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Ein paar Tage später feierte Rolf auf Anraten einiger Familien, an deren Verkehr ihm lag, das Fest seiner offiziellen Verlobung. Häsleins Mutter, eine brave Bremer Frau in kleinen Verhältnissen, wurde eines Tages »eines freudigen Ereignisses wegen« von ihrer Tochter nach Berlin gerufen.
»Ich habe dem Mädel immer gesagt, das mit dem Rolf nimmt einmal ein böses Ende,« sagte sie zu ihrer jüngeren Tochter. »Nun haben wir die Bescherung! Die Schande! Ich bin Großmutter, ohne einen Schwiegersohn zu haben.«
»Reg' dich nicht auf, Mama!« suchte die Tochter sie zu trösten. »Er wird schon für sie und das Kind sorgen.«
Aber Großmama Häslein jammerte weiter, kaufte ein paar Windeln und ein Babyhäubchen, um nicht mit leeren Händen vor ihr Enkelkind zu treten, setzte sich auf die Bahn und fuhr nach Berlin.
»Mädchen!« rief sie, als sie am Lehrter Bahnhof Häslein am Arme Rolfs stehen sah, vom Fenster ihres Abteils aus. »Wie unvernünftig! Man schont sich doch nach so einer Sache!«
»Es war nicht so gefährlich!« erwiderte Rolf, während er der Alten aus dem Wagen half: »Es ging völlig schmerzlos von statten.«
»Denk nur an!« rief sie und fiel Häslein um den Hals. »Ist es ein Knabe oder ein Mädchen?«
Rolf und Häslein erkannten das Mißverständnis, lachten und versicherten:
Großmama Häslein zitterte in den Knien und rief:
»Was denn?«
Rolf zeigte den Ring am Finger und erwiderte:
»Eine Verlobung!«
Da fing die Alte vor Freude an, laut zu weinen, küßte Rolf zum ersten Male und sagte:
»Dann bin ich ja gar nicht Großmutter geworden! Aber die Windeln und das Häubchen hebt ihr euch auf! Und ich bitt' mir aus, daß es Verwendung findet.« – Und sie ging stolz am Arm ihrer Tochter und ihres Schwiegersohnes den Bahnsteig entlang und kam sich unendlich gehoben vor.
Daß sie im Kaiserhof wohnen sollte und noch am selben Abend ein Fest gab, zu dem sie, ohne es zu wissen, an über hundert ihr unbekannte Damen und Herren Einladungen hatte ergehen lassen, empfand sie als lästig und sagte sich im stillen: ein Kind wäre am Ende doch bequemer gewesen. – Aber sie tadelte sich auch im selben Augenblick wegen dieses schlechten Gedankens, für den sie Gott innerlich Abbitte leistete.
Sie benahm sich würdig und tadellos und fand, daß viele der Gäste trotz Stellung und Reichtum Dinge sagten und taten, die ihrem bürgerlichen Anstand widersprachen. Frau Inge, die mit den Herren der Tiergartenvilla unter den Gästen war und dafür sorgte, daß man der alten Frau mit ausgesuchter Höflichkeit begegnete, sah ihre Verwunderung.
»War das in Ihren Kreisen immer so?« fragte die Alte.
»In der Sache hat sich wohl nicht viel geändert,« erwiderte Frau Inge, »nur in der Form. Man wahrt nicht mehr den Schein und gibt sich, wie man ist. Das ist gegen früher vielleicht ein Fortschritt.«
»Als ich jung war …« begann die Alte und erzählte Frau Inge, die geduldig zuhörte und auf alles einging, aus ihrer Jugend.