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Da der Doktor neben dem Edelmanne auf ihre Ankunft wartete: so ließ er noch ein Werk der Liebe durch Flex ausüben, seinen Bedienten. Er griff nämlich unter seine Weste hinein und zog einen mit Branntwein getränkten Pfefferkuchen hervor, den er bisher als ein Magen-Schild zum bessern Verdauen auf der Herzgrube getragen: »Flex«, sagte er, »hier bringe mein Stärkmittel drüben den untern Gerberskindern; sie sollen sich aber redlich darein teilen.« – Der Edelmann stutzte.
»Meiner Tochter, Herr von Nieß«, sagte er, »dürfen Sie nichts sagen; – sie hat ordentlich Ekel vor dem Ekel – wiewohl ich, für meine Person, finde hierin weder einfachen noch doppelten nötig. Alles ist Haut am Menschen, und meine am Bauche ist nur die fortgesetzte von der an den Wangen, die ja alle Welt küßt. Vor den Augen der Vernunft ist das Pflaster ein Pfefferkuchen wie jeder andere im Herzogtume, ja mir ein noch geistigerer.«
»Ich gestehe – versetzte der sich leicht ekelnde Dichter schnell, um nur dem bösen Bilde zu entspringen –, daß mich Ihr Bedienter mit seinem langen Schlepp-Rocke fast komisch interessiert. Wie ich ihm nachsah, schien er mir ordentlich auf Knien zu gehen, wie sonst ein Sieger zum Tempel des Jupiter capitolinus, oder aus der Erde zu wachsen.«
Freundlich antwortete Katzenberger: »Ich habe es gern, wenn meine Leute mir oder andern lächerlich vorkommen, weil man doch etwas hat alsdann. Mein Flex trägt nun von Geburt an glücklicherweise kurze Dachs-Beine, und auch diese sogar äußerst zirkumflektiert, daß, wenn sein Rock lang genug ist, sein Steiß und sein Weg, ohne daß er nur sitzt, halb beisammen bleiben. Diesen komischen Schein seiner Trauerschleppe nütz' ich ökonomisch. Ich habe nämlich einen und denselben längsten Lakaienrock, den jeder tragen muß, Goliath wie David. Diese Freigebigkeit entzweiete mich oft mit dem Piraner Prosektor, sonst mein Herzensfreund, aber ein geiziger Hund, der Leute en robe courte – aber nicht en longue robe – hat, und denen er die Röcke zu kurzen neumodischen Westen (nicht zu altmodischen) einschnurren läßt. Setz' ich nun seinem Geize mein Muster entgegen: so verweiset er mich auf die anatomischen Tafeln, nach denen unter den Gegenmuskeln der Hand der Muskel, der sie zuschließe, stets viel stärker sei als der, welcher sie aufmacht, und zu jenem Muskel gehöre noch die Seele, wenn Geld damit zu halten sei. Daher die Freunde auch die Hände leichter gegeneinander ballen als ausstrecken. Etwas ist daran.«
Als Theoda kam, hatte der Doktor, der im Vordersitz wartete, daß er durch einen Hüften-Nachbar fester gepackt würde, den verdrüßlichen Anblick, daß das Paar nach langer Session-Streitigkeit sich ihm gegenüber setzte. Die Tochter tat es aus Höflichkeit gegen Nieß und aus Liebe gegen ihren Vater, um ihn anzusehen und seine Wünsche aufzufangen. Zuletzt sagte dieser im halben Zorn: »Du willst dich sonach an das Steißbein und Rückgrat des Kutschers lehnen und läßt ruhig deinen alten Vater, wie ein Weberschiffchen, von einem Kissen zum andern werfen, he?«
Da erhielt er endlich an seiner hinüberschreitenden Tochter seinen Füllstein, zur höchsten Freude des rücksässigen Edelmanns, dessen Blicke sich nun wie ein Paar Fliegen immer auf ihre Augen und Wangen setzen konnten.