Karl Immermann
Tulifäntchen
Karl Immermann

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Brummers Tod

              Fürstenzürnen, böses Zürnen!
Königsgrimm, o schlimm Verhängnis!

Brummer brummt und summt und surret
Um die Nase der Gesalbten,
Und schon schwillt, man sieht es deutlich,
Auf der Stirn der Landesmutter
Mählich an die Kollerader.

In dem großen Augenblicke
Sammelt Tulifäntchen schleunig
Alle Geister seiner Klugheit,
Nimmt behend aus seinem Täschlein
Ein erspartes Stückchen Zucker,
Hält es lockend in die Luft hin.
Kaum erschaut der grimm'ge Brummer
Das geliebte, stets ersehnte,
Nie genug geleckte Süße,
Als er durch die Luft geschwungnen
Kreises naht dem werten Zucker.
Aber Tulifäntchen mutig,
Sichern Blicks im Feldherrnauge,
Zielet mit dem Schwert, und eben
Wie das Ungeheu'r sich heftig
Niederstürzen will zum Zucker,
Stößt er ihm mit festem Stoße
Durch den Magen grad' das Schwert nun,
Daß die Spitze hinten vordrang.
Opfer seiner Leidenschaften,
Haucht' der Wütrich in den Hades
Seine Seele, lasterschmutzig;
Und der Held trug die gespießte
Leiche zu den Weibern; Jubel
Hallt' im Marmorsaal; vom Kusse
Der Erfreuten ward der Junkherr
Fast zu Tode dort gedrücket.

Aber jetzt erschien die Kön'gin,
Die Reichsapfeldosenträgrin,
Und geruhte, sich zu äußern:
«Unsre Stunde war sehr fruchtbar:
Künftig wird, behufs Ersparung
Überflüss'ger Tinte, niemals
übers i der Punkt gesetzet.
Dies erdachten Wir zum Heile
Treuer Untertanen gnädigst.
Das Gesetz emporzuhalten,
Werden Wir sofort ernennen
Hundertzwanzig Kommissarien
Mit auskömmlichen Diäten.
Eine Flieg' umflog, so dünkt Uns,
Unserer Person, der heil'gen,
Allerhöchste Riechorgane.
Schon erschraken Wir im Geiste
Selbst vor Unserm künft'gen Zorne,
Wenn das Untier sollte wagen,
Sei's durch Krabblung oder Kitzlung,
Sei's durch Rennen, Rüsselfühlen,
Unsre Nas' und Ruh' zu schädgen.
Denn wir sind, Wir wissen's, schrecklich,
Stört man Unsre weichen Stunden.
Doch auf einmal stille ward es,
Und Wir sannen weiter friedlich.
Hat jemand vielleicht durch kluge
Tücht'ge Tat die Flieg' entscheuchet,
Nenn er frei sich, denn bekannt ist's,
Daß Wir kein Verdienst im Staate
Lassen ohne Band im Knopfloch.»

Sprach jetzt die Premierministrin:
«Dieser tugendhafte Degen,
Kön'gin, ist der Held des Tages.»
Knixte, hob auf ihren Fächer
Tulifäntchen, präsentierte
Ihrer Königin den Helden.

Und das Knie bog Tulifäntchen,
Und der Fliege Leichnam hielt er
Hoch empor am Schwert, dem guten.
«Mögen deines Namens Feinde
All' wie dieser Brummer enden!»
Sprach er mit gesetztem Mute.

Doch die Kön'gin sagt' in milder,
Würdger, königlicher Haltung:
«Fremder Ritter, du erwarbest
Großes Recht auf Unsern Dank dir.
Wir erkennen's, Wir beweisen's.
Leb im Staat von Mikromona,
Ausnahmsweis', ein Mann und dennoch
Hochgeehrt! Der Hof vernehme:
Wer dem Paladine wohltut,
Reicht der Königin die Wohltat.
Mit des Reiches höchstem Orden
Seid Ihr, Held, hiermit bestallet.
Mit dem Orden vom Pantoffel!»

Unbeschreiblich war die Wirkung,
Welche diese Wort' erzeugten.
Tulifäntchen war gerühret,
Grandiose war desgleichen
Sehr gerührt von ihrer Güte.
Alle Kammerdamen weinten,
Laut aufschluchzte die Ministrin,
Schimmel draußen schwamm in Zähren.
Drauf zur Tafel ging man, speiset'
Mit erhöhtem Appetite.
Abends war die Stadt beleuchtet,
Und in rotem, grünem Feuer
Brannte transparent an hundert
Orten: «Vivat!» und: «Es lebe
Tulifäntchen Fliegentöter!»

So ward groß der Held im Kleinen
An dem Hof von Mikromona,
Welches liegt im Reich der Weiber.


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