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Bega fühlte sich sichtlich erleichtert, als der deutsche Lehrer sein Buch zuklappte und den Unterricht für heute beendete.
»Ich finde keinen Geschmack an Ihrer Heimatsprache,« sagte sie. »Wie gefällt sie Ihnen, Mister Eugen?«
»Ich möchte, ich könnte sie; was ich aber heute für krauses Zeug zu sehen und zu hören bekommen habe, verleidet mir fast die Lust zur Fortsetzung.«
»Aller Anfang ist schwer,« entgegnete Reihenfels, »und wer etwas gelernt hat, der empfindet darüber eine stolze Genugtuung, die ihm nicht geraubt werden kann.«
»Auch ich habe viel gelernt,« rief Bega. »Ich kann vielleicht manches mehr als Sie, Mister Reihenfels.«
»So?« lachte dieser. »Und welcher Unkenntnis könnten Sie mich zeihen? »Können Sie reiten?« examinierte Bega.
»Ach so, an solche Fertigkeiten dachten Sie! Meines Vaters Mittel langten freilich nicht, mir Reitunterricht erteilen zu lassen.«
»Sehen Sie, Sie können nicht einmal das, was jeder Mann verstehen muß. Ohne Pferd kein Mann!«
»Das ist der Wahlspruch eines Kosaken oder eines Indianers, nicht aber der eines zivilisierten Mannes.«
»Oho,« mengte sich Eugen ein, »in England gilt der viel, der gut reiten kann.«
»Bei mir nicht.«
»Sie werden beleidigend,« sagte Bega ärgerlich.
»Dann bitte ich um Entschuldigung, so habe ich es nicht gemeint. Hatten Sie die Absicht, mir etwas vorzureiten? Tun Sie es, ich versichere Sie meiner Bewunderung schon im voraus.«
Bega biß sich auf die Lippen und eilte hinaus, Eugen folgte ihr sofort, Reihenfels langsam.
»Dieser Deutsche ist unhöflich,« sagte Bega zu Eugen.
»Er ist nur sehr offenherzig, nehmen Sie ihm dies nicht übel. Hatten Sie wirklich die Absicht, zu reiten?«
»Ich hatte sie« »So tun Sie es, ich bitte Sie. Wie schön wäre es, wenn wir einmal zusammen ausreiten könnten!«
Er sah mit bittendem Blick auf das Mädchen, und dieses nickte freundlich.
»Dem steht nichts im Wege. Ich habe meinen freien Willen, mir verbietet niemand etwas.
Wollen wir morgen früh einen Ausritt unternehmen?«
Mit Freuden sagte Eugen zu.
»Wenn es aber nun regnet?«
»Dann müssen wir den Ausritt natürlich verschieben.«
»Und wenn Regen zu erwarten ist?«
»Dann riskieren wir, ob der Himmel uns günstig gestimmt ist,« lachte Bega, »wir wollen nicht direkte Sklaven der Witterung sein.«
Sie hatten inzwischen den Schießstand erreicht. Auf einen Wink Begas eilte ein Indier herbei und richtete eine Ringscheibe in dreißig Meter Entfernung auf, während sie sich und Eugen mit gezogenen Pistolen versah.
»Üben Sie sich im Schießen?« fragte sie dabei Eugen.
»Ich habe es praktisch auf der Jagd gelernt; den Pistolensport auf dem Schießstande habe ich nie getrieben.«
»So werde ich Ihr Lehrmeister sein.«
»Ich darf mich rühmen, ein ziemlich guter Schütze zu sein, wenn ich mich auch nicht mit Ihnen messen kann. Sie gaben mir schon einmal ein Beispiel Ihrer Kunst.«
»Und Sie haben sich damals nicht gerade mit Ruhm bedeckt.«
»Das müssen Sie der Aufregung zuschreiben, in die mich der Anblick einer Waldfee versetzt hatte, sonst hätte ich das Ziel nicht verfehlt.«
Bega errötete. Reihenfels traf eben ein.
»Konnte ich vorhin nicht mit meiner Aussprache des Deutschen Ihren Beifall erringen, so werde ich dies vielleicht mit der Pistole erreichen,« lachte sie.
Sie hob die Pistole in der Richtung der Scheibe, der Indier, als Markeur postiert, sprang zurück und markierte nach dem Schusse ein Zentrum; Eugen staunte und schoß seinerseits, zwar auch gut, aber kein Zentrum.
»Nun, wollen Sie es auch einmal probieren?« fragte Bega den Deutschen.
»Ich verstehe nicht mit Waffen umzugehen.«
»Sie brauchen nur die Pistole zu heben, über das Visier nach dem Korn zu sehen, so, daß das Ziel in die Visierlinie kommt, und am Abzug zu drücken.«
»Und dann soll der Schuß dort sitzen, wohin man gezielt hat?«
»Er soll wohl, aber er tut's manchmal nicht!« lachte Bega. »Es kommt darauf an, daß die Hand im Augenblicke des Abdrückens ruhig ist.«
»Ich habe aber vorhin bemerkt, daß Sie die Pistole tiefer hielten, als die Visierlinie vorschrieb.«
»Natürlich, die Kugel steigt erst, geht durch die Visierlinie, bei dieser Pistole zum Beispiel bei sechzig Meter Entfernung, und sinkt dann wieder.«
»Sehen Sie, das hatten Sie mir vorhin verheimlicht; aber ich wußte es auch ohne Ihre Erklärung.«
»Sie haben es wohl in Büchern gelesen?«
»Allerdings.«
»Steht da auch drin, wie man es machen muß, um zu treffen?«
»Auch das!«
»Dann zeigen Sie einmal, was Sie dabei profitiert haben!« sagte Bega spöttisch, ihm die Pistole hinhaltend.
»Ja, versuchen Sie Ihr Glück,« sagte auch Eugen.
»Davon ist beim Schießen keine Rede, nur auf den Schützen kommt es an,« entgegnete Reihenfels, nahm die Pistole und lud sie, wie er es gesehen hatte.
»Sie sind schon mit Pistolen umgegangen,« sagte Bega.
»Ich versichere Ihnen, daß ich noch niemals eine geladen oder abgefeuert habe.«
Er stellte sich in Positur und zielte sehr lange. Bega betrachtete ihn mit besonderem Interesse.
Die Abendsonne vergoldete seine schlichten, hellblonden Haare, sie übergoß sein etwas bleiches Antlitz mit einem sanften Rot, und Bega entdeckte plötzlich, daß dieser Mann, dessen Gesicht sie erst für nüchtern gehalten hatte, sehr schön war. Er war anders als sonst die Männer, so ernst, so ruhig, so selbstbewußt. Die schlanken Finger der weißen Hand hielten den Pistolenkolben umklammert, und sie zitterte nicht im geringsten.
Alles dies sah Bega, und sie ahnte plötzlich, daß er sein Ziel nicht Verfehlen würde.
Doch sie sollte aus ihrer Bewunderung gerissen werden.
»Nun, warum schießen Sie nicht?« fragte sie endlich, als er noch immer dastand und zielte.
Reihenfels senkte die Pistole.
»Ich stellte eine Berechnung an, welche auf physikalischen Gesetzen beruht. Doch ich glaube, sie ist auf eine so kleine Entfernung nicht nötig.«
»Zum Schießen sind keine mathematischen Formeln nötig,« sagte Eugen. »Zielen Sie und drücken Sie ab!«
Reihenfels zielte nochmals und schoß. Die Kugel schlug fast oben in der Scheibe ein.
»Das war kein Meisterschuß,« sagte Eugen.
»Ich hatte erwartet, sie würden besser schießen,« fügte Bega bedauernd hinzu.
»Ein Probeschuß ist stets erlaubt, wenn man zum ersten Male mit einer fremden Pistole schießt, um wieviel mehr dem, der noch nie eine in der Hand gehabt hat.«
»Dann soll dieser Schuß als Probeschuß gelten, oder vielmehr, wir wollen ihn ganz unbeachtet lassen.«
Sie reichte ihm eine frischgeladene Pistole.
Reihenfels hob sie langsam von unten auf und schoß, ohne einmal in der Bewegung stillgehalten zu haben.
»Wieder vorbei!« rief Eugen.
Der Indier suchte auf der Scheibe nach einem noch nicht markierten Loch, und als er keins fand, winkte er mit der Hand zum Zeichen, daß die Kugel an der Scheibe vorbeigegangen.
»Wie kann man ein so großes Ziel verfehlen!« sagte Bega unmutig. »Ich gebe Ihnen keine Schußwaffe mehr in die Hand, sonst richten Sie noch Unheil damit an.«
Reihenfels lächelte.
»Sagen Sie dem Diener, er soll mein erstes Schußloch untersuchen.«
»Sie behaupten doch nicht etwa, Sie hätten hineingetroffen?«
»Doch, ich glaube so. Ich habe danach gezielt.«
Bega und Eugen eilten selbst nach der Scheibe und fanden Reihenfels Behauptung bestätigt. Die zweite Kugel saß auf der ersten.
»Sie haben ein fabelhaftes Glück gehabt,« staunte Eugen.
»Ich will versuchen, ob mir das Glück nochmals so fabelhaft günstig ist. Ich schieße jetzt links an den Rand des Zentrums.«
Er zielte schnell, und nach dem Schusse meldete der Indier die vorher bezeichnete Stelle als Treffpunkt an.
»Und Sie hätten noch nie mit Pistolen geschossen?«
fragte Bega.
»Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort darauf.«
»Dann haben Sie ja ein ganz erstaunlich sicheres Auge und eine ebensolche feste Hand.«
»Die wahren Genies können alles, ohne es erst gelernt zu haben,« lachte Reihenfels, der ungerührt von der ihm gezollten Bewunderung blieb.
Bega ließ die Scheibe in eine Entfernung von sechzig Metern tragen und feuerte den ersten Schuß ab. Die Kugel schlug etwas links neben dem Zentrum ein.
»Ich bin mit dieser Pistole unzufrieden,« rief sie ärgerlich; »heute morgen lenkte sie nach rechts, jetzt nach links ab.«
»Sie geben wahrscheinlich der Pistole ganz ungerecht Schuld,« entgegnete Reihenfels.
»Erlauben Sie!«
Sein Schuß traf das Zentrum, zum unermeßlichen Staunen der beiden.
»Ja, wie ist das nur möglich!« rief Bega.
»Wer war Ihr Lehrmeister?« fragte Reihenfels.«
»Monsieur Francoeur, ein ausgezeichneter Pistolenschütze.«
»Hat er Sie auch gelehrt, daß helles Sonnenlicht dem Auge das Objekt in Wirklichkeit etwas verrückt?«
»Nein, davon habe ich noch nie gehört.«
»Nun, die Sonne täuscht infolge einer Reflexion über die wahre Stellung des Objektes, das wir betrachten, und zwar in einer Entfernung von fünfzig Metern etwa um einen Zoll links, steht sie oben, ebensoviel unterhalb. Versuchen Sie es noch einmal, zielen Sie einen Zoll rechts daneben!«
Bega tat es und verfehlte diesmal das Zentrum nicht.
»Aber woher wissen Sie das nur alles?«
»Alles aus Büchern,« war die lächelnde Antwort.
Eugen wurde gegen seinen Lehrer mit heimlichem Ingrimm erfüllt. Er schoß immer schlechter und erregte Begas gutmütigen Spott; ihre Aufmerksamkeit galt jetzt nur noch Reihenfels. Eugen wußte noch nicht, daß jenes Gefühl, welches in seinem Herzen so bitter aufstieg, Eifersucht war, und diese mächtige Leidenschaft trübte ihm den Blick und ließ die Hand erzittern.
»Wenn Sie mit der Büchse nicht besser treffen können, so sind die Tiere des Waldes vor Ihnen sicher,« scherzte Bega. »Mister Reihenfels, Sie müßten auch im Gebrauche der Waffen sein Lehrer werden.«
»Mit dem Gewehr verstehe ich gut umzugehen,« verteidigte sich Eugen, »das kann Mister Reihenfels bezeugen. Im Gebrauch der Pistole bin ich jedoch nicht bewandert, werde mich aber von jetzt ab darin üben.«
»Wenn Ihr Wunsch, einst Offizier zu werden, doch noch in Erfüllung gehen sollte,« sagte Reihenfels, »so würde dies allerdings nichts schaden.«
»Sie möchten Offizier werden?« fragte Bega.
»Es ist mein sehnlichster Wunsch.«
»O, wäre ich ein Mann, ich würde auch Soldat, ich kenne keinen schöneren Beruf. Dem Offizier bietet sich noch Gelegenheit, sich als Held zu zeigen; er kann sich durch seine eigenen Fähigkeiten, durch Kraft, Mut und Entschlossenheit Lorbeeren erwerben, wie kaum jemand sonst.«
Bega hatte mit Begeisterung gesprochen, und Eugen war plötzlich fest entschlossen, in die Armee einzutreten, Reihenfels aber schüttelte den Kopf und blickte wie mißbilligend das Mädchen an.
»Schade, daß Sie kein Mann sind!« sagte er spöttisch.
»Auch ich bedaure es lebhaft. Finden Sie nicht, daß ich Anlagen dazu habe?«
»Gewiß, Sie können ja reiten, schießen, fechten und wahrscheinlich noch vieles mehr, was einem Manne zukommt.«
»Allerdings. Warum aber spotten Sie darüber?«
»Weil bei mir dergleichen Fertigkeiten nicht den Mann ausmachen und ich sie bei dem weiblichen Geschlecht durchaus nicht liebe.«
»Ich bin Ihnen für Ihre Offenheit sehr verbunden,« entgegnete Bega kurz, wandte Reihenfels den Rücken und beschäftigte sich mit Eugen.
Jener ließ ihr nicht lange Gelegenheit, ihn zu ignorieren. Er sah Lady Carter und Miß Woodfield in Begleitung des Franzosen und Westerly im Garten auf und ab gehen und schloß sich ihnen an.
Er gesellte sich Miß Woodfield bei, welche die Gesellschaft des ernsten Deutschen jeder anderen vorzog.
In der Ferne sah man Bega und Eugen nach der Scheibe schießen, und dies bot der frommen, streng erzogenen Miß willkommene Gelegenheit, über die Gottlosigkeit der jetzigen Zeit zu eifern.
»Sehen Sie da das Mädchen, wie es mit der Pistole in der Hand dasteht, gerade wie ein Räuberhauptmann! Reiten, Fechten, Schwimmen, Jagen und anderen Larifari, das kann es, aber eine Suppe kochen, Strümpfe stricken und so weiter – keine Ahnung davon! Glauben Sie, solch ein Wesen würde sich herablassen, einen Kranken auf dem Sterbebett zu besuchen, wenn er unter ihr stände, und wenn er noch so nach ihr verlangen würde? Glauben Sie, diese Bega würde zu bewegen sein, in eine arme Hütte zu treten? Es sei denn, der Regen zwinge sie dazu.«
»Ich glaube kaum.«
»Sehen Sie, das war unser Ruhm, mit dem wir uns als Mädchen schmücken durften. Wer da nicht seine regelmäßigen Armen- und Krankenbesuche machte, der wurde verachtet. Aber was kann man denn von solch einer Heidin anderes erwarten; erst die christliche Religion macht uns zu Menschen.«
Reihenfels fühlte plötzlich einen Widerwillen gegen die alte Dame in sich aufsteigen. Er wußte selbst nicht, warum. Er hatte zwar vorhin fast dasselbe gedacht, aber daß Miß Woodfield es aussprach, mißfiel ihm im höchsten Grade.
»Bega ist keine Heidin, sie ist Buddhistin,« sagte er.
»Das ist ganz dasselbe; wer nicht an Christus und an sein erlösendes Blut glaubt, den nenne ich einen Heiden.«
Reihenfels verschmähte es, die alte Dame darüber aufzuklären, daß die indischen Religionen, Buddhismus und Brahmanismus, mindestens ebenso edel sind wie die christliche.
»Auch der Buddhismus lehrt Nächstenliebe,« sagte er nur, »und zwar eine noch intensivere als Christus.«
»So? Beweist Bega das etwa?«
»Sind Sie über sie schon so gut unterrichtet, daß Sie behaupten können, sie täte es nicht?«
»Das kann ich freilich nicht,« gab Miß Woodfield kleinlaut zu, »dem Mädchen aber, welches mit Pistolen schießt und sich im Kostüm einer Seiltänzerin im Walde herumtreibt, traue ich nicht viel zu. Apropos, lieber Reihenfels, wissen Sie, was meine arme Familie in Wanstead macht?«
»Sie meinen den Moore? Ich habe mich nicht wieder um sie gekümmert.«
»Aber warum nicht? Der Mann gab doch das Trinken auf und machte ganz entschieden einen Anfang zu einem neuen Leben.«
»Ja, als er kein Geld mehr hatte. Ich traf ihn letzthin in einer wüsten Gesellschaft sinnlos betrunken. Wie ich erfuhr, hatte er auf ein Pferd gewonnen.«
»So wären also alle meine Reden und Ermahnungen nutzlos gewesen!« seufzte die alte Miß.
»Ja, nur Gott selbst könnte ihn heilen, er müßte an dem Spieler und Trinker ein Wunder ausführen.«
»Es geschehen noch täglich Zeichen und Wunder, so wollen wir also hoffen. Begleiten Sie mich morgen früh zu ihm? Ich kann ein verlorenes Schaf nicht gleich aufgeben. Vielleicht kann ich bei der Frau etwas ausrichten.«
»Sie ist gut, aber sie kann nicht hochkommen, solange der Mann. sie daran hindert. Durch die Schuld des Vaters werden sie alle einst jämmerlich zugrunde gehen!«
»Und das sagen Sie so gleichgültig?«
»Ich bin zu schwach, um helfen zu können. Deshalb wende ich meinen Blick lieber von derartigen Jammerszenen ab.«
»So kommen Sie nicht mit?«
»Doch, wenn Ihnen meine Begleitung angenehm ist. – – – Nachdem sich Reihenfels von dem Pistolenstand entfernt hatte, zeigte Bega ein aufgeregtes Wesen. Sie hatte die Augenbrauen wie drohend zusammengezogen, so daß sie sich fast berührten; ihre Lippen waren fest aufeinandergepreßt, und so sandte sie Kugel nach Kugel in das Zentrum, ohne Eugen ein Wort zu gönnen.
»Sie dürfen sich durch die Worte des Mister Reihenfels nicht beleidigt fühlen,« begann Eugen endlich, »er ist seiner Offenherzigkeit wegen bekannt.«
»Von Beleidigen ist keine Rede,« entgegnete Bega, sich zur Freundlichkeit zwingend, »und doch, seine Worte haben mich unangenehm berührt.«
»Wenn er das erfährt, so wird er es sehr bereuen.«
»Er soll es aber nicht erfahren!« rief Bega fast heftig. »Bitte, sprechen Sie nicht zu ihm darüber.«
»Ihr Wunsch ist mir Befehl.«
Eugen fühlte plötzlich Mitleid mit seinem Lehrer. Er fing mit Bega ein Gespräch über ihn an und konnte nicht genug seines Lobes sagen. Man täusche sich fortwährend in dem Gelehrten; jeden Tag entdecke man neue, vorteilhafte Eigenschaften an ihm, daß ihm aber selbst ritterliche Tugenden angeboren seien, das hätte er, Eugen, nicht geahnt.
Bega antwortete einsilbig und stellte keine Fragen, hörte jedoch mit gespanntester Aufmerksamkeit zu.
Die beiden verabschiedeten sich als die besten Freunde, den Lehrer allerdings schien sie ganz zu übersehen, und er wiederum machte keine Miene, sich ihr zu nähern.
»Gute Nacht, Miß Bega!« rief er schließlich, den Hut ziehend, der entfernt Stehenden zu.
Sie nickte nur kurz und zog sich zurück.
»Sie fühlt sich beleidigt, weil ich ihr meine Meinung über emanzipierte Weiber gesagt habe,« murmelte Reihenfels, als er sich den Fortgehenden anschloß, »und um sich zu rächen, scheint sie mit einem Male zu bemerken, daß ich weiter nichts als nur ein Hauslehrer bin. Wie kleinlich, welch häßliches Herz schlägt doch in manch schönem Körper!«