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Über die gegenwärtigen Aufgaben der deutschen Politik

1853

Deutschland kann nur einig werden durch gemeinsame Arbeit, vorausgesetzt, daß diese Arbeit die ganze Nation in Anspruch nimmt. Denn nur diese Arbeit wird alle Kräfte wecken, und alle nicht zum Wesen der Deutschen gehörigen, sondern durch ein beispielloses Mißgeschick ihnen aufgebürdeten fremden Stoffe abstoßen.

Die Arbeit, welche ich uns Deutschen zumute, ist gemeinsame Kolonisation. Erschrecken Sie nicht: den Schauplatz dieser Kolonisation denke ich mir nicht in fremden Weltteilen, sondern in unserer nächsten Nähe.

Deutschland nenne ich vorläufig die Länder, welche im Deutschen Bunde zusammengefaßt sind, jedoch mit Einschluß Ungarns und Galiziens, und natürlich mit Ausschluß von Venedig und der Lombardei. Daß letztere nicht längst an Piemont abgetreten sind, reicht vollständig hin, um die politische Unfähigkeit der maßgebenden Kreise Österreichs zu erhärten. Denn Italien wird sich in nicht zu ferner Zeit in einer oder der anderen Weise zu einem nationalen Staate zusammenschließen: das ist mir so gewiß, wie mir gewiß ist, daß wir uns jetzt in der Rannischen Straße zu Halle befinden: und dies Italien wird natürlich die Lombardei und Venedig für sich beanspruchen, wenn man behaupten hört, Österreich werde allerdings einmal diese Provinzen hergeben müssen, könne dies aber der Ehre halber nur nach einem Kriege: ich pfeife auf eine Ehre, die Krieg ohne Zweck zu führen für erlaubt erachtet, die Ströme von Blut zu vergießen, Hunderte von Menschen zu töten vermag, um sich zu dem nötigen zu lassen, was sie mit Vorteil schon vorher ungenötigt hätte tun können.

Die oben bezeichnete Ländermasse wird von sehr verschiedenen Völkern bewohnt.

Das, was von dem Deutschland der sächsischen Kaiser noch übrig ist, enthält zwar auch undeutsche Elemente, Römer am Rheine, Kelten in Bayern und verstreut an Salzquellen durch das ganze Gebiet, Slawen in der Oberpfalz, hier und da in Thüringen, der Altmark und den an diese grenzenden Landschaften: im großen und ganzen ist die Bevölkerung germanisch, und würde naturgemäß in die fünf großen Stämme der Baiern, Schwaben, Mainfranken, Rheinfranken, Sachsen, und die zwei kleinen der Friesen und Thüringer zerfallen: ich darf nur darauf hindeuten, daß Sachsen nicht die Meißner und Lausitzer sind, welche jetzt ohne jede Berechtigung den alten Sachsennamen tragen. Man kann die Österreicher und Tiroler kaum noch zu den Baiern rechnen, von denen sie abstammen: die Steiern würden besonders zu stellen sein, beide freilich in den Rahmen des ältesten Reichs nicht gehört haben, aber hier mit den übrigen deutschen Stämmen zu verbinden sein.

Daneben steht das von Sachsen aus der Gegend der mittleren Weser und der Altmark, in einem Striche der Mark Brandenburg von Flamländern, sehr ausgiebig kolonisierte Slawenland Mecklenburg, Brandenburg, Pommern: das von Franken nur mit einem dünnen germanischen Firnisse überzogene Slawenland Meißen, Lausitz, Schlesien: das aus allen deutschen Gauen besiedelte, aber nicht durchaus germanisierte Preußen: das erst allmählich nicht deutsch, sondern preußisch werdende Posen.

Endlich die nicht deutschen Teile Österreichs, in denen nur Kroatien und Serbien, weil von einer gleichartigen, innerlich kultivierten Bevölkerung bewohnt und neben nächstverwandten Stämmen liegend, die Möglichkeit bieten, ein selbständiger Staat zu werden, und auch dies nur nach dem Zerfalle der Türkei: denn allein die Vereinigung mit dem türkischen Serbien, mit Bosnien, der Bulgarei und Dalmatien, und die Öffnung des Gebiets nach zwei Meeren hin könnte hier ein materiell lebensfähiges Gemeinwesen bilden.

Der Widerstand Ungarns gegen Österreich und Rußland hat die Magyaren sehr stark erscheinen lassen. Ich muß bestreiten, daß ihr Kriegsglück und ihre angeblich mustergültige Verfassung ihnen Anspruch darauf gebot, als selbständiger Staat zu leben.

Drei Jahrhunderte hindurch sind junge Magyaren in hellen Haufen nach den protestantischen Universitäten Deutschlands und der Niederlande gezogen: nie hat ein einziger von ihnen es über die Mittelmäßigkeit hinaus gebracht. Nie ist ein Magyar auf irgend einem Gebiete des geistigen Lebens von Bedeutung gewesen, während die Kelten, von dem übrigen Europa durch die Sprache ganz ebenso wie die Magyaren getrennt, als Missionare in früheren Zeiten, in späteren durch ihren Sagenkreis, einen unverkennbaren Einfluß auf das Leben Europas gehabt haben, verhalten sich die Magyaren im besten Falle nur aufnehmend. Das ist auch recht eigentlich natürlich. Die Magyaren gehören dem großen ural-altaischen Stamme an, der in Europa durch sie, die Türken und die Finnen vertreten ist. Dieser Stamm hat sein Leben hinter sich. Denn nicht bloß Menschenleben, auch Völkerleben hat seine natürlichen Grenzen: nur durch geistige Mächte können Völker frisch und jung erhalten werden, und solche Mächte sehe ich weder bei den Magyaren noch bei den Türken tätig, und muß daher wie diese, die uns jetzt nichts angehn, so jene, für Schlacken einer Nation halten, die zu nichts gut sind als den Weg zu bessern, auf dem andere Nationen einherziehen werden.

In betreff der Tschechen gestehe ich Hoffnungen gehegt zu haben. Meine Romantik trieb mich vor zehn Jahren, mich um die Hussiten zu kümmern: ich lernte Böhmisch, sammelte eine kleine böhmische Bibliothek, und war doch sehr bald so weit gelangt zu erkennen, daß Libussa keine Aussicht hat, ihr Reich erstehn zu sehen.

Magyaren, Tschechen, und was an ähnlichen Nationalitäten unter dem Szepter Österreichs lebt, sind eine Last für die Geschichte: sie können aber als Legierung eines edleren, nur zu weichen Metalls die ersprießlichsten Dienste leisten. Ihr Gebiet ist dünn bevölkert: hier haben die deutschen Fürsten einzusetzen. Die deutsche Auswanderung muß systematisch und nach einem sorgfältig, auch nach strategischen Gesichtspunkten überlegten Plane nach Istrien, nach den slowakischen und magyarischen Teilen Ungarns, nach Böhmen und Galizien, nach den polnischen Strichen Schlesiens und nach Posen gerichtet werden. In dieser Kolonisation werden die verkommenen Untertanen deutscher Kleinstaaten freie Männer werden, warum alle das Material, das jährlich nach Amerika hinüberzieht, uns verloren gehn soll, ist an und für sich nicht einzusehen – der Arzt in unserer Mitte mag nachher auseinandersetzen, was Säfteverluste für einen Organismus zu bedeuten haben –, vollends aber ist es unerklärlich, warum man der eigenen Nation die einzige Arbeit nicht zuerteilt, die ihr wirklich nutzbar sein kann, die zu kolonisieren: warum man jenen mitten in der Geschichte ein ungeschichtliches Pflanzenleben führenden Völkern die Gunst nicht erweist, sie neu zu schaffen, sie als Mütter neuer Nationen zu verwenden: warum man die Gefahr nicht beseitigt, daß jene Völker anderen Kolonisatoren als deutschen in die Hände fallen, und so zu Feinden werden, und zu Feinden an einer dann noch schlechter als die jetzige zu verteidigenden Grenze.

Selbstverständlich lassen sich selbständige Männer nicht mir nichts dir nichts nach der Slowakei und Istrien schicken. Aber die Staaten können ohne eigentliches Gebot die Kolonisation befördern. Die allgemeine Wehrpflicht ist zur Zeit nur in Preußen Gesetz: es ist nicht schwer vorherzusagen, daß sie in nicht allzulanger Frist, vorausgesetzt, daß Deutschland überhaupt sich politisch entwickelt, auch in den anderen deutschen Staaten eingeführt werden wird. In dem Maße aber, in welchem sie sich gesetzlich ausdehnt, muß sie sich tatsächlich beschränken. Deutschland mit seinem Kindersegen würde seine Kasse schwindsüchtig exerzieren, wenn es alle Dienstpflichtigen wirklich dienen lassen wollte, und schon jetzt geht in Preußen eine nicht geringe Zahl von völlig gesunden Männern dienstfrei aus. Es wird kein Bedenken haben, das, was tatsächlich geschieht, gesetzlich anzuerkennen: im Gegenteile, es wird staatsgemäßer sein, diese Verhältnisse ausdrücklich zu regeln: und da werden sich Formen finden lassen, in denen die vom Dienste befreiten gesunden Männer veranlaßt werden können, falls sie die Befreiung wirklich genießen wollen, nach jenen Gegenden als Kolonisten unter der Bedingung zu gehn, daß sie in gewissen Fällen in den Landsturm zu treten haben. Ebenso steht den Staaten frei, Almosenempfänger dahin zu verpflanzen, wo sie dieselben am billigsten ernähren können, und von den Gemeinden dafür, daß diese der Armenlast entbürdet werden, eine bestimmte Vergütung zu den Kosten der Kolonisation zu erheben. Ein Gleiches gilt von den Waisenhäusern. Diese beiden Kategorien von Kolonisten werden so wirken, wie die Fahne wirkt, welche ein General in die feindlichen Reihen schleudert, und welche nicht im Stiche zu lassen für seine Soldaten Ehrensache wird.

Für mich ist bei diesem Vorschlage, wie bereits gesagt, maßgebend gewesen, daß durch diese Kolonisation von deutschen Fürsten unterstehenden Gebieten eine Arbeit gegeben ist, welche die Deutschen einig zu machen imstande sein wird, die einzige Arbeit außer der um die Religion, welche die Nation als Nation vornehmen kann. Aber die Sache bietet doch auch noch andere Gesichtspunkte dar, welche mit nichten zu unterschätzen sind.

Bei den Verhandlungen über die Zusammensetzung der preußischen Ersten Kammer hat der König, der eine Zeitlang nur Grundbesitzer in diese hinein haben wollte, eine Liste der Personen aufstellen lassen, welche in Preußen imstande sein würden, aus Grundbesitz 25 000 Taler jährliches Einkommen zu beziehen. Diese Zusammenstellung ist auch mir bekannt geworden: sie ist insofern überraschend, als sie sehr viel mehr solcher Personen aufzeigt, als irgend jemand erwartet hatte. Nichtsdestoweniger ist Deutschland ein armes Land. Sein Boden reicht hin, die jetzige Bevölkerung zu ernähren, viel weiter nicht. Edle Metalle besitzen wir nicht: der Überfluß an Eisen und Kohlen hat bewirkt, daß eine Industrie von selbst entstanden, aber künstlich groß gezogen ist, welche den Schein des Reichtums über gewisse Gegenden verbreitet, welche aber bei jedem Sinken des politischen Barometers am Untergange steht, und welche vor allem nur davon lebt, daß sie immer neue Bedürfnisse erzeugt, um aus der billigen, aber von Jahre zu Jahre wertloseren Befriedigung dieser Bedürfnisse ihr Leben zu fristen oder Geld zu sammeln, während doch das richtige mindestens jetzt (ich persönlich denke, für immer) wäre, allen unumgänglichen Bedürfnissen des Lebens reichlich und möglichst gut und zu möglichst niedrigem Preise Genüge zu tun, und andere als unumgängliche Bedürfnisse gar nicht zu kennen. Allerdings führen wir einen Teil unserer Fabrikate aus, aber das wird in dem Maße abnehmen, in welchem die Konkurrenz bei den übrigen Völkern, und der Arbeitslohn bei uns wächst. Ein Wohlstand der Nation kann nicht dadurch erblühen, daß einige Tausende das Geld, welches früher in den Taschen ihrer Mitbürger war, in die ihrigen übertragen, sondern nur dadurch, daß die Nation (sei es wodurch es sei) Werte hervorbringt, welche das Ausland unter allen Umständen braucht, und darum unter allen Umständen bezahlt, und dadurch, daß sie den Vermittler zwischen verschiedenen Nationen macht, und sich die Besorgung, ich will sagen russischer Produkte an die Engländer, englischer an die Russen, wenn auch mit geringen Prozenten, vergüten läßt. Nur auf diesen beiden wegen ziehen wir fremdes Geld in unser Land, und daraus kommt es an, nicht aber darauf, daß jemand Hunderte seiner Mitbürger verleitet etwas zu kaufen, was sie eigentlich nicht brauchen, und dessen Ankauf sie mit Entbehrungen auf andern Gebieten büßen müssen: in diesem Falle bleibt das Vermögen des Volkes so groß wie es früher war, und nur die Armut auf der einen, ein ungesunder individueller Reichtum auf der andern Seite hat zugenommen.

Nur der Ackerbau, die Viehzucht und der Handel können Deutschland reich machen, nicht die Industrie. Getreide und Wein so zu bauen, Schlacht- und Milchvieh so zu ziehen (Wissenschaft und Kunst erwerben nicht viel), daß uns dafür ausländisches Geld in erheblicher Menge zufließt, ist nur möglich, wenn wir die Kolonisation in der von mir vorgeschlagenen weise betreiben: und darum muß sie so betrieben werden: denn es ist für die Nation unmöglich, in der bisherigen Art weiter von Armut und Edelsinn zu wirtschaften: Freiheit und Bildung kosten Geld.

Der Handel hinwiederum ist nur denkbar an offnem Meere. Darum nannte ich vorhin Istrien an erster Stelle, weil Triest zu besitzen für Deutschland eine Lebensfrage ist: wenn alle Italiener zusammen gegen uns stürmen, diesen Hafen dürfen sie niemals in die Hände bekommen. Darum trage ich mich, seit ich den zweiten Teil von Goethes Faust kenne, mit der Hoffnung, daß die ostfriesischen, und, wenn wir erst Schleswig und Holstein besitzen werden, die westschleswigschen Inseln durch Dämme verbunden, das hinter ihnen liegende flache Meer ausgetrocknet, und in die offne See Handelsstädte hineingebaut werden werden, deren jede so viel Umsatz haben müßte, wie alle Emporien an der baltischen Pfütze zusammengenommen. Das mindeste, was wir im Süden für unsern Handel verlangen müssen, ist ein Ausgang an der Adria, um den Weg nach allen Häfen des Mittelländischen Meeres stets frei zu haben: die Donaumündungen dazu zu besitzen wäre noch besser.

 

Lassen Sie mich noch eines Punktes von den vielen gedenken, die ich besprechen könnte. Vielleicht bin ich als Städter und als Gelehrter ungerecht, aber mir scheint jetzt in unserm Vaterlande in der undeutschesten Weise der Zusammenhang mit der Natur, das Zusammenleben mit ihr, vernachlässigt zu werden. Die tonangebenden Kreise Deutschlands wissen nicht allein nicht mehr, wie die aufgehende Sonne aussieht – das möchte hingehn, denn es tut nichts wesentliches zum Besserwerden –, aber sie sind völlig entwöhnt, in den einfachen, reinen, großartigen Verhältnissen zu leben, wie sie Bauer, Förster, Matrose kennen. Durch und durch künstliche Zustände: enge Stuben, Wirtshäuser, Konzertsäle, Theater, das sind die Orte, an denen wir unsre besten Stunden verbringen, wir würden von unendlich vielen Torheiten verschont bleiben, wenn Ackerbau, Viehzucht und wirklicher Handel die hauptsächlichsten Beschäftigungen unsrer Nation würden, und das ist nur auf dem von mir vorgeschlagenen Wege möglich.

Über ihre eignen Länder haben die deutschen Fürsten volle Verfügung: aber das reicht nicht aus, und die Gelegenheit die Sache abzumachen ist jetzt so günstig, wie sie vermutlich niemals wieder sein wird.

Deutschland hat zurzeit solche Grenzen, daß es jedem feindlichen Angriffe offen liegt. Hieraus folgt, daß Deutschland suchen muß, strategisch haltbare Grenzen, das heißt solche Grenzen zu erlangen, welche durch Berge oder Bergen gleichstehende Hindernisse gebildet, in möglichst geraden Linien laufen. Es folgt also, daß Russisch-Polen im Osten und zwar über die Weichsel hinaus bis an die Pinsker Sümpfe, Elsaß und das gesamte Lothringen östlich von den Argonnen zu Deutschland zu ziehen sein wird. Und wenn außer militärischen Gründen auch die nationale Ehre gebietet letzteres zu verlangen, die Sicherheit Deutschlands erheischt das erstere unbedingt.

Wären wir so weit, die natürlichen Grenzen Deutschlands hergestellt, das heißt, Mitteleuropa so abgegrenzt zu haben, daß die dasselbe bewohnenden Menschen in ihm sich nähren und verteidigen können, so wird den Fürsten zuzumuten sein, eine andere Verteilung ihrer Pflichten vorzunehmen, besser gesagt, es wird ihnen zuzumuten sein, endlich einmal wirkliche Pflichten zu übernehmen. Deutschland – den Namen in engerem Sinne gebraucht – hat zu viel Fürsten, Österreich zu viel Völker: es kann beiden Teilen geholfen werden, wenn wir diese an jene abgeben. Österreich und Preußen müssen einig sein, dann werden die andern Beteiligten schon einsehen, daß sie bei dem Handel nicht verlieren: ein königlicher Prinz von Böhmen wird sich am Ende doch in einer besseren Lage befinden, als ein Herzog von So und so mit 168 und einem halben Mann Bundeskontingent, das er jetzt so wenig zu selbständiger Politik verwenden kann, wie sein Familienhaupt in der neuen Ordnung der Dinge die böhmischen Soldaten zu einer solchen wird verwenden dürfen. Nach dem, was ich über die intimen Ansichten unsres Königs über die deutsche Frage weiß, wird ein Widerspruch gegen die von mir vorgeschlagene Lösung von ihm nicht zu erwarten sein. Ich gestehe offen, daß, wenn ich ein Hohenzoller wäre, ich nicht wünschen würde die Ansichten zu hegen, die König Friedrich Wilhelm der Vierte hegt: ich gestehe aber ebenso offen, daß es mir willkommen ist, sie von ihm gehegt zu wissen, und zwar möchte ich Preußen eine weit höhere Stellung anweisen, als dieser König von Preußen selbst sie ihm anzuweisen gedenkt.

Mitteleuropa kann nur in drei Gruppen zerfallen, die durch ein Schutz- und Trutzbündnis, gemeinschaftliches Zollsystem, gemeinschaftliche. Regelung der Kolonisation und der Heereseinrichtungen unauflöslich verbunden sind, und in denen über Krieg und Frieden nicht die Fürsten, sondern ein Parlament beschließt. Pitische Redeübungen sind verboten.

Die nordöstliche Gruppe, Preußen, müßte den gesamten östlichen Teil des jetzigen Preußens, dazu Schleswig, Holstein, Mecklenburg, Anhalt, das sogenannte Königreich Sachsen und das russische Polen umfassen.

Die südöstliche Gruppe, die nicht deutschen Länder Österreichs, verteilt unter die acht oder neun kleineren deutschen Dynastengeschlechter – wie? mögen die Herren unter sich abmachen – mit der Maßgabe, daß alle Regierung nur im Namen des Kaisers geübt wird. Die Reuß, Schwarzburg, Lippe, Waldeck, Anhalt gehören mit den Hohenlohe, Ottingen, Erbach, Ysenburg, Wittgenstein, Solms und ähnlichen Familien zusammen, denen die Ebenbürtigkeit und Steuerfreiheit gewahrt bleiben muß, die aber sonst nur die politischen Rechte haben dürfen, die sie sich durch persönliche Eigenschaften ihrer Mitglieder erwerben. Wem es so leicht gemacht wird, etwas Vorzügliches zu werden, wie es den Mitgliedern dieser reichen und mit dem großen, wirklichen Leben ohne weiteres in Verbindung stehenden Häuser leicht gemacht ist, der braucht keine politischen Privilegien: politischer Einfluß fällt ihm fast von selbst zu. Es ist nur im Interesse dieser Familien wie des Vaterlandes, wenn sie wenigstens Einiges leisten müssen, um mitsprechen zu dürfen.

Deutschland, das Reich der sächsischen Kaiser mit Zuziehung der rein deutschen Provinzen des jetzigen Österreichs, nach Stämmen geteilt, die noch heute so gewiß vorhanden sind, wie sie im frühen Mittelalter vorhanden waren, und denen möglichste Selbstverwaltung zu gewähren sein wird, unter dem Szepter der Lothringer.

Daß durch die Verpflanzung der Dynastenfamilien in den Südosten die Sentimentalität einen harten Stoß erleidet, weiß ich: aber das hat nicht allein nichts zu sagen, sondern ist notwendig. Legitim ist der Besitz dieser Familien so gut wie nirgends: sie haben nach Kräften an sich gerafft, was nicht ihr Eigen war. Die mediatisierten Fürsten sind völlig so legitim, wie die durch allerhand Künste und Verbindungen auf ihren Thrönchen gebliebenen, und mit fremdem Eigentume weniger belastet als diese: die verschluckten Bistümer und Reichsabteien völlig so legitim, wie die Herzogtümer und Königreiche, durch welche jene verschluckt sind. Und wenn man einmal von Legitimität reden will, dann sei man gründlich, und bringe, da Ure und Elche zum Glücke für die Vereinfachung der Verhandlung nicht rechtsfähig sind, aus Guipuzcoa oder Lonnaught die Urkunden darüber bei, daß die Vorfahren der jetzt Besitzenden vor Notar und Zeugen von den freiwillig auswandernden Basken und Kelten ihr Eigentum erworben haben. Haben die Hohenzollern ihre fränkischen Erblande aufgeben müssen, so können auch Familien, die an Wert nicht im entferntesten an die Familie des Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm des Ersten und Friedrich des Zweiten reichen, um des allgemeinen Besten willen ausziehen. Sind die Grafen von Anhalt längst nicht mehr in Schwaben, die Grafen von Wettin längst nicht mehr in Wettin, die Welfen längst nicht mehr in Este, noch zu Altorf und Ravensburg, die Landgrafen von Hessen längst nicht mehr in Brabant und auf der Wartburg, wie auch die Herzöge von Lothringen längst nicht mehr in Nancy, warum sollen sie nicht noch einmal die Wohnung ändern müssen, wie wir Bürgerlichen ja oft genug zu tun haben, zumal wenn sich den meisten von ihnen erst dadurch eine Gelegenheit bietet wirklich zu regieren, während sie jetzt nur Akten unterfertigen? Führer des ver sacrum haben sie zu sein, das für Mitteleuropa, was die Pilgerväter für Nordamerika waren.

Ich halte es nicht für unmöglich, diesem eben skizzierten Plan auszuführen, wenn in den maßgebenden Kreisen ein einziger Mann gefunden wird, der Geschick und Energie genug besitzt, seine Ausführung anzugreifen. Professoren können ihn nicht ins Leben rufen: es kann das nur jemand, der gesellschaftlich den zum Handeln verpflichteten Personen nahe steht. Dort oben stammt nichts aus der Idee direkt, alles aus dem Umgange mit klugen und guten Männern, die Ideen haben. Die Aufgabe ist genau die von mir angegebene: die, welche sie zu lösen haben, sind die Fürsten, ist nicht das Volk: ich fürchte, der Regisseur wird fehlen.

Aber der Plan macht noch eine schwere Arbeit nötig, die Verpflanzung der polnischen und österreichischen Juden nach Palästina.

An Juden sind in den Weichsel- und Donauländern, soweit diese uns angehn, etwa zwei Millionen Seelen vorhanden, die allerdings bereit sein werden sich noch etwas mehr zu germanisieren als sie schon germanisiert sind, die wir aber gleichwohl dort nicht dulden können. Es ist unmöglich eine Nation in der Nation zu dulden. Und eine Nation sind die Juden, keine Religionsgemeinschaft, wenigstens letzteres nur weil ersteres, wie hinwiederum ersteres mit darum so ausdauernd, weil letzteres.

Dazu kommt, daß wir Deutschen ein viel zu weiches Material sind, um diesen durch die talmudische Zucht hartgeschmiedeten Juden widerstehn zu können. Es ist bekannt, wie wenig unsre studierende und im Heere dienende Jugend den verderblichen Geldanerbietungen der Israeliten sich zu entziehen die sittliche Kraft hat: wie jüdische Modewarenhändler das ungeborene Geschlecht unter dem Herzen der Mutter mit Eitelkeit erfüllen: wie jüdische Wucherer auf dem Lande dem Bauer und dem Tagelöhner so lange Geld und Tand auf Borg anbieten, bis der Augenblick gekommen ist, die leichtfertigen Entlehner von Haus und Hof zu bringen.

Weil ich die Deutschen kenne, kann ich nicht wünschen, daß Juden mit ihnen zusammen gelassen werden. Ich kann das um so weniger, als die Juden gegen die Beschäftigungen, auf welche es mir vorzugsweise anzukommen scheint, Ackerbau und Viehzucht, eine prinzipielle Abneigung haben und haben müssen, wir wissen, daß ohne verschnittenes Vieh der Bauer nicht bestehn kann. Niemand kann mit Stieren pflügen, und mit Hengsten fährt man nicht gerne, verbietet nun das Judentum Tiere zu verschneiden, so verbietet es den Ackerbau und die Viehzucht: gestattet es die Verschneidung durch einen Nichtjuden vornehmen zu lassen, so zeigt es, auf wie niedriger Stufe der Sittlichkeit es steht. Mag man mit dem angeborenen Rassenhochmut entschuldigen, wenn Israeliten am Sabbat durch den Schabbesgoi, den Sabbat-Heiden, Feuer einschüren und Essen wärmen lassen – der Adel der Menschheit ist eben zu vornehm, an seinem heiligen Tage zu arbeiten –: alles was um der Humanität willen, wie man zu sagen liebt, geboten oder verboten ist, muß auch für den Nichtjuden gelten, und es ist unsittlich, den Heiden zu etwas zu veranlassen, was man selbst für unerlaubt hält, aber nicht entbehren kann und mag.

Der Talmud ist mit seinen doktrinären Theoremen (im Pentateuche atmet man ebenfalls nur Stubenluft) schuld, daß die Juden, dem vollen Leben, das sich mit ihrem Gesetze nicht vertragen kann, entfremdet, schlimmer als einseitig, zehntelseitig geworden sind. Es wird in ihrem Interesse sein, sie in eignem Lande ganz auf sich zu stellen, damit sie all die Fähigkeiten ausbilden lernen, welche sie jetzt in gutem Zutrauen auf die stets bereite heidnische Ergänzung völlig unbeachtet haben liegen lassen. Die Juden können nicht gründlicher vom Judentume geheilt werden, als wenn man sie nötigt, einmal nichts als Juden zu sein: sie werden vor sich selbst erschrecken, und durch diesen Schrecken und die harte Not für das Leben zu sorgen über sich selbst hinauskommen. Ist das nicht möglich, müssen wir sie in unsern Grenzen behalten, nun dann hinein mit ihnen in das volle deutsche Leben, und möge dies Leben kräftigste Wogen schlagen. Bleiben die Juden in Mitteleuropa, so müssen sie ihr Judentum (auch ihre Religion) so aufgeben, daß sie als Juden gar nicht mehr erkennbar sind. Aber um Gottes willen, ganz herein mit ihnen, oder ganz hinaus. So wie man es jetzt zu treiben beliebt, ihnen Pflichten ohne Rechte zu geben, sie zwischen Tür und Pfosten stehn zu lassen, kann es nicht weiter gehn: das ist bodenlos unsittlich und bodenlos dumm.

Ich habe Ihnen auseinander gesetzt, was ich für die nächsten Aufgaben der deutschen Fürsten halte. Daß diese Aufgaben nicht gelöst werden, weiß ich. Sie fragen: was dann? Nun, die Revolution.

Entsetzen Sie sich nicht, milde Herren! Nicht die des Volks, denn es gibt kein Volk in Deutschland, es gibt nur Material für ein Volk, und Gebildete: vielmehr die zahme Revolution eines der deutschen Staaten, der einsieht, daß er aus dem bisherigen Wege nicht mehr weiter kann.

Wird zum Beispiel Preußens Besitzstand nicht dahin abgeändert, daß Preußen eine zusammenhängende, von möglichst homogener Bevölkerung bewohnte, das offne Meer, das heißt die Nordsee, wenigstens irgendwo auf ausreichende Strecken berührende Ländermasse bildet, bleiben die Rheinlande und Westfalen bei Preußen, wie die Feinde Preußens sie ihm gegeben haben, so ist die unumgängliche Folge davon die Revolution. Haben wir nicht alle mit Zähneknirschen erlebt, daß die lieben Vettern von Hessen und Hannover den badischen Truppen, welche in Magdeburg reorganisiert werden sollten, den Durchmarsch durch ihr Gebiet verweigerten? Kann ein Staat daran denken, sich eine Nation zu erziehen – Staat ohne Nation ist eine Maschine, die einen Lebendigen spielt –, wenn sein Gebiet nicht zusammenliegt? Kann ein Staat die Lasten der Staatschaft tragen, wenn er für seine faulen, giftigen Neider nebenan mit sorgen muß, und zum Danke dafür in der ehrlosesten Weise angefeindet wird? Ändern sich diese Zustände nicht von Grund auf, wird Preußen nicht in eine natürliche und ihm passende Stellung gebracht, so soll der Henker die holen, die ihm wehren, Revolution zu machen.

Preußen hat für seine Seele keinen ausreichenden Leib, Österreich für einen sehr genügenden Leib keine Seele. Österreich lebte anfangs von der Pflicht, Deutschlands Schutz gegen die Ungarn zu sein, später davon, daß es die Vormauer gegen die Türken war: wovon lebt es jetzt? Um als Hort Europas gegen die Russen zu dienen – aber wer hat in Ungarn geholfen? –, müßte es sein Rad um eine halbe Drehung nach Osten gehn lassen, und Polen erwerben: es fragt sich auch, ob es der Mühe wert sein würde, eine besondere Mauer gegen Rußland zu bauen, gegen ein Reich, das doch mit seinem jetzigen Kaiser nicht identisch ist. Österreich hat vorläufig keine Idee, die es zusammenhält: es hat darum das Recht, diese Idee, das heißt eine der Lösung werte Aufgabe, zu fordern, weil es ohne sie in Materialismus untergehn müßte. Nur wird in Österreich, wo alles undenkender Leib ist, alles davon abhangen, daß ein genialer Staatsmann gefunden wird, der selbst Seele genug hat, um diesen Mangel an Seele in seinem Vaterlande zu erkennen, und Willen und Einfluß genug, ihn zu beseitigen. Österreich muß unbedingt eine vernünftige, das heißt, mit Preußen rechnende, deutsche Politik treiben, weil es ohne Deutschland an seinem jetzt ostenlosen Österreichtume sittlich zugrunde gehn muß: und an dem sittlichen Untergange hängt unweigerlich der materielle.

Veranlassung zur Revolution hätten auch die Kleinen, wenn es ihnen nur einmal unziemlich vorkommen wollte, auf fremder Leute Kosten zu leben. Aber dies Glück scheint nicht jedem unhaltbar.

Revolution ist im politischen Leben das, was Notwehr im Privatverkehre ist. Niemand hat ein Recht auf sie, als wer keinen andern Weg mehr weiß sich zu erhalten: dann aber hat er nicht nur das Recht, sondern die Pflicht sie zu machen. Aber der Fluch liegt stets bei ihr. Das wäre noch besser, wenn der liebe Gott zuließe, daß ein durch Dummheit oder Bosheit, oder durch Dummheit und Bosheit nötig gemachter Gewaltakt dasselbe erreichen könnte, was stille, beharrliche, entsagende Arbeit zu erreichen die Verheißung hat. Auf geistigem Gebiete gibt es keine normale Entwickelung. Das ist eben darum ein Naturgesetz, weil die Natur das Reich des Geistes nicht erben kann. Wenn man das Wort recht verstehn will, ist es ganz richtig, daß nur ein Wunder in das Wunderland trägt. Jesus nennt dies Wunder neue Geburt. Wer nicht freiwillig die innere Revolution vollzieht, dem kann die äußere nicht erspart werden: aber die äußere ist zur Strafe dafür, daß die innere nicht vollzogen worden, stets eine Krankheit. In der Revolution wächst die Potenz, welche handelt, auf Kosten der übrigen, und so ruft jede Revolution eine Verkrüppelung hervor. Macht das sogenannte Volk die Revolution, wie 1789 in Frankreich, so zerstiebt die Nation in Individuen, das heißt, sie hört auf ein Organismus zu sein. Macht ein Stand die Revolution, wie 1688 in England, so wird er zur Kaste, zur Oligarchie nach venetianer Muster. Wenn in Deutschland einer der uns bevormundenden Staaten die Revolution machen wird, so wird das nationale Leben, das jetzt nicht vorhanden ist, mitnichten erstehn, sondern alle Kraft Deutschlands wird sich in Staatsaktionen umsetzen, und der Staat, der nur Diener der Nation sein soll, wird der Herr des Surrogats der Nation werden.

Es ist müßig, sich in Gedanken darüber zu ergehn, wie die Revolution ausfallen wird, ob Preußen zu Norddeutschland, Österreich zu Süddeutschland anwachsen, oder das Gothaer Programm ausgeführt werden wird. Das hängt lediglich von Umständen und von Persönlichkeiten ab. Immer aber werden alle die notwendigen Forderungen, welche ich Ihnen eben vor die Seele geführt, nicht erfüllt werden: immer wird ein Kunstprodukt aus der Retorte hervorgehn, nicht eine Nation geboren werden: immer werden wir ein Provisorium erhalten, und wenn es ein definitives Provisorium sein wird, desto schlimmer.


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