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Zweiter Teil.
Die Geschichte von Mack McMack

– Natürlich, die kleben ja, die Karten, und außerdem möcht ich jede Wette eingehen, daß Billy Dodd hier, gleich wie er damit fertig war, mir das miserabelste Sortiment von Büroartikeln anzudrehen, das Sie sich denken können, jede Wette will ich eingehen, daß er sich hier reingeschlichen und das ganze verdammte Paket markiert hat. Genau, was man von nem Menschen aus Chicago erwarten kann! Wir wollen also n neues Paket besorgen und unsere wissenschaftlichen Untersuchungen über Poker fortsetzen und –

Aber hören Sie, da wir grade von Chicago hier reden, war das vielleicht ne miserable Reise, die ich heute nacht von Zenith hierher gehabt hab. Also, das is doch ne komische Sache mit mir: die erste Nacht in nem Schlafwagen kann ich fast überhaupt nicht schlafen.

Und trotzdem, damals wie Mrs. Schmaltz und ich voriges Jahr direkt durchgefahren sind bis nach Kalifornien, also auf so ner großen langen Tour, obwohl ich in der ersten Nacht gar nicht besonders gut schlafen konnte – ich hab mich bloß immer und immer wieder rumgewälzt, und so oft der Zug gehalten hat, bin ich mit nem Ruck aus dem Schlaf aufgefahren –

Ich weiß ja, daß Sie alle bloß weiter spielen und gar nichts von Kalifornien hören wollen. Ich weiß Bescheid. Also manchmal, so im trauten Familienkreise, wenn wir diese kleinen rührenden Gespräche haben, die von so großem Wert sind für die Charakterbildung der Kinder – denn, wie sagt die Bibel: »Was ein Häkchen werden will, krümmt sich beizeiten« – während ich vielleicht Robby und Delmerine, meinen Kindern, erzähl, daß es nur auf geistige und kulturelle Dinge ankommt, die ganze Zeit, während ich denen predige, möcht ich selber ja am liebsten türmen und nen kleinen Poker machen. Sie sehen also, mir is es ganz einfach ekelhaft, wenn einer das Spiel mit seinem Gequatsch unterbricht. Aber ich wollte nur einen Moment was von Kalifornien sagen.

Und das is Ihnen vielleicht ein Staat! Is das ein Staat!

Also ich bin ja kolossal stolz auf meinen eigenen Staat, Winnemac. S is Tatsache und statistisch bewiesen, daß wir gleich nach Michigan, Illinois, Ohio, Wisconsin, und vielleicht New York und New Jersey, die größte Automobilproduktion in den Vereinigten Staaten haben. Und die Zenither Hochschule hat das größte und schönste Hochschulgebäude, was es in Städten von der gleichen Größe im Land gibt, und außerdem darf infolge einer neuen und sehr gescheiten Verordnung des Erziehungsausschusses kein Lehrer bei uns in den Schulen unterrichten, wenn er – oder sie, was ja auch möglich is – nicht beweist, daß er bei der letzten Wahl entweder republikanisch oder demokratisch gestimmt hat, und dadurch haben wir einen außergewöhnlich großen Prozentsatz von wirklich soliden und verläßlichen Menschen unter den Profs in der Schule, und nicht so n Haufen von verrückten Intelligenzlern. Und natürlich gibts auch noch andere Staaten –

Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß New York stolz is auf seine großen Städte, die soviel elektrotechnische Erzeugnisse produzieren, wie zum Beispiel so wichtige Errungenschaften der Zivilisation wie elektrische Plätteisen, und ich kann mir vorstellen, daß Georgia stolz darauf is, daß es sich aus nem faulen Pflanzerstaat, in dem die Leute bloß rumgeritten sind, in ein modernes Industriezentrum verwandelt hat, das genau so große Fabriken und genau soviel Maschinen hat wie Massachusetts.

Und dann das alte Massachusetts selber – was is das für ein Staat! Richtig modern, und doch zeigen sie, daß sie Achtung haben vor den Grundsätzen der Begründer des Landes, indem sie entschlossen alle Bücher verbieten, die sich mit der Prostitution und ehelichem Unglück beschäftigen, und mit den ganzen anderen Sachen, von denen wir erwachsenen Männer wissen, daß es sie gibt, aber warum soll man das Unglück der Welt vergrößern, indem man davon redet –

Aber ich will sagen: es gibt ne ganze Menge erstklassige Staaten in der Union, aber gibt es einen darunter, der Natur und Landschaftsschönheiten besser mit einem hochgradig behaglichen Leben vereinen kann als Kalifornien?

Ich hab ziemlich viel über die Geschichte von Kalifornien gelesen – ich hab einen Artikel im Literary Digest, in dem alle wichtigen Daten genannt waren, ganz durchgelesen, und meine Ansicht über die Geschichte des Staates ist:

Natürlich hat Kalifornien immer ne Menge hohe Berge gehabt, die, was ja gar nicht gesagt zu werden braucht, schon da waren, lange bevor der Mensch in die pfadlosen Wildnisse gekommen is, und ebenso das Meer natürlich, aber trotzdem, in den alten Zeiten, sogar noch nachdem weiße und zivilisierte Menschen den Staat kolonisiert haben, war niemand da, der Reklame für alles das gemacht hat – der es, könnt man sagen, mit dem Rest unseres amerikanischen Lebens verknüpft hat.

Ich denk mir die Sache so: in den früheren und vergangenen Zeiten war der ganze Staat bloß voller fauler Pflanzer, die zum Teil von den Spaniern abstammten, was natürlich heißt, daß die von Anfang an nicht in Frage kommen. Und wenn man seine Phantasie noch so anstrengt, die Spanier kann man nicht für aufbauende Mitarbeiter an der Amerikanisierung halten. Und dann hats in der Gegend von San Francisco viele so ne Künstler und Maler und so was gegeben, und Schriftsteller, und die sind nur rumgesessen und haben nichts Aufbauendes geleistet, könnt man sagen, sie sind nur rumgesessen und haben ne Menge Wein gesoffen und gequatscht und viel geredet – viele so ne Leute wie Jack London und Frank Norris und Bret Harte und Upton Sinclair und Eugene Debs – nee, Eugene Field, glaub ich, hat er geheißen.

Aber abgesehen von der Landschaft allein, was hat Kalifornien damals gehabt? Was hat es gehabt?

Da war dieses große Reich, das –

Ich erinner mich, in dem großartigen Buch von Reverend Dr. Sieffer hab ich gelesen – und wissen Sie, das is mal n Buch, das ich Ihnen empfehlen möchte. Es is ja ganz schön und ganz gut, n Haufen Romane zu lesen, und ich hab ja wohl auch allerhand für ne flotte gute Geschichte übrig, sagen wir mal so was wie n Wildwestroman, wo der Held den andern Kerl dran verhindert, daß er mit den Herden von seinem Chef durchbrennt; aber wenn man seinen Geist veredeln will – und was is schließlich charakteristischer für das amerikanische Leben als die Veredelung des Geistes? – und wenn man seinen Geist veredeln will, dann braucht man nichts anderes als richtig aufbauende und historische Sachen.

Und der Reverend Sieffer – mir fällt bloß nicht mehr ein, wie sein Buch geheißen hat, und es is ja auch wahr, so viel wie ich mit allen meinen Geschäftsinteressen beschäftigt bin, kann ich kaum Zeit finden, um mich niederzusetzen und meinen Geist zu veredeln, wie ich möchte, aber s war n Buch über die Zwecke Gottes, wie sie in der Geschichte Amerikas an den Tag treten.

Und das Bild, das er entworfen hat von dem Kalifornien in der Zeit, bevor es mit den Hauptströmen des amerikanischen Geschicks vereinigt war – ich kann Ihnen sagen, das bringt einen wirklich zum Nachdenken.

Da war dieses große Land. Da waren diese riesenhaften Berge – also, ich will ja nicht verstiegen und poetisch werden, aber wie ich in meiner kleinen Ansprache, die ich nach meiner Rückkunft von Kalifornien im Kiwanis-Club gehalten habe, sagte, da waren diese riesenhaften Berge mit den schneegekrönten Spitzen, die das ewige Blau des ungeheuren westlichen Himmels küßten. Und da waren, wie der Reverend Sieffer in seinem Buch erzählt, diese großartigen Canyons, die ihre schweigenden, aber fichtenbewachsenen Tiefen zu den höheren und unbekannten Wasserscheiden emporstreckten. Und da waren ungeheure Ebenen, die auf den glücklichen Pflug des zivilisierten Menschen warteten, damals aber von nichts anderem erfüllt waren als dem Heulen des Coyoten. Und da war diese große, riesig lange Seeküste, an die die Wellen des blauen Stillen Ozeans schlugen, aber ohne jede Heimstättenbewegung, ja sogar ohne einen Punkt, wo man sie für die Zukunft und den Gebrauch zivilisierter Menschen vorbereiten hätte können.

Und was is dann geschehen? Was is geschehen?

Wissen Sie, was in Kalifornien geschehen is, und noch dazu in ganz wenigen Jahren, wohlgemerkt, das is für mich eines der Wunder, die dem denkenden Menschen die Vorsehung und die Güte Gottes beweisen, der immer die Geschicke des amerikanischen Volkes gelenkt hat.

Irgendwer – und wissen Sie, es is ne Affenschande, aber ich glaube, sein Name wird der Geschichte nie bekannt werden – irgendwer in Iowa (oder s kann auch Minnesota gewesen sein oder Wisconsin oder Illinois oder auch Missouri, ja, oder übrigens, er kann auch aus Kansas gewesen sein) – na, auf jeden Fall hat er gemerkt, daß die große Bevölkerung des Mittelwestens, wenn sie mit ihren Bemühungen um den Getreidebau fertig is und mit diesen anderen ebenso wertvollen und aufbauenden Arbeiten, nämlich dem Verkauf von Ackergerät an die Farmer, die schließlich, Sie können sagen, was Sie wollen, das große Rückgrat und die Stärke unserer Nation sind, er is also drauf gekommen, daß es für diese Herren das richtige wäre, sich an die liebliche, und man könnt sagen, idyllische kalifornische Küste zurückzuziehen und dort in ihrem betagten Alter die Früchte eines Lebens harter und beschwerlicher Arbeit zu genießen.

Und was is dann geschehen? Was is geschehen?

Überall in diesem kahlen Land begannen liebliche kleine Häuschen emporzusprießen. Wo früher nichts, aber auch gar nichts gewesen war als Meeresstrand und Bergtäler, dort sproßten, fast über Nacht, könnt man sagen, eine ganze Unmenge von blendenden kleinen Häuschen auf, und wo man früher, wie der Reverend Sieffer sagt, nicht einen lausigen Ton hören konnte als das trotzige Brüllen der Brandung am Strand, da konnte man bald Grammophone spielen hören, Radios, die auf Chicago eingestellt waren, nette lustige normale junge Leute tanzten zu den Klängen der Jazzmusik, und Fords und Automobile machten sich vernehmbar, in denen die Leute zu einem netten Picknick in irgendeinem Canyon aufbrachen.

Ja, lassen Sie sich das von jemand sagen, der Reisen gemacht hat! Ich habs gesehen und ich weiß Bescheid! Ich hab schöne Stellen in Kalifornien gesehen, wo noch vor zwanzig Jahren kaum ein menschliches Wesen zu erblicken war – irgendein interessanter Punkt, der mit heiliger Ruhe zwischen den ewigen Bergen erfüllt war; und jetzt können Sie dort, besonders an Sonntagen, nicht weniger als einige hundert Automobile aufgefahren sehen, und alle Leute lachen und plaudern dort draußen und unterhalten sich nachbarlich und tauschen Neuigkeiten aus der Heimat in Iowa aus und kochen heiße Würstel und Wiener und lauter so Sachen und sehen sich die Landschaft an.

 

Is das ein Staat! Herrschaften, ich weiß nicht, wo Sie geboren sind, und ich möcht niemand kränken, aber ich weiß aus Erfahrung, daß die Cafeterias in Los Angeles die besten von der Welt sind. Ausnahmslos!

Ja, ich kann mich erinnern, daß Muttchen (das is meine Frau) daß Muttchen und ich in ein Lokal gekommen sind –

Ich kann Ihnen sagen, Herrgott, das hat ausgesehen wie so ne Kathedrale! Die Cafeteria, mein ich.

Wissen Sie, es war so hoch, es müssen zwei Stockwerke von dem Gebäude gewesen sein, in dem sie war – es war n großer hoher Wolkenkratzer, ja, es war die Nationalzentrale der Fundamentalisten- und Anti-Evolutions-Ganzbibel-Liga. Sie können sich also vorstellen, was fürn großes Gebäude das war. Also, Herrschaften, diese Cafeteria hat die ganze Höhe der beiden ersten Stockwerke eingenommen, und – also das is sicher ne Überraschung für jeden von ihnen, der nicht in Kalifornien gewesen ist – da drinnen war alles gekachelt, Fußboden, Decke und Wände.

Elegant? Mensch, die Kacheln haben so geglitzert, daß es einem fast in den Augen weh getan hat. Und alle Tische, s müssen tausend oder vielleicht auch fünfzehnhundert gewesen sein, ich hab auf so ungefähr zwölfhundert geschätzt, und Muttchen auch, also jeder von den Tischen hat ne hübsche grüne Farbe gehabt, und auf jedem – also das war mal ne Sache, und wohlgemerkt, nicht einen Extra-Cent haben die Leute dafür verlangt – auf jedem Tisch war n hübsches koloriertes Motto in Kunstdruck.

Ich weiß noch, was auf unserem Tisch war. Es war eingerahmt von so ner Kette Mohnblumen und Flußlachs, und es hat geheißen:

 

Willkommen, Herrschaften! Wie gehts dem alten Mütterchen daheim?

Wir empfehlen unsere Special-Zwiebel- und Erdnußbutterbrötchen, unser Vollfrucht-Vegetarianer-Steak und unsere Antialkohol-Fleischpastete, doch während Du Dich an ihrem Wohlgeschmack erfreust, vergiß nicht, daß Dein altes Mütterchen daheim vielleicht gern Nachrichten von Dir bekommen möchte.

Und wenn sie Dich hier aufsucht, dann bring sie nur zum Geschäftsführer und stell sie ihm vor, es wird ihm ein Vergnügen sein, ihr anläßlich ihres ersten Besuches hier kostenlos eine Willkommen-Mütterchen-Gratismahlzeit bis zum Wert von siebenundvierzig Cents zu stiften.

 

Recht aufmerksam, was? Und gute Reklame.

Wie gesagt, da war dieses elegante Lokal, und sie hatten n Vollorchester, das Lieder aus dem Süden gespielt hat, und am anderen Ende waren Lese- und Clubzimmer mit lauter Samtstühlen – so ne Art Loggia, die mit Samtschnüren abgeteilt war – da konnt man nach dem Abendessen hin und die Zeitungen von zu Hause lesen – sie hatten die Zeitungen aus Omaha und Hartford und Winona und Kalamazoo und überall daher. Und wenn man nach dem Abendessen weggegangen is, da hat jeder kostenlos und gratis eine Zigarette, zwei Zahnstocher und ein Marcus-Evangelium geschenkt bekommen; und jede Dame hat nen Pfefferminz-Bombong in durchsichtigem Papier und ne Puderquaste geschenkt bekommen, alles gratis und kostenlos.

Und hat das den Gästen Spaß gemacht? Na klar, Mensch! Also bloß ein Beispiel zum Beispiel –

Muttchen und ich, wir hatten grade angefangen, unser Futter einzuschaufeln, da hören wir plötzlich jemand am Nebentisch –

Hören Sie, wenn ich nicht später erfahren hätte, daß das n Farmer war, ich wär nicht drauf gekommen, und auch sonst niemand, auch der beste Beobachter nicht. Also ich kann Ihnen bloß sagen, der Mensch hat nen netten, sauberen bescheidenen Tuchanzug angehabt, genau so wie ich, und seine Frau, ne ordentliche, freundliche kleine Frau war das, also die hat fast n ebenso netten kleinen Hut aufgehabt wie Muttchen selber. Aber was ich sagen will: man hätte nie gemerkt, daß das Farmersleute waren – Tatsache, später, ich hab ihn zufällig in meiner Garage getroffen, da hat er mir erzählt, daß er die Gewohnheit hat, den Cosmopolitan zu lesen und die ganze gute Literatur, genau so wie wir in den großen Städten.

Also, wie gesagt, der Mensch beugt sich so n bißchen vor und sagt zu mir: »Ganz nettes Lokal hier.«

»Na freilich«, sag ich.

»Wissen Sie«, sagt er, »wenn das Essen selber ja vielleicht auch nicht ganz so gut schmeckt, sonst is doch alles hier so blendend eingerichtet, wie mans nur verlangen kann – nach dem allerfeinsten Geschmack eingerichtet, was?« sagt er.

»Na selbstverständlich«, sag ich – ich hab gleich gemerkt, daß er n netter Kerl war, und obwohl ich ne College-Erziehung habe und den Präsidenten Coolidge kenne und so, ich hab nie zu den Leuten gehört, die meinen, daß man nen wirklich angenehmen und sozusagen interessanten Menschen, den man unterwegs trifft, abfahren lassen soll, denn was sind wir schließlich, wie unser Pastor, Dr. G. Prosper Edwards, bei mehr als einer Gelegenheit in unserer Kirche gesagt hat, was sind wir schließlich, auch die Besten von uns, anderes als Weggenossen auf dieser großen Chaussee, die das Leben ist?

Also ich sage zu ihm: »Na selbstverständlich«, sage ich. »Fremd hier?« sage ich.

»Na ja, n bißchen, sozusagen«, sagt er. »Mutter und ich sind ja schon so ziemlich seit n paar Jahren hier in Los, aber trotzdem, wenn man sichs richtig überdenkt«, sagt er, »in so ner großen Stadt wie hier, mit allen ihren Wundern und Amüsemangs«, sagt er, »da kann man ne ganze Anzahl von Jahren hier sein und doch nicht mit allem Neuen fertig werden, und ganz besonders«, sagt er, »mit religiösen Dingen.«

Die Sache is die, um es kurz zu machen, der Herr sagte, daß es seine Frau und ihn sehr interessiert hat, die verschiedenen Arten von Religionen in Los Angeles zu studieren.

Also, wissen Sie! Der Mensch is ja vielleicht n Farmer gewesen, aber er war gar nicht so dämlich, wenn sichs um richtige Einblicke in Philosophie und Religion gehandelt hat. Ich sage Ihnen, er hat sogar mich manches lehren können, was ich nicht gewußt hatte!

Er hat mir mitgeteilt (und ich habe keinen Grund, seine Statistik anzuzweifeln), daß diese Prophetin, diese Mrs. Aimee Sample McPherson ihren Mitgliederumsatz in zwei Jahren um 1800 Prozent vermehrt hat, und daß von ihren Glaubensheilungen 62,9 Prozent erfolgreich und dauernd waren, und das is von richtigen vorsichtigen Ärzten festgestellt worden, in nem Zeitraum von zwei Jahren, oder s kann sogar auch mehr als zwei Jahre gewesen sein, ich hab mir keine Notiz gemacht und kann deshalb im Augenblick für den in Frage stehenden Zeitraum keine volle Verantwortung übernehmen.

Und dann – hören Sie! Er hat mir allerhand von vielen neuen und interessanten Religionen in Los Angeles erzählt.

Nicht, daß ich persönlich eine davon ergreifen möchte. Aber er hat mir auseinandergesetzt, daß es – ach Du lieber Gott, jetzt kann ich mich gar nicht einmal mehr an alle erinnern. Aber da war dieser Hindu-Atemkult, wo man bloß lernen mußte, wie man seinen Atem einteilt, und dann lebt man garantiert mindestens hundert Jahre. Und dann die Irische Vereinigung der Verlorenen Stämme Israels, die hat bewiesen, daß die Engländer die Nachkommen von Moses sind. Und der große Marzipan – nee, Mazeppa, glaub ich, wars, na auf jeden Fall irgend so was – das war so n Kerl, der einen in direkte Berührung mit seinen Vorfahren bringen kann, und auch n blendender Handleser –

Aber ich fürchte, ich komm n bißchen vom Kern der Sache ab. Der Kern is, daß der Herr und seine Frau beide einstimmig der Meinung waren, daß diese Cafeteria besser war als alle Lokale, die sie gesehen hatten, sogar in Minneapolis!

Also, wie gesagt, wie ich das Lokal gesehen hab, hab ich zu Muttchen gesagt –

Nicht, daß wir sparen müßten, verstehen Sie. Schließlich hätten wirs uns wohl auch im Ambassador und im Biltmore und in den andern vornehmen Hotels von Los Angeles leisten können, besser vielleicht als die meisten von den Filmschauspielern und Petroleumfritzen und den ganzen Menschen im Frack, die immer so den kleinen Leuten zeigen wollen, wie fein sie raus sind, aber am Morgen drauf, wenn sie wieder dasitzen, können sie sich zum Frühstück wahrscheinlich nicht mehr leisten als Kaffee und alte Semmeln!

Wir haben nicht sparen müssen, aber trotzdem is es, und das werden Sie ja begreifen, ab und zu recht nett, wenn man sich nen Vierteldollar sparen kann, und Muttchen und ich hatten gemeint, wenn wir in eine Cafeteria gingen, würden wir vielleicht billig davonkommen.

Aber wie ich das Lokal da gesehen hab, habe ich gesagt: »Na, Muttchen«, hab ich gesagt, »hier werden sie uns wohl tüchtig hochnehmen.«

Das hätte jeder gedacht, bei dem Luxus, und Du lieber Gott, vielleicht zweiundeinhalbtausend Leute haben da auf einmal gefuttert, und so n Heidenkrach von Geschirr – n richtiges Lucullusmahl oder wie der Kerl geheißen hat, könnt man sagen.

Aber wissen Sie –

Was meinen Sie, wie waren die Preise? Ich hab sie mir notiert (natürlich kann n Mensch, der im Büroartikelgeschäft ist, wie Billy Dodd da und ich, gar nicht anders, er muß wissenschaftlich werden) – ich hab mir die Preise notiert, während Muttchen und ich uns unsere Sachen am Buffet geholt haben, und ich weiß noch, was wir bezahlt haben.

Und bedenken Sie, daß das alles erstklassiges modernes Essen war, hergestellt auf den besten modernen Maschinen mit wissenschaftlicher Bemessung der Zubehöre, und ohne daß es von ner Hand berührt oder beschmutzt worden wäre.

Also, das hier sind n paar von den Preisen: Altes-Cap-Cod-Muschelragout siebzehn Cents, und richtige ordentliche Muscheln waren noch dazu drin! N Alt-Essex-Barbecue-Roastbeef hat dreiundzwanzig Cents gekostet, und ne große, dicke, saftige Süd-Dakota-Backkartoffel nur elf Cents, und Mussolini-Maccaroni zwölf, und nachher –

Ich bin so n bißchen, was Sie vielleicht nen Epikuräer nennen werden, und setz auf n gutes Essen gern was Pikantes, und da hab ich mir nen Dickens-Klein-Tim-Alt-Weihnachten-Plumpudding genommen, und dafür, mit zwei Saucen (mit Wein und ohne Wein) und mit nem echten Stechpalmenblatt drauf, hab ich nur siebenundzwanzig Cents zahlen müssen. Und ich kann Ihnen sagen, ich hab alle diese Plumpuddings ausprobiert, Van Camp und Heinz und die ganzen Sorten, die überall inseriert sind, jawoll Herr, die allerwissenschaftlichsten davon hab ich ausprobiert, und nie hab ich nen besseren gegessen als den damals am Abend in der Cafeteria – Pfarrer-Junipero-Serra-Missions-Gasthof hats übrigens geheißen.

Also später hab ich mich n bißchen mit einem Geschäftsführer bekannt gemacht, und der hat mir erzählt, daß sie den Plumpudding selber machen, und er hat behauptet, daß sie eineinviertel – na, s können auch eindreiviertel Prozent gewesen sein, das weiß ich jetzt nicht mehr genau – aber auf jeden Fall hat er behauptet, daß sie mehr Zitronen und mehr Rosinen in ihren Plumpudding geben, als in allen anderen inserierten Sorten sind, und er hat mir auch erzählt, daß sie in den Weihnachts- und Feiertagsmonaten, das heißt also von Oktober bis März, im Tag durchschnittlich achthundertsiebenundneunzig Plumpuddings verkaufen!

Daran können Sie also sehen, was fürn Lokal das war! Und was ich fast vergessen hätte: für immer sechs Tische zusammen war n Stand mit kostenloser Christian-Science-Literatur da, mit dem Monitor und den ganzen anderen Sachen, und die konnte man sich ganz kostenlos nehmen.

Nicht, daß ich für meine Person besonders viel von der Christian Science halte. Ich, ich bin Kongregationalist. Aber trotzdem, s war doch recht nett, daß man sich kostenlos was zum Lesen in sein Hotel mitnehmen konnte, so daß man immer was zum Lesen hatte, wenn man mit der Straßenbahn fährt oder mal ne kleine Autofahrt macht oder ins Kino geht oder zu irgendnem anderen Amüsemang, dies in Los Angeles gibt.

Aber ich fürchte, ich komm n bißchen von meinem Gegenstand ab. Ich wollte nicht so lange über Kalifornien sprechen. Ich wollte bloß sagen, daß ich gestern nacht nicht so gut geschlafen hab wie auf meiner Reise nach Kalifornien –

Und, ach ja, da is noch was, was ich noch sagen möchte, wenn es Sie nicht zu sehr langweilt, von dem Junipero-Serra-Gasthof: Auf jedes einzelne Tablett legt Ihnen dort einer – und Sie brauchen gar nicht drum zu bitten, er tuts freiwillig, ohne viel Gerede und Hinundher, was natürlich das Ideal von Dienst am Kunden is – auf jedes einzelne Tablett legt Ihnen der, s muß n Portugiese gewesen sein oder vielleicht auch n Italiener – statt den Papierservietten, wie man sie in vielen Cafeterias im Osten kriegt, legt er ne richtige Leinenserviette hin, auf der gedruckt steht: »Nimm mich heim mit Dir, und wenn Du fern von der Heimat ein anheimelndes Heim haben und vergnügt sein willst, dann vergiß nicht, daß ich aus dem weltberühmten Serra-Gasthof bin.«

Tüchtig, was?

Aber was ich sagen wollte:

 

Sie wollen mit der Pokerpartie weiterkommen, und ich auch, und deshalb will ich auf gar keine Einzelheiten über meine Erlebnisse in Kalifornien eingehen. Billy hat ganz recht, die Karten sind zu klebrig, deshalb will ich neue von unten raufkommen lassen, und dann können wir weiterspielen. Und Sie werden wohl auch noch nen Schluck vertragen können, und da wollen wir ne schöne Mischung machen –

 

Hallo. Hallo. Hal–lo! Also, Kleine, ich brauch einen von euren intelligenten jungen Boys.

So, so? Na wissen Sie, lieber wär mirs, Sie kämen selber rauf! So, so was machen die, so! Na, ich bin nicht so einer.

Nee, bin ich nicht! Aber wissen Sie, Kleine, wenn Sie sich mal so n bißchen einsam vorkommen wenn Ihre Schicht um is, dann kommen Sie mal rauf hier auf zweihundertzweiunddreißig, und dann mach ich Sie mit n paar feinen Kerlen bekannt.

So, was Sie nicht sagen!

Nee, Herrschaften, diese Telephonmädels sind doch zu frech. Die is aber n nettes Kind, die Nummer zwei.

Ja, was ich sagen wollte –

Also Herrgott noch mal, kommt denn der Boy nie? Wenn ich n Hotel leiten würde –

Ich bild mir ja nicht ein, daß ich n John Bowman oder n Statler oder sonst so wer bin, aber wenn ich n großes Hotel leiten würde, würd ich –

Her- rein!

Ach Du bists, Du bists, Jungchen! Wo hast Du denn die ganze Nacht gesteckt? Ne kranke Großmutter am Sportplatz begraben? Also paß mal auf, mein Sohn: Du rennst mal gleich runter in die Apotheke hier im Hotel und bringst uns n hübsches neues Paket Karten rauf – nee, bei Gott, zwei Pakete sollens sein, und die besten, die sie haben!

Und dann bring uns noch zwei Quart Whisky rauf, aber flott, verstanden?

 

Na, meine Herren, die ganze Zeit, die wir auf den verdammten Boy gewartet haben, hab ich meine Pflichten als Hausherr vergessen, muß ich fürchten.

Sagen Sie Halt! So, das nenn ich mal n Getränk. Davon werden Sie Haare auf der Brust kriegen!

Sagen Sie Halt! Schön!

Sagen Sie Halt! So is recht!

So! und jetzt wird Vater Schmaltz mal sehen, daß er seinen eigenen Schnupfen los wird, und was er sonst vielleicht noch hat, und dazu wird er auch ne Kleinigkeit von dem alten Hausmittel nehmen, und während wir auf die neuen Karten warten, werd ich, wenns die Herrschaften nicht langweilt, dort fortsetzen, wo uns der Boy unterbrochen hat:

 

Also, was ich eigentlich sagen wollte: so vor ungefähr nem Jahr, nee, dreizehn Monate muß es jetzt her sein, hab ich n Geschichtchen gehört, das ich den Herren erzählen möchte –

Aber wissen Sie, bevor ich damit anfange, muß ich noch erklären –

Ich hab gemerkt, daß Mr. Laks, ich hab gemerkt, daß er sich n bißchen gewundert hat, daß ich bei der letzten Partie zwei Karten gekauft hab.

Also, die Idee war die, das Psychologische dran wird Sie ja vielleicht interessieren, und wie Billy Dodd Ihnen bestätigen kann, s gibt keinen Beruf, in dem man psychologischer arbeiten muß, als im Büroartikelgeschäft.

Also, als ich meine Karten hatte, dachte ich, daß Mr. Laks –

Entschuldigen, Sie, Mr. Laks, daß ich Sie nicht beim Vornamen nenne. Es war mir sehr unangenehm, wenn Sie auch nur einen Augenblick lang denken würden, es geschieht aus Unfreundlichkeit. Aber meine Ansicht is eben: wenn man jemand das erste Mal sieht, dann muß man zeigen, daß man seinen gesellschaftlichen Benimm hat, indem man ihm Herr Soundso sagt – damit zeigt man, daß man nicht so n manierloser Bursche is – und dann nachher kann man Pete oder Pootch oder Schweinsohr zu ihm sagen, oder wie er sonst heißt.

Aber, was ich sagen wollte:

Sie wissen doch noch, Simms hat geteilt, und was, meinen Sie, hab ich gekriegt? Na, ich wills Ihnen sagen: wie ich mir meine Karten ansehe, da hab ich die Caro Zwei, die Pick Sieben, den Treff König, die Herz Neun, und – die Sechs –

Also Donnerwetter, jetzt weiß ich nicht mehr – das is doch wirklich ne Schande – aber ich weiß nicht mehr, ob die fünfte Karte die Herz Drei oder die Caro Drei war. Aber auf jeden Fall, das is ja nicht so wichtig; was ich klarmachen wollte: ich hatte nicht mal ein einziges kleines Paar in meinem ganzen Blatt.

Und da hab ich mir gedacht: »Na, Low, da hast Du ja mal n blendend feines Sortiment erwischt.«

N bißchen hab ich ja lachen müssen –

Ich sage immer, Verstand is immer wichtig, an seiner Stelle, und Fleiß, und sogar Ideale, das heißt solange sie praktisch sind, aber was is wichtiger im Leben als Sinn für Humor? Ich hab ja sonst vielleicht alle möglichen Fehler, aber daß ich keinen Sinn für Humor hab, das hat mir noch keiner vorwerfen können. Und –

Wissen Sie, s is mir ja eigentlich nicht angenehm, Mr. Laks drauf aufmerksam zu machen, s wird mich ja wohl n hübsches Stück Geld beim Weiterspielen kosten, aber er hat sich wahrscheinlich gedacht, daß ich mich übern gutes Blatt freu, und nicht, daß ich über so ne Kollektion Mist lachen muß.

»Der denkt jetzt«, hab ich mir gedacht, »der denkt jetzt, daß ich die blendendsten Karten habe. Der soll jetzt mal denken, daß ich Drillinge hab.«

Also wie Sims fragt, wieviel gekauft wird, leg ich zwei Karten weg –

 

(Hier mußten zweitausend Worte, in denen Mr. Lowell Schmaltz seine interessante Taktik im weiteren Verlauf der Partie erläutert, auf energisches Verlangen des gesamten Verlagspersonals gestrichen werden. – DER HERAUSGEBER.)

 

Aber, was ich eigentlich sagen wollte –

Ich kanns ganz einfach nicht leiden, wenn bei ner Pokerpartie gequatscht wird. Das is ja das Schlimme bei den Frauen, und deshalb machts gar keinen Spaß, mit ihnen zu spielen.

Man will mit nem Spiel anfangen, und dann wollen sie über Haushaltsachen und Kinder und weiß Gott was alles reden. Ich sage immer zu Muttchen: »Wenn wir reden wollen, schön, dann reden wir, aber wenn wir Karten spielen wollen, dann spielen wir auch!«

Aber weil wir das Spiel unterbrechen mußten, um die neuen Karten holen zu lassen, deshalb hab ich gemeint, ich könnt Ihnen die neue Geschichte erzählen, die ich ungefähr vor einem Jahr gehört hab – die Geschichte, die mir n gewisser Mack McMack mal bei einer Angelpartie erzählt hat.

Mack is, muß ich noch sagen, so ziemlich der führende Leichenbestatter von Zenith und der komischste Kerl, den Sie sich vorstellen können. Also, ums kurz zu machen, Mack hat uns erzählt –

Da waren – so hat Mack es erzählt – da waren n Engländer, n Jude und n Ire, und die haben auf ner verlassenen Insel Schiffbruch erlitten. Also wenn Sie die Sache schon kennen, dann unterbrechen Sie mich gleich. Also, da waren die drei, und –

Aber wissen Sie, bevor ich weitererzähle, wahrscheinlich wirds die Herrschaften interessieren, wo ich das gehört habe. Wie ich schon gesagt habe, wir waren auf der Angelpartie –

Ich hab schon überall Reisen gemacht und entschieden recht viel von der Welt gesehen, aber so gut wie damals hab ich mich, glaub ich, nie amüsiert. Zustande gekommen is die ganze Sache folgendermaßen.

Ich war grade bei ner Sitzung des Amerikanisierungsausschusses der Zenither Handelskammer. Und wissen Sie, was für Ehren mir auch sonst vielleicht noch bevorstehen, ich muß Ihnen sagen, daß ich auf nichts stolzer sein kann, als daß ich in diesem Ausschuß mitgearbeitet habe, und als die Handelskammer mich davon verständigte, daß ich hineingewählt worden bin, also Herrschaften, wissen Sie, da hätt ich am liebsten gesagt: »Jungens, ich weiß, daß ich dieser Ehre nicht würdig bin.« Und Sie können mir glauben, wir haben wirklich große Arbeit geleistet.

Bedenken Sie bloß, was richtige Amerikanisierung für die Zukunft unserer Nation und damit der ganzen Welt bedeutet. Und wir sind an das Problem rangegangen –

Also, nehmen Sie folgendes Beispiel: Da hat n Haufen Ungarn in der Zenither Stahl- und Maschinengesellschaft gearbeitet. Sie haben alle ziemlich nah voneinander draußen in Shantytown gewohnt, und da war so n ekelhafter Hundsbolschewist dabei, der wollte durchaus haben, daß sie diese ganzen lächerlichen und unzivilisierten Gewohnheiten beibehalten, die sie dort hinten in Ungarn haben (oder is es Jugoslowakien? – also auf jeden Fall dort, wo die Ungarischen her sind) und daß sie nicht weiter und aufwärts streben, um richtige Amerikaner zu werden. Also da war der Kerl, Zabo hat er geheißen, und seine Bude war das Zentrum der ganzen Unzufriedenheit und des Mangels an Patriotismus von den ganzen Ungarn. Dort bei ihm sind sie zusammengekommen und haben Bier getrunken und ihre eigene Sprache geredet und alle möglichen dummen ausländischen Tänze getanzt, und ich glaub, seine Frau is wirklich so weit gegangen, ne ungarische Theatergesellschaft zu gründen und alle möglichen ungarischen Stücke von Gorki zu spielen, oder wer der ungarische Stückeschreiber sonst is.

Also, die Sache haben wir abgestellt, so bald uns von diesen Zuständen berichtet wurde.

Wir sind zu Whitelaw Sonnenshine gegangen, das is der erste Vizepräsident der Zenither Stahl- und Maschinengesellschaft – und ich kann Ihnen sagen, daß is mal n feiner, aufrechter, hundertprozentiger amerikanischer Patriot – und der war ganz unserer Meinung und hat sich sofort an die Arbeit gemacht. Erstens mal hat er den Zabo, oder wie er sonst geheißen hat, an die Luft gesetzt, und dann haben wir die Polizei dazu gebracht, daß sie den Kerl, sofort wie er auf der Straße war, wegen Vagabundieren hoppgenommen hat, und so haben wir ihn aus der Stadt rausgebracht; übrigens hab ich gehört, daß seine Frau später ne Stellung als Dienstmädel gekriegt und auf den ganzen verdammten Blödsinn verzichtet hat, und wie der Zabo dann in nem Stahlwerk in Gary umgekommen is, hat sie nen richtigen aufrechten Amerikaner namens Harry Kahn geheiratet.

Und ich kann Ihnen sagen, keine sechs Monate hats gedauert, und da wars mit dem bolschewistischen Einfluß vorbei, die Ungarischen haben Charleston getanzt, genau so wie Sie oder ich, und unsere Zeitungen gelesen, und n paar von ihnen haben schon Radios, und sie gehen auch ins Kino und werden überhaupt so, daß ihre Enkel kaum von Ihren oder meinen zu unterscheiden sein werden.

Ja, so ne Arbeit haben wir im Ausschuß geleistet, und an dem speziellen Tag, von dem ich rede, hatten wir eine Sitzung zur Reglung der Frage der Geburtenkontrolle.

 

Also meine Herren, das is Ihnen vielleicht eine strittige Streitfrage.

Daß wir alle sie ausüben, is natürlich ne selbstverständliche Sache. Aber bei uns is es ja anders, weil wir schließlich, wenn man alles in allem und im ganzen nimmt, dieses große demokratische Land regieren. Aber wenn sichs um die Frage handelt, ob man den Massen und unteren Klassen erlauben soll, sie auszuüben, ja dann, wissen Sie, dann kommt man auf ein schwieriges Wirtschaftsproblem, mit dem sogar ein Collegeprofessor kaum fertig werden könnte.

Tatsache, der eine sagt das und der andere wieder was anderes, und so stehts damit.

Die eine Partei behauptet, daß die höheren Klassen wie wir selber, daß wir mit dem großartigen britischen Blut so viel Kinder wie nur möglich in die Welt setzen müssen, um die Herrschaft über diese große Nation in der Hand und die Ideale, für die wir und unsere Vorfahren immer eingetreten sind, hoch zu halten, während diese niedrigeren Massen ihre weniger intellektuellen Massen nicht fortpflanzen sollen. Aber andererseits wieder gibts Leute, die sagen und behaupten, daß wir jetzt, wo wir die Einwanderung beschränkt haben, einen Vorrat an billigen Arbeitskräften brauchen, und wie können wir ihn besser kriegen, als indem wir diese Italiener und Ungarn und Spanier und so weiter darin ermutigen, so viel Bälger aufzuziehen, als sie nur können?

Jawoll Herr, das war damals vielleicht ne große Debatte. Die eine Seite beschwor den heiligen Namen Roosevelts herauf, mit seinen unsterblichen Worten über den Rassenselbstmord – und dann hat doch weiß Gott die andere Seite genau dieselben Worte genommen und bewiesen, daß sie genau das Gegenteil davon bedeuten!

Ich kann Ihnen sagen, wenn sichs um ne praktische Geschäftsangelegenheit handelt, also zum Beispiel wie man seine Schaufenster dekorieren oder ob man nen Bleistiftspitzerverkauf aufziehen soll, dann leist ich ja wohl ebenso viel wie der Durchschnitt und die Allgemeinheit aller Denker, aber diese Frage war doch n ganz klein wenig zu hoch für mich. Und ich hab auch gemerkt, daß Joe Minchin dasselbe gedacht hat, und wissen Sie, unter allen mehr oder weniger wichtigen Geschäftsmännern in Zenith gibts lausig wenig, die an Joe Minchin ranreichen.

Ja, sein Name is einigermaßen weit über die lokalen Grenzen von Zenith hinaus verbreitet, in jeder Straße und in jedem Dörfchen über die ganze Länge und ganze Breite des Landes. Joe – und ich bin kolossal stolz darauf, daß ich den Vorzug habe, Joe zu ihm zu sagen, und er vergißt nie Low zu mir zu sagen – also, er is der Präsident der Kleinen Titanen Oelsieb G. m. b. H., und ich kann Ihnen sagen, wenn Sie das Kleine Titanen in Ihrem Wagen noch nicht ausprobiert haben, also dann folgen Sie mir und tun sies, mehr brauch ich nicht zu sagen. Selbstverständlich hatt ich immer die allergrößte Hochachtung vor Joe –

 

Na, da bist Du ja endlich, mein Sohn! Sag mal, wieso hast Du eigentlich nicht die ganze Nacht dazu gebraucht, um die Karten raufzubringen. Hast Du den Whisky? So, Du hast ihn, Du hast ihn! Na, das hatt ich nicht mal erwartet. Na, da hast Du nen Vierteldollar für Dich selber, Du kannst ihn in G. M. C.-Aktien anlegen, aber sieh zu, daß Du die Vorzugsaktien kriegst.

Also, meine Herren, hier sind die neuen Karten, und jetzt können wir endlich, Gott sei Dank, weiterspielen. Aber wenn Sie mir nur einen einzigen Augenblick länger Gehör schenken wollen, möcht ich die Geschichte fertig bringen, die mir Mack McMack erzählt hat. Wenn Sie sie kennen, werden Sie sicher auch der Meinung sein, daß sies wert ist, sogar ne Pokerpartie noch ne Kleinigkeit aufzuschieben.

 

Also, wie gesagt, bloß damit Sie den richtigen Hintergrund für die Geschichte haben, Joe Minchin und ich, wir waren beide in dem Ausschuß für Amerikanisierung, und ich konnte merken, daß diese Geburtenkontrolldiskussion ihm genau so langweilig war wie mir. Und deshalb hab ich mich so im Hintergrund vom Zimmer an ihn rangemacht und zu ihm gesagt: »Was die Kerle rumschwefeln! Ich mag nur nen Menschen, der seinen Spruch hersagt und dann den Brotladen zumachen kann.«

»Klar«, sagt er. »Sagen Sie, Low«, sagt er, »ich glaube, Sie kennen meine Hütte oben am Misheepagontiluckit-See noch gar nicht, was?«

»Nein, ich hab sie noch nicht gesehen«, sag ich zu ihm, »aber ich hab gehört, daß sie eine der feinsten und schönsten Blockhütten im ganzen Staat is.«

»Na«, sagt er zu mir, »ob gar so viel damit los is, weiß ich nicht, aber ne Menge Architekten und so weiter, und sogar der Reverend Elmer Gantry, der doch Auslandsreisen gemacht hat, die alle haben mir gesagt, daß sie gar nicht so übel is. Hören Sie, Low«, sagt er, »ich hab dran gedacht, ne kleine Weekend-Angelegenheit zusammenzutrommeln und übers Weekend hinaufzufahren, ich meine das übernächste Weekend, jetzt wos wieder warm wird, und was meinen Sie, würden Sie mitkommen?«

Also da war der Mensch, Mr. Minchin, der so viel Geld verdient – wissen Sie, ich geh jede Wette ein, daß er nicht einen Sou weniger als vielleicht sechzig- oder siebzigtausend Dollars netto im Jahr macht, und der war ganz einfach und bescheiden und is sich gar nicht besser vorgekommen als Sie oder ich. Natürlich hab ich ihm gesagt, daß es mir ne kolossale Freude sein würde mitzukommen, wenn meine Frau mich gehen läßt, und da bin ich also mit Joe und seiner Gesellschaft losgefahren – nachdem ich, das kann ich nicht leugnen, mir allerhand von meiner Frau hab sagen lassen müssen.

Es hätte gar keinen Sinn, Ihnen zu sagen, wer sonst noch bei der Gesellschaft war – ich will Ihnen ja nur die Geschichte erzählen, die Mack McMack mir erzählt hat, und dann wollen wir wieder weiterspielen. Aber bloß um sie zu nennen, außer Joe Minchin und mir war Vergil Gunch mit, der is in der Kohlen- und Holzbranche einer der einflußreichsten Geschäftsmänner in Zenith und außerdem n großartiger Redner, und Depew LeVie, der Rechtsanwalt, n sehr feiner Herr, der am City-College in New York studiert hat – das einzig Unangenehme an ihm is, er hat so ne Stinkwut auf die Juden, daß einem ganz schlecht wird, wieviel er immer drüber redet – und Mack McMack –

Und wissen Sie, wenn mal einer n feiner Kerl is, dann is das einer.

Wissen Sie, um die Zeit, wie Mack ins Bestattungsgeschäft gekommen is, da haben sich die alle ganz einfach Leichenbestatter genannt, aber seitdem er dabei is (er hat nämlich, obwohl er n großer Spaßvogel is, ne mächtig ernsthafte und idealistische Ader in sich) und seitdem er dabei is, und das hat er mir statistisch bewiesen, nennen sich 51,7 Prozent Beerdigungsinstitute.

Und Mack war der erste in Zenith, der wirklich schöne Begräbniszimmer eingerichtet hat – oder nein, Beerdigungssalongs, glaub ich, werden sie jetzt von den Führern des Berufs genannt. Ich hab sie gesehen – Gott sei Dank nicht wegen irgendeiner bedauerlichen und unglückseligen Katastrophe in meiner eigenen kleinen Familie, sondern weil Mack bei seiner Eröffnung einen Empfang gegeben hat, und da sind wir alle hingegangen, um zu sehen, wie hübsch und gleichzeitig ausgezeichnet n Begräbniszimmer sein kann.

Das is Ihnen vielleicht ne Sache! Es muß schon n großer Trost für ne arme Familie sein, die ein geliebtes Wesen in die Erde senken muß. Die Hauptbegräbniskapelle ist ganz wie n hocheleganter Privatsalong, n riesengroßer Raum mit nem hübschen Kamin und einfachen, aber geschmackvollen Bildern, Landschaften und Kätzchen und so, und ne Menge Palmen, und zwei Kanarienvögel in Goldkäfigen, und große prachtvolle gepolsterte Sessel, und n paar Brokatsitzbänke, die so lang sind, daß man drauf schlafen könnte – natürlich will man in so nem Zimmer eigentlich gar nicht schlafen – und n kleiner Vorraum, wo die trauernde Familie so halb für sich sitzen kann, und der is so hübsch eingerichtet wie n Boudoir, mit nem hübschen Lesetisch, und auf dem liegt die letzte Vogue und der Western Christian Advocate und die Chiropractic and Abrams Method Quarterly und noch viele andere ernste, aber interessante Magazine und – und das is ne unglaublich rührende Sache, auf die Mack selber gekommen is – nette Leinentaschentücher für die trauernden Hinterbliebenen, und alles ganz kostenlos.

Und dann is für den Prediger so ne hübsche abgeschlossene Nische da, die sieht aus wie so ne altmodische Sänfte, so haben die Dinger doch geheißen, glaub ich. Der muß also nicht ganz frei stehen und damit alle in Verlegenheit bringen, während er seine letzten Worte über den Dahingegangenen sagt. Und der Sarg, der kommt aus dem Raum dahinter in den Kapellensalong auf nem kleinen elektrischen Rollwagen, wie durch ein Wunder, ohne daß Menschenhände ihn anfassen, was nämlich, wie Mack mir selber erklärt hat, ein Gefühl der Scheu und des Wunderbaren erzeugt.

Jawoll Herr, bei Gott, nichts, was man sich ausdenken könnte, fehlt, um diese letzten traurigen Zeremonien zu mildern und zu lindern.

Und der Empfang, den Mack zur Eröffnung dieser Begräbnissalongs – oder Beerdigungssalongs gegeben hat, das war ne Sache.

Nachdem wir uns alles angesehen und im Gästebuch eingetragen hatten, das war n sehr hübscher Band, in Kalbsleder gebunden, da hat er das Y. M. C. A.-Quartett dagehabt, und die haben einige passende Sachen gesungen, so wie »Gehst Du dahin, o Schwalbe des Herbstes«, und dann hat der Reverend Otto Hickenlooper von der Zentral-Methodisten-Kirche einige sehr interessante und zum Nachdenken anregende Bemerkungen darüber gemacht, was die Wissenschaft und moderne amerikanische Tüchtigkeit leisten könnten, um die Schmerzen des unvermeidlichen Kummers und Grams zu verringern, und dann wurde Orangensorbet und eine große Auswahl von französischem Backwerk serviert.

Eine erstklassige Sache, die in jeder Hinsicht und –

Und Rentabilität?

Mack hat mir selber gesagt, daß diese Begräbniszimmer oder Beerdigungssalongs sich in weniger als siebzehn Monaten bezahlt machen!

Sehen Sie, alle Begräbnisunternehmer haben sich um die Beerdigung vom Reverend Dr. Efflins beworben, wissen Sie, der, den sein Dienstmädel ermordet hat, und Mack hat das Geschäft ganz allein bekommen, sogar obwohl seine Preise höher waren, weil nämlich der Witwe die Eleganz seiner Begräbnisräume gefallen hat. Ja, so n Geschäftsmann ist das!

 

Und dann, das letzte Mitglied unserer Angelgesellschaft war keine geringere Persönlichkeit als ein Professor von der Universität Winnemac. Jawohl!

Wir alle, und sogar Joe Minchin, haben gespürt, daß er ne Kleinigkeit über uns war, aber bei Gott, das würden Sie nie denken, wenn Sie ihn kennenlernen – genau so einfach und anspruchslos und herzlich wie irgendeiner von uns.

Professor Baroot, Prof für Gewerbesoziologie an der Universität war er, aber wissen Sie, der hat sich nie an die altmodischen zurückhaltenden Lehrmethoden gehalten.

Er hat mir erzählt, ganz von selber übrigens, ohne daß ich ihn gefragt hab, daß er nicht mehr als seine halbe Zeit unterrichtet, und das, weil sein Gegenstand – er hat die Aufgabe, den Studenten zu zeigen, daß die großen amerikanischen Industriegesellschaften besser als irgendne kleine Firma für ihre Leute sorgen und Unfälle verhüten und Anarchisten und Arbeiterunruhen vermeiden können – wie gesagt, wegen seines Unterrichtsgegenstands is er ein Herz und eine Seele mit allen möglichen Industrieführern, und seine eigentliche Aufgabe besteht darin, mit denen im Kontakt zu bleiben und sie dazu zu bringen, daß sie die Universität unterstützen.

Ein ganz prachtvoller Mensch. Er is Mitglied im Rotary-Club und in der Amerikanischen Sicherheitsliga und im Klan – oder vielmehr, da war er Mitglied, bis der Klan unbeliebt geworden is – und in der Moose-Loge und bei den Sonderbaren Brüdern und bei den Key-Männern, und dann hat er auch tadellos singen und nen Holzschuhtanz tanzen können, und wissen Sie, er war eben ganz anders als alle die ollen Karpfen von der Universität.

Jawoll Herr, der hat mal gezeigt, wie modern und fortschrittlich n Professor sein kann. Er hat ja auch wirklich ausgesehen wien Effektenmakler.

Also das waren wir – Joe Minchin, Prof Baroot, Vergil Gunch, Mack McMack, der Rechtsanwalt Depew LeVie und Ihr ganz Ergebener mit bestem Dank für den Auftrag und Bitte um fernere Aufträge.

Ja, und so sind wir zusammen losgefahren, und so hab ich die Geschichte gehört, die Mack erzählt hat, und jetzt muß ich sehen, daß ich schnell fertig damit werde, damit wir wieder mit dem Spielen anfangen können.

Also die Geschichte war die. Wie gesagt, wenn sie einer von Ihnen schon kennt, dann soll ers gleich sagen, damit ich aufhör.

Da war der Engländer und der Ire und der Jude – waren alle Reisende oder so was. Auf jeden Fall, was sie auch waren, sie waren alle auf nem Dampfer, der über den Stillen Ozean gefahren is, und dem Schiff is irgendwas passiert, und irgendwie is es untergegangen, und zwar is es vor ner einsamen Insel untergegangen, und wie die drei ans Land gekommen sind, da haben sie gesehen, daß weiß Gott alle von dem Schiff ersoffen sind außer ihnen und einem Mädel, auf das sie alle schon auf dem Schiff Augen gemacht haben –

Ich kann Ihnen sagen, nie werd ich vergessen, wie Mack uns angesehen hat, wie er so weit mit seiner Geschichte war.

Er hat nichts Dreckiges gesagt. Selbstverständlich, wo Mack Beerdigungsunternehmer ist, gehört sichs nicht für ihn, gewöhnlich oder schmutzig zu reden, aber wissen Sie, der Kerl is wirklich der geborene Clown. Wenn er zur Operettenbühne gegangen wär, da hätt er den Sir Harry Lauder mächtig abgehängt. Man hat einfach spüren können, daß die drei Kerle verrückt nach dem Mädel waren –

Herrgott, hat die Geschichte mir Spaß gemacht. Nie werd ich den ganzen Hintergrund vergessen. Es war eine der großartigsten Nächte in meinem ganzen Leben.

Wissen Sie, wenn ich mich bloß mal auf ne Sekunde unterbrechen darf, wir sind da draußen bei der Hütte von Joe Minchin angekommen – sie is am Misheepagontiluckit-See, das is im nördlichen Teil des Staats, ungefähr vier Stunden von Zenith –

Nee; warten Sie mal; s sind gar keine vier Stunden. Ich weiß noch, um zwei Uhr siebenunddreißig nachmittags sind wir vom Zentralbahnhof abgefahren; ich weiß es ganz genau, weil, wie ich aus dem Haus gegangen bin, da hat meine Frau gesagt, ich würde zu spät kommen – ganz bös war sie, daß ich weggeh und sie allein laß, und man hat ihr anhören können, daß es ihr ne riesige Freude gemacht hätte, wenn ich wirklich zu spät gekommen wär – und da hat sie gesagt: »Du wirst den Zug nicht mehr kriegen«, und ich kann mich noch erinnern, daß ich gesagt hab: »Nein«, hab ich gesagt, »ich hab genau vierzig Minuten, weil der Zug um zwei Uhr siebenunddreißig geht, und jetzt fehlen noch genau drei, oder eigentlich zweieinhalb Minuten auf zwei.« Deshalb weiß ich also, daß wir genau um zwei Uhr siebenunddreißig gefahren sind, und nach Lucknow, dort steigt man aus, wenn man zum Misheepagontiluckit-See will, sind wir um sechs siebzehn gekommen, und an das kann ich mich erinnern, weil es grade siebzehn Minuten nach sechs war, und das is ne Zahl, die man sich leicht merken kann. Es waren also nicht ganz vier Stunden.

Aber wir haben natürlich n paar Klapperkästen zum See hinausnehmen müssen – keine Taxen, wissen Sie, weil dieses Lucknow nämlich natürlich n Bauernnest is; wissen Sie, das is so n Drecknest, daß Sie nicht mal ne Hochschule oder n Restaurang haben, und nur ein Kinotheater gibts dort und sechs Garagen, so n Loch is das, richtig so was, wo die Welt mit Brettern vernagelt ist – wir haben also n paar Klapperkästen nehmen müssen raus zu Joes Hütte (wenn man so n richtigen Palast überhaupt ne Hütte nennen kann!), und das hat vielleicht auch noch ne halbe Stunde gedauert, so daß es im ganzen vier Stunden und vielleicht noch ne Kleinigkeit länger vom Zentralbahnhof in Zenith bis dahinaus gedauert hat, wenn ich ganz genau sein will.

Also, wir sind hingekommen, und dann haben wir uns n kleines Abendessen zurechtgemacht – wissen Sie, ich hab immer geschimpft, daß College-Profs nicht praktisch sind, aber der Doc Baroot hat den Koch gemacht, und er hat so ne Schweinefleischkonserven mit Bohnen genommen und Whisky und n Ei dazu gegeben, und Herrschaften, ich kann Ihnen sagen, das hat n Essen für Könige gegeben.

Und nachher nen guten Apfelkuchen mit sterilisierter Sahne dazu, und natürlich ne ordentliche Portion Gin und Rum, damit alles auch gut runterrutscht. Mensch, wir haben gegessen wie ne Gesellschaft von Herzögen!

Also, wie wir mit dem Essen und dem Geschirrwaschen fertig waren, da wars so gegen acht Uhr geworden, und dann hat Joe gesagt: »Also aufgepaßt, Herrschaften, so lange wir hier draußen sind, wollen wir uns ordentlich ausrasten und Bewegung machen und n Naturleben führen; wie wärs also, wenn wir bis zehn ne Partie Poker machen und dann pünktlich aufhören und schlafen gehen und um sechs Uhr früh aufstehen und uns direkt in die große freie Natur Gottes hinausbegeben?«

»Gemacht«, sagen wir; »klar, um zehn hauen wir uns in die Klappe.«

Da haben wir also in dem großen Wohnzimmer zu spielen angefangen –

Also, was sagen Sie dazu! Was sagen Sie dazu! Ich hab Joes Häuschen noch gar nicht geschildert, und das war doch die allergrößte Überraschung.

 

Daß er ne tadellos eingerichtete Blockhütte hat, das hatt ich ja schon gewußt, aber auf so was war ich doch nicht gefaßt gewesen. Blöcke – na ja, freilich war sie aus Blöcken gebaut, aber Du lieber Gott!

Ich kann Ihnen bloß sagen, auf das Haus könnte der Prinz von Wales oder J. Pierpont Morgan stolz sein.

Draußen war jeder Block poliert, daß er geglänzt hat wien Spiegel, und an jedem einzelnen Block war ins Ende der Name von einem Filmstar eingeschnitzt. Und dann war unter den Dachrinnen, an beiden Seiten, ne elegante, ausm Ausland importierte Holzschnitzerei mit Weinblättern, Sternen, Halbmonden, Schlangen und Rosen, alles durcheinander.

Und drinnen, wissen Sie, das Wohnzimmer war zwei Stockwerke hoch, mit ner Galerie, die um drei Seiten rumgegangen is, und vielen hübschen Teppichen und College-Fahnen und Reklame-Fahnen vom Kleinen Titanen-Ölsieb und Rotary-Fahnen und Wählt-Coolidge-Fahnen und so weiter, die von der Galerie herunterhingen – und selbstverständlich hab ich mich besonders gefreut, die Coolidge-Fahnen zu sehen, weil Coolidge und ich, wie Billy Dodd hier weiß, immer dicke Freunde gewesen sind und ich mich mit ihm im Weißen Haus ausgezeichnet unterhalten hab, wir haben über Steuersachen und die Lage in China gesprochen.

Und die Einrichtung – wissen Sie, Joe is ja vielleicht nicht mehr als einer von unseren gewöhnlichen Geschäftsleuten, aber die Phantasie, mit der er dieses Hauptwohnzimmer, das auch das Eßzimmer war, eingerichtet hat, das war schon was, wobei einem die Puste weggeblieben ist.

Also, der Kamin war aus allen Sorten und Arten Steinen zusammengesetzt, die man im Umkreis von vierzig Meilen um den Misheepagontiluckit-See finden kann, und außerdem war noch ein Glückshufeisen dort eingesetzt und der Golfball, mit dem Joe das Vater-und-Sohn-Golfturnier gewonnen hat, und der Boden einer Rotweinflasche, die er in Paris getrunken hat – mm, so n bißchen von richtiger, anständiger französischer roter Tinte würde jetzt recht nett sein, aber Sie dürfen nicht vergessen, Herrschaften, daß wir noch zwei ganze Flaschen guten Schnaps haben, bedienen Sie sich nur und seien Sie nicht schüchtern, wie die Organistin zum Diakon sagte – und dann war noch eine echte Original-Kanonenkugel von Gettysburg hineingemauert in den Kamin, und der erste Dollar, den Joe in seinem Leben verdient hat, und der erste Nagel vom Billy-Sunday-Heiligtum in Zenith – wissen Sie, was jetzt der Schweizer Rollschuhplatz und die Boxarena is – und n Stück Eisen von einer Heizung im Vanderbilt-Gebäude in New York, Joe war nämlich grade dort, wie das Haus niedergerissen wurde, und Sie würden sich wundern, wenn Sie wüßten, was er den Arbeitern hat zahlen müssen, ums zu kriegen!

Und die ganze übrige Einrichtung hat dazu gepaßt.

Einer der Sessel war aus einem alten spanischen Altar gemacht, und einer war n echter Louis-Käns-Sessel aus irgend nem Palast aus Frankreich, in dem Napoleon mal gesessen haben soll, und einer war so n geflochtener Sessel mit nem kleinen Dach drüber, wie man sie früher an der Küste gehabt haben soll, und einer war nichts weiter als ne hohe Holzbank, die war aus dem Balken einer Hütte in Kentucky gemacht, in die, und das kann Joe mit Dokumenten, die er hat, beweisen, Lincoln als junger Mann oft gekommen is.

Und im ganzen Zimmer –

Tatsache, da waren mehr Bilder und Plakate und Fahnen und Reklamesachen, als auf ne Kuhhaut geht, und weiß Gott, und auf das wären Sie sicher nicht gefaßt gewesen, in einer Hütte dort oben im Norden zwischen den Kiefern, weiß Gott, da hat er doch wirklich ne richtige Bibliothek gehabt, mit Dr. Eliots Dreifußbücherregal und mit den sämtlichen Werken von Zane Grey.

Also wie gesagt, wir haben blendend gelebt, und dann haben wir uns zu nem Spielchen hingesetzt und –

 

Ach, übrigens, da is was Komisches passiert. S war grade beim vierten Spiel, oder s kann auch das fünfte gewesen sein, das kann ich im Augenblick wirklich nicht mehr genau sagen, aber ich weiß noch, daß Mr. LeVie geteilt hat, und weiß Gott hat er mir vier Buben gegeben, und ich sitze doch tatsächlich mit vier Buben in der Hand da. Na, ich will Ihnen nicht erzählen, was da passiert is –

Wenns was gibt, was mir auf die Nerven geht, dann sinds die Leute, die durchaus nach jedem Spiel, obs Poker is oder Bridge – oder sonst irgendn Spiel, verstehen Sie – die durchaus nach jedem Spiel ne Leichenrede halten wollen und sich nicht davon abbringen lassen, zu erklären, warum sie das getan oder was anderes nicht getan haben. Ich sage oft zu Muttchen, zu meiner Frau: »Du lieber Gott, spiel Karten, und laß die anderen für sich alleine denken!« Aber trotzdem, das war wirklich ne komische Sache.

Der Professor Baroot – oder vielleicht sollt ich ihn Doktor Baroot nennen; ich hab gehört, daß er Doktor der Philosophie is, und das soll n Titel sein, der kolossal schwer zu kriegen is, nicht so wie diese juristischen Doktortitel, die ne Menge Bankiers und Schriftsteller und Minister und so weiter bekommen, damit sie mit Geld rausrücken, na aber, ob er nun schwer zu kriegen is oder nicht, auf jeden Fall hab ich gehört, daß niemand, und wenn er noch so n blendender Lehrer is, nie damit rechnen kann, höhere und besser bezahlte Unterrichts- und Forschungsstufen zu erreichen, wenn er nicht den Chefs im College zeigen kann, daß er nen Dr. phil. hat –

Na also, der Professor – oder Doktor – Baroot hat mich beobachtet, genau so wie Mr. Laks hier vor kurzem, und da hab ich n langes Gesicht gemacht – wissen Sie, da hätten Sie mich vielleicht sehen sollen, Sie hätten gemeint, die Deutschen haben den Krieg gewonnen, oder ich hab meine größte Rechnung nicht eintreiben können. Ich hab also beschlossen, n Gesicht zu machen, als hätt ich n Flush, zu dem mir eine Karte fehlt, und mich drauf zu konzentrieren und damit zu beschäftigen –

Denn Sie können sagen, was Sie wollen, und Gott weiß, daß ich n guter Kongregationalist bin und kein Neudenker oder Theosophist oder Swedenborgianer oder so was Ähnliches, aber man kann sagen, was man will, n Mensch – ich meine, wenn er seine Willenskraft entwickelt hat, wenn ein Mensch sich auf nen selbstbewußten – unterbewußten meine ich – auf nen unterbewußten Gedanken konzentriert und entschlossen is, ihn feste zu denken, dann muß der andere es merken, verstehen Sie, was ich meine?

Ich kaufe also natürlich eine Karte und mach n fürchterlich enttäuschtes Gesicht, als wär mein Flush oder meine Sequenz Essig geworden, und dann, wie das Bieten losgeht, tu ich nervös, als ob ich bluffen würde, und geh so n bißchen widerwillig mit. Aber wie dann Mack ne Fullhand mit nem Paar Assen hinlegt und ich dann meine vier Jungs auf den Tisch haue und zähle, vier – ich kann Ihnen sagen, die Gesichter hätten Sie sehen sollen!

Na, so gegen halb zehn, da fährt Joe Minchin ne Überraschung für uns auf. Was meinen Sie, hat er angebracht? Was meinen Sie? Tatsächlich ne echte alte Originalflasche von Vorkriegs-Kanadischem Club-Whisky.

Tatsache!

Von mir aus können die Leute reden, was sie wollen, von feinem Portwein und Rotwein und allem möglichen, was man im Ausland kriegt, aber jeder, der wirklich n Kerl is, der gießt sich lieber dieses flüssige Gold hinter die Binde als alle die verweichlichten europäischen und französischen Weinsorten, das können Sie mir glauben!

Und –

Also, wir hatten natürlich ausgemacht, um zehn aufzuhören, aber um zehn ging das Spiel grade hoch und hitzig, und Verg Gunch war im Verlieren, und da sagte er: »Herrgott«, hat er gesagt, »Ihr müßt mir meine Revanche geben«, und das haben wir alle schließlich auch richtig gefunden, und deshalb haben wir ausgemacht, bis Mitternacht zu spielen und dann aufzuhören und in die Falle zu gehen.

Also, irgendwie, die Einzelheiten weiß ich nicht mehr genau, haben wir um Mitternacht ausgemacht, bis zwei zu spielen, und um zwei haben wir alle gemeint, daß wir schließlich, Teufel auch, von unserer Arbeit in der Stadt müde sind und n bißchen Erholung brauchen, und deshalb wollten wir bis zum Morgen spielen und dann den ganzen nächsten Tag schlafen und spät am Nachmittag n bißchen angeln gehen. Das haben wir ausgemacht. Und dann haben wir noch ne Kleinigkeit gegessen.

Wissen Sie, der Kerl, der Joe Minchin, das is mal wirklich ne feine Nummer.

Sie würden sich wundern, meine Herren, wenn Sie wüßten, was er dort in seiner Speisekammer gehabt hat, grade für solche Notwendigkeiten wie damals – natürlich wärs nicht sicher gewesen, das ganze Essen dort in nem unbewohnten Häuschen zu lassen, wenn er nicht nen Wächter gehabt hätte, dort oben in diesen pfadlosen und unbewohnten Wildnissen des Nordens, wo jeder Vagabund reinkommen und sich bedienen kann, aber zum Glück hat, nicht mehr als hundert Fuß entfernt, n norwegischer Farmer gewohnt, bloß über die Straße, Oscar Swanson, n großer, starker skandinavischer Farmer war das, er hat nen Sohn, der in Lucknow bei der Sektionsrotte arbeitet, und seine Tochter war in der Handelsschule in Winniwaka gewesen und hat für ne Versicherungsfirma in Winniwaka gearbeitet, ne kolossal kluge und tüchtige junge Dame, und Oscar hat Joes Haus n bißchen im Auge behalten, und er hat also –

Ich kann Ihnen sagen, Sie hätten vielleicht die Augen aufgerissen, wenn Sie in die Speisekammer gekommen wären! Alle Bedürfnisse des Tisches und jeder Luxus, könnt man sagen – alles in Konserven natürlich, aber Du lieber Gott! Bei keinem von den römischen Gastmählern, von denen man liest – oder eigentlich die man im Kino sieht – hats so was gegeben. Ich kann Ihnen sagen, da waren Hühnerkonserven, und Fleischragout, und spanische Kartoffeln, und Fleisch-Sui, echt original chinesische Art, und marinierte Schweinsfüße, und blendende Makrelen, und ne Obstsalat-Konserve, ich kann Ihnen sagen, bei der war sogar nem französischen Koch die Spucke weggeblieben – Pfirsichscheiben und Birnen und Äpfel und Kirschen, Tatsache, zwei verschiedene Arten Kirschen – also kein Hotel in Chicago könnt nen besseren Obstsalat schmeißen.

Und dann hat er auch noch Knallbombongs und echte original Scrantoner Prezeln gehabt. Mm! Also, wie gesagt, wir haben fein gegessen, und grade damals, wie wir alle beim Essen gesessen sind, grade damals hat Mack McMack uns die Geschichte erzählt, die ich angefangen hab.

Na! Ich fürchte, ich hab n bißchen lang gebraucht, bis ich zur Geschichte selber gekommen bin, aber ich wollte, daß Sie den Hintergrund kennen, damit Sie die Geschichte besser verstehen, und das is so ne komische Sache mit mir: ich hab immer so ne Art Begabung gehabt, wissen Sie, das, was die Zeitungen dramatischen Instinkt nennen.

 

Ich hab immer so n heimliches Gefühl gehabt, daß ich gar kein schlechter Schauspieler geworden wär, wenn das Leben mich nicht zu ernsteren und verantwortungsvolleren Dingen berufen hätte. Oder vielleicht auch Regisseur oder Stückeschreiber. Ja wissen Sie, wie ich noch n junger Mensch war, der weiterkommen wollte, wie man sagt, da waren wir so sechs oder sieben – oder nein, s müssen mehr gewesen sein; ich glaube, alles in allem müssen wir immer so elf oder zwölf verschiedene Herren und Damen im Verein gehabt haben, wir haben nen Theaterverein aufgezogen, aber Dilettanten, wissen Sie, und wir haben »Charleys Tante« und so ne Stücke aufgeführt, und wissen Sie, ohne daß ich mich selber loben will, ich muß sagen, ich war immer der Beste in der Aufführung – bei mir hat sich immer das Publikum bei den Kirchenvergnügen einfach totgelacht.

Obwohl, andererseits hab ich auch oft drüber nachgedacht, ob ichs als Dramatiker nicht weiter gebracht hätte.

Manchmal, wenn ich die Zeit hatte – natürlich hab ich jetzt für solchen Unsinn keine Zeit mehr; ein Geschäftsmann muß sich konzentrieren und darf seine Ideen nicht verplempern, er muß wirklich, könnt man sagen, seine Kräfte konzentrieren – aber ich hab immer gemeint, ich könnts mal probieren und n Stück schreiben.

Und ich hab auch ne unerhörte Idee fürn dramatisches Komödienstück.

Also der Junge, mein Held, das is n Amerikaner, der reist herum in einem von den rückständigen alten Ländern, wos im ganzen Land kein Badezimmer und kein Stück Eis gibt, aber Großherzöge und so was haben sie mehr, als auf ne Kuhhaut geht.

Also, der Prinz von Wales oder wie er sonst heißt, oder der Ministerpräsident oder was er sonst is, nämlich der Thronerbe, also, gegen ihn is ne Verschwörung, und er wird entführt, und schließlich findet man raus, daß der Amerikaner – er is n junger Mensch; ich wollte nen Journalisten, glaub ich, obwohl Delmerine – meine Tochter – sie meint, s müßt n Flieger sein – also, schließlich stellt sich raus, daß der Amerikaner das leibhaftige Ebenbild von dem entführten Kerl is, und die glauben, weiß Gott, daß er der is, der fehlt, und da wird er gekrönt!

Und inzwischen is er der höchsten Prinzessin dort vorgestellt worden, und die verliebt sich in ihn, und sie hält ihn auch für nen richtigen Erzherzog oder was er is, verstehen Sie, was ich meine? Aber er will sie nicht heiraten, weil er denkt, daß das ne Gemeinheit gegen sie wäre – Sie sehen, ne ganze Menge Komplikationen und dramatische Probleme und so weiter in der Tonart.

Also, die Idee wissen Sie. S sind ja ne Menge Leute scharf darauf, aber jetzt will ich Ihnen zeigen, wieso mein Stück ganz anders wird:

Die meisten Autoren, wenn sie das Stück schreiben würden, die würden den armen Amerikaner dort in Unida oder Nabisco lassen, oder wie Sie das blöde Königreich sonst nennen wollen. Und das war gegen alle meine amerikanischen Ideale, ganz abgesehen davon, daß es nicht originell wäre. Deshalb will ich folgendes machen:

Er erzählt der Prinzessin, wer er wirklich is, und die beiden pfeifen auf ihre ganze Herrlichkeit und gehen zurück nach Amerika, und er macht sich feste an die Arbeit, und sagen Sie, wär das nicht n erstklassiger dramatischer Kontrast, wie man das so nennt – im zweiten Akt sieht man die beiden dort in dem ausländischen Palast, fabelhaft elegant, mit Wandteppichen und Kristalleuchtern und großen Goldstühlen und lauter so Sachen, aber alles ganz alt – ganz vermodert, wie n Vogelnest ausm vorigen Jahr.

Dann, im letzten Akt, sieht man sie glücklich wie ne Laus im Pelz in nem schmissigen modernen amerikanischen Haus.

Zuerst hab ich gemeint, der Schauplatz müßte der Salong sein, aber vorn paar Jahren hab ich ne ganz neue Idee bekommen. Was is charakteristischer für amerikanischen Luxus als n richtiges Frühstückszimmer? N Frühstückszimmer muß es also sein, und die beiden müssen grade frühstücken.

Also n blendendes modernes sonniges Zimmer mit hübschen hellgelben Vorhängen an den Fenstern, mit nem roten Kachelfußboden und nem Kanarienvogel im Käfig, der sich grade den Hals heraussingt, und auf dem Tisch kann man sehen, daß sie nen neuen automatischen elektrischen Toaströster haben – diese neuen automatischen Dinger, wo man den Toast nicht umdrehen muß, weil er es selber automatisch macht – und ne hübsche funkelnde elektrische Kaffeemaschine, und die beiden sagen grade, daß es wirklich ne großartige Sache is, richtige Maisflocken zu essen und ordentlichen Kaffee und Waffeln und Würstchen und richtigen Vermonter Ahornsirup, wissen Sie, statt dem schrecklichen Fraß, den man in Europa kriegt – Essiggurken und Sauerkraut zum Frühstück wahrscheinlich und lauter so Sachen.

Also und dann kommt der Gesandte von dem europäischen Land, und der sagt, sie wollen, daß der Held zurückkommt – sie wollen ihn ganz bestimmt zum König machen, aber er sagt: »Nee, nicht ums Verrecken – sehen Sie sich bloß um«, sagt er, »und machen Sie die Augen auf, was das hier fürn erstklassiger und ordentlicher solider Kompfor is.« Und so weiter – Sie können sich ja denken, ne Menge Hin- und Herreden.

Und dann, wissen Sie, obwohl ichs selber sage, hab ich nen unerhörten letzten Aktschluß. Grade wie der Gesandte sich heiser redet – da kommt die Amme mit dem kleinen eben gebornen Kind herein.

Aber ich komme ganz von meinem Thema ab, fürchte ich, und wie gesagt, s war dort bei Joe, grade während wir diesen kleinen Imbiß eingenommen haben, dort hat Mack uns die Geschichte erzählt, von der ich angefangen hab, und jetzt werd ich sie wohl erzählen müssen und dann die Fresse halten, damit wir wieder weiterspielen können.

 

Also, wie ich schon gesagt habe, die drei, der Jude und der Ire und der Engländer, die waren schiffbrüchig auf ner verlassenen Insel, und sonst war niemand gerettet außer dem hübschen Mädel, vielleicht war sie auch ne Missionarin, aber hübsch war sie zum Anbeißen. Am Schiff haben schon alle drei sich an sie ranmachen wollen, aber sie war ganz zurückhaltend und hat nicht mit ihnen reden wollen, aber hier, wo sie alle nur n paar Zelte gehabt haben, konnte sie sie nicht gut über die kalte Schulter ablaufen lassen, wo die doch alles für sie getan haben und so ne Art – ach, ne Mauer oder ne Barrikade haben sie gebaut, oder was das sonst is, was man in den Romanen von Leuten, die auf ner einsamen Insel stranden, immer liest, also was man da um seine Hütte rum aufbaut, um die wilden Tiere abzuhalten, die sie auf verlassenen Inseln immer haben.

Na, sie wird also ganz gemütlich mit allen dreien, aber sie behandelt sie alle ganz gleich, und da sitzen sie einmal in der Nacht, die drei und das Mädel, um das Lagerfeuer, und jeder von den dreien will was sagen, damit das Mädel meint, daß er derjenige is, welcher. (Mein Gott, Mack hätten Sie das erzählen hören müssen!)

Sie sitzen also ums Feuer rum, und da klemmt sich der Engländer das Monokel ein und sagt zu ihr: »Hören Sie, meine Teuerste, ist es nicht ein großartiger Gedanke, daß Sie mit mir ein neues Dominion des guten alten britischen Empire hier in dieser wüsten Gegend gründen könnten –«

Ich kann Ihnen sagen, Sie hätten sich tot gelacht, wenn Sie gehört hätten, wie Mack den Engländer nachgemacht hat – ganz naturgetreu – die Aussprache ganz richtig und auch die Worte und alles. Und dasselbe, wie er den Juden und den Iren nachgemacht hat. Tadellos! Wissen Sie, der Kerl is wirklich n geborener Schauspieler – ganz allein n ganzes Theaterstück.

Aber ich möchte nicht, daß einer von den Herren glaubt, daß Mack nichts weiter is als n Clown. Wissen Sie, wenn eine Zeit des Kummers und der Trauer kommt, können Sie Felsen auf Mack bauen. Dann is er genau so mitfühlend und ernst wie jeder andere Begräbnisunternehmer.

Ich erinner mich, er hat das schönste Begräbnis in Auftrag bekommen, das ich in meinem ganzen Leben gesehen habe – ich sage Ihnen, es war ne Ehre für Zenith (und für Mack) das Begräbnis – ich geh jede Wette ein, daß auch Chicago nie n imposanteres und rührenderes Begräbnis geschmissen hat. Es war n Shriner-Begräbnis, von einem der prachtvollsten Menschen, den Sie sich denken können – Ed. S. Swanson, der große Scheidungsanwalt – also Ed soll nie in seinem Leben ne Scheidungssache übernommen haben, wo er nicht n günstiges Urteil gekriegt hat, obs nun Scheidungsgründe gegeben hat oder nicht; n richtiger eins a-Anwalt, der sich nicht viel ums Gesetz geschert hat – »Das Gesetz werd ich schon machen, Sie zahlen mir bloß das Honorar«, hat er immer gesagt – aber lachend natürlich.

Und außerdem hat er kolossal viel Sinn für das öffentliche Wohl gehabt.

Er war in der Kommission zur Verbesserung der Straßenbahnverbindungen, der wir einige verlängerte Straßenbahnlinien bis zu den Vorstädten verdanken – und obwohl ich glaube, daß Ed auch ne Kleinigkeit dabei profitiert hat, weil er im voraus gewußt hat, welche Vorstädte diese Linien erschließen werden, aber das war doch schließlich nur vernünftig, wenn man die Sache richtig betrachtet – irgendeiner hat doch den Profit machen müssen, nicht? Und das kann auch gar nichts dran ändern, daß er sich für das allgemeine Wohl feste abgerackert hat, und alles ohne einen Cent Bezahlung für seine Dienste, wohlgemerkt.

Und er hat auch zu den Männern gehört, die das meiste dazu getan haben, daß der Erziehungsausschuß eine halbe Stunde Bibelunterricht täglich an jeder Schule vorgeschrieben und durchgesetzt hat, daß jede Schule den Tag mit einem Gebet und dem Singen vom »Sternenbanner« und dem Flaggensalut anfängt.

Ein prachtvoller Mensch – einer von den Männern, die unsere fortschrittlicheren Städte zu dem machen, was sie heute sind. Und im Privatleben, wissen Sie, da war Ed einer der entzückendsten Gastgeber, die Sie sich denken können – der hat Ihnen nen Whisky-Cocktail gemischt, daß Sie ganz einfach alle Sterne gesehen haben, und Witze könnt er so gut erzählen wie Mack selber, beinah ebenso gut.

Na, natürlich mußten die Shriner nem Mann wie Ed n schneidiges Begräbnis liefern, und Mack hats gemacht, und wenn Sie Mack damals gesehen hätten mit dem schwarzen Cutaway, den er angehabt hat, und wenn Sie gehört hätten, wie er mit der unglücklichen Witwe geredet hat, ich kann Ihnen sagen, da hätten Sie gemeint, daß er jeden Augenblick zu heulen anfangen muß. War aber alles bloß gemacht!

Grade wie er so jämmerlich niedergeschlagen ausgesehen hat, daß Sie am liebsten zu plärren angefangen hätten, da kommt er zu mir in meine Ecke und blinzelt mir zu, so komisch, wie Sie sichs gar nicht vorstellen können, und flüstert mir ins Ohr: »Also, heben wir nachher einen, in Gott geliebte Brüder und Schwestern, oder heben wir nicht einen? Ich sage Euch, Shrinergefährten und Angehörige, bei Gott, wir werden einen heben!«

Ja, so n Mensch is er, n richtiger Prachtkerl, und er hat also die Geschichte weiter erzählt, damals in der Nacht, wie die drei mit dem Mädel ums Feuer rumsitzen und der Engländer sagt, wenn das Mädel ihn nimmt, könnten sie ne neue Abteilung des britischen Empire gründen.

Und dann, wenigstens hat Mack es so erzählt, während das Mädel denkt, daß der Engländer gar nicht so übel wäre, da fängt der Ire zu reden an – nehmen wir mal an, er heißt Mike – also Mike fängt an zu reden und sagt:

»Also meiner Treu und bei meiner Seele«, sagt er zu dem Mädel, »meiner Treu und bei meiner Seele, mit Ihren blauen Augen, und so pfiffig, wie Sie sind, meiner Treu«, sagt er, »könnten wir in jedem neuen Reich, daß Sandy da gründet, ne Revolution machen!«

Na, das gefällt ihr auch gar nicht so schlecht, und sie denkt schon, vielleicht kann Mike noch n bißchen besser flunkern und kohlen als der Engländer, und da fängt der Jude zu reden an, und wissen Sie –

Aber zuerst muß ich Ihnen erzählen, daß es dem armen ollen Mack allerhand schwer geworden is, mit seiner Geschichte zu Ende zu kommen. Um die Zeit, nach dem Essen, da hatten wir alle unseren inneren Menschen schon ganz gehörig unter Alkohol gesetzt, und da haben wir ihn die ganze Zeit, während er seine Geschichte erzählt hat, unaufhörlich geflachst und unterbrochen, und Prof Baroot – wissen Sie, er is ja vielleicht n eleganter, erstklassiger Gelehrter, aber er hat genau so viel Pfiff und Schmiß und is genau so n guter Kerl wie irgendwer, den Sie kennen, ja, er hat durchaus haben wollen, daß wir, bevor wir uns den Rest von der Geschichte anhören, rausgehen und schwimmen sollen.

Kaum gesagt, schon getan! Jawoll Herr! Genau so!

Runter mit den ollen Hosen und der Wäsche, und rein ins Wasser, und aufgeführt haben wir uns alle – s war grade so viel Mondlicht, daß wir uns sehen konnten, und aufgeführt haben wir uns, weiß Gott, wien Haufen Schuljungens, wir haben uns mit Wasser angespritzt und gegenseitig getaucht und überhaupt lauter Quatsch gemacht.

Und dann haben wir zu singen angefangen wien richtiges Friseurquartett – bloß waren wir natürlich n Sextett – und wissen Sie, Prof Baroot hat Ihnen vielleicht nen fabelhaften Witz gemacht, über das Wort Sextett, aber den will ich Ihnen erst später erzählen – und wir sind alle splitterfasernackt dagestanden wie Adam (und Menschenskind, da hab ich gesehen, was für nen Spitzbauch der Vergil Gunch hat! Na, vielleicht war ich selber auch nicht gar so schön!) – wir sind also dagestanden und haben gesungen:

O Freude und Glück,
Zu Hause wars nicht so schick,
Jupp Heidi Heida.

Und hundewohl is uns zu Mute geworden bei der Bewegung, die wir gemacht haben.

Ich kann Ihnen sagen, ne ganze Menge Leute, die ja sonst vielleicht in Geschäftsdingen recht gescheit sind, können ganz einfach nicht begreifen und verstehen, wie notwendig Bewegung is.

Einem schreib ich nämlich meinen Erfolg zu und meine Fähigkeit, rasch zu denken und von den geschäftlichen Mühen des Tages ohne große geistige Anstrengung loszukommen: und das is die Tatsache, daß ich mir regelmäßig Bewegung mache. Es gibt kaum einen Tag, an dem ich nicht von meinem Büro in den Zenither Athletic Club zum Lunch geh, und das is hin und zurück nicht weniger als eine Meile, und jeden lieben Sonntag von Mai bis November mach ich entweder ne ordentliche Runde Golf, oder ich fahr in der frischen Luft Automobil.

Also wie gesagt, wir haben alle n schönes Bad genommen, das uns den Kopf wieder n bißchen klar gemacht hat, und dann waren wir bereit für den Rest von Macks Geschichte – über den Schlager, den der Jude dort auf der verlassenen Insel losgelassen hat, nachdem Mike und Seine Lordschaft ihr Pulver verschossen hatten.

Aber ich kann mich drauf besinnen, daß wir noch in der letzten Sekunde, bevor Mack weitererzählt hat, ne Diskussion hatten, die die Herren vielleicht interessieren wird. Jemand hatte zufällig etwas von Ford gesagt, und n anderer, es war Depew LeVie, glaub ich, hat daraufhin Prof Baroot gefragt: »Hören Sie, Doc, ich hab ne richtige wissenschaftliche Frage für Sie. Ford bringt doch jetzt das neue Modell raus; wird es richtig sein, wenn man dieses neue Modell Klapperkasten nennt?«

Also ich kann Ihnen sagen, das hat uns in Schuß gebracht. Tatsache, wir haben gekämpft wie ne demokratische Parteiversammlung.

Der eine hat das behauptet, und der andere das, und einer is ironisch geworden und hat gefragt: »Ja, wie definieren Sie denn nen Klapperkasten, wenn Sie schon soviel drüber reden?« Und so is es hin und her gegangen, und der arme Mack, ich glaube, s hat ne ganze halbe Stunde gedauert, bis er seine Geschichte weitererzählen konnte.

Also so geht sie weiter.

Der Herr Jude fängt zu reden an und sagt –

Er sagt: »Oioioi«, sagt er zu dem Mädel, »wenn Sie mit mir verheiratet wären«, sagt er, »würden wir – Wir würden –«

Also hören Sie, weiß Gott, das is aber doch komisch, und wenn Sie mich totschlagen, weiß ich nicht mehr, was der Jude gesagt hat, und das is sozusagen die ganze Poëngte von der Geschichte!

Na, is ja egal. Wird mir wahrscheinlich später sowieso einfallen. Auf jeden Fall wars ne verdammt gute Geschichte, und sie hätt Ihnen schon Spaß gemacht, und –

Also, spielen wir doch endlich weiter! Spielen wir Poker, oder spielen wir nicht Poker!


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