansicht über die Frage der Einschränkung unserer Marine?«

»Ja, Low«, sagte er, »ich glaube, das kann ich Ihnen in einigen wenigen Worten sagen. Obgleich natürlich dreifach gewappnet ist, wer vorbereitet ist, wie der Barde sagt, kosten Schiffe nichtsdestoweniger eine bedauernswert hohe Summe von Geld, und es würde mich freuen, dieselbe eingeschränkt zu sehen – soweit es sich mit der Sicherheit verträgt.«

»Ja, und wie denken Sie über die Steuerfrage«, fragte ich.

»Meiner Meinung nach«, sagte er, »dürfen, obwohl es natürlich nie so ungerechte Steuern geben darf, daß die Last der Abgaben unbilligerweise auf diejenigen fällt, welche genötigt sind, große kommerzielle Unternehmungen auszuführen, die Menschen in allen möglichen Berufen und Lagen Stellungen geben, darf es doch nie eine unerträgliche Besteuerung derjenigen geben, die aus dem einen oder dem anderen Grunde nicht viel von den Gütern dieser Welt besitzen.«

»Und«, fragte ich schließlich, »wenn Sie damit nicht irgendein Staatsgeheimnis verraten – etwas Derartiges würde ich nie von Ihnen verlangen, obwohl wir alte Freunde sind«, sagte ich – »was halten Sie von der Lage in China?«

Nie werde ich vergessen, wie er sich aufreckte, und wie seine Augen Blitze schössen, während er mir grimmig zur Antwort gab:

»Meiner Meinung nach«, sagte er, »erhebt sich jetzt eine Situation, in der es notwendig ist, mehr zu tun als unsere selbstverständliche Pflicht bezüglich der Sicherung amerikanischer Rechte und Besitztümer in China. Das letzte, was ich oder meine Ratgeber wünschen, wäre, uns in die europäische Politik einzumischen«, sagte er, »aber da stehe ich und erkläre vor der ganzen Welt, daß es uns nicht behagt, wie die Bolschewisten, was behauptet wird, danach streben, die Chinesen darin zu unterstützen, daß sie sich unzivilisiert aufführen; und wenn es an der Zeit sein wird, werden wir, wenn notwendig, jede Maßregel ergreifen, die sich vielleicht als notwendig erweisen wird.«

 

Hier haben Sie also, meine Herren, in den eigenen Worten des Präsidenten eine klare Auslegung unserer auswärtigen Politik. Doch für mich ist dieselbe nicht wichtiger, nicht mehr der historischen Berichterstattung würdig als unsere innere Politik, die ich Ihnen eben an Hand von Dienst am Kunden und Praktischkeit zu umreißen versucht habe.

Und es soll mich freuen, wenn es mir auf meine bescheidene Weise gelungen ist, Ihnen die neue Ära der amerikanischen Zivilisation näherzubringen; Ihnen in aller Bescheidenheit den Wahlspruch von Lowell Schmaltz auseinandergesetzt zu haben: »Lies viel, denk wissenschaftlich, sprich kurz und verkauf deine Ware!«

 


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