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Was den sonst so vergnügungssüchtigen Jerôme von dem bestellten Notturno abgehalten, war ein plötzliches Unwohlsein gewesen. Die ebenso verdrießlichen als unvermeidlichen Vorberathungen und Geschäfte für den Reichstag, die ermüdenden Feste und einige zu rasch wiederholten Nachtschwärmereien hatten ihn erschöpft. Er ließ seinem Frühbade einige Gläser kölnischen Wassers mehr als gewöhnlich zusetzen, was ihn so angriff, daß er für ohnmächtig aus der Wanne gehoben wurde. Doch ging es bald vorüber.
Als endlich auf die häufigen Gewitterregen heitere, warme Junitage folgten, fiel der König, vielleicht aus Uebersättigung von schwärmerischen Lustbarkeiten, auf den sentimentalen Gedanken, einen derselben ganz ländlich, ganz idyllisch zu genießen. Die dringendsten Staatssachen waren erledigt, und er schien, wenn auch sonst nicht sehr vertraut mit Horaz, doch zufällig von einer ähnlichen Empfindung bewegt, wie jene war, aus welcher dieser alte Poet die Anfangsverse der schönen Ode gesungen hatte:
Beatus ille qui procul négotiis
Ut prisca gens mortalium
Paterna rura bobus exercet suis.
Glückselig Jener, der von Geschäften frei,
So wie's die Väter hergebracht,
Das Feld mit seinen ruhigen Ochsen pflügt.
Der König hatte das ländliche Schlößchen Schönfeld neu einrichten, und den kleinen Park, der es umgab, verschönern lassen. Es sollte nun durch den Besuch der Königin eingeweiht werden, und Jerôme hatte sich eine artige Ueberraschung für sie ausgedacht. Ein ländliches Mahl war vorbereitet, und sollte im Freien, bei versteckter Musik, eingenommen werden. Eine kleine, ausgewählte Gastgesellschaft war dazu geladen.
Auch die Gräfin Antonie, die sich jetzt erst wieder zum Dienste der Königin angemeldet hatte, kam von der Stadt aus dahin. Vor dem Frankfurter Thor, um den Weinberg wendend, fiel ihr Blick nach den kahlen Kuppen des Habichtwaldes, die, von durchsonntem Dufte mit weichem Blau umsponnen, sich vor der Abwärtsfahrenden zu erheben schienen. In ihrer verzögerten Einsamkeit und durch das Erlebniß jenes verhängnißvollen Abends war sie von ungewohnter Weichmüthigkeit bewegt, und hätte lieber immer weiter in den seligen Abend hineinfahren mögen, als daß sie nun wieder diesen leichtsinnigen, lachenden Hofkreis betreten mußte.
Aber schon lenkte ihr Wagen von der Landstraße rechts ab in eine Seitenallee, die sanft bergauf nach dem traulich hinter hohen Bäumen und blühendem Buschwerk versteckten Landsitze führte. Sie ließ halten und stieg aus, um lieber, da es noch Zeit war, ihrer Stimmung nachhangend, den gewundenen Fußweg links hinauf einzuschlagen. Von dem Bedienten aus der Ferne begleitet, wandelte sie an der waldigen Einfassung hin und befand sich unvermerkt im Bereich des kleinen Parks.
Ein Wasserspiegel schimmert hervor, und von einem leichten, waldigen Hügel überblickt man den traulichsten kleinen See, den ein Fremder hier nicht vermuthet hätte. Dichte Baumgruppen allerbuntesten Grüns fassen ihn geheimnißvoll ein, und über seinen länglichen Spiegel hin gleitet der Blick nach einem dicht und hoch bewachsenen Eiländchen. Man glaubt sich plötzlich in einen engen Gebirgsschoos versetzt, und da man rings um das schillernde Wasser nur Baumgruppen in die Lüfte steigend und in der Flut abgespiegelt erblickt, so macht dieser Miniatursee durch so einfache Umgebung und durch die Empfindung einer tiefen Einsamkeit einen sein körperliches Maß weit übersteigenden Eindruck.
Dieser Betrachtung nachzugehen ließ die Gräfin sich auf dem aus Holzstäben zusammengefügten Kanapee nieder, das auf dem kleinen Hügel, über alten Baumwurzeln, von dichten Stämmen eingefaßt und gehalten dastand – eine Einsiedelei, nicht für Jerôme'sche Franzosen, wol aber für eine von Leid bewegte deutsche Seele, die an dem von den Abfällen der Bäume etwas getrübten, die Wipfel und einen schmalen Himmel abspiegelnden Wasser ein Abbild ihrer Stimmung, von Erinnerungen ihres Lebens, von Ahnungen der Unendlichkeit durchzittert, vor sich hatte. In dieser Stimmung befand sich die Gräfin. Sie hatte Leidiges erfahren, was ihr leichter Sinn verschuldet, aber ihr tieferes Herz noch nicht verwunden hatte. Wie die meisten Hof- und Weltleute von Aeußerlichkeiten eingenommen, und wenig gewohnt, sich über Widersprüche und Misbehagen ihres Innern Rechenschaft zu geben, überließ sie sich diesmal – vielleicht in Folge ihrer letzten Einsamkeit – der Einkehr in ihr suchendes Gemüth. Sie überblickte die leisen Windungen ihrer neckischen Laune, die sich zu einem Verhängniß verschlungen hatten, das sich – wer wußte, in welche Folgen – noch ausfasern konnte. Wie gedemüthigt fühlte sie sich jetzt! Dennoch war sie weniger zerknirscht als beängstigt. Es beruhigte sie nicht ganz, daß ihr Spiel mit den deutschen Lectionen ohne äußern Verdruß für sie selbst abgelaufen war; eine nagende Bekümmerniß blieb zurück, daß es vielleicht mit der raschen Verlobung, die Adele eingegangen, doch nicht für immer abgethan sei. Und hatte sie nicht selbst, in der Eingebung des angstvollen Augenblicks, dem unglücklichen Mädchen den ersten Anstoß dazu gegeben? In dieser immer wiederkehrenden Beschämung hatte sie sich auch zu befangen gefühlt, das Paar, als es zu Besuch angefahren, bei sich zu sehen. Der Gedanke an Hermann traf vollends die leidmüthigste Stelle ihres Herzens. An dem edeln jungen Mann hatte sie sich – sie wußte selbst nicht wie schwer – versündigt; denn sie wußte ja auch nicht, in welchem Gemüthszustand er jetzt lebte. Er stand ihr nur lebhaft aus dem Augenblicke vor der Seele, in welchem er bei des Königs Anfahrt ins Ankleidezimmer verschwunden war. Es kam ihr vor, als ob sein verscheuchter Gesang, jenes: »Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß was ich leide«, womit er selbst entflohen war, sich in ihre eigene Brust geflüchtet hätte. Was sie aus Adelens verworrenem Zustand vermuthete, hatte sie zuerst tief empört. Sie glaubte, ihre Entrüstung gelte der unverantwortlichen Verletzung ihrer Wohnung, und sie hatte in wunderlicher Anwandelung am ersten Abende sich in jenem Gemach nicht entkleiden können, bis sie endlich erkannte, daß ihr eigener leichtfertiger Sinn, was auch geschehen sein mochte, verschuldet habe. Von diesem Moment an war sie geneigt gewesen, ihre Voraussetzung zu bezweifeln und Adelens Benehmen auf das wechsellaunige Wesen derselben zu schieben. Wie oft hatte sie seitdem den jungen Mann herbeigewünscht, sich mit ihm über Eines oder das Andere, was sie für ihn thun könnte, zu besprechen! Sie fühlte sich ihm verschuldet; es verlangte sie, durch irgend eine Leistung sich mit ihm und mit sich selbst auszugleichen Aber die cyanenfarbene Vase hatte ihre Anziehungskraft für ihn verloren, und zu weitern Schritten konnte sie sich nicht entschließen; sie mußte bei dem lebhaft gefaßten Vorsatze stehen bleiben, dritte, einflußreiche Personen für den interessanten jungen Mann in Theilnahme zu setzen.
Mit diesem Gedanken wurde es gleich auch wieder heller in ihrem Gemüthe. Sie erwachte zur Betrachtung ihrer Umgebung. Die Luft, die aus den bewegten Wipfeln der Bäume auf sie niederfächelte, erquickte ihre Brust; sie hörte aus dem Dickicht der kleinen Insel ein paar Finken im Wechsel wie um die Wette schlagen, und von der versteckten Höhe des Schlößchens klangen die zur Harmonie sich versuchenden Instrumente.
Die Gräfin erhob sich und nahm den Fußsteig, der vom kleinen See sich an dem Höhenzuge sanft emporwindet, dem entlang schattige Baumreihen und über grasige Böschungen absinkende Pfade laufen, da und dort mit Ruhebänken besetzt. Mit tiefern Athemzügen erreichte sie, unter den Bäumen hervortretend, den freien Platz vor dem kleinen Schlosse.
Dies stellt sich höchst einfach dar: früher Privatbesitz einer adeligen Familie, von der es Jerôme erworben hatte. Zwei gleichförmige Landhäuser sind wie zwei Pavillons durch einen Zwischenbau verbunden, der in etwas größerm Stil einen schwebenden Salon trägt und hierunter die Anfahrtshalle bildet. Seitwärts halten sich, hinter Bäumen versteckt, die Oekonomiegebäude mit Stallung und Wagenschuppen; wie sich denn auch die Gemüse- und Obstgärten durch eine Hecke vom kleinen Park scheiden und den südlichen Abhang der Höhe suchen. Buschwerk mit traulichen Verstecksitzen umgeben den freien, mit Blumenscherben und Gewächskübeln geschmückten Platz. Und wie man aus dieser Abgeschlossenheit hinaus an die offenen Rasenplätze mit auslaufenden Sandwegen tritt, findet man sich auf dieser Hochebene von einer doppelt reizenden Fernsicht, hier aufwärts, dort nach der Tiefe, überrascht. Links erhebt sich nämlich das Auge nach dem Zuge des Habichtwaldes mit dem grauen, erhabenen Schloß unter dem Hercules; rechts hinab, jenseit der waldigen Au des Fuldathales, erstreckt sich die anmuthige Landschaft nach dem sanften Zuge der Söhre und dem nördlichen Laufe des Reinhardswaldes hin. Cassel selbst, so nahe es ist, versteckt sich hinter der baum- und gartenreichen Erhöhung des sogenannten Weinberges.
Hier unter diesen Ausblicken saß und wandelte die kleine Gesellschaft der Geladenen, des königlichen Paares gewärtig, dem man nach dem nahen Dorfe Wehlheiden an der Chaussée zur Napoleonshöhe entgegensah.
Eben stieg auch, den Fahrweg von der Stadt heraufkommend, der Graf Boochls mit seiner Gemahlin aus dem Wagen und begrüßten die Oberhofmeisterin.
Die Gräfin Franziska war eine nicht weniger imponirende als reizende Frau, die in ihrem Lebenssommer noch alle Reize der Jugend besaß, – ein vielsagendes Auge, schöngelocktes Haar, dunkel bei glänzend weißer Haut, Anstand in der Bewegung, Anmuth im Reden. Und bei der Fülle, die sie bieten konnte, fehlte ihr nicht das Bedürfniß der Hingebung, sodaß sie auch jüngern Männern gefährlich werden mochte. Sie trat heut ungemein heiter auf und schien sich in den interessanten Umständen zu gefallen, die freilich jetzt noch mehr nach einer spannenden Vermuthung als nach einer unverkennbaren Hoffnung aussahen.
Ich bin erst gestern Mittag zurückgekommen, sagte sie zur Oberhofmeisterin, und habe gleich auf meine Anmeldung bei der Königin die gnädige Einladung hierher erhalten.
Beide traten hinaus und empfingen die Begrüßung der Nächsten. Die entfernter Wandelnden eilten aber schon herbei, und wiesen unter Verneigungen und flüchtiger Begrüßung nach der Chaussee hinüber, wo man aus dem aufwogenden Staube den Wagen des Königs erkennen wollte. Alles zog sich nach dem innern Platze zurück, sich zum Empfang des königlichen Paares aufzustellen. Nicht lange, so fuhren beide Majestäten an, stiegen aus, und der Empfang der Anwesenden begann mit den beiden Gräfinnen, der krank- und der verreistgewesenen.
Die Königin erschien zur allgemeinen Ueberraschung zum ersten mal in dem neuen Frauenorden, den der König gestiftet und in den kostbaren, in Paris gefertigten Insignien eben von dort erhalten hatte. Zwei überkreuzte Schwerter, mit Diamanten besetzt, bildeten die Grundform des Schmuckes. Der Orden war ausschließend für Damen bestimmt, die der König nach eigenem Wohlgefallen auszeichnen wollte. Die erste Verleihung aber hatte die Königin für ihre Großhofmeisterin gewünscht, und Jerôme, indem er sich gegen seine Gemahlin galant erwies, folgte dabei doch seiner eigenen Neigung, die eben der Gräfin, ganz im Sinn seiner Stiftung, zugewendet war. Er überreichte der Königin die Kapsel, worin der Schmuck in veilchenblauem Sammet lag, und Katharina befestigte ihn selbst an der Brust der Gräfin, die sich dazu tief und anmuthig neigte.
Nur der Gräfin Boochls konnte man dabei eine empfindliche Miene ansehen. Jerôme, dem es nicht entging, näherte sich ihr nach der Ceremonie des Empfangs, und die Anwesenden wendeten sich sogleich mehr der Königin zu. Denn, es war am Hofe eingeführt, daß die Umstehenden, sobald der König mit einer Dame anknüpfte, sich aus dem Bereich des Hörens zurückzogen. So fand eine flüchtige, aber sehr vertrauliche Wechselrede zwischen Beiden statt, von der schlauen Gräfin mit Mienen und Geberden der Ehrerbietung begleitet, die mehr für die Anwesenden galten, als daß sie zum Inhalt des leisen Gesprächs gepaßt hätten. Es waren zärtliche Vorwürfe Jerôme's über der Gräfin langes Ausbleiben, worauf diese erwiderte, daß es sie unaussprechlich glücklich mache, wenn seine Gunst und Freundschaft diese Unterbrechung überdauert habe.
Es galt mir aber nicht blos um solche Probe, Sire, sagte sie, sondern ich war auch diese Reise meinen Verwandten und – meiner Hoffnung schuldig.
Ha! Es ist also an Dem, was man sich zuflüstert, meine liebe Franziska?
Es ist, Sire, – – Jerôme!
Ein junger Graf, – hoffentlich?
Sire, können Sie zweifeln, daß es – ein Prinz sei?
Ha, mein Gott, Franziska? – – Aber, ich darf nicht vergessen, wo wir sind. Ich muß Ihnen aber morgen – – Ecoutez! Fahren Sie morgen Nachmittag heraus, Sie kennen ja unsere Stunde, – ich muß Ihnen sagen, wie glücklich Sie mich machen. Ich habe auch einen kleinen Schmuck erhalten, den Sie zum Andenken an diese Stunde tragen sollen. Empfangen Sie ihn morgen! Ich erwarte Sie, Franziska! Sie finden mich allein.
Sie verneigte sich mit einem zusagenden Niederschlag ihrer langen Augenwimpern.
Jerôme eilte nun zu seiner Gemahlin, ihr die neue Einrichtung des Schlößchens zu zeigen. Die Oberhofmeisterin blieb zurück, und nahm ihren Freund Bülow bei Seite. Indem Beide ins Freie hinauswandelten, wo man den weitesten Umblick hatte, sagte sie:
Es ischt und bleibt doch ein anmuthiger Aufenthalt!
Ich habe drunten am kleinen See gesessen und geträumt und ich kann Ihnen nicht sagen, lieber Freund, wie wol mir geworden.
Ja, erwiderte er, man wird nicht leicht wieder jene tiefe Einsamkeit des kleinen Sees mit der hohen und doch nicht weniger stillen Fernsicht von hier oben so dicht beisammenfinden – drunten zur Einkehr, hier zum Ausblick für eine beschauliche Seele. Mein Familiengut Essenrode bei Braunschweig ist mir schon manchmal eine heilende Zuflucht gewesen, und wenn ich mich je in eine Verbannung finden müßte, möchte es dort sein. Doch erinnere ich mich keines Platzes aus irgend einer Gegend, der mich in seiner wirklichen Lage und Einrichtung so lebhaft mit dem Wunsche nach einem ländlichen Besitz angesprochen hätte, wie dieses allerliebstes Schlößchen mit seiner kleinen Park. Doch Einrichtung will ich gerade nicht sagen, wenigstens wie das Innere jetzt ist. Viele werden es anstaunen: mir ist es zuwider durch die Ueppigkeit des Geschmacks. Es ist das Schlößchen eines arabischen Emir mit Divan, Teppichen, Gemälden, Blumenvasen und Gestellen, Spiegeln und Vorhängen. Diese – muß ich wol sagen – wohllüstige Einrichtung hat Hintergedanken oder Vorbestimmungen, die wenig mit den seligen Empfindungen der Naturlage in Harmonie stehen. Hier wäre mir es ein Aufenthalt für Dichter und Denker, eine Zuflucht mehr für einen Staatsmann, als für einen König. Welche Stille unter diesen Baumgruppen; um zu erfinden und des Erfundenen froh zu werden! Welche Anregung, etwas zu erforschen, und das Erforschte einer theilnehmenden Seele auszusprechen! Und von der Gesellschaft, die sich in so leicht erreichbarer Ferne hält, von der Residenz, die so nahe gelegen, sich doch für hier versteckt, hätte man nur den reinsten Duft ihrer Freuden für die Stunden, da man die Menschen selbst nicht brauchen könnte.
Brauchen! Da haben Sie Recht, mein Freund! rief die Gräfin aus. Das ischt ja die gesellschaftliche Widerwärtigkeit, daß man so oft Derjenigen nicht los wird, die man nicht brauchen kann, und Jener nicht habhaft werden kann, nach denen man sich sehnt. Sie bringen mich zugleich auf ein gutes Apropos. Ich hätte – ein Anliegen, lieber Baron, an die Freundschaft oder an die Excellenz. Vielleicht finden wir nach der Tafel ein Viertelstündchen dafür. Es gilt einen jungen Mann, den Sie vielleicht doch brauchen könnten, – einen Deutschen, versteht sich, – einen Preußen sogar. Es ischt eine interessante Geschichte; wenn ich in meiner sentimentalen Stimmung bleibe, erzähle ich Ihnen etwas davon.
Bülow verneigte sich, und sagte mit einem schalkhaften Blick auf den neuen Frauenorden:
Wenn diese gekreuzten Schwerter Herzensgeheimnisse durchlassen, meine Gnädigste –!
Nun, Herzensgeheimnisse gerade nicht, entgegnete sie. Aber mit der Dekoration da haben Sie Recht: es ischt ein wunderliches Sinnbild für Frauen! Zwei gekreuzte Schwerter! Von dem Orden wurde schon früher geflüstert, aber –!
Sie schwieg mit bedenklichen Kopfschütteln, und Bülow scherzte: Ich kann mir das Zeichen nur auf den Kampf der Liebe deuten, – als Versöhnung, Friedensstiftung, – Uebereinkunft! Man hat des étoffes croisées, geköperte Stoffe! Auch die Liebe ist ja oft ein solcher Stoff. Für Sie, meine verehrte Freundin, ist der Orden, von der Königin verliehen, eine Auszeichnung; für die Hofdamen – wird er eine Verlockung werden. Der König verleiht ihn – für Damenverdienste. Es gilt einen Frauenorden der – Hieronymitinnen. Sie wissen ja, die katholische Welt hat einen Männerorden der Hieronymiten, der sogenannten Einsiedler des heiligen Hieronymus; diese tragen ein schwarzes Scapulier auf weißem Klostergewand. Schwarz auf Weiß ist auch in der Liebe die beste Versicherung! Dies neueingerichtete Schlößchen gibt vielleicht die Einsiedelei für unsere Nonnen von den gekreuzten Schwertern. Wie? Ich bin begierig, wer Priorin werden wird!
Sie sind ein Schalk! versetzte die Gräfin, und lenkte nach dem Schlößchen zurück.
Wissen Sie schon, daß wir auch einen neuen Männerorden haben werden? bemerkte Bülow. Ja, einen Orden der westfälischen Krone. Er wird ebenfalls in Paris gefertigt werden, nachdem ihn der Kaiser gesehen hat.
Eben kam das königliche Paar wieder zurück aus dem Schlößchen, von Herren und Damen geleitet. Die Königin sprach sich sehr befriedigt über die neue Einrichtung aus, während Jerôme dem Hofmarschall einen Wink zur Tafel gab, und der Chevalier d'honneur sich der Königin nahte, sie zu führen.
Die Tafel war unter einem Laubgange gedeckt. Als die Königin sich niederließ, hob aus dem etwas entfernten Gebüsche ein Adagio der Kapelle an, von Blangini dirigirt, und Katharina lächelte freundliche Anerkennung ihrem galanten Gemahl zu.