Friedo Lampe
Ratten und Schwäne
Friedo Lampe

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Alkestis

ImLeben schrittest du schon wie auf Wiesen des Hades
Schwebenden Fußes. Abenddämmer wob immer
Dir um das Haupt. Drum als der heftige Mann so gerne
Wollte noch bleiben und den Göttern das Opfer genehm war,
Legtest du leicht ihm die Hand auf die Schulter,
Und dann schwandest du hin wie ein Wind in den Abend.

Und es kam die Fahrt in dem Kahn mit viel Frauen in grauen
Gewanden, Fahrt auf Trauergewässern, moorigen, braunen,
Milde im abendrötlichen Schein, und der Fährmann,
Ruhig ruderte er, und die Frauen, sie sangen
Herzdurchdringend und scharf das Lied von dem letzten Abschied;
Du aber saßest dabei, stumm, und mit Augen, so klaren,
Schautest du weit in das Offne hinein.

Still auch tratest du hin vor den Thronsitz der Göttin,
Die hoch ragte im weißen Gewande, bleich das Gesicht in dem Dämmer,
Mit den Augen leer und in Haaren den schweren Seerosenkranz,
Und sprach: »Ach, Alkestis, warum kommst du so früh,
War's denn nicht schön auf der Erde?« Aber du sagtest: 176

»Wohl war es schön; aber überall schön ist's, wo ich hingeh,
Und traurig«, und lächeltest leicht unter Tränen
Und sprachest: »Wir dürfen ja nirgends so lange verweilen.«
Aber da aufklagte die Göttin: »Ich, ich wär' nimmer gegangen.
Sommer habt ihr doch jetzt dort droben, blühendste Zeit,
O die Wolken, die Bäume und Rosen, o nur noch einmal –«

Aber du schon nahmest ihr sanft aus der Hand die Schale mit Lethe
Und trankest von dem klaren und bitteren Quell,
Und dann, o Schatten, schwebtest du hin auf elysischer Halde
Unter Flötengetön – wie du geschwebt einst auf den Halden der Erde,
Und um weniges nur leichter und leerer. 177

 


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