Heinrich von Kleist
Briefe
Heinrich von Kleist

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1809

143. An Heinrich Joseph von Collin

An den H. von Collin Hochwohlgeb. zu Wien.

Verehrungswürdigster Herr von Collin,

Sie erhalten, in der Anlage, ein neues Drama, betitelt: die Hermannsschlacht, von dem ich wünsche, daß es Ihnen gleichfalls, wie das Käthchen von Heilbronn, ein wenig gefallen möge. Schlagen Sie es gefälligst der K. K. Theaterdirektion zur Aufführung vor. Wenn dieselbe es annehmen sollte, so wünsche ich fast (falls dies noch möglich wäre) daß es früher auf die Bühne käme, als das Käthchen; es ist um nichts besser, und doch scheint es mir seines Erfolges sichrer zu sein.

Ich hoffe, daß Sie den, das Käthchen betreffenden, Brief, in welchem auch die Quittung enthalten war, durch Hr. v. Gentz, der ihn, von Prag aus, dem Hr. Pr[inzen] von Rohan nach Wien mitgegeben hat, empfangen haben werden.

In Erwartung einer gütigen Antwort verharre ich mit der innigsten und lebhaftesten Hochachtung,

Herr von Collin Ihr ergebenster          
Heinrich v. Kleist.

Dresden, den 1. Januar 1809
Pirnsche Vorstadt, Rammsche Gasse Nr. 123

*

144. An Karl Freiherrn von Stein zum Altenstein

Hochwohlgeborner Freiherr,
Hochzuverehrender Herr Finanzminister,

Ich möchte Ihre Hand ergreifen, mein großer und erhabener Freund, und einen langen und heißen Kuß darauf drücken! Denn was soll ich Ihnen, so wie die Verhältnisse stehn, sagen, in dem Tumult freudiger Empfindungen, durch den Inhalt der letzten Berliner Zeitungsblätter erregt? Möchte jedes Herz nur, wie das meinige, Ihnen zufliegen, das Vaterland müßte, wie jener Sohn der Erde, von seinem Fall erstehn: mächtiger, blühender, glücklicher und herrlicher, als jemals!

Ew. Exzellenz Ankunft in Berlin erwarte ich bloß (denn darauf dürfen wir doch hoffen?), um Denenselben die Abschrift einer Hermannsschlacht zuzustellen, die ich eben jetzt nach Wien geschickt habe. Schon aus dem Titel sehen Sie, daß dies Drama auf keinem so entfernten Standpunkt gedichtet ist, als ein früheres, das jetzt daselbst auf die Bühne kommt. Und wenn der Tag uns nur völlig erscheint, von welchem Sie uns die Morgenröte heraufführen, so will ich lauter Werke schreiben, die in die Mitte der Zeit hineinfallen.

Ich kann diesen Augenblick, in welchem Ew. Exzellenz gewiß, mehr als jemals, bemüht sind, alle Kräfte um sich zu versammeln, nicht vorübergehen lassen, ohne Sie auf einen Freund, den Herzogl. Weimarisch. Hofr. Adam Müller (einen Preußen von Geburt) aufmerksam zu machen. Ew. Exzellenz wird vielleicht schon, aus öffentlichen Blättern, bekannt sein, daß dieser außerordentliche Geist, im Laufe dieses Winters, vor einer geschlossenen Gesellschaft, einen Kursus politisch-ökonomischer Vorlesungen angefangen hat; es ist fast das ganze diplomatische Korps (mit Ausnahme des Hr. v. Bourgoing), das sich, zweimal in der Woche, in der Wohnung des Pr[inzen] Bernh. v. Weimar, mit einem in der Tat seltenen Beifall, um ihn versammelt. Ich nehme mir die Freiheit, Ew. Exzellenz die zehnte Vorlesung, die ich ihm halb im Scherz, halb im Ernst, entrissen habe, als eine Probe, auf eine wie weltumfassende Art er seinen Gegenstand behandelt, mitzuteilen. Da ihn das Leben eigentlich mehr, als das Studium, innerhalb der Grenzen der Bücher, erzogen hat, und sein Gemüt, wie gewiß jeder anerkennen wird, von einer großen praktischen Fähigkeit ist, so wüßte ich nicht, wie ich das unauslöschliche Bestreben, dem Vaterlande, auch außer dem Dichterkreise, der mir verzeichnet ist, noch nützlich zu sein, besser betätigen könnte, als dadurch, daß ich Ew. Exzellenz diesen Mann zu empfehlen wage. Seine Lage ist zwar hier, als öffentlicher sowohl, als auch als Lehrer des Pr. Bernhard von Weimar, so, daß ich nicht weiß, wie die Bedingungen beschaffen sein müßten, die ihn reizten: der Herzog v. Weimar will ihn, nach vollendeter Erziehung seines Sohnes, in seine Dienste nehmen; doch der große, innige und begeisterte Anteil, den er an die Wiedergeburt des Vaterlandes nimmt, und die gänzliche Versenkung seines Geistes in die Zeitungsblätter, die davon handeln, verstatten keinen Zweifel, daß er nicht, selbst auch mit Hintansetzung pekuniärer Vorteile, einem Rufe folgen sollte, wenn nur sonst der Wirkungskreis, in welchen er dadurch versetzt würde, seinen Kräften angemessen wäre. Er weiß von diesem Schreiben nichts, obschon er im allgemeinen wohl ahndet, zu welchem Zweck ich jene Vorlesung an mich genommen habe. Wie glücklich wäre ich, wenn in Ew. Exzellenz gütigem Antwortschreiben, auf das ich zu hoffen wage, eine Äußerung enthalten wäre, auf die gestützt ich ihn aufmuntern könnte, sich selbst bei Höchstdenselben um einen Platz in dem Geschäftskreise zu bewerben, in dessen Mitte Sie stehn! – Gänzliche Vergessenheit, mein erhabner Freund, über diese Zeilen, wenn sie etwas Unbescheidnes enthalten!

Ich verharre in der innigsten und tiefsten Verehrung,

Ew. Exzellenz gehorsamster          
H. v. Kleist.

Dresden, den 1. Januar 1809
Pirnsche Vorstadt, Rammsche Gasse Nr. 123

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145. An Heinrich Joseph von Collin

An Herrn Heinrich von Collin, Hochwohlgeboren zu Wien, fr.

Ew. Hochwohlgeboren

habe ich, zu Anfang Dezmbrs. v. Jahres, durch eine Gelegenheit, die Quittung über die bewußten 300 Guld. Banknoten, für das Manuskript: das Käthchen von Heilbronn, und bald darauf die Abschrift eines zweiten Dramas: die Hermannsschlacht, durch eine andere Gelegenheit, ergebenst zugesandt. Da ich nicht das Glück gehabt habe, seitdem mit einer Zuschrift Ew. Hochwohlgeb. beehrt zu werden, so bitte ich Dieselben inständigst, mir, wenn es sein kann, mit nächster Post, gefälligst anzuzeigen, ob diese beiden Adressen richtig in Ihre Hände gekommen sind? Es würde mir, besonders um dieser letzten willen, leid tun, wenn die Überlieferung derselben, durch irgend ein Versehn, vernachlässigt worden wäre, indem dies Stück mehr, als irgend ein anderes, für den Augenblick berechnet war, und ich fast wünschen muß, es ganz und gar wieder zurückzunehmen, wenn die Verhältnisse, wie leicht möglich ist, nicht gestatten sollten, es im Laufe dieser Zeit aufzuführen.

Ich habe die Ehre, mit der vorzüglichsten Hochachtung zu sein,

Ew. Hochwohlgeb. Ergebenster          
Heinrich v. Kleist.

Dresden, den 22. Feb. 1809
Rammsche Gasse, Pirnsche Vorst. Nr. 123

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146. An Georg Moritz Walther

An den H. Buchhändler Walther Wohlgeb. zu Dresden.

Ew. Wohlgeboren

sehe ich mich genötigt, zu melden, daß der Kontrakt, in welchem der Hofr. Müller die Forderung der Phöbus-Redaktion, in Pausch und Bogen, für 136 Rth. an Sie abgetreten hat, gänzlich ohne mein Vorwissen abgeschlossen worden ist.

Ich zweifle nicht, daß Ew. Wohlgeb. dieser Umstand unbekannt war, und daß der Hofr. Müller Ihnen die Versicherung gegeben hat: ich wäre von diesem Schritte unterrichtet.

Inzwischen ist, durch ein so wenig freundschaftliches Verfahren, wozu noch andere Schritte kommen, die nicht hierher gehören, das gute Vernehmen gestört worden, das bisher unter uns obwaltete.

Wenn also Dieselben, wie mir der Hofrat versichert, den Phöbus, für das nächste Jahr, in Verlag nehmen wollen: so trete ich entweder von der Redaktion zurück, oder suche mir einen andern Korredakteur, als den Hofr. Müller.

Indem ich Ew. Wohlgeboren gefällige Erklärung über diese Punkte erwarte, habe ich die Ehre, zu sein,

Ew. Wohlgeboren ergebenster          
Heinrich v. Kleist.

Dresden, den 5. April 1809
Willsche Gasse, Löwenapotheke, 4 Treppen hoch

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147. An Ulrike von Kleist

Meine teuerste Ulrike,

Ich werde mit der Kaiserl. Gesandtschaft, wenn sie von hier abgeht, nach Wien reisen. Nur wünsche ich lebhaft, Dich vorher noch einmal zu sprechen; und doch ist es mir unmöglich, Dresden auf mehrere Tage zu verlassen, eben weil die Gesandtschaft jede Stunde den Befehl zum Aufbruch erhalten kann. Könntest Du mir nicht auf den halben Weg bis – – wie heißt der Ort 4 Meilen von Wormlage und 3 Meilen von Dresden? – entgegenkommen? Wenn Du es möglich machen kannst: so schreibe mir den Tag und den Namen dieses Orts; und verlaß Dich darauf daß ich alsdann mit Dir zugleich dort eintreffe. Auch wünsche ich, zum Behuf dieser Reise, einiges Geld von der kleinen Erbschaft, die ich gemacht habe, voraus zu empfangen. Könntest Du mir nicht, auf irgend eine Art, dazu verhelfen und es mir mitbringen? Wenn es auch nur 50 oder 30 Rth. wären. Schreibe mir ein paar bestimmte Worte, wann und wohin Du kommen willst; und noch einmal verlaß Dich darauf, daß ich alsdann dort bin.

Dein          
Heinrich v. Kleist.

Dresden, den 8. April 1809
Willsche Gasse, Löwenapotheke

N. S. Sieh doch zu, daß wir spätestens Mittwoch oder Donnerstag (allerspätestens) zusammentreffen können. Wir müssen zu Mittag ankommen, den Nachmittag und Abend zusammen bleiben, und die Nacht dort zubringen.

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148. An das Stadtgericht zu Frankfurt a. d. Oder

Daß ich das Testament vom 20. Januar 1790, Testament vom 5. April 1803, Kodizill vom 28. Januar und 7. März 1808 und Publikations-Protokoll vom 18. Januar 1809 gelesen, und gegen die Verfügungen meiner geliebten und verewigten Tante, Fr. Maj. v. Massow, nichts einzuwenden habe, erkläre und bescheinige ich hiermit, mit meiner Namensunterschrift und Petschaft.

Heinrich v. Kleist.

Dresden, den 14. April 1809

*

149. An Heinrich Joseph von Collin

Teuerster Herr von Collin,

Die 300 fl. Banknoten sind in Berlin angekommen. Ich habe sie zwar noch nicht erhalten; doch kann ich Ihnen die Quittung darüber, nebst meinem ergebensten Dank, zustellen.

Ihre mutigen Lieder östr. Wehrmänner haben wir auch hier gelesen. Meine Freude darüber, Ihren Namen auf dem Titel zu sehen (der Verleger hat es nicht gewagt, sich zu nennen), war unbeschreiblich. Ich auch finde, man muß sich mit seinem ganzen Gewicht, so schwer oder leicht es sein mag, in die Waage der Zeit werfen; Sie werden inliegend mein Scherflein dazu finden. Geben Sie die Gedichte, wenn sie Ihnen gefallen, Degen oder wem Sie wollen, in öffentliche Blätter zu rücken, oder auch einzeln (nur nicht zusammenhängend, weil ich eine größere Sammlung herausgeben will) zu drucken; ich wollte, ich hätte eine Stimme von Erz, und könnte sie, vom Harz herab, den Deutschen absingen.

Vorderhand sind wir der Franzosen hier los. Auf die erste Nachricht der Siege, die die Österreicher erfochten, hat Bernadotte sogleich, mit der sächsischen Armee, Dresden verlassen, mit einer Eilfertigkeit, als ob der Feind auf seiner Ferse wäre. Man hat Kanonen und Munitionswagen zertrümmert, die man nicht fortschaffen konnte. Der Marsch, den das Korps genommen hat, geht auf Altenburg, um sich mit Davoust zu verbinden; doch wenn die Österreicher einige Fortschritte machen, so ist es abgeschnitten. Der König und die Königin haben laut geweint, da sie in den Wagen stiegen. Überhaupt spricht man sehr zweideutig von dieser Abreise. Es sollen die heftigsten Auftritte zwischen dem König und Bernadotte vorgefallen sein, und der König nur, auf die ungeheuersten Drohungen, Dresden verlassen haben. Jetzt ist alles darauf gespannt, was geschehen wird, wenn die Armee über die Grenze rücken soll. Der König soll entschlossen sein, dies nicht zu tun; und der Geist der Truppen ist in der Tat so, daß es kaum möglich ist. Ob er alsdann, den Franzosen so nahe, noch frei sein wird? – ist eine andere Frage. – Vielleicht erhalten wir einen Pendant zur Geschichte von Spanien. – Wenn nur die Österreicher erst hier wären!

Doch, wie stehts, mein teuerster Freund, mit der Hermannsschlacht? Sie können leicht denken, wie sehr mir die Aufführung dieses Stücks, das einzig und allein auf diesen Augenblick berechnet war, am Herzen liegt. Schreiben Sie mir bald: es wird gegeben; jede Bedingung ist mir gleichgültig, ich schenke es den Deutschen; machen Sie nur, daß es gegeben wird.

Mit herzlicher Liebe und Hochachtung,

Ihr            
Heinrich v. Kleist.

Dresden, den 20. April 1809
Willsche Gasse, Löwenapotheke

N. S. Das sächsische Korps ist auf Wägen plötzlich nach Plauen und von da, wie es heißt, nach Zwickau aufgebrochen. Was dies bedeuten soll, begreift niemand. – Im Preußischen ist, mit der größten Schnelligkeit, alles auf den Kriegsfuß gesetzt worden. den 23. [April 1809]

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150. An Ulrike von Kleist

Meine teuerste Ulrike,

Ich schreibe Dir nur ganz kurz, um Dir einige flüchtige Nachrichten und Aufträge zu geben. Den 29. April habe ich Dresden verlassen. B[uol], mit dem ich, wie ich Dir sagte, reisen wollte, war schon fort; und auch hier in Töplitz, habe ich ihn nicht mehr angetroffen. Alles stand damals so gut, daß ich in Dresden bleiben zu können glaubte; doch die letzten Begebenheiten haben mich gezwungen, von dort hinwegzugehen. Was ich nun eigentlich in diesem Lande tun werde, das weiß ich noch nicht; die Zeit wird es mir an die Hand geben, und Du es alsdann, hoffe ich, auch erfahren. Für jetzt gehe ich über Prag nach Wien.

Inzwischen habe ich von Dresden nicht weggehen können, ohne einige Schulden daselbst zurückzulassen, die zu Johanni zahlbar sind. Nur die Gewißheit, daß mir die Erbschaft alsdann ausgezahlt werden wird, hat diesen Schritt überhaupt möglich gemacht. Ich beschwöre Dich also, meine teuerste Ulrike, für diesmal noch mit Deiner Forderung zurückzustehen, und mir das Geld, zu Bezahlung jener Schuld zukommen zu lassen. Noch weiß ich nicht, ob ich nicht vielleicht in kurzem wieder nach Dresden zurückkehre. Sollte dies nicht geschehen, so bitte ich Gusten, Dir die Zahlung zu machen; und Dich bitte ich, das Geld dem Kaufmann Salomon Ascher, Dresden Große Büttelgasse Nr. 472, gegen Rückgabe der Schuldverschreibungen, zuzustellen. Um den Kaufmann, wegen dieses Umstands, sicher zu stellen, hast Du wohl die Gefälligkeit, ihm, mit wenig Worten, kurz, unter der besagten Adresse, zu melden, daß dies zu Johanni geschehen werde. Versäume dies ja nicht, meine teuerste Ulrike, damit keine, mir auf das äußerste empfindliche, Irrungen daraus entstehen. Lebe inzwischen wohl, wir mögen uns wiedersehn oder nicht, Dein Name wird das letzte Wort sein, das über meine Lippen geht, und mein erster Gedanke (wenn es erlaubt ist) von jenseits wieder zu Dir zurückkehren! Adieu, adieu! Grüße alles.

Dein H. v. Kleist.

Töplitz, den 3. Mai 1809

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151. An Friedrich von Pfuel [?]

[von fremder Hand: Reçu le 1. Juin 1809, le lendemain du retour de Kleist.]

Hier, mein teuerster Freund, schicke ich Ihnen, was ich soeben, feucht aus der Presse kommend, aus den Händen des Gen. Grf. Radetzky, erhalten habe. Fast hätte ich es Ihnen durch eine Estafette zugeschickt, um es desto früher an Knesebeck zu spedieren. Nun zweifle ich keinen Augenblick mehr daß der König v. Preußen und mit ihm das ganze Norddeutschland losbricht, und so ein Krieg entsteht, wie er der großen Sache, die es gilt, würdig ist.

Der Gen. Caulaincourt und zwei andre fr. Brigade-Generale sind gefangen.

Leider werden Sie meinen zweiten Brief von vorgestern nicht empfangen haben, weil mir jemand, der aus Znaim kam, sagte, Sie wären von dort abgereist. Der Brief, mit der ganzen Beschreibung dessen, was ich am 22. in Enzersdorf selbst sah, ist nach Prag gegangen, an den Grf. Kollowrat. Schreiben Sie doch Knesebeck, daß er ihn abholen lasse, und erbreche. Manches darin wird ihm interessant sein.

Wir gehen heute, Dahlmann und ich, auf das Schlachtfeld, nach Kakeran und Aspern, um alles zu betrachten, und uns von dem Gang der Begebenheiten zu unterrichten. – Es heißt der Erzh. Carl sei die Nacht vom 23. zum 24. über die Donau gegangen.

Schreiben Sie mir doch einmal nach Langen-Enzersdorf poste restante, wo ich von heut an wahrscheinlich mein Quartier aufschlagen werde. Wie steht es denn mit Ihren Plänen auf Sachsen?

Adieu,

Ihr              
Heinrich v. Kleist.

Stockerau, den 25. Mai 1809

N. S. In dem Briefe, der für Sie nach Prag gegangen ist, liegt ein Brief an Hartmann. Wenn Knesebeck den Brief erbrechen soll, so müssen Sie ihn erinnern, daß er den Brief an Hartmann nicht etwa auf die Post gebe. Der Brief muß durch Eichler gehn. – Die Einlage an Hartmann, die in diesem Briefe liegt, besorgen Sie doch möglichst schnell.

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152. An Friedrich von Schlegel

Teuerster Herr v. Schlegel,

Durch den Obristburggrafen, H. Grf. v. Wallis, ist ein Gesuch, das H. v. Dahlmann und ich, um die Erlaubnis, ein Journal, oder eigentlich ein Wochenblatt unter dem Titel: Germania, herausgeben zu dürfen, bei der Regierung eingereicht hatten, Sr. Exz. dem H. Grf. v. Stadion vorgelegt worden. Was dieses Blatt enthalten soll, können Sie leicht denken; es ist nur ein Gegenstand, über den der Deutsche jetzt zu reden hat. Wir vereinigen uns beide, H. v. Dahlmann und ich, Sie zu bitten, bei dem H. Grafen, durch Ihre gütige Verwendung, das, was etwa nötig sein möchte, zu tun, um die in Rede stehende Erlaubnis, und zwar so geschwind, als es die Umstände verstatten, zu erhalten. Diesem Gesuch fügen wir noch ein anderes bei, das uns fast ebenso wichtig ist: nämlich uns gefälligst mit Beiträgen, oder wenigstens mit einem vorläufig zu beschenken, indem wir durch die Anerbietungen des Buchhändlers ziemlich imstand sein werden, sie so gut, wie ein anderer, zu honorieren. Es versteht sich von selbst, daß wir (falls die Einsendung nicht zu stark wäre) sogleich eines der ersten Blätter damit ausschmücken würden; weniger um Sie zu ehren, was Sie nicht bedürfen, als uns und unser Institut. Überhaupt will ich mit der Eröffnung desselben weiter nichts – (denn ihm persönlich vorzustehen, fühle ich mich nur, in Ermangelung eines Besseren, gewachsen), als unsern Schriftstellern, und besonders den norddeutschen, eine Gelegenheit zu verschaffen, das, was sie dem Volke zu sagen haben, gefahrlos in meine Blätter rücken zu lassen. Wir selber nennen uns nicht; und mithin auch keinen anderen, wenn es nicht ausdrücklich verlangt wird. Indem wir bald einer gütigen Antwort entgegensehen, schließe ich mit der Versicherung meiner innigen Verehrung und Liebe, und bin,

Herr von Schlegel,

Ihr gehorsamster          
Heinrich v. Kleist.

Prag, den 13. Juni 1809
Kleine Seite, Brückengasse Nr. 39

Nachschrift. Das Hauptquartier des östr. Korps, das in Sachsen eingerückt ist, ist am 10. d. in Dippoldiswalde gewesen. Thielmann, der in Dresden kommandiert, hat eine fulminante Prokl. an die Sachsen erlassen. Auch das Braunschweigsche Korps ist in Sachsen, und Nostitz, mit seinem Haufen, in Bayreuth eingefallen. Diese Bewegungen können Schill vielleicht retten. Schill hat sich vor dem fr. Gen. Gratien nach Stralsund zurückgezogen, und Schiffe genommen, um nach Rügen zu gehen. 900 Dänen (was sagen Sie dazu?) haben sich mit dem Gen. Gratien vereinigt.

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153. An Ulrike von Kleist

Noch niemals, meine teuerste Ulrike, bin ich so erschüttert gewesen, wie jetzt. Nicht sowohl über die Zeit – denn das, was eingetreten ist, ließ sich, auf gewisse Weise, vorhersehen; als darüber, daß ich bestimmt war, es zu überleben. Ich ging aus D[resden] weg, wie Du weißt, in der Absicht, mich mittelbar oder unmittelbar, in den Strom der Begebenheiten hinein zu werfen; doch in allen Schritten, die ich dazu tat, auf die seltsamste Weise, konterkariert, war ich genötigt, hier in Prag, wohin meine Wünsche gar nicht gingen, meinen Aufenthalt zu nehmen. Gleichwohl schien sich hier, durch B[uol], und durch die Bekanntschaften, die er mir verschaffte, ein Wirkungskreis für mich eröffnen zu wollen. Es war die schöne Zeit nach dem 21. und 22. Mai, und ich fand Gelegenheit, einige Aufsätze, die ich für ein patriotisches Wochenblatt bestimmt hatte, im Hause des Grf. v. Kollowrat, vorzulesen. Man faßte die Idee, dieses Wochenblatt zustande zu bringen, lebhaft auf, andere übernahmen es, statt meiner, den Verleger herbeizuschaffen, und nichts fehlte, als eine höhere Bewilligung, wegen welcher man geglaubt hatte, einkommen zu müssen. So lange ich lebe, vereinigte sich noch nicht soviel, um mir eine frohe Zukunft hoffen zu lassen; und nun vernichten die letzten Vorfälle nicht nur diese Unternehmung – sie vernichten meine ganze Tätigkeit überhaupt.

Ich bin gänzlich außerstand zu sagen, wie ich mich jetzt fassen werde. Ich habe Gleißenberg geschrieben, ein paar ältere Manuskripte zu verkaufen; doch das eine wird, wegen seiner Beziehung auf die Zeit, schwerlich einen Verleger, und das andere, weil es keine solche Beziehung hat, wenig Interesse finden. Kurz, meine teuerste Ulrike, das ganze Geschäft des Dichtens ist mir gelegt; denn ich bin, wie ich mich auch stelle, in der Alternative, die ich Dir soeben angegeben habe.

Die große Not, in der ich mich nun befinde, zwingt mich, so ungern ich es tue, den Kaufmann Ascher in Dresden, dem ich zu Johanni mit einer Schuld verfallen bin, um Prolongation des Termins zu bitten. Es bleibt mir nichts anderes übrig, wenn ich mir auch nur, bis ich wieder etwas ergriffen habe, meine Existenz fristen will. In Verfolg dieser Maßregel bitte ich Dich, mir die 272 Rth., oder was aus den Pfandbriefen der Tante Massow herauskommen mag, in Konv. Münze, nach Prag zu schicken. Ich bitte Dich, es sobald als möglich ist, zu tun, um mich aus Prag, wo ich sonst gar nicht fort könnte, frei zu machen. Was ich ergreifen werde, wie gesagt, weiß ich nicht; denn wenn es auch ein Handwerk wäre, so würde, bei dem, was nun die Welt erfahren wird, nichts herauskommen. Aber Hoffnung muß bei den Lebenden sein. – Vielleicht, daß die Bekanntschaften, die ich hier habe, mir zu irgend etwas behülflich sein können. – Adieu, lebe wohl, und erfreue bald mit einer Antwort

Deinen Bruder          
Heinrich v. Kl.

Prag, den 17. Juli 1809
Kleine Seite, Brückengasse Nr. 39

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154. An Ulrike von Kleist

An Fräulein Ulrike v. Kleist, Hochwohl., zu Schorin bei Stolpe in Hinterpommern.

Meine teuerste Ulrike,

Aus inliegender Abschrift meines Schreibens an den Syndikus Dames, wirst Du ersehen, was ich, meinen Anteil an das hiesige Haus betreffend, für Verfügungen getroffen habe.

Die Veranlassung dazu ist nicht gemacht, Dir in einem Briefe mitgeteilt zu werden.

Ich glaubte Dich in dieser Gegend zu finden, und mein Wille war, mich unmittelbar, wegen Aufnahme des Geldes, an Dich zu wenden; doch diese Hoffnung ward, durch Deine Abreise nach Pommern, vereitelt.

Adieu, mein teuerstes Mädchen; ich gehe nach dem Österreichischen zurück, und hoffe, daß Du bald etwas Frohes von mir erfahren wirst.

Heinrich v. Kleist.

Frankfurt a. Oder, den 23. Nov. 1809

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155. An George Friedrich Dames

Abschrift.

Verehrungswürdigster Herr Syndikus,

Bei meiner Abreise von hier will ich noch folgende Verfügungen hiermit schriftlich bei Ihnen niederlegen.

Zuerst bitte ich, dem Hr. Kaufm. Wöllmitz, für das mir geliehene Kapital von 500 Rth., à 6 p. C, messentlich 10 Rth. zu entrichten.

2) Den Rest der auf mich fallenden Zinsen bitte ich, nach wie vor, meiner Schwester Ulrike von Kleist, einzuhändigen.

3) Sollte das Haus verkauft werden, so bitte ich gleichfalls, den auf mich fallenden Teil des Kaufpreises, er sei so groß er wolle, meiner Schwester Ulrike zu übermachen, die ihn, auf Abschlag dessen, was ich ihr schuldig bin, als ihr Eigentum zu betrachten hat.

Heinrich v. Kleist.

Frankfurt a. Oder, den 23. Nov. 1809

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156. An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeboren

habe ich die Ehre, Ihrem Brief vom 1. Juli 8 gemäß, das Käthchen von Heilbronn zu überschicken. Mehrere Reisen, die ich gemacht, sind schuld, daß ich das Versprechen, es zum Druck zu liefern, erst in diesem Jahre nachkomme. Ich erhielt einen Brief von Hr. v. Collin, kurz vor dem Ausbruch des Kriegs, worin er mir schreibt: die Rollen wären ausgeteilt, und es sollte unmittelbar, auf dem Theater zu Wien, gegeben werden. Weiter weiß ich von seinem Schicksal nichts. Es steht nun in Ew. Wohlg. Willen, ob es in Taschenformat, oder auf andere Weise, erscheinen soll: obschon mir ersteres, wie die Verabredung war, lieber wäre. Ich würde, wenn es Glück macht, jährlich eins, von der romantischen Gattung, liefern können. Ew. Wohlgeb. Brief, den ich bei der Hand habe, enthält, daß Dieselben sich erst, nach Verlauf eines Jahrs, über das Honorar zu entscheiden wünschen. Die Reise, die ich gemacht habe, setzt mich gleichwohl in einige Verlegenheit, und ich stelle es Ihrer Güte anheim, ob Sie der Bitte, mir irgend was es auch sei, gleich zu überschicken, gefälligst willfahren wollen. Es wäre nicht das erstemal, daß Sie sich meine Dankbarkeit lebhaft verpflichtet hätten. In diesem Falle bitte ich, es nach Berlin, poste restante, zu senden, wohin ich in einigen Tagen abgehen werde. Ich habe die Ehre, mit der vorzüglichsten Hochachtung zu sein,

Ew. Wohlgeb. Ergebenster

Heinrich v. Kleist.

Frankfurt a. Main, den 12. Januar 1810


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