Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Die Taufe des kleinen Cherubins fand einige Tage nach seiner Geburt Statt, dann wurden abermals Festlichkeiten im Hause gehalten.
Der Marquis war freigebig und großmüthig; die gewöhnliche Tugend der Roués; er theilte Geld im Ueberflusse aus und beauftragte Jasmin, den Keller preiszugeben; der Kammerdiener, dessen purpurne Nase seine Lieblingsleidenschaft verrieth, versprach, des Herrn Befehle pünktlich zu erfüllen.
Eine elegante, ausgewählte Gesellschaft hatte sich beim Tauffeste des kleinen Cherubin versammelt; die Säle des Hauses strahlten von Kerzenschimmer; man schwatzte, man spielte, dann ging man auch (aber nur Paarweise, nach der strengen Verordnung des Arztes) zur Wöchnerin und bewunderte ihren Kleinen.
Der Knabe, der so dick, so frisch, so rosig zur Welt gekommen war, fing an abzumagern, schwach und gelb zu werden; man war noch über sein hübsches Angesicht entzückt, aber nicht mehr über den Stand seiner Gesundheit.
Indessen war der Sohn des Marquis der Gegenstand beständiger Sorgfalt für seine Mutter, welche die lebhafteste Zärtlichkeit für ihn an den Tag legte, ihn an ihre Seite bettete und keinen Augenblick aus den Augen verlieren wollte.
Alles das ist sehr gut; aber man zieht die Kinder nicht bloß mit Zärtlichkeit, Liebkosungen, Küssen und süßen Worten auf: die Natur verlangt eine gehaltvollere Nahrung; diejenige jedoch, welche die Frau Marquisin ihrem Erstgeborenen bot, war augenscheinlich nicht von guter Beschaffenheit und zeigte sich statt in reichlichem, nur in sehr geringem Maße. Kurz – war nun, was leicht anzunehmen ist, die Brodsuppendiät der Gesundheit der Frau von Grandvilain entgegen, oder sonst irgend eine verborgene oder erweisbare Ursache; Thatsache ist, daß die Mutter des kleinen Cherubins ihrem Sohne, der mit einem äußerst guten Appetit zur Welt gekommen war, nur sehr wenig schlechte Milch anzubieten hatte.
Jean Jacques Rousseau hat behauptet, eine Mutter müsse ihr Kind säugen, und es sei ein Verbrechen, diese armen Kleinen in die Hände gemietheter Leute zu geben, welche ihnen die mütterliche Zärtlichkeit nicht ersetzen könnten und nur ein Gewerbe aus ihrem Körper machten; und um diesen Satz zu unterstützen, erwähnt er der Thiere, welche ihre Jungen selbst säugen und niemals von andern diesen Dienst verlangen.
Vor allen Dingen könnte man Jean Jacques entgegnen, daß die Thiere ein geregeltes Leben führen ... geregelt, insofern es ihrer Natur und ihren physischen Kräften entspricht. Habt ihr je gehört, daß die Löwinnen, Bärinnen und Katzen ihre Nächte auf Bällen zubringen, Abendgesellschaften geben und öfters außer dem Hause zu Mittag speisen? Ich denke, nein; ich auch nicht.
Man wird uns also gestatten, einen Unterschied zwischen den Thieren und den Menschen aufzustellen, und trotz der tiefen Hochachtung, die wir für den Genfer Philosophen empfinden, halten wir ihm doch entgegen, daß es in unserer Welt Lagen, Zustände und Beschäftigungen gibt, die einer Frau nicht gestatten, diese Mutterpflicht, der sich, nach seiner Forderung, alle unterwerfen sollen, zu erfüllen. Wenn eine Frau, um ihr Leben zu fristen, den ganzen Tag in einem Comptoir sitzen oder fortwährend mit der Nadel arbeiten muß, wie wäre es da möglich, daß sie jeden Augenblick ihr Kind in die Arme nehmen könnte? Einen doppelten Grund hat sie, es nicht zu thun, wenn ihre Gesundheit schwach und wankend ist.
Die Säugammen verkaufen ihre Milch, sagt er, und hegen niemals die mütterliche Zärtlichkeit für ein Kind.
Erstens ist es nicht bewiesen, daß eine Säugamme ihren Säugling nicht zärtlich liebe, es ist sogar im Gegentheil aller Grund zu der Annahme vorhanden, daß sie an das kleine Wesen, dessen Dasein sie erhält, anhänglich wird, und wenn es zuletzt auch nur ein Gewerbe wäre, die Wirkung ist doch die gleiche; ... fühlt der Bäcker Zärtlichkeit für die Personen, die ihm sein Brod abkaufen? ... und verhindert uns das, von diesem Brode zu leben?
Philosophen, geniale Männer, große Männer sogar, sprechen manchmal sehr unrichtige Behauptungen aus und irren sich so gut, wie andere Menschen.
Aber es gibt Leute, die Alles, was aus der Feder eines Mannes kommt, der erhabene Dinge geschrieben hat, für sehr schöne Gedanken halten! ... diese Leute sind sehr gutmüthig. Ihr werdet selten Gold ohne Zusatz finden! und wäre der Mensch im Stande, zu leisten, was die Natur nicht vermag? Es gibt auch Leute, die, wenn sie auf einem Kirchhofe spazieren gehen, an die Wahrhaftigkeit all' der auf die Grabmäler geschriebenen Inschriften glauben, nach welchen die dort begrabenen Personen Muster von Tugend, Güte und Rechtschaffenheit u. s. w. u. s. w. gewesen wären. Ich achte die Todten unendlich; aber ich sehe keine Notwendigkeit ein, die Lebenden täuschen zu wollen. Die, welche nicht mehr sind, waren nicht besser als wir, und wir sind nicht besser als die, welche nach uns sein werden.
Wir haben berichtet, daß der kleine Cherubin nicht mehr so schön war, wie ein Engel, obgleich er den Namen eines solchen hatte; dies verhinderte aber Niemand, der die Wöchnerin besuchte, ihr Artigkeiten über ihr Püppchen zu sagen. Die gute Amenais nahm mit holdem Lächeln all die Schmeicheleien auf, die man ihrem Söhnlein zuwendete. Unterdessen dehnte sich der Marquis in einem Lehnstuhl, strich sich die Wade, schüttelte das Haupt und betrachtete die Damen mit einer Miene, die beinahe sagen wollte: »Wenn ihr auch so Etwas wünscht, so wendet euch nur an mich!«
Zu seinem Glücke hatte keine der Damen Lust, ihn auf die Probe zu stellen.
Gegen zehn Uhr Abends, eben als der Doktor der Frau Marquisin verordnete, keine Besuche mehr bei sich zu empfangen, sondern sich der Ruhe hinzugeben, ertönte ein plötzlicher Lärm vom Hofe her, eine lebhafte Helle erleuchtete die Gemächer, und etwas gleich dem Blitze Strahlendes streifte an den Fenstern vorbei.
Jasmin war der Gedanke gekommen, zum Tauffeste des Sohnes seiner Herrschaft, und um dem Marquis und seiner ganzen Gesellschaft eine angenehme Ueberraschung zu bereiten, ein Kunstfeuerwerk im Hofe des Hauses abzubrennen; er hatte so eben einen Böller losschießen, dann eine Rakete aufsteigen lassen, um die Versammlung an die Fenster zu locken.
Das Krachen des Böllers hatte in der That eine außerordentliche Bewegung im Hause hervorgebracht; man vermeinte, eine Kanone gehört zu haben: die Wöchnerin fuhr von ihrem Bette, das Kind von seiner Wiege, der Marquis von seinem Lehnstuhl und die ganze Gesellschaft, von wo sie irgend war, in die Höhe. Jedermann betrachtete sich mit erschreckter Miene und schrie:
»Was gibt es?« ... – »Welcher Lärm? ...«
»– Kanonendonner!« ... – »Man schlägt sich in Paris! ...« – »Man schlägt sich? ...«
»– Ach! mein Gott! ist der Usurpator zurückgekehrt?«
Erinnert euch, daß man damals im Jahre achtzehnhundert und neunzehn war, und Napoleon in den Hôtels des Faubourg Sainte-Germain gewöhnlich mit dem Namen Usurpator bezeichnet wurde.
Es herrschte ein Augenblick der größten Verwirrung im Saale; einige Männer wollten zu den Waffen greifen, andere suchten nur ihre Hüte, die Frauen eilten in die Nähe der Männer, oder trafen Anstalt ohnmächtig zu werden, und einige von ihnen sprachen leise in den Ecken mit jungen Männern, auf die sie bisher kaum zu achten geschienen hatten.
Es gibt Leute, die jede Gelegenheit benützen und aus allen Umständen Vortheil ziehen; solches sind gewiß die bestorganisirten Menschen.
Inmitten dieses Tumultes erschallte eine durchdringende Stimme vom Hofe herauf.
»Zu Ehren des Tauffestes,« rief man, »und um die Geburt des Sohnes unseres würdigen Gebieters, des Herrn Marquis von Grandvilain, und der Frau Marquisin, seiner Gemahlin, zu feiern, lassen wir hiemit ein Kunstfeuerwerk los.«
Kaum hatte man den Schluß dieser Worte gehört, als eine merkliche Veränderung mit allen Gesichtern (ausgenommen mit denen der Personen, die in den Ecken mit einander sprachen) vorging. Die Männer fingen laut zu lachen an, die Damen warfen die eiligst ergriffenen Shawls und Hüte wieder bei Seite, rannten sodann vor die Spiegel, um sich zu betrachten; denn die Eitelkeit ist das erste Gefühl, welches sich bei den Damen wieder regt, wenn alle andern noch erstarrt sind; hierauf begab sich Alles zu den Fenstern und man sagte:
»Ein Feuerwerk! ... ein Feuerwerk! ... O! das ist eine herrliche Ueberraschung!«
»Ja,« sprach der alte Marquis von Grandvilain, der mehr erschrocken war, als alle Uebrigen, »ja ... das ist ein hübscher Gedanke von diesem Teufels-Jasmin ... Nur hätte er mich vorher in Kenntniß sehen sollen, daß er mich überraschen wolle; dann hätte ich es erwartet und wäre weniger ... erstaunt gewesen.«
Die Gesellschaft hat sich an den Fenstern aufgestellt, die Damen vorne, die Herren hinter ihnen; diese sind jedoch genöthigt, sich ein wenig vorzubeugen, um zusehen zu können; aber Alle scheinen höchst zufrieden, und Niemand würde seinen Platz gegen einen andern vertauschen.
Der Marquis sitzt allein in seinem Lehnstuhl an einem Fenster im Zimmer seiner Gemahlin, zu der er sagt:
»Liebe Freundin, Du kannst die Stücke, die unten losgebrannt werden, nicht sehen, ich werde sie Dir aber erklären, und was die Raketen und Schwärmer betrifft, so kannst Du sie vom Bette aus prächtig sehen.«
»Wenn das aber den Cherubin erschrecken würde!« sagte die Marquisin, die Wiege hinter ihr Bett rückend.
»– Fürchten Sie nichts, Marquisin, mein Sohn wird mir nachschlagen, und den Lärm und den Pulverdampf lieben! ...«
Jasmin, der den Befehlen seines Herrn Folge geleistet, den Keller aufgeschlossen und sich und seine Kameraden gehörig erheitert hatte, schien in sein zwanzigstes Jahr zurück versetzt zu sein, und spazierte, wie ein General unter seinen Soldaten, inmitten der Feuerwerksstücke herum.
In der hintersten Ecke des Hofes befanden sich die Böller; dies war das grobe Geschütz; bis zum Augenblick der Raketengarbe sollten keine mehr losgeschossen werden, da aber etwaige Feuerreste, wenn sie dorthin fielen, in das Innere derselben dringen und sie vor dem gewünschten Augenblick entzünden könnten, so hatte der Koch des Hauses, ein vorsichtiger Mann, der Jasmin als Unterfeuerwerker beistand, Kastroldeckel, eine Bratkachel, eine Schmalzpfanne und dgl. aus seiner Küche geholt und auf die Böller gedeckt, welche bekanntlich die Form von Ofenröhren haben, jedoch nach der Masse des darin enthaltenen Pulvers von verschiedener Größe sind; in Folge dessen wurde die Bratkachel auf den größten Böller, die Schmalzpfanne auf Numero kleiner und die Kastroldeckel auf die kleinsten gelegt; diese Vorsichtsmaßregel sollte verhüten, daß Funken oder brennende Raketenstücke in die Böller hineinfielen.
Jasmin schweifte mit den Blicken an den Fenstern vorüber und wartete, bis die ganze Gesellschaft ihren Platz eingenommen hatte.
Der Koch, dem der Wein des Marquis in den Kopf gestiegen war, harrte nicht weniger ungeduldig, als der alte Kammerdiener, eine brennende Lunte in der einen Hand, mit der andern seine baumwollene Mütze hinters Ohr streifend, neben den Feuerwerksstücken.
Unterdessen tanzten die dicke Turlurette und zwei andere Dienstboten rund um ein Transparent herum, das den Mond darstellte, und wie Jasmin versicherte, das Ebenbild des kleinen Cherubin war.
»Sie sind da! Alles ist am Fenster ... wir können nun das Feuerwerk loslassen!« rief Jasmin, nachdem er noch einmal einen Blick auf die Fenster geworfen hatte.
»Ja, ja, fangt an,« sagte Turlurette, »o! wie schön das sein wird ...«
»Fort mit den Frauenzimmern!« rief der Koch mit entschiedenem Tone, »ihr würdet uns nur zu Dummheiten verleiten; gehen Sie ins zweite Stockwerk hinauf, Mamsells! ...«
»Ei! man hat mir versprochen, mich wenigstens einen kleinen Frosch losbrennen zu lassen! ... nicht wahr, Herr Jasmin?«
»Ja! ja!« schrie Jasmin ... »heute muß sich Alles amüsiren! es gilt unserem jungen Herrn! ... Turlurette darf eine kleine Rakete loslassen ... das ist nicht der Mühe werth ... aber erst nachher, später! ... Achtung! Koch ... an die Stücke! ...«
Das Feuerwerk begann mit einigen Brillantschwärmern, bengalischen Feuern und Raketen; die Gesellschaft schaute zu, und wenn sich ein Feuerwerkstück gegen die Fenster zu richten schien, so zogen sich die Damen zurück, schrieen vor Entsetzen und lachten dann wieder laut auf; die Herren sprachen den Damen Muth ein, indem sie diese bei den Händen faßten und solche zärtlich in den ihrigen drückten; ich bin nicht überzeugt, daß sie sonst nichts anfaßten; allein die Damen ließen sich beruhigen, man nahm seinen Platz wieder ein, man klatschte Beifall, man war sehr vergnügt, und der alte Marquis sagte von seinem Fenster aus zu seiner Gemahlin:
»Meine theure Freundin, das ist prächtig! ... bewundernswürdig! ... blendend! ... ich bedaure sehr, daß Du so entfernt davon bist!«
»– Aber, mein Freund, wenn es das Haus in Brand steckte!..«
»– Fürchte nichts ... Jasmin ist vorsichtig! er wird den Pompierposten, der nahe bei unserem Hause ist, von seinem Vorhaben in Kenntniß gesetzt haben; überdies ist der Hof sehr groß ... es ist keine Gefahr vorhanden.«
Die zärtliche Amenais war nicht sehr beruhigt; es wäre ihr lieber gewesen, wenn man zum Tauffeste ihres jungen Söhnchens kein Feuerwerk abgebrannt hätte; allein Alles schien erfreut, und sie wagte es nicht, die Gesellschaft des Vergnügens an diesem Schauspiel zu berauben.
Bald ertönten Beifallsbezeugungen von allen Seiten: Jasmin rief, während er das Transparent mit dem Monde anzündete, aus:
»Bildniß unseres Kindes, des kleinen Cherubin von Grandvilain.«
Alsdann hatte Jedermann treuherzig applaudirt, obgleich man vergebens die Augen aufriß, um in dem auf den Transparent gemalten Mond ein menschliches Gesicht zu entdecken: man schrieb dies jedoch dem Rauche zu, und mehrere Personen scheuten sich nicht, auszurufen:
»Er ist getroffen! ... auf Ehrenwort! man erkennt ihn! Das ist ein prächtiger Gedanke; nur bei dem Herrn Marquis von Grandvilain sind solche Dinge zu sehen!«
Während die Gesellschaft das Transparent bewunderte, hatte sich Mamsell Turlurette, die fortwährend von der Manie, etwas loszulassen, geplagt wurde, Jasmin genähert, und sagte zu ihm:
»Geben Sie mir Ihre Lunte ... jetzt ist's an mir ... was soll ich anbrennen?«
»Hier, Mamsell Turlurette, zünden Sie diese Sonne an; fürchten Sie sich aber nicht?«
»– Ich! mich fürchten! o! nein ... zeigen Sie mir nur, was ich anzünden soll ...«
»– Nehmen Sie! hier ist die Lunte.«
Die dicke Turlurette ergriff die ihr von Jasmin dargebotene Lunte und nahte sich der Sonne; trotz des Muthes, den sie an den Tag legen wollte, ward das dicke Weibsbild doch von einer ziemlich starken Bewegung ergriffen: – denn sie hatte in ihrem Leben noch kein Kunstfeuerwerk angezündet; als sie an dem bezeichneten Orte angebrannt hatte, als sie das Feuer zischen und plötzlich neben sich loskrachen hörte, ergriff sie ein panischer Schrecken; sie glaubte sich von den Sonnenstrahlen in Brand gesteckt, und flüchtete sich auf die entgegengesetzte Seite des Hofes, indem sie mit einer Hand den Rock in die Höhe hob, als ob sie sich einen Gürtel daraus machen wollte, und in der andern immer noch die brennende Lunte hielt, die sie nun ohne Acht zu geben an den ersten besten Ort warf.
Die Sonne hatte Bewunderung erregt, sie hatte sich gedreht wie ein Reif; die ganze Gesellschaft applaudirte an den Fenstern; Einige sagten:
»Es ist so schön, wie im Tivoli.«
Ein Anderer rief aus:
»Es ist beinahe so schön, als wenn man bei mir, an meinem Namenstage, auf meinem Gut, in meinem Park, ein Feuerwerk losläßt!«
Auch der alte Marquis beugte einen Theil seines Körpers zum Fenster hinaus und rief:
»Brav! meine Kinder! ... ich bin höchst zufrieden! ihr dürft nach dem Feuerwerk noch einmal schmausen.«
Aber kaum hatte Herr von Grandvilain diese Worte beendigt, als sich ein fürchterlicher Knall hören ließ, welcher das Haus bis in seine Grundfesten erschütterte; die großen und kleinen Böller waren alle mit einem Male losgegangen, weil die dicke Turlurette in ihrem Schrecken die Lunte mitten unter das große, zum Schluß bestimmte Hauptfeuerwerk hineingeworfen hatte.
Wenn nur die Böller losgegangen wären, so wäre man mit dem zu frühe gehörten erst für den Schluß des Festes bestimmten Lärm davongekommen; so aber waren sie, als das Feuer sich ihnen mittheilte, unglücklicherweise noch mit den verschiedenen Küchenwerkzeugen bedeckt, die der Haushofmeister aus Vorsicht darauf gelegt hatte; und in demselben Augenblicke, als das plötzliche Krachen Jedermann, selbst diejenigen, welche das Feuerwerk losließen, überraschte, wurden Bratpfanne, Schmalzpfanne und Kastroldeckel mit entsetzlicher Gewalt in die Lüfte geschleudert.
Dem Herrn von Grandvilain, der eben seinen Leuten seinen Dank ausgesprochen hatte, riß die Bratpfanne, die bis ins Zimmer drang und gerade vor dem Bette der Wöchnerin niederfiel; ein Ohr weg. Mehrere Personen der Gesellschaft hatten das Unglück, von Kastroldeckeln getroffen zu werden: einem hübschen Frauenzimmer wurden vier Zähne eingeschlagen, einem schönen jungen Manne, der sich über sie her beugte, die Nase mitten entzwei gespalten, wodurch er später einem Kalmuken ähnlich sah; kurz, von allen Seiten ertönte Geschrei, Klagen, Verwünschungen, und diejenigen, welche keinen Schaden gelitten hatten, tobten sogar noch ärger als die Andern.
»Das sind die Folgen,« riefen sie, »wenn man der Dienerschaft gestattet, ein Kunstfeuerwerk loszulassen ... der Koch hat sein ganzes Handwerkszeug in die Raketengarbe hineingebracht ... es ist noch ein Glück, daß ihm nicht der Einfall kam, seine Bratöfen mit in die Luft zu sprengen.«
Die Gesellschaft hatte genug. Alles entfernte sich, die Einen, um sich verbinden zu lassen, die Andern, um zu erzählen, was sich bei Herrn von Grandvilain zugetragen hatte.
Inmitten dieses Unglücks traf Jasmin die Schmalzpfanne, welche, nachdem sie zuvor in die Höhe geschleudert worden, auf sein Haupt zurückgefallen war; und das Angesicht des getreuen Kammerdieners, von Brandwunden bedeckt, glich vollkommen einem Schaumlöffel. Dies verhinderte indeß Jasmin nicht, sich mit erbarmungswürdiger Miene seinem Herrn vorzustellen, der eben eifrigst nach seinem Ohre suchte.
»Gnädiger Herr,« flehte der Kammerdiener, »ich bin trostlos ... ich begreife nicht, wie das geschehen konnte ... aber das Feuerwerk ist noch nicht zu Ende ... das Hauptstück fehlt noch ... und wenn Sie wünschen ...«
Der Marquis erhob wüthend seinen Stock über Jasmin und wollte nichts weiter hören, und Frau von Grandvilain richtete sich zur Hälfte in ihrem Bette auf, indem sie mit imponirender Stimme zu dem armen Kammerdiener sprach:
»Im Namen meines Gemahls verbiete ich Euch von nun an, in unserem Hause irgend Etwas loszulassen.«