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Johann Georg Jacobi, dieser liebliche, anmuthsvolle deutsche Dichter, wurde den 2. Sept. 1740 zu Düsseldorf geboren. Um Theologie zu studieren, begab er sich 1758 nach Göttingen, von da aber, durch die Kriegsunruhen vertrieben, nach Helmstädt. Nach einem Jahre ging er aber nach Göttingen zurück, um seine akademischen Studien zu beendigen. Klotz, mit dem er hier in freundschaftliche Verhältnisse gekommen, war nach Halle berufen worden, und verschaffte auch Jacobi den Ruf dahin, als Professor der Philosophie und Beredsamkeit. In Halle wurde Jacobi mit Gleim bekannt, und diese Bekanntschaft war entscheidend für sein ganzes Leben; denn Gleim war es, der das Dichtergefühl vorzüglich in ihm hervorrief und nährte, da der Umgang mit Klotz ihn beynahe zum bloßen Philologen und Kritiker gemacht hätte. Ob Jacobi's Leben dann so glücklich und harmonisch geworden wäre, als es geworden ist, mag uns sein eigenes Geständniß sagen: »Mit Hülfe der Musen, sagt er, schuf ich mir eine Welt, so reich an Genuß, daß ich dasjenige, was sonst am ängstlichsten gesucht, am schwersten gefunden ward, nicht bedarf, es nicht einmahl zu gebrauchen weiß. In dieser meiner Welt kann es mir nicht einfallen, nach sogenannten großen Dingen zu streben, weil sie mir klein erscheinen, da hingegen mancher kleine Gegenstand, den die mehrsten kaum eines flüchtigen Blickes würdigen, sich in meinen Augen veredelt und mich festhält; und wie oft haben Dichterphantasien und die zu ihnen sich gesellende sorgenfreye Laune mir die rauhesten Wege geebnet!« Man sieht aus diesem Selbstgeständniß zugleich, daß, wenn irgend einer, Jacobi für Gleim geschaffen war, und in der That nannte man Jacobi und Gleim bald stets zusammen, wie Damon und Pythias. Gleim unterließ nichts, seinem Freunde jene sorgenlose Muße zu verschaffen, ohne welche die Bildung des Schönen nicht gedeihen kann, und es gelang ihm, demselben 1769 eine Präbende am St. Bonifatius- und Mauritiusstifte zu Halberstadt zu verschaffen. Vereint wirkten nun beyde, die Ehre unserer poetischen Literatur befördern zu helfen. Unter Gleim's Einfluß gab Jacobi seine Iris heraus (1774–76, 3 Bändchen), eine Zeitschrift für das schöne Geschlecht, die zu der Bildung desselben gewiß erfreulich gewirkt hat. Zwar hat man Jacobi nicht ganz mit Unrecht den Vorwurf von Süßlichkeit, einiger überflüssiger Breite und Empfindeley gemacht: allein wer mag dann auch Zartheit des Gedankens, Feinheit des Gefühls, Anmuth der Form, schönen Fluß des Verses bey ihm verkennen! Und mag man immerhin jene freundschaftliche Liebesbriefe, welche Gleim und Jacobi mit einander wechselten, belächeln, erfreulicher sind sie doch als jene Schmähschriften, womit Spätere sich einander in bitterm Haß verfolgten. Übrigens trifft auch jener Vorwurf nur einen Theil der Jacobi'schen Schriften, wie sie in den siebziger Jahren erschienen: ( Sämmtliche Werke, Halberstadt 1773–75, 3 Bände), und schon die Auserlesenen Lieder, welche J.G. Schlosser 1784 (Basel) von ihm gesammelt herausgab, und welche zu dem lieblichsten gehören, was wir in dieser Art besitzen, zeigen keine Spur mehr davon. Immer mehr näherte er sich der Vollendung, und die Muse, die ihn bis in sein Greisenalter begleitete, schien ihm immer höhere Gunst zu gewähren. Er folgte 1784 einem Rufe Josephs II. nach Freyburg im Breisgau, wo er als Professor der schönen Wissenschaften angestellt wurde. Während er hier durch Lehre und Beyspiel mit glücklichstem Erfolge wirkte, erfreute er das Publicum noch mit der Herausgabe seines Überflüssigen Taschenbuchs (1795–1800) und seines Taschenbuchs Iris (1803 fgg.). Sein eben so geschmackvoller als lehrreicher Auszug aus dem Antikencabinet des Herzogs von Orleans verdient mehr bekannt zu seyn, als er es ist. Nahe am Ziele des Lebens beschenkte er das Publicum noch mit einer Ausgabe seiner sämmtlichen Werke ( Zürich, 7 Bde), und die neue Auflage, die bald davon nöthig wurde, war ein Beweis, daß auch das Publicum in der Theilnahme gegen den lieblichen Sänger nicht lauer geworden war. Völlig unterschreibe ich das Urtheil eines Unbekannten über diese Sammlung, wenn er sagt: »Wer edle, sanfte Gesinnungen, wer die Stimme eines reinen und religiösen Herzens in einer gleichmäßig reinen, leichten und melodischen dichterischen Sprache gern vernimmt, wer sich oder einen gewähltern Zirkel auf eine eben so unterhaltende als belehrende Art durch abwechselnde literarische Aufsätze und Poesien ergetzen will, der wird Jacobi's Schriften gewiß dazu am angemessensten finden, weil sie auch im Durchschnitt auf ein größeres gebildetes Publicum berechnet sind. Nur etwa in einem Zeitalter, wo die größere Menge eben so roh als verbildet wäre, wo nur das Hochtrabende, Groteske, Caricaturmäßige, Übertragische, Üppige, nur manirirte Nachahmung einseitiger Originalität, alter oder neuer Nationalität gesucht würde, könnte Jacobi undankbar vergessen werden. Er sucht nicht die großen Gegenstände des Lebens auf, sondern weiß die kleinen, indem er sie unmerklich mit großen oder edlen Ideen verbindet, indem er sie dem Herzen näher bringt, achtungswerth zu machen. Seine Gedichte haben alle einen ähnlichen gleichmäßigen Charakter. Das herzliche Lied und die Epistelform gelingt ihm jedoch besser, als das Epigramm und die Satyre. In keinem seiner Gedichte wird man aber, bey einem leichten Plane des Ganzen, nicht auch auf einzeln ausgezeichnete Stellen stoßen.« Am 4. Jän. 1814 endigte sein schönes Leben; er starb geliebt und beklagt von allen, die ihn kannten, auch im Greisenalter noch zu früh, denn schön wie seine Lieder war seine Seele, sanft, theilnehmend, wohlwollend, liebevoll sein Herz.