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Louison

 

I

»Mademoiselle!«

Mademoiselle schweigt. »Pardon – Mademoiselle!!«

»Monsieur?«

»Wollen Sie mit mir zu Abend essen?« Ich ging näher an die junge Dame heran. Sie lugte in meinen hochgeschlagenen Rockkragen hinein. Wir gingen zusammen weiter ... prüfend. Es war auf dem Boulevard de Clichy.

»Wo wollen Sie hin?« fragte ich. »Was haben Sie da in der Flasche?«

»Das ist Sprit.« Das junge Mädchen lachte. »Für meinen Brennapparat. Ich will nirgends hin.«

»Wollen wir in die ›Mühle‹ gehen, hm? Sie tanzen doch?«

»Ja–a. Nein. Nicht in die ›Mühle‹.«

»Weshalb nicht?«

Sie zeigte auf ihr bloßes Haar und lachte lautlos. »Können Sie nicht sehen, daß ich barhäuptig bin!«

»Ja, was weiter!« Ich schwieg und versank in Bewunderung über ihr prachtvolles, schwarzes Haar. Wir gingen an einer Laterne vorbei, und ich sah, daß mein Mädchen blaue Augen hatte.

»Was wollen wir dann tun – zum soupieren ist es noch zu früh.« Sie antwortete leichthin wie jemand, der Bescheid weiß:

»Einen Aperitif trinken.«

Ich bemächtigte mich des Armes der jungen Dame – wie sie hieße« Louison! – und wir spazierten wohlgemut zusammen weiter. Louison wechselte ein, zwei Mal den Fuß, um mit mir in Tritt zu kommen. Wir wichen den Leuten aus, und die Leute wichen uns aus. Ich versuchte Louison den Marsch zu erleichtern.

Ha ho! Ich prustete vor Entzücken Louisons zarten, warmen Arm in dem meinen zu halten. Ich empfand es ganz sonderbar, mal wieder die Wärme eines anderen Körpers zu spüren – nach so langer Zeit.

»Und Sie?« fragte Louison. – Nämlich, wie ich hieße. – »Sie sind Russe, nicht wahr?«

»Ja. Ja gewiß. Kasimir! Ich bin Maler.«

»Das hab' ich gleich gesehen,« meinte Louison. »Und ich bin Modell.«

Wir gingen in ein Café, das Louison kannte, und führten uns ein paar Gläser Aperitif zu Gemüte. Unsere leicht prüfende Haltung von vorhin, wich einem gegenseitigen Zutrauen. Der Kellner bediente uns fidel und distinguiert. Und das Café war gemütlich, der Fußboden war mit Sand bestreut, die Spiegel waren fleckig und die Marmortische hatten Messingnieten. Alles hier drinnen war abgenutzt und brauchbar befunden worden. Die häusliche Behaglichkeit wurde noch dadurch erhöht, daß der Kellner in Hemdsärmeln umherging.

Louison trank ihr Glas aus. »Jetzt wollen wir spazieren gehen,« schlug sie vor. – Ich legte ihr bedachtsam das Kape um die Schultern. Louison war schlank und ganz erwachsen, aber trotzdem von einer gewissen Unfertigkeit in den Formen. Sie bewegte sich mit etwas plumper Grazie – ungefähr wie eine junge Kuh.

Wir kamen wieder auf die Straße hinaus und schlenderten Arm in Arm weiter. Louison führte mit kleinen Püffen ihres Ellbogens an, und ich folgte, ich wußte nicht mehr, wo wir waren. Wie hätte ich mich auch in all den winkligen Gassen des Montmartre zurechtfinden sollen. Dabei plauderten wir unausgesetzt.

»... Schön,« sagte Louison. »Wir wollen aber nicht zu mir nach Hause gehen. Das ist zu weit. Aber das macht nichts. Sie nehmen mich mit in ein Hotel.«

»Hei! – Ja, natürlich.«

»Wir sind hier gerade bei einem, das ich kenne,« erklärte Louison und zeigte auf eine runde Laterne, die in der düsteren Straße wie ein Mond in dicker Luft hing. – »Was sagen Sie ... Oh, sehr gentil! Es kostet fünfzehn Sous für uns beide. Kommen Sie nur.«

Durch einen häßlich engen Gang drückten wir uns bis zur Treppe durch und stiegen zur ersten Etage hinauf. Louison klopfte gegen die Glasscheiben, worauf die Wirtin erschien. Wir konnten Nummer eins bekommen – es war zeitig am Abend – und die Wirtin leuchtete uns.

Das Zimmer war klein und bescheiden. Zwei Stühle, ein Spiegel und ein Bett, das war alles. Aber im Ofen brannte ein freundliches Feuer. Louison ließ den Garçon kommen, er nahm ihre Befehle entgegen und kam stilvoll mit dem Bestellten zurück. Darauf wünschte er uns gute Nacht und verschwand.

»Hier sind Sie wohl schon früher gewesen,« bemerkte ich und musterte das Zimmer.

»Natürlich!« – Louison war im Begriff ihre Brennschere auszupacken. Ich schenkte die Gläser voll.

Louison stellte sich vor den Spiegel und begann ihre Kleider aufzuhaken. Einmal wandte sie sich um und warf mir einen seltsam scheuen und forschenden Blick zu, der so viel bedeuten mochte wie: kann ich mich nun auch auf ihn verlassen, ist er einer von den unseren?

Gewiß, ich war einer von Louisons Leuten.

Aber die kleine Verlegenheit wich von selbst, je mehr Louison sich aus ihrer Umhüllung herausschälte. Ich stand überrascht, ergriffen!

»Nein, wie bist du schön – Louison!«

Ich war am Vormittage im Louvre gewesen, um die Venus anzubeten, aber jetzt sandte ich diesem lobgehudelten Marmor einen pietätlosen Gedanken. – Ich sperrte unwillkürlich den Mund auf und rief – lauter und lauter – ich sang Lob und Preis heraus, lärmte ...

»St!« sagte Louison ermahnend und sehr befriedigt. Sie wuchs durch den Triumph an Ruhe und Würde.

Ich aber hob Louison auf meine Arme und schwenkte sie glückselig herum. Dann legte ich sie behutsam ins Bett.

Und es verging eine geraume Zeit.

– »Jetzt müssen wir ans Abendbrot denken,« sagte Louison schließlich. Ich stand ungern auf. Aber ich mußte Louison Recht geben. Wir erhoben uns und machten Toilette, gingen friedlich umeinander herum und plauderten dabei in der kleinen, unordentlichen Stube. Ich bemerkte mit Bedauern, daß Louisons Stiefel sowohl vertragen wie schmutzig waren. Louison brannte ihr Haar und dazu brauchte sie Zeit. – Gerade an der Stirn war ihr Haar kurz und dick wie eine Bürste. Ich befühlte es.

»Verbrannt!« erklärte Louison, in einem flüchtigen, singenden Ton. Sie schüttelte den Kopf und ließ die Augen umherwandern.

Als wir gehen wollten, nahm Louison den Lichtstummel und packte ihn mit dem Brennapparat zusammen ein.

Es war inzwischen völlig Abend geworden, und das Gedränge hatte ein anderes Gepräge bekommen; es war leichter, menschlicher geworden. Der Arbeitstag war beendet.

Louison und ich bewegten uns in goldener Stimmung vorwärts. Hin und wieder fiel ein Lichtschein aus den Ladenfenstern, dann beugte ich mich vor, um die weichen, sorglosen Züge meines Mädchens zu betrachten und ihr seidenfeines Haar. Schließlich landeten wir in einem Restaurant, und der Kellner führte uns dienstbeflissen nach hinten. Das Billardspiel hörte auf, während wir vorbeigingen, und forschende, höfliche oder kundige Blicke wurden auf uns gerichtet.

Hinten, in einem staubigen, eingeschlossenen Zimmer setzte Louison sich ins Sofa und sah sich mit einem leuchtenden Blick um. Es war, als ströme sie Wolken von guter Luft nach allen Seiten aus, als durchstrahle sie den Raum mit Wärme. – »Garçon!«

Er kam und ging. Louison nahm die Sache in die Hand und teilte Befehle aus, während sie mit den Fingern auf den Tisch trommelte. Ich folgte ihr anbetend mit den Augen.

Jetzt kam der Kellner mit einer Schüssel Austern um die Ecke gesegelt – schwupp! dann zog er eine Flasche auf – kling, kling, legte er Messer und Gabel neben die Teller.

Die Mahlzeit begann und Louison aß mit dem Appetit einer Achtzehnjährigen.

Ich sah zu dem geschäftigen Kellner hin – beim Allmächtigen, der Gute öffnete die Austern mit einem großen Haustürschlüssel.

Schüsseln wechselten, Louison verstand sich auf den Rummel. Der Wein strömte in ihren jungen Mund und sie verlangte nach mehr. Ich saß in heilige Bewunderung versunken, obgleich ich selbst mit gutem Appetit aß. Und Louison schlug auf den Tisch und lachte – dies dürfe ich nicht sagen ... oder jenes gefiele ihr ... Je mehr Louison lachte, desto klarer und munterer wurde ihre Stimme – eine ganze Skala hinauf.

Hm! Hm! Was sollten wir nun zum Nachtisch nehmen? Louison traf ihre Bestimmung und der Kellner gehorchte blindlings. Wir bekamen Früchte und Mandeln und eine Flasche würzigen Weines. Aber nachdem das alles verschwunden war, atmete Louison tief auf, schaute sich suchend um und erklärte, daß sie durstig sei. Und darauf trank sie wahr und wahrhaftig noch ein ganzes Seidel Bier. Da räusperte ich mich, erschrocken wie ein Pferd, das eine Lokomotive sieht.

Es war inzwischen spät geworden. Wir kamen auf die Straße hinaus – die Droschken rollten lustig dahin. Louison ging mit Kennermiene auf eine zu, die am Stand hielt – 109 Rue de Clignancourt!

»Sehr wohl, meine Dame!«

Als wir in den kühlen Polstern Platz genommen hatten, machte die Droschke mit solchem Schwung kehrt, daß wir auf die Seite kollerten. Licht und Dunkelheit wechselten auf den Fensterscheiben. Klapp, klapp! Jetzt fuhren wir sänftiglich längs der Straßenbahnschienen – Au! jetzt klapperten wir wieder auf Steinpflaster. Louison schwieg, sie war wohl müde geworden.

Als wir in die fünfte Etage hinaufkamen, wo Louison wohnte, waren wir so müde, daß wir nicht mal Licht anzündeten.

 

II

Wo war Louison geblieben? – ich erwachte am nächsten Morgen im Himmelbett – sie trippelte in einem lustigen Kostüm, mit einer Kaffeekanne in der Hand, durchs Zimmer. Der Griff der Kanne saß an der Seite, so daß sie wie eine Keule aussah.

»Louison!«

»Ja, Schatz – bist du wach.« Louison kam näher.

»Du küßt so laut, Louison! Verstehst du dich nicht besser darauf! Du scheinst zu glauben, daß es allein auf die Detonation ankommt.«

»Jeder hat wohl seine besondere Art,« sagte Louison. »Du bist es vielleicht anders gewohnt, weil du ein Russe bist. Ist es so besser?«

»Nein ... beste Louison!«

Und ich versank in Betrachtungen darüber, wie dieses kleine, erfahrene Menschenkind sich auf alles verstand, ausgenommen aufs Küssen. Sie teilte trockene Schmatzküsse aus, wie sie sie als Kind gelernt hatte, richtige Trompetenküsse, wie man sie auf Kinderbacken stempelt. Hm! Mir kamen allerlei Gedanken.

... »Weißt du« – Louison kam mit der Kanne heran – »wir müssen Kaffee trinken. Und Kohlen müssen wir auch haben.« Sie sprach wie im Bewußtsein einer Schuld und schlug die Augen nieder. Diese bange Hausfrauenmiene ...

»Louison!« Ich fuhr im Bett in die Höhe. »Reich' mir doch meine Beinkleider. Das fehlte gerade. So!«

Louison summte vor sich hin und warf sich ein Kleidungsstück über, um auszugehen. Sie nickte mir zu und ging.

– Ich sah, daß ich mich in einem gewöhnlichen Hotelzimmer befand. Aber an den Wänden hingen Kohlenzeichnungen und Studien und auf der Kommode lagen zwei Fleuretts und ein Haufe kleiner Hefte. Ich blätterte in einigen von ihnen, es war lauter Schmutzliteratur. Es lag auch ein Schreibheft dabei, in das Louison mit Schönschrift Lieder und Verse eingetragen hatte. Was sie für eine drollig kindliche Handschrift hatte.

Ich hörte die Stadt summen – es klang wie ein gedämpft glückliches Brodeln zu mir herauf. Draußen schien die Sonne, ich sah ein Gewirr von Schornsteinen und Dächern. An einigen Stellen standen lange Reihen von Röhren wie Panflöten nebeneinander, an anderen Stellen standen einzelne, dünne, gebogene Rohre, die geknickten Hahnenfedern auf dem Hute eines Landsknechtes glichen. Die Stadt summte emsig ... wie lebendig es klang, wie die Töne einer fernen Mundharmonika. Lichter Morgen!

– Louison kam strahlend, mit Paketen beladen, zurück. Ihr auf dem Fuße folgte ein schmutziger Bursche, unter der Last eines Kohlensackes gebeugt.

»Dorthin!« Louison kommandierte. »Danke, hier nehmen Sie!«

Der Träger ging unter großen Danksagungen.

Louison ordnete hier und dort. Sie hatte ein Paar rote Pantoffeln an den Füßen und ein loses Kleidungsstück übergeworfen. Es war aus einem fahlen, bunten Stoff und erinnerte an den Bauch eines Salamanders.

Als wir Kaffee trinken wollten, brachte Louison mir einen Fez.

Gut, ich setzte ihn auf.

»Die Wasserpfeife, die ich gehabt habe, ist entzwei geschlagen worden,« sagte sie seufzend, halb zu sich selbst.

Während wir beim Kaffeetrinken waren, klopft es. Es war die Waschfrau. Sie möchte nur hereinkommen. Und während die Frau bescheiden an der Tür stand, suchte Louison ihre Wäsche zusammen. Sie steckte ihren winzigen Zeigefinger in die Schlüssellöcher, krümmte ihn und zog die Schubladen heraus. Dann zählte sie die Wäsche zusammen und schrieb sie auf einen Zettel; alles sehr geschäftig. Ich lag im Bett mit dem Fez auf dem Kopf, dessen Quaste mir über der Stirn baumelte. Mir blieb nichts anders übrig, als eine familienväterliche Miene aufzusetzen.

»Danke, Madame!« Die Frau ging.

Louison ging noch immer ordnend umher, und ich sah, daß sie unter anderen mein Zeug zierlich zurechtlegte und die Beulen in dem Vorhemd glättete. Plötzlich sah sie zu mir hin:

»Steh jetzt auf, du dicker Faulpelz!«

»Jawohl, Louison. Was wollen wir heute machen?«

»Spazieren gehen.« – Louison suchte ihre Stiefel her und betrachtete sie.

»Geh augenblicklich hinunter und kauf dir ein Paar neue Stiefel, Louison!« Wir verhandelten die Sache genau und Louison ging. Bald darauf kam sie mit einem Paar funkelnagelneuer Stiefel wieder und mit einem Wandkalender, den sie als Zugabe bekommen hatte. Ich mußte die Stiefel von allen Seiten betrachten und die Sohlen befühlen. Ja, sie waren tadellos. Louison zeigte mir darauf ihre Kleider und ließ mich die Stoffe befühlen. Es gab noch verschiedenes andere zu bereden und ich zeigte Interesse für alles. – Inzwischen war die Uhr elf geworden.

»Ich habe auch eine Uhr,« sagte Louison. »Aber die ist auf dem Mont-de-Piété.«

»Was du sagst!«

»Ich finde, wir sollten sie einlösen.«

Ich ließ meine Blicke geistesabwesend über die Zimmerdecke schweifen, und mußte plötzlich husten.

»Ich finde es wirklich, du.«

Louison wollte das Thema nicht verlassen. Und ich fand es durch allerlei Erwägungen ratsam, mich auf nichts einzulassen. Wie rasch sie die Macht an sich reißen wollte! Sie war drauf und dran mich bei meiner Gutmütigkeit zu packen. Nicht lange, dann würde sie wohl ihre Wünsche mit Hilfe einer Ohnmacht durchsetzen! Aber wenn sie glaubte, daß ich durch meine Generosität eine Regel geschaffen hätte ... Ha, es war mir gestern Abend nicht entgangen, wie rasch sie von den Gebieten Besitz ergriff, die ich friedlich einräumte ...

»Nein,« unterbrach ich die sanfte, nichtsahnende Louison. Nein! Ein brutales Nein!

»Ha!« Louison warf den Kopf zurück.

Jetzt sollte die Schlacht geschlagen werden. Und jetzt galt es, daß wußte ich, sich im möglichstem Abstand vom Bettrand zu halten. Ich knöpfte meinen Rock Knopf für Knopf zu und rollte mir mit großer Ruhe eine Zigarette. Louison schwieg, und ich umgab mich mit arktischer Kälte.

Da gab Louison den Kampf auf. Sie kam zu mir hin und legte beide Hände auf meine Schultern.

»Du magst mich ja nicht küssen.« Sie seufzte. »Aber ...«

»Wer hat das gesagt! Aber?«

»... Wollen wir jetzt nicht ausgehen und frühstücken?«

»Ja, mein Kind.«

Louison seufzte wieder mit scheuer und geduldiger Miene. Sie entfernte sorgsam ein Stäubchen von meinem Rockaufschlag.

Ziemlich schweigsam und geharnischt begaben wir uns auf die Straße hinunter. Wir entschieden uns für ein Café und aßen in gedrückter Stimmung. So aber konnte es nicht weitergehen. Ich (ich bestellte heute nämlich die Speisen) sorgte für Stimulation. Das half; als wir wieder auf die Straße hinauskamen, lächelte Louison der Sonne entgegen, rotwangig und sanft. Sie hob ihr Kleid auf, um ihre neuen Stiefel zu betrachten. Da war es fast um meine Selbstbeherrschung geschehen. Aber ich gelobte mir dennoch standhaft zu bleiben.

»Wir trinken wohl bei mir zu Hause Kaffee?« fragte Louison gehorsam.

»Wie du willst.«

Als wir auf ihr Zimmer hinaufgekommen waren, nahm ich das eine der Fleuretts und spielte damit. Wips da hatte Louison das andere. Sie verstand nicht mehr vom Fechten als ein Kalb, so daß ich meine liebe Not mit dem Parieren hatte. Louison wurde ausgelassen, sie machte einen Ausfall und lachte, glühendrot ...

»Paß auf, en garde!« rief ich schließlich, und gleichzeitig warf ich das Fleurett fort und entwaffnete Louison mit den bloßen Fäusten, übermannte sie. Wie's sich gehört. So wurde der Friede wiederhergestellt.

 

III

Es war schon Nachmittag, als Louison und ich auf einen Omnibus beim Gard du Nord hinaufkletterten. Wir waren beide in gehobenster Feststimmung – jetzt wollten wir ordentlich auf dem Bummel gehen. Alle Fensterscheiben lachten in der klaren Wintersonne.

Und der Wagen ratterte davon, mit seinen drei mächtigen Pferden. Wir standen vorn gegen das Geländer gelehnt und konnten auf die Menschen und die eiligen Droschken hinabsehen. Louisons glänzendes Haar sprühte in der Sonne, es war vollkommen schwarz. Louisons blaue und klare Augen ... sie hielt sich am Geländer fest – ich wußte, daß unter dem aufgeputzten Kleid alles echt und in Ordnung sei.

Louison!

Ihre frischen Lippen wurden von der Luft gekräuselt. Oh, ich kannte das, hatte es schon früher gesehen. Vor langer Zeit hatte ich den Mund eines jungen Mädchens im Sommerwind beobachtet – oder war es im Herbststurm gewesen – wo und wann?

Wir polterten die Rue Lafayette hinunter. Jede Seitenstraße, die sich öffnete, wirkte wie eine neue Lust.

Als wir um die Ecke der Rue du Faubourg Poissonniere schwenkten, bekam die Fahrt ein anderes Gepräge. Die Straße ist altmodisch und schief. Wir waren in gleicher Höhe mit den Schildern und sahen in die Geschäfte hinein – Cafés, Kontore, Perückenläden – und ich sah Louisons schlankes Bild über Spiegel und Fensterscheiben gleiten. Wodurch wurde ihre Aufmerksamkeit so stark in Anspruch genommen – von den Damen auf dem Fußweg, von ihren Toiletten.

Wir schwenkten jetzt in die Boulevards hinein, und es war, als käme man nach glücklicher Umschiffung eines Kaps ins offene Meer.

Wie oft war ich hier schon gegangen und hatte zugesehen, wie sich das sinnlose Gedränge und Getriebe verfilzten, und wie sich doch alles wieder auseinanderlöste, just wenn es am verworrensten erschien – wie oft war ich hier schon oberhalb der Markisen und der Köpfe der Leute gefahren und hatte andersartige Eindrücke empfangen. Heute erschien mir alles verändert. Ich hatte eine Empfindung, als würde alles verwehen und zu nichte werden, wenn ich es nicht im Fluge erfaßte. Die Bäume, die schwarz und kahl neben den Anschlagssäulen standen, ein Mann, der in eine Tür einbog, ein Haufe, der sich auseinanderlöste. Dort gingen vier Fabrikmädchen mit langen Babyschürzen. Ein rotes Kleid – Reklamebuchstaben aus weißen Glühlampen. Ein Pferd glitt auf dem Fahrweg aus, und schlug verzweifelt mit den Hufen, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen – drinnen in den Torwegen sah ich im Fluge jene versteinerten Seelen, für die ein Tag hundert Jahre sind, und das Leben ein Tag, die Bettler; und drunten auf dem Trottoir gingen die, die nur zwei Sorten Menschen kennen – solche, die den Zettel nehmen wollen, den sie hinreichen, und solche, die ihn nicht nehmen wollen. Und da waren die Händler, deren saugende Blicke ich kannte. Jeder Mensch, der an ihnen vorbeigeht, entzündet und löscht ein Licht in ihren Augen.

Omnibusse rasselten wie Walfische vorbei, Droschken eilten im Zickzack dahin wie Delphine. Und Fahrräder leuchteten wie Stichlinge. Ein Lastwagen mit Eisenwaren bahnte sich langsam seinen Weg, wie ein fremdartiges Geschöpf auf der Durchreise. Die kolossalen Räder glitten über die Steine und schienen sich gleichsam vorwärts zu tasten, die Naben klapperten gegen die Achsen – gu, gu bum! – wenn man mich gutwillig durchläßt, tue ich niemand etwas zuleide!

Und zu jeder Seite des strombelebten Weges setzte sich das Leben durch die Türen fort, verzweigte sich in die Läden hinein und filzte sich in den Parterres und allen sechs Etagen ineinander. Hoch oben endigte das Ganze als Schornsteine unterm Himmel, der Rauch verflüchtigte sich oben in der Luft. Unterhalb der Straße aber und unter den vielen Lebenden strömten die Kloaken in ihrem gemauerten Bett, Gas und Wasser hatten ihre Röhren, und elektrische Leitungen schlängelten ihre krummen Bündel durch die schwarze Erde.

Ein Haufe Menschen stand im Halbkreis vor einem Plakat – indem wir vorbeifuhren, wendete ich mich um und umfaßte mit einem Blick den ganzen Boulevard – eine blaubraune, unruhige Quelle. Das murmelnde Geräusch, der mannigfache Lärm wurde in seinem Summen zu Tönen.

All diese Menschen! Nicht einen Gedanken hatten sie, den ich mir nicht zu eigen machen konnte, wäre er auch noch so erhaben oder teuflisch!

Wir drehten nach links um und durchkreuzten einige enge Gassen. Dann kamen wir bei dem offenen Platz vor der Börse heraus. Die Bremse krächzte gegen die Räder, wir hielten vor dem Gitter.

Eine Minute nur.

Ein Heer von schwarzgekleideten Herren rottete sich auf den Treppen unter dem Peristyl zusammen, ein Meer von glänzenden, schwarzen Hüten wogte zwischen den mächtigen Säulen.

Hört! Sie rufen dort oben im Gewühl – Nummern, Kurse – die gellen Schreie werden von dem Echo unter der Steindecke des Säulenganges in Takt gestampft, die Unordnung wird von der Interferenz zu einem Rhythmus gehämmert.

Es klingt wie das Krachen eisbedeckter Seen in einer Winternacht, wie jammervolle Hilferufe von Ertrinkenden –

Hilfe, Hilfe, Hilfe, Hilfe!

Es steigt und steigt, weil es sich immer gleichbleibt –

Ich, Ich, Ich, Ich!

Es schwillt und antwortet –

Ha, Ha, Ha, Ha!

Hört, es schallt aus diesem Steinhals heraus, wie das Bellen eines großen, schrecklichen Hundes –

Wau Wau Wau Wau!

Wau Wau!

Es dröhnt –

Wau Wau Wau!

 

IV

Die Uhr war reichlich vier, als Louison und ich in Grevins Panoptikum landeten.

Wir waren mit dem Omnibus im Triumph über die Seine gefahren und hatten den Fluß mit allem was darauf schwamm, mit seiner Perspektive von Brücken zu jeder Seite, mit dem Himmel und dem Eiffelturm bewundert. Ein linder Sonnenwind strich über den Fluß, die Luft war klar, so weit man blicken konnte. Wir waren auf Grund der schlechten Pflasterung, unter hohem Seegang auf die andere Seite hinübergekreuzt und waren schließlich bei St. Germain des Prés von Bord gegangen.

Dann waren wir durch die Straßen gebummelt, und Louison hatte von allem gegessen, was uns in den Weg kam, geröstete Kastanien, Schnecken und Pfannkuchen – und sie hatte Einkäufe zum Haushalt gemacht. Wir waren nämlich übereingekommen, einige Jahre zusammen zu leben. – Wir hatten uns bei dem mechanischen Spielzeug aufgehalten, das die Straßenverkäufer auf dem Fußweg herumkreisen ließen; Louison mußte ihr Kleid aufheben, um es nicht über den Haufen zu werfen. Dann hatten wir uns auf der fashionablen Promenade gezeigt, bei der Oper und bei der Madeleine und waren schließlich wieder zu den Boulevards zurückgekommen. Hier sahen wir »Grevin « in einem großen Bogen über der Tür stehen, Musée de Cire, und wir gingen hinein.

Im ersten Saal waren rings umher berühmte Männer aufgestellt und in den Wänden öffneten sich Nischen mit Bildern. Louison schenkte den Bildern am meisten Aufmerksamkeit. – Von den berühmten Männern kannte sie nur Rochefort.

»Näher?« fragte ich pikiert.

»Ach bewahre.« Wie ich so was denken könnte.

Louison wurde durch einen alten Herrn gefesselt, der mit den Händen auf den Knieen dasaß und in die Luft schielte. Gott, was der für ein dickes Gesicht hätte, das wäre doch zu arg! – Ich bat Louison etwas leiser zu sprechen.

»Das ist Renan!«

»Gott, der Ärmste ...«

»Du brauchst ihn nicht zu bedauern. Er hatte keinen Ziegenpeter, mein Lamm. Komm!«

Wir gingen weiter und nahmen Esterhazy in Augenschein. Wir sahen Pierre Loti als Araberweib verkleidet, mit einer Kruke auf dem Kopf an einem Wüstenbrunnen stehen. Ferner sahen wir Lucheni und Beethoven, Deroulede, Ravachol und Schiller.

Jetzt kamen wir zu einer Treppe, die in den Schreckenskeller hinabführte. Wir stiegen sie ohne Zögern hinunter. Tiefe Dunkelheit herrschte zwischen den Säulen, hier und da brannte eine elende Laterne.

Wie wir in die Betrachtung des scheußlichen Bildes, das Marats Tod vorstellte, versunken waren, fühlte ich eine kleine kalte Hand zögernd die meine suchen. Wir gingen von Schreckensszene zu Schreckensszene, wir guckten zusammen durch eine Spalte und sahen einen Scheintoten aus seinem halboffenen Sarg herausstarren.

Louison kam erst auf ihre Kosten, als wir zum Krönungsfest im Kreml kamen. Die Uniformen nahmen sie ganz gefangen.

»Ich glaube fast, du gähnst!« sagte Louison. »Interessiert dich das denn nicht als Russe? Hast du denn kein Vaterlandsgefühl?«

»Nein.«

Das konnte Louison nicht begreifen. Ein Mensch, der nicht Vive la Patrie! rufen wollte.

Inzwischen hatte ich in der Nähe einen Schrank entdeckt, der mich interessierte. Es waren allerhand echte Dokumente aus der Revolutionszeit darin ausgestellt. Unter anderem ein kleiner vergilbter Zettel, ein Formular mit Namen, Dato usw. Verurteilt zum ... mort stand darauf. Aber während der Name und das andere mit rascher Hand hingeworfen war, bemerkte ich, daß dieses eine kleine Wort mit Schönschrift geschrieben war, Buchstabe für Buchstabe. Das kannte ich – wenn es zu schreiben gilt, dann wird man von Agraphie bedroht. Das war der Knoten der ganzen Revolution.

Nebenan in einem Schrank hingen Totenmasken von Robespierre, Marat und Mirabeau. Die letzteren hatten den gewöhnlichen Leichenausdruck, ein süßlich einfältiges Lächeln. Aber Robespierre ...

Ich blinzelte ihm zu.

Louison stand noch immer vorm Krönungsfest, ich hörte sie auf dem Steinfußboden von einem Fuß auf den anderen treten.

Ich blinzelte Robespierre wieder zu.

Und es war, als entspinne sich ein leises Flüstern zwischen diesem Kopf und mir.

»Entsinnst du dich des Gedichtes von Goethe – das von dem Lehrling, der die Wasser nicht beschwören konnte, die er hatte steigen lassen?«

Robespierre entsann sich wohl kaum des Gedichtes. Der Wasser aber entsann er sich.

Ich beugte mich dicht zum Glas hin und flüsterte: » Jetzt kennen wir das Wort. Willst du es hören – ich weiß es.«

Robespierres Augenlider blieben gesenkt, als hätte er seine Augen für ewig niedergeschlagen. Der Schrank war von Dämmerung erfüllt. Marat gähnte wie ein altes Weib, das im Schlaf von Kaffee träumt. Still!

Da flüsterte ich das Wort. Robespierre öffnete die Augen, er sah mich einen Augenblick durch das Halbdunkel an. Dann schloß er die Augen wieder ...

»Kasimir!«

»Was willst du, Louison.«

»Komm' mal her und erkläre mir was.«

Ich kam und erklärte.

Als wir weitergingen, kamen wir an Napoleons Feldbett vorbei. Es war aus blaugestreiftem Segeltuch, ein Messinggestell mit einem kleinen Himmel darüber. Wie wir davorstanden und das leere Lager betrachteten, kam mir ein Gedanke. Ich sah Louison an ... aber im selben Augenblick bog der Aufseher um die Ecke. Da brach ich in ein lautes Gelächter aus. Louison wußte gar nicht, weshalb ich lachte – ich faßte sie bei der Hand, da lachte sie mit – und wir tanzten durch den Saal, an den berühmten Männern vorbei und auf die Straße hinaus.

– Wir hatten die Absicht gehabt, in das Bois de Boulogne und in den Zoologischen Garten zu gehen. Aber die Zeit war uns davongelaufen, und wir mußten es aufgeben.

Wir begaben uns nach Montmartre zurück und nahmen in Ruhe unser Mittagessen ein. Louison, die so viel süßes Zeug den Tag über gegessen hatte, bedurfte einer soliden Mahlzeit.

Wir saßen uns artig gegenüber. Jeder mit seiner Serviette unterm Kinn. Wie Louison es verstand den Salat zu mischen, und wie ihre flinken Zähne die spröden Blätter zerteilten! Als wir die Andacht beendigt hatten, gingen wir nach Hause um Kaffee zu trinken.

Aber danach lehnte Louison sich gegen meine Schulter. Sie war müde.

Ich überlegte.

Müde. Wenn man müde ist ...

»Dann solltest du dich etwas hinlegen, liebe Louison.«

»Ja, ich glaube auch,« sagte sie matt.

Aber dazu gebrauchen Damen eine schreckliche Zeit. Ich wette, ich könnte mich in derselben Zeit viermal aus- und ankleiden.

Louison stand schlank und schmal im Hemd mitten im Zimmer. Ön, dö, droa – hoppla! Sie sprang mit einem Satz ins Bett, gerade in meine Arme.

... Horch, still! Ich legte mein Ohr auf Louisons Herz. Horch, wie lebhaft es klopfte, wie eilig es pulsierte. Es war das Herz von Paris, das ich schlagen hörte ... Louison!

   

Draußen senkt sich die Dämmerung herab. Unser Zimmer schlummert, es ist voller Schatten. Die Dunkelheit streicht über deine Arme, wie Wasser über dämmerige, weiße Pflanzenstämme auf dem Grunde des Sees. Eine Seele schlummert in deinen dunklen Augen, ein Traum von etwas noch Ungeschehenem.

Ich liebe dich.

Du bist geschmeidig und fügsam wie ein Korb aus Schilf, mit grünem Gras gefüllt – deine Rippen liegen wunderbar weich unter der Haut. Dein Rücken ist zart wie eine junge Weide.

Ich will dir einen Goldschmuck kaufen – eine schwere Barre, aus rohem, gelbem Gold, die soll sich um deinen Hals und in zwei Hörnern um deine kühle Brust schlingen.

Ich liebe dich.

 

V

Louison und ich stiegen pustend eine der Treppenstraßen hinauf, die zum Gipfel des Montmartre führen.

Wir hatten einen kleinen Spaziergang gemacht und waren auf dem Mont-de-Piété gewesen, um die Uhr einzulösen.

Darauf hatten wir unser Herz mit einem Absinth gestärkt, und jetzt war Louison auf die Idee gekommen, daß wir die Kirche dort oben, die Sacré-Coeur, sehen müßten.

Wir erreichten den Gipfel und wurden von einem rauhen, kalten Wind empfangen – Laternen gab es hier oben nicht – Louison führte uns durch ein Gäßchen, das so eckig und knotig war wie ein Widderhorn – und dann standen wir neben der dunklen Kirchenmauer.

Wir suchten und fanden den Eingang und gingen durch eine lautlose Klapptür hinein; ein eisiger Zugwind kam uns entgegen. Wir standen in einem hohen, dunklen Raum. Es brannten nur wenig Lichter. Säulen und Bogen traten undeutlich hervor, so daß man den Lichtkreis jeder einzelnen Flamme unterscheiden konnte. Die Decke entzog sich jeder Beleuchtung.

Louison tauchte ihren Finger ins Weihwasser und bekreuzigte sich. Dann nahm sie meinen Arm und wir schlichen leise umher. Louison flüsterte eifrig und zeigte auf die Bilder – sie hielt den Arm mit dem zeigenden Finger dicht gegen die Brust gedrückt, als ginge es beileibe nicht an, sich hier frei zu entfalten und mit den Gliedern zu fuchteln. – Wir blieben vor dem kleinen Weihnachtsaltar stehen, wo das Jesuskind auf einem Strohbund lag, von Hornvieh und Lichtern umgeben. Mehrere verschleierte Frauen knieten davor und beteten. Eine wendete sich um, und ich sah ein bleiches, vergrämtes Muttergesicht. Ich sah ihr an, daß sie ein Kind verloren hatte. Als sie unserer gewahr wurde – die zerzauste, lebensprühende Louison und mich – versteinerte sich ihr Antlitz und sie wendete sich ab.

Louison knickste vorm Hochaltar, und wir gingen durch das andere Seitenschiff zurück, an Kapellen und einsam Knieenden vorbei. Louison flüsterte, staunte, bewunderte unaufhörlich, sie ging ganz zusammengekauert vor Ehrfurcht und mußte sich durch kleine Ausrufe Luft machen. Sie nickte mit ihrem kleinen Kopf, ihr reiches, prachtvolles Haar war vollgesogen von Kirchendunkel, und schwarz wie die Nacht ...

Indem wir wieder durch die Filztür hinausschlüpften, wehte ein kalter Luftzug hinter uns her, als ob wir hinausgeblasen würden. – Louison zwitscherte und wir polterten die Treppe hinunter.

Komm her! Louison schmiegte sich fest gegen meinen Arm und wir marschierten los. Der Wind hüllte uns in Wirbel ein.

Da wichen Häuser, Mauern plötzlich rechts zurück, und indem wir rasch über den freien Platz gingen, trat ganz Paris, die gewaltige Stadt dort unten in unseren Gesichtskreis. Ein meilenweites Feld von Lichtern.

Wir blieben stehen. Es war als ob eine kleine, schwarze und enge Kugel sich geöffnet und Funken über den gewaltigen Raum ergossen hätte.

Louison spähte umher. Sie entdeckte einen dunklen Winkel am Fuße der Kirchenmauer – drückte meinen Arm leicht: »Warte einen Augenblick!« und verschwand.

Kaum war sie fort, so schlug die Einsamkeit über meinen Kopf zusammen, wie Wassermassen, die sich in das Loch eines Steinwurfes stürzen.

Dieses Land von einer Stadt dort unten! Die Lichter funkelten, blinkten – hier und da konnte man Doppelreihen unterscheiden, Straßen – weiße Punkte schwammen im Lichtdampf, rote Stäubchen glimmten im Dunkeln. Wie eine verkohlte Brandstätte unter Haufen von Asche lag die Stadt da. Die Lichter waren sterbende Emmern, Überreste vom Brand des Lichtes und des Tages.

Ich aber sah durch die Nacht hindurch, quer durch Mauern und Dunkelheit. In die schwitzenden Werkstätten sah ich hinein, wo das qualmt, wo Schatten und rußgeschwärzte Pfosten ineinandergreifend über Decke und Wand flackern. Dort wandert ein großer, kopfloser Polypod. Ein Rad hilft dem andern, Winkelstangen schneiden abgemessen, schläfrig wie es von ihnen verlangt wird, Krummzapfen stampfen gehorsam, Schwungräder rotieren unentwegt mit unsichtbar arbeitenden Speichen. Der Dampf rumort in den Röhren wie ein Wesen, das Ellenbogen und Knie und Hacken gegenstemmt, um sich durchzudrängen.

Die Maschinen wandern wie mächtige Larven auf, breiten Stahlfüßen, sie krümmen den Rücken und setzen die Scheibenfüße zwei und zwei ... schwere Stempel gehen auf den Walzen auf und nieder, wandern ruhig und unentwegt – und die Walzen weichen unter ihnen zurück.

Wir bearbeiten Eisen, wir gießen es in Formen, wir zerteilen Stoffe und fügen sie wieder zusammen, wie es uns paßt. Wir wirken Reliefs und Bilder aus unseren Taten, wie die Abbildungen auf Hamlets Schild.

Hört ihr die dumpfen Töne dort unten, das düstere Meeresbrausen!

Die Erde ist wie ein Gehirn, das bis in die innersten Kammern erhitzt ist.

Auf der ganzen Welt erklingt es wie von Hammerschlägen auf glühendem Metall – es sprüht Naphtafeuer, es raucht ... Menschenhaufen drängen sich in engen Straßen. Der Wind pfeift in den Telephondrähten ... Panzerschiffe betasten schlafende Städte mit Scheinwerfern. In den Gängen tiefer Gruben brennen öde Lampenlichter.

Diese Erde, deren Oberfläche poröser und durchlöcherter ist als irgend eine andere merkwürdige Erscheinung in der willenlosen Natur – sie ist mein.

Die ganze Welt ist mein, weil ich um sie gefreit habe, und ich gehöre der ganzen Welt, weil sie mir ihr Jawort gegeben hat.

 

VI

Als wir die Treppe erreicht hatten, und ich sie hinuntersteigen wollte, hielt Louison mich zurück und wollte einen anderen Weg gehen.

»Wollen wir denn nicht ins Theater?« fragte ich.

»Doch. Aber diesen Weg.« Wir gingen um die Kirche herum und kamen in einige sehr verdächtige Gassen. Louison führte an, und ich fand, daß sie plötzlich so hinterlistig still geworden war.

Wir gingen durch ein Tor und schlüpften durch einige dunkle Rinnen, schwenkten bald rechts, bald links um – die Straßen waren nicht viel mehr als Spalten zwischen den Häusern, ich fühlte mit den Füßen, daß die Steine ausgetreten waren. Bisweilen hing uns ein Dach direkt übern Kopf, dann hatten wir wieder freien Raum über uns. Die Luft war schwer und mit alter Baufeuchtigkeit gesättigt. Schließlich kamen wir zu einem schmalen Eingang, aus dem Licht herausschimmerte.

»Komm nur!« flüsterte Louison und faßte mich resolut bei der Hand. Als wir gerade hineingehen wollten, ging die Tür auf, und heraus trat eine alte, magere Frau, das Gesicht von einer Kappe umrahmt. Louison stürzte auf sie zu und flüsterte ihr etwas ins Ohr, die Alte zog die Brauen hoch und sah mich an.

Es war Louisons Mutter. – »Schlau!« dachte ich. »Erst die Kirche und dann die Familie. Warte, das sollst du mir büßen.«

Louison zog mich stürmisch mit in eine Seitentür hinein, und – mein Monocle wurde beschlagen – wir befanden uns in einem feuchtwarmen Schlafzimmer. Ein junges Mädchen erhob sich verlegen, mit einem Kind auf dem Arm.

»Das ist meine Schwester!« Und Louison stürzte sich wie ein hungriger Menschenfresser über das Kind und bedeckte dessen Köpfchen über und über mit Küssen. Die Schwester sah mich verblüfft an. Ich putzte mein Glas und entdeckte eine Gipsbüste des Zaren auf einem Bort.

»Aha!«

Louison redete wie ein Wasserfall und die Schwester lächelte schließlich liebenswürdig verständnisvoll.

Das Zimmer war ganz klein und niedrig. Das Bett nahm ein Drittel des Raumes ein. Quer durch das Zimmer war eine Leine gezogen, an der Windeln zum trocknen hingen. Der Ofen sandte eine schreckliche Hitze aus, und die Luft roch nach Gas und Dampf und nassem Zeug.

»Das ist ihr Junge!« erklärte Louison strahlend »er heißt Jerome, und siehst du« – sie klopfte die Schwester vorsichtig auf den Leib – »sie kriegt bald wieder ein Kind.«

Die Schwester lächelte mit still leuchtenden Augen, und erst jetzt erhob sie sich vollständig.

Im selben Augenblick tauchte ein zwanzigjähriger Bursche in der Tür auf – Louison stellte ihn als ihren Schwager Michel vor. Michel gab mir die Hand, lächelte pfiffig zuvorkommend und fuhr sich mit der Hand durchs Haar – wie ein Arbeiter tut, der nicht weiß, was er anfangen soll. Dann wurde ihm sein Sohn in den Arm gelegt, und er wurde mit einem Schlage natürlich.

Louison wirtschaftete herum. Ein, zwei, drei, die Schwester fortgeschickt nach guten Sachen ... Jerome, Jerome, ho, hei!

Die Schwester erschien wieder mit Absinth und Kognak, und wir tranken einander zu. Michel und ich zündeten uns Zigaretten an.

Wie sollte der kleine, machtlose Jerome sich retten – er wurde geherzt und geküßt und auf den Kopf gestellt. »Sieh nur, er hat eine Tasche, eine richtige Tasche in der Bluse!« Ja, ja, Jerome wußte es wohl, er wühlte sein Händchen hinein und schaute mit verständigen Augen um sich. Louison preßte ihn an ihre Brust. Und jetzt hörte ich es – jawohl – das waren diese geräuschvollen Küsse! Louison knallte einen nach dem anderen auf Jeromes Seidenwangen.

So etwas wie Jerome war noch nicht dagewesen.

»Kann er Vive la Patrie rufen?« fragte ich.

»Noch nicht. Aber er kann spucken. Spuck' Jerome! Brillant!«

Ob er gehen könne – freilich! Louison setzte ihn auf die Erde – genau so wie vorhin die Spielwarenverkäufer auf der Straße es getan hatten – und Jerome wankte zwischen unseren fuchtelnden Armen, von dem einen Paar Knieen zu dem anderen. Das kleine Mondgesicht leuchtete unsicher auf, verzog sich ängstlich – aber er hielt sich brav. Nach dieser achtungswerten Vorführung ging er von Arm zu Arm, weich und feucht wie er war.

Die Hitze nahm zu, wir machten einen heillosen Spektakel in der niedrigen Kammer. – Aber Potz Tausend! Es war spät geworden, wir kamen nicht mehr zur rechten Zeit ins Theater! Hals über Kopf nahmen wir Abschied – Michel kratzte mit dem Fuß aus, hoffte ... ein ander Mal wieder ...

Louison stürmte zur Mutter in die Küche hinaus und wieder herein – vor den Spiegel – und dann gingen wir auf und davon.

Das Theater lag unterhalb des steilen Montmartre, wir stürmten die Treppen hinunter und kamen glücklich mitten in den ersten Akt hinein.

Unsere Aufmerksamkeit wurde sofort von dem Stück gefangen genommen. Es war ein langes, rührseliges Drama, unendlich herzerweichend – Les deux gosses hieß es. Aber Louison und ich waren in solch gehobener Stimmung, daß wir das Stück als das einzige in der Welt betrachteten, ja als das Leben selbst – wir wurden stark davon ergriffen.

In jeder der häufig wiederkehrenden Pausen gingen wir in ein gegenüberliegendes Café und stärkten uns.

Dann wieder zurück ins Theater, und ... ja, hier hieß es, sich in das Unvermeidliche zu schicken. Nur immer zu, in drei Teufels Namen! Es lebe das zerrissene Herz! Da man mit dem Stück nun einmal als mit einer Tatsache zu rechnen hatte, so mag anerkannt werden, daß gar nicht schlecht gespielt wurde – All right, Ihr schicksalsschwangeren Weiber! Und Ihr tränentriefenden Mannsleute ... go ahead! Entfaltet euch! Recht so, fließt wie ein Teich über die Rampe! Bei den Göttern, über kurz und lang springen wir kopfüber ins Parkett und zerbrechen die Eierschalen dort unten.

Hin und her zwischen dem Café und den Possen. Es war, als hätten wir unser lebelang nichts anderes getan, als zwischen Erfrischungen und Schauspiel hin- und herzupendeln. – Jetzt bat der kleine, kranke Knabe um Gnade für seinen bösen Vater. Er bat eine Ewigkeit. Das ganze Theater schluchzte. Ich schielte zu Louison hin, sie weinte bitterlich. Da war es auch um mich geschehen, ich weinte und schnappte mit den Kiefern wie ein Krokodil.

Drüben im Café hatten wir unseren Stammplatz. Einige Stufen höher war ein Billardzimmer, wo drei oder vier junge Hähne spielten. Jedes Mal, wenn wir kamen, war da ein großer Kerl, der sich brüstete und uns musterte. Es war ein Eingeborener mit langem Haar und einer Sammetjacke.

Ein Mal kam er an unseren Tisch, um Louison Zigaretten anzubieten.

Nein danke, wir hätten selbst!

Er warf den Kopf in den Nacken – ich erhob mich vom Stuhl und trat einen Schritt vor. Wir standen eine Sekunde Auge in Auge, er sträubte die Haare und zog die Oberlippe hoch.

Louison zog mich am Ärmel – es war Zeit hinüberzugehen. Das Stück nahm seinen Verlauf, der kleine kranke Knabe wurde schrecklich verprügelt.

Lange war ich von einem Drang gequält worden, in meiner Erinnerung nachzuforschen – es war mir, als hätte ich dies alles schon mal gesehen. Jetzt, im letzten Akt, fiel es mir ein. Ich hatte das Stück in Christiania gesehen, dort hieß es »Die kleinen Landstreicher.« Auch dort weinte man, wie ich mich entsinnen konnte. Das Leben bleibt sich in der ganzen Welt gleich, lauter Unglück.

Ich war einen Augenblick fort gewesen, und als ich ins Café kam, schien es mir, als ob der langhaarige Künstler neben Louison stand und mit ihr sprach.

Wir setzten unser Hinüber und Herüber fort.

Plötzlich fiel es mir auf, daß Louison still geworden war.

Oben im Billardzimmer stolzierten die Queues durch den Tabakrauch, wie die Stelzen unsichtbarer Akrobaten.

 ... Wahrscheinlich war allerhand vorsichgegangen, was ich nicht beachtet hatte. Plötzlich saß ich allein und Louison stand oben neben dem Künstler. Ich mußte die Sache aber unbewußt verfolgt haben, denn sie überraschte mich nicht.

»Louison!« rief ich.

Sie sah zu mir hinunter, ihre Miene war kalt, zerstreut –

» Non, Monsieur!«

Indem sie die Worte sagte, sah ich, wie heiß geschwellt ihre Lippen waren. Der Künstler stand dicht vor ihr und redete auf sie ein mit seinem lackroten Mund und seinem kohlschwarzen Schnurrbart. – Binnen kurzem würden sich ihre Küsse gegen ihn entladen! Gott weiß, was er dazu sagen wird, wenn sie ihm mit ihrer Knallbüchse ins Gesicht pufft? Ich sah, wie er sich mit der Hand durchs Haar fahren und wie sich Wolken auf seiner Stirn sammeln würden ... hat dieser Russe dich solche Barbarei gelehrt? Das kommt davon, wenn man sich mit dem ersten besten Ausländer abgibt. –

Oh du Simson! Sie wird dir dein Haar abschneiden und es einem Perückenmacher verkaufen! Du wirst einen roten Fez aufgestülpt bekommen! Vorläufig wollen wir aber um sie kämpfen –

»Louison!«

Ich richtete mich höher auf und merkte, wie meine Gedanken sich gleichsam in trägen Wellenlinien bewegten. Ein Teil meines Gehirns war betäubt, aber ich dachte trotzdem mit vollständiger Klarheit. Mein Bewußtsein war wie eine Fensterscheibe, deren eine Hälfte geblendet ist.

»Louison,« sagte ich und erhob mich. »Komm, ich will dir etwas versprechen.«

»Was denn?«

»Komm, dann werde ich's dir sagen.«

Louison näherte sich zögernd. Der Künstler wendete sich flötend dem Billard zu.

»Gehen wir nicht zusammen nach Hause?«

Nein, Louison konnte nicht. Diesen Herrn kannte sie von früher her, er sei ihr Freund. (Louison sprach die Unwahrheit.)

»Willst du morgen denn nicht mit mir ins Bois? Das hatten wir uns doch vorgenommen. Willst du nicht?«

Sie dachte nach, machte einen Überschlag. »Doch,« sagte sie dann. Aber ich sah ihr an, daß sie nicht kommen würde. Da beugte ich mich zu ihr nieder:

»Der Ring!« flüsterte ich. Wir hatten vormittags einen Ring in einem Schaufenster bewundert. »Du sollst ihn haben, wenn du mich morgen treffen willst.«

Sie nickte hastig.

»An der Ecke beim Boulevard de Magenta?«

»Ja.« Sie nickte mit den Augen. Ich wußte, daß sie kommen würde. Und plötzlich wurde ich nüchtern – ich wurde ernüchtert bei dem Gedanken, daß ich nicht kommen würde. Nein, abgemacht. Louison sollte auf- und abspazieren und spähen, hin- und hergehen und warten! Die Leute im Eckcafé werden sich über sie lustig machen. Die Straßenbahnen werden eine nach der anderen vorbeifahren. Louison geht noch immer hin und her und wartet ...

Ich drückte hastig Louisons Hand und ging.

Als ich die Treppen zu meinem Hotel hinaufstieg, schien es mir sonderbar, daß ich nicht länger als vierundzwanzig Stunden fort gewesen war.

 

VII

Den ganzen nächsten Tag, von morgens bis abends, tat ich nichts weiter, als die Stadt kreuz und quer zu durchfahren, von einem Omnibus auf den anderen. Ich beabsichtigte abends abzureisen.

Als die Sonne im Untergehen war, befand ich mich in der Nähe des Père-Lachaise – ich ging hinein.

Es ist eine unübersehbare kleine Stadt von kleinen Grabkammern in römischem Stil, ein zweites Bild von Paris in verkleinertem Maßstab. So klein werden die Wohnstätten für das Volk, das die Straßen, die freie Luft und die breiten Betten liebt ...

Und während ich zwischen den Gräbern ging, schaute ich zufällig in die Höhe. Gerade dort, wo mein Blick den Himmel traf, sah ich einen großen Ballon lautlos dahingleiten – und gleichzeitig öffnete der Himmel sich zu einem bodenlosen Blau!

Über der Stadt färbte sich die Tiefe gelb, die Sonne war untergegangen. Die geisterhaft dünne Blase dort oben aber wurde von einem braungoldenen Licht durchleuchtet. Hastig zog sie vorbei, ab und zu die Fahrt beschleunigend. Obgleich kein Laut von ihr herabdrang, ging es wie ein Zugvögelsausen durch die Luft.

Als ich die fliegende Blase nicht mehr sehen konnte und meine Blicke abwärts schweifen ließ, war die Dunkelheit wie Schleier von grauem Schimmel aus den Grabsteinen hervorgewachsen. Es war ganz still rings umher, peinlich still.

– Mitten in der Nacht hielt der Zug in Amiens. Wir nahmen Kohlen ein. Die lange, athletische Expreßmaschine siedete schrill. Welche unfaßliche Spannkraft! Was für ein Magen!

Und wir fuhren weiter.

Es ging mit schneidender Energie vorwärts. Das Hackhack der Räder auf den Schienen verdichtete sich zu einem raschen, endlosen Versmaß. Über Stock und Stein, über Stock und Stein. Vorwärts mit blinder Willenskraft – obgleich uns ein Sturm entgegenbrauste.

Ein Zug raste nach der entgegengesetzten Richtung an uns vorbei, ich hörte einen abgerissenen Laut, der geschleift wurde – wir fuhren rascher als der Laut. Ich ahnte Köpfe in den erleuchteten Coupés. Vorbei!

Wir donnerten über eine Brücke, wir rasten wie eine zischende Peitsche durch Wälder, und die Bäume tanzten im Mondschein.

Wir kamen über offenes Land, wo der Zug rasch und leicht, ohne Widerhall zu erwecken, hinfuhr. Kleine Häuser lugten mit lichtverlassenen Fenstern über die Halden hinüber und duckten sich wieder nieder. Dörfer drehten sich ... wie Hunde, die erwachen und sich einmal um sich selbst drehen, bevor sie sich wieder niederlegen.

 ... Alle diese engen Orte, wo Schicksale ein Nichts sind, wo das Leben wie alte Strümpfe abgehaspelt wird, um als Stopfgarn für neue zu dienen.

Gegen Morgen legte ich mich auf die Bank nieder. Und wie man eine Kajütenwand bei Seegang schaukeln sehen kann, so sah ich die Rücklehne mir gegenüber vorwärtsjagen, in den Raum hineinsprengen. Mit diesem Gefühl von verzehrender Distanzgierigkeit schlief ich ein.

Der Zug verlangsamte seine Fahrt. Ich erwachte. Wir waren in Calais.

... So fahren Züge jeden Tag und jede Nacht. Ich steige aus und bin in Calais oder in Cadiz, in Chicago oder in Melbourne. Die Lokomotiven wälzen sich in die Hallen und heulen – die Entfernungen sind nur eine Stundenfrage.

Ist der Raum nicht mein, ist die ganze Welt mir nicht gleich nah!

Singt Lieder, leidet an Sehnsucht, Ihr Eingesessenen! Fliegt durch tiefe und unsagbare Träume, Ihr, die Ihr nicht weiter kommen könnt!

Behaltet die Orte, ihr Sehnsuchtsvollen, und gebt mir den Raum, der dazwischen liegt. Mein Herz ist leicht, weil ich keinen Standort habe. Adieu!

Es liegt eine kleine Insel in Ostindien, Misol mit Namen, dorthin könnte ich ebensogut reisen, wie zu einer anderen Insel. Kum heißt eine Stadt in Persien, die werde ich vielleicht besuchen. Was erwartet mich auf Ceylon?

– Das Blinkfeuer im Hafen von Calais drehte seine Lichtschwingen wie eine Windmühle gegen den Himmel. Wir passierten den Kanal unter Hagelschauern und bei hohem Seegang.

Ein Dampfer tutete.

Kapstadt! Singapore!

Yokohama! New-Orleans!


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