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Was ist noch sanfter als ein Sommerwind?
Als Bienensummen, das so still gelind
Von Kelch zu Kelch die Blütenstraße schwingt
Und milden Frieden in die Seele bringt?
Was ist geruhiger als im Inselgrün
Der Moschusrose unbemerktes Blühn?
Heilsamer als des Talwalds Blätterschwall?
Geheimer als das Nest der Nachtigall?
Stillheitrer als Cordelias Angesicht?
Traumvoller als erhabenstes Gedicht? –
Nur du, o Schlaf, der zart die Augen schließt,
Ein zärtlich Lied in müde Seelen gießt,
Der unser frohes Lager leicht umschreitet,
Um Trauerweiden Mohngewinde breitet,
Der Mädchenlocken schweigend wirrt und wendet,
Nur du, dem jeder Morgen Hymnen sendet,
Weil deine Kräfte hell und froh beglücken
Die Augen, die zum Sonnenaufgang blicken.
Doch was ist höher noch als alles Träumen?
Was frischer noch als Frucht von Höhenbäumen?
Was wundervoller, sanfter, königlicher
Als Schwanenschwingen oder feierlicher
Als ferner Adlerflug? – Mit nichts vergleichen
Läßt sich dies eine und von nichts erreichen!
Daran zu denken, heißt sich zu versenken,
Sich heiliger Andacht liebend hinzuschenken.
Es überschauert uns mit Ungewittern,
Es rüttelt uns wie unterirdisches Zittern,
Und manchmal weht's wie Flüstern von den vielen
Geheimnissen, die in den Lüften spielen –
Von irgend einem Wunder um uns her.
Da blicken wir entzückt und spähen sehr
Nach fernem Glanz, nach fremden Luftgebilden,
Nach einem Ton aus himmlischen Gefilden
Und nach dem Lorbeer, der das Haupt uns schmückt,
Wenn unser Fuß die Erde nicht mehr drückt.
Und manchmal kommt es voller Glanz und Glocken,
Und aus dem Herzen brausen, oh Frohlocken!
Erhabne Worte, die sich gottwärts schwingen,
Bis Traum und Glut in Flüstern still verklingen.
Ein jeder, der die lichte Sonne sah
Und alle Wolken, und der rein und nah
Des ewigen Schöpfers Gegenwart empfand,
Muß fühlen, was ich meine, und in Brand
Muß jetzt sein Innres lohn, da ich ihm bringe
So tief empfundne heimatliche Dinge.
O Poesie! Dir beten meine Worte,
Daß einmal du mir auftun magst die Pforte
Zu deinen Himmeln – oder sollt ich knien
Auf Bergeshöhen und die Harmonien,
Die deinem Mund entfliehn und mich umschweben,
Als dein getreues Echo wiedergeben?
O Poesie! Dir klagen meine Worte,
Daß einmal du mir auftun magst die Pforte
Zu deinen Himmeln! Möge meinem Flehen
Ein Lüftchen nur aus diesen Himmeln wehen,
Das – Lorbeerblüten eine luftige Wiege –
Mir trunkne Wollust bringt, der ich erliege.
Dann steigt vielleicht mein Geist am Sonnenlicht
Empor und schaut Apoll ins Angesicht;
Und kann ich höchste Seligkeit ertragen,
So werd ich bis ins Heiligste mich wagen.
Da wird dann moosige laubverborgne Stelle
Mir zum Elysium – zur ewigen Quelle,
Zum Buch, drin viel Entzückendes zu lesen
Von Blatt und Blume und von Spiel und Wesen
Der Wald- und Wassernymphen und von Zweigen,
Die eines Mädchens Schlummer kühl umschweigen,
Und mancher Vers von seltsam fremder Art,
Der wie aus andrer Welt sich offenbart.
Auch Phantasien werden mich umschweben,
Mir feierschöne Traumvisionen geben;
In frohem Schweigen will ich sie durchziehn,
So wie durch Schluchteneinsamkeit und Grün
Der Fluß Mäander seine Schleifen zieht.
Und komm ich in verwunschenes Gebiet,
In Zaubergrotte, in erhabnen Schatten,
Auf himmelferne grüne Bergesmatten,
Die strahlend stehn im bunten Blumenkleid,
Verschämt in ihrer eignen Lieblichkeit –
Dann schreib ich das, was Menschensinn versteht,
Auf meine Tafeln, daß es nicht vergeht,
Und werde dieser Welten Vielgestalten
Mit Riesenkräften greifen, fühlen, halten
Und meinen Geist mit Sporn und Ehrgeiz plagen,
Bis an den Schultern ihm die Schwingen ragen,
Die jedes Hemmnis freudig überwinden,
Ihn aufwärts ziehn, Unsterblichkeit zu finden!
Doch halt, bedenk! Ein einziger Tag ist Leben –
Tautropfen, der aus Wipfellaub soeben
Herniederrinnt – des Wilden Schlaf im Kahn,
Den Wirbelstrudel riß in Todesbahn.
Warum so schmerzliche Vergleiche geben?
Blühsehnsucht einer Rose ist das Leben,
Ein Buch, darin viel Abenteuer sind,
Ein übermütiges Mädchentuch im Wind,
Ein Vogel, der durch Sommersonne gleitet,
Ein Knabe, der auf Ulmenästen reitet
Und himmelfern von Sorge, Gram und Denken.
O nur zehn Jahre, tief mich zu versenken
In Poesie! daß ich das Ziel erfülle,
Das von mir selbst verlangt mein eigner Wille;
Daß ich durch diese Lande, die ich sehe,
Mit unermüdlich wachen Augen gehe!
Des alten Pan und Floras üppiges Reich
Durchstreife ich zunächst; im Gras am Teich
Geh ich zur Ruh und pflücke reife Beeren
Und darf, was Phantasie nur sieht, begehren:
Im Waldversteck die weißen Nymphen fangen,
Der Sträubenden viel Küsse abverlangen,
Auf zarte Schultern liebevoll vermessen
Inbrünstig diese kleine Wunde pressen,
Die sie erschauern macht, bis voll Erbarmen
Die Spröde mich umfängt mit Weibesarmen.
Und andre ruft mit anmutvollem Lächeln
Ein Taubenpaar, mir Kühlung zuzufächeln.
Und andre tanzt und schwingt mit flüchtiger Hand
Rund um den Kopf ihr grünendes Gewand –
Und tanzt und tanzt mit wohlgefälligem Fuß
Und lächelt Baum und Blumen ihren Gruß.
Und andre lockt und winkt und lockt und winkt
Mich durch den Hain, der hell in Blüten blinkt,
Bis tief in seine Blättereinsamkeit;
Dort liegen wir in solcher Traulichkeit
Verkettet und verschlungen, wie beisammen
Im stillen Muschelhaus zwei Perlen flammen.
Und kann ich diese Freuden je verlassen?
Ich muß es wohl, um Edleres zu fassen,
Ein Leben, das mich alle Leiden lehrt:
Was Menschenherz erkämpft, erträgt, begehrt.
Denn oh: von dort, wo Bergesklüfte blauen,
Gleitet ein Wagen her aus Wolkenauen,
Den Mähnenrosse ziehn; der Lenker blickt
Aus in den Wind, ehrfürchtig und beglückt.
Und jetzt erschauert leise das Gespann
Am Wolkenrand; doch munter kommt sodann,
Vom Sonnenauge rings umstrahlt mit Gold,
In Fröhlichkeit das Rad herabgerollt.
Und immer tiefer wirbeln seine Speichen,
Bis sie den grünen Hügelhang erreichen;
Dort bleibt der Wagen zwischen Gräsern stehn.
Der Lenker spricht – wie seltsam anzusehn –
Zu Berg und Bäumen, und alsbald erscheinen
Gestalten, die da jubeln, staunen, weinen;
Sie wandern her auf grausig düstern Wegen,
Wo mächtige Eichen dräun – und rastlos regen
Sie müden Fuß, als wollten sie ein Lied
Erjagen, das mit flüchtigen Winden flieht.
Horch! wie sie murmeln, lächeln, lachen, weinen,
Mit herbem Mund, erhobner Hand die einen,
Und andre haben tief in ihren Armen
Den Kopf begraben; manche gehn im warmen
Und hellen Glanz der Jugend durch das Grau,
Zurück sehn diese, jene hoch ins Blau.
Von tausenden hat jeder seine Weise,
Und tausend ziehn vorbei. Im Schwesterkreise
Kommt tanzend eine Mädchenschar geschwirrt,
Das lange Haar in Locken aufgewirrt.
Nun breite Schwingen. Jener dort im Wagen
Beugt weit sich vor, und seine Blicke fragen,
Er scheint zu lauschen, seine Wangen brennen,
Er schreibt – oh dürft ich dies Geschriebne kennen!
Die Bilder sind entflohn – Gespann und Wagen
Entflohn ins Himmellicht; mich aber plagen
Nun doppelt schwer die ganz realen Dinge.
Es ist, als ob die Seele unterginge
In trübem Strom, im Nichts. Doch ich will sehr
Mich gegen Zweifel wehren: wach und hehr
Sei mir der Wagen und die seltne Fahrt,
Die er gemacht.
Hat denn die Gegenwart
Nicht Raum genug, daß Phantasie sich hebe
Und wie in alten Zeiten hoch entschwebe,
Die Rosse schirre, lichtwärts sie zu tragen,
Um sonderbare Taten dort zu wagen
In Wolkenfernen? Zeigte sie uns nicht
Das Atemhauchen des Vergißmeinnicht
So gut wie hoch des Äthers reines Wehen?
Läßt sie uns nicht den tiefen Sinn verstehen
Von Jupiters weitschweifigen Augenbrauen –
Und läßt uns doch die kleinen Wiesen schauen
Im zarten Frühlingsgrün? Ihr Altar ragte
Auch hier auf dieser Insel; wer wohl wagte
Den Chor zu übertönen, der ihr scholl,
In Harmonien brausend aufwärts schwoll,
Bis er im Weltenraum sich selbst verdichtet
Und machtvoll kreisend Klang auf Klang geschichtet
Zu riesigem Planet, der ewig rollt
Und ewig tönend durch Äonen tollt?
Ach, damals waren sie noch sehr geehrt,
Die edlen Musen, und man hielt sie wert,
Und keine Sorge konnte sie bedrücken,
Als nur zu singen, singend zu beglücken.
Konnt all dies der Vergessenheit verfallen?
Ja, Streit und Trug und Barbarei vor allen
War schuld, daß sich Apoll errötend wandte.
Der galt bei Menschen weise, der nicht kannte
Apollos Herrlichkeit; ach, sie regierten
Ein hölzern Schaukelpferd und triumphierten
Und hießen's Pegasus. O Geistesnacht!
Das Weltmeer rollte seine Wogenpracht,
Die Himmelswinde bliesen, und das Blau
Entblößte seine ewige Brust; der Tau
Beperlte hell das Kleid des Schmetterlings
Und schmückte alles: Schönheit wachte rings!
Was waret ihr nicht wach? Doch ihr wart blind
Für das, was fremd euch war – ein Labyrinth
Kleinlicher Regeln, elender Gesetze
Hielt euch gefangen, und in diesem Netze
Lieft ihr einher und fingt euch Verse ein –
Die wußtet ihr in Ordnung aufzureihn
Und zuzustutzen. Leicht war das Geschäft,
Handwerker ihr, die lüstern nachgeäfft
Der Poesie! O, wie ihr gottlos wart!
Ihr lästertet des Gottes Gegenwart
Und wußtet's nicht – o nein! Ihr gingt einher
Und schwenktet eure arme Fahne sehr,
Die schales Motto trug, darunter groß
Ein Wort: Boileau!
O die ihr körperlos
Und ewig unsre grünen Höhn umschwebt,
O ihr, vor denen meine Seele bebt
In so viel Ehrfurcht, daß sie wahrlich nicht
Die heiligen, verehrten Namen spricht
Vor so unheiligem Volk. – Hat euch die Schande
All derer nicht entsetzt? Hat euch am Strande
Der Themse das Gejammer wohl ergötzt?
Hat euer Weinen nie das Land genetzt
Am schönen Avon, niemals dort geklagt?
O nein, ihr habt wohl ganz lebwohl gesagt
Der Gegend, die den Lorbeer nicht mehr kannte,
Und nur gezögert noch, um euch verwandte
Einsame Seelen liebend zu umfangen,
Die schon in Jugend sich zu Tode sangen? –
Doch ich will nicht der schweren Zeiten denken,
Es brachen schönre an, denn mit Geschenken,
Mit frischen Kränzen habt ihr uns beglückt,
Und an so manchem Ort hört man entzückt
Viel süßeste Musik: bald ist's ein Schwan,
Des schwarzer Schnabel auf krystallner Bahn
Das Wasser weckte – und des Wassers Singen;
Bald tropft ein melancholisch Flötenklingen
Aus Dornendickicht, traut im Tal verschlossen;
Die Erde ist von zartem Laut umflossen:
Beglückt seid ihr und froh!
Gewiß! Doch dröhnte
Oft donnergrollend der Gesang und höhnte
Die edle süße Majestät der Kunst:
Das Plumpe, Bärenhafte kam in Gunst,
Und Polypheme, die sich Dichter nannten
Und als Zerstörer gegen Throne rannten,
Begannen roh durchs große Meer zu wühlen.
Doch Poesie ist anders, ist zu fühlen
Als breiter ewiger Strom des Lichts, – ist Macht,
Die niemals schläft, doch stets nur milde wacht:
Sie ruht, und mit dem Schwung der Augenlider
Zwingt sie sich Tausende gehorsam nieder,
Und Güte ist ihr Szepter; Kraft allein,
Auch Musenkraft, kann nur ein Engel sein,
Der fiel und Freude hat an Nacht und Dornen,
An Grab und Leichentuch und an verworrnen
Und aufgewühlten Dingen und vergißt,
Daß aller Dichtung Ziel die Liebe ist,
Die freundlich tröstet und den Sinn erhebt.
Doch ich frohlocke, denn aus bittrem Kraut
Hebt – schöner als ihn Paphos je erschaut –
Ein Myrthenbaum die vollbeladnen Äste
Und feiert seine immergrünen Feste
Mit all den Vögeln, die voll Fröhlichkeit
In seinem Schutz zu Scherz und Spiel bereit,
Und die den Blüten ihre Lieder singen.
So laßt uns durch das Dickicht zu ihm dringen
Und um ihn her die Dornenbrut vernichten,
Dann finden einst die jungen Rehe dichten
Und blumigen Rasen hier – nichts störe sie
Als eines Liebenden gebeugtes Knie,
Nichts andres teile ihre Einsamkeit
Als eines Träumenden Gelassenheit!
Heil euch, ihr lieben, hoffnungsvollen Träume!
Nun bahnt sich Phantasie durch enge Räume
Den Weg zu allem Lieblichen und Schönen,
Und die wird man zu Dichterkönigen krönen,
Die herzensfrohe, schlichte Dinge geben.
O dürft ich diese Freuden noch erleben!
Wird man nicht sagen, meine Rede sei
Gar sehr verwegen, solche Schwärmerei
Verstumme lieber und verberge sich,
Denn unklug sei es sehr, so wissentlich
Sich abzuwenden von den breiten Pfaden,
Den Donnerkeil auf sich herabzuladen?
Nein! Flüchte ich, so sei es nur zur Schwelle
Der Poesie, in ihre Tempelhelle!
Und fall ich hier, so wird man mich bestatten
In tiefem feierstummen Pappelschatten:
Geschornes sanftes Gras wird mich bedecken
Und ein Gedenkwort die Erinnrung wecken.
Doch fort, Verzweiflung! Elendes Verderben!
Dich sollten die nicht kennen, die da werben
Um edles Ende, denen ewig dürstet!
Obgleich kein breites Wissen mich gefürstet
Und ich nicht weiß, wie sich die Winde drehen,
Die hier- und dorthin auseinander wehen,
Was Menschen tief ersannen, und obgleich
Nicht helle Einsicht aus dem dunklen Reich
Der Seele kommt, besiegend jede Schranke,
Rollt doch vor mir ein Stern, ein Weltgedanke,
Der mich durchstrahlt und der mich frei gemacht,
Sodaß in mir ein klares Bild erwacht
Von Zweck und Ziel der Poesie; so klar
Ist mir dies Wissen wie: daß jedes Jahr
Vier Zeiten hat – so hell und fest gegründet
Wie auf dem Dom das Kreuz; und so verkündet
– O welch ein Feigling wär ich, wenn ich zagte –
Mein Mund getrost, was ich zu denken wagte.
Ach, lieber laßt mich wandeln blind und toll
Am Rand des schwarzen Abgrunds, lieber soll
Mein Schwingenpaar an Sonnenglut zergehen,
Daß ich kopfüber stürze! – Still, laß sehen!
Mein Innres mahnt zu mehr Bedachtsamkeit:
Ein dunkles Meer dehnt unermeßlich weit,
Besternt mit Inseln, seine breiten Wellen.
Welch rastlos Mühn! Welch ungeheures Schwellen!
Wie könnt ich je dies ganze Meer durchziehen!
Vermessenheit! Nun müßt ich auf den Knieen
Das widerrufen, was .... Unmöglich! Nein!
So will ich ruhig und bescheiden sein.
Mag dieser stürmende Versuch, der zart
Begann, verebben auf gleich sanfte Art,
Und Friede sei! Und herzlich sei gedacht
Der Freundschaft, die so hilfreich sanfter macht
Den rauhen Pfad zum Ruhm, der Brudergüte,
Die gern ihn schmückt mit mancher lieben Blüte, –
Des innigen Händedrucks, der Herzen bindet,
In Herzen tiefe Freudigkeit entzündet,
Daß unbewußt wohl ein Sonett entsteht
Und uns wie Traumwort von den Lippen weht,
Begeistrung weckt und andachtvolles Schweigen.
Ein ähnliches Empfinden mag sich zeigen,
Wenn wir mit kindlich ehrfurchtsvoller Hand
Aus seinem stillen Platz im Bücherstand
Ein sehr geliebtes Buch geholt und nun
Uns freun, den ersten Blick hineinzutun.
Kaum kann ich weiterschreiben, denn es heben
Sich Melodien, die Erinnern geben
An manches, was mich damals tief beglückte,
Als es zuerst die Seele mir entzückte:
Und es erscheinen mutige Gestalten,
Die sichern Griffs den heißen Renner halten –
Und Finger seh ich prächtige Locken teilen –
Und Bacchus wild zu Ariadne eilen.
Und vieles zieht aus flüchtigem Wort herauf,
Schlag ich versonnen ein Portfolio auf.
Derartige Dinge sinds, die eine Fülle
Von Bildern wecken: durch die Abendstille
Im Binsenwald des Schwans geruhiger Zug,
Im Dorngeheg des Hänflings hastiger Flug,
Ein durstiger Falter, der zur Rose fliegt
Und lustdurchbebt die goldnen Flügel wiegt,
Und manches Schöne mehr weiß ich zu finden;
Vor allem ihn mit seinen Mohngewinden,
Den stillen Schlaf, denn was an diesem Sang
Zu schätzen, dank ich ihm zumeist: der Klang
Geliebter Stimmen hatte Platz gemacht
Dem gleich geliebten Wort der stillen Nacht,
Und in die Kissen lehnt ich mich zurück
Und sann dem Tage nach und seinem Glück.
Es war in eines Dichters Haus; da haben
Geweihte Stätten alle Freudengaben.
Rings von den Wänden lächelten der alten
Und großen Barden ewige Gestalten
In Bild und Büste still einander an.
Wohl dem, der auf die Zukunft hoffen kann
Für seinen Liebling Ruhm!– Dann sah ich hier
Der Faune und der Satyrn wilde Gier
Im duftigen Weinlaub wühlen und mit kecken
Gebärden braune haarige Hände recken
Nach eines Apfelbaumes reifer Frucht;
Dann ragte eines Tempels Marmorflucht,
Zu dem ein Mädchenzug sich hinbewegte,
Auf grünem Teppich schöne Füße regte:
Die Lieblichste hielt hoch die weiße Hand
Dem Glanz des Sonnenaufgangs zugewandt;
Dann zweier Schwestern freundliche Gestalten,
Die sich bedächtig an den Händen halten,
Und zwischen ihnen tappt ein kleines Kind;
Und andre stehn und lauschen in den Wind,
Der tauiges Flötenspiel herüberbringt. –
Ein ander Bild: Diana nah umringt
Von kecker Nymphenschar im kühlen Bade!
Dort wo das Wasser schaukelt ans Gestade,
Ist es von Wasserlinsen ganz verhangen
Mit grünem Schleier, der in tiefen, langen,
Rhythmischen Atemzügen steigt und fällt,
Ganz wie der Wasserspiegel ebbt und schwellt.
Auch Sappho stand mit halbem Lächeln dort,
Der sanften Stirne herber Ernst war fort,
Und milden Blicks und heitren Angesichts
Sah sie herab und lächelte ins Nichts.
Und Alfreds Bild hing hier und blickte traurig,
Als lausche er beständig auf das schaurig
Hilflose Stöhnen der gequälten Welt;
Und jener andre leidensstarke Held,
Kosciusko, groß und einsam und verlassen.
Petrarcas Herzerschrecken und Erblassen
Beim Anblick Lauras, und sein Blick, der nicht
Von ihrem Antlitz läßt! O hier ist Licht
Und höchstes Glück, denn über ihnen waltet
Der Glanz der Poesie, und frei entfaltet
Sie ihre Schwingen und erschaut im Kreis
Viel Dinge, die ich nicht zu nennen weiß. –
Schon das Bewußtsein, wo ich war, genügte
Den Schlummer fern zu halten, doch es fügte
Sich überdies Gedanke an Gedanke
Und bannte mich, so daß des Morgens schwanke
Lichtpfeile mich noch immer wachend fanden,
Da bin ich frisch und fröhlich aufgestanden,
Um auszuführen, was ich mir ersann:
Dies Bildgewebe, das ich schlaflos spann,
Mir festzuhalten. Ist's nicht gut, so wißt,
Mir ist es lieb, weil es mein Odem ist.