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Während dieser Zeit war ein Diener mit einem Handpferd in den Palasthof des Gouverneurs von Drontheim eingeritten. Er war mit Kopfschütteln und mißvergnügter Miene abgestiegen und machte sich eben fertig, die Pferde in den Stall zu führen, als plötzlich Jemand ihn barsch am Arm ergriff.
»Wie!« rief ihm eine Stimme zu, »Du kommst allein, Paul! Wo ist denn Dein Herr?«
So fragte der alte General Levin von Knud, der von seinem Fenster aus den Bedienten ohne seinen Herrn hatte ankommen sehen und in den Hof herbeigeeilt war.
»Excellenz,« erwiederte der Diener mit einer tiefen Verbeugung, »mein Herr ist nicht mehr in Drontheim.«
»Wie? Er war also da? Er ist wieder fort, ohne seinen alten Freund zu sehen? Und seit wann denn?«
»Er ist diesen Abend angekommen und diesen Abend wieder fort.«
»Diesen Abend? Diesen Abend! Wo ist er denn abgestiegen? Wohin ist er denn?«
»Er ist im Spladgest abgestiegen und hat sich nach Munckholm eingeschifft.«
»Hm! Ich glaubte ihn bei den Gegenfüßlern. Was Teufels hat er denn in dem alten Schlosse zu thun? Was machte er denn im Spladgest? Das ist ja ein wahrer fahrender Ritter! Ich bin freilich selbst Schuld daran, warum habe ich ihn so erzogen? Ich wollte ihn frei wissen, trotz der Fesseln seines Ranges . . .«
»Ei!« fiel Paul ein, »er kümmert sich auch verdammt wenig um die Etikette.«
»Wenn er nur etwas mehr Herr seiner Launen wäre! Nun, er wird schon kommen. Laß Dir inzwischen nichts abgehen, Paul! Nun, seid ihr weit miteinander in der Welt herumgezogen?«
»Mein Herr General, wir kommen gerade von Bergen. Mein Herr war traurig.«
»Traurig! Was hat es denn zwischen ihm und seinem Vater gegeben? Will ihm diese Heirath nicht einleuchten?«
»Ich weiß es nicht, aber Seine Erlaucht will es nun einmal so haben.«
»Will es so haben! Der Vicekönig will es so haben! Will denn Ordener nicht?«
»Ich weiß nicht, Excellenz! Er scheint traurig.«
»Traurig! Wie hat ihn sein Vater empfangen?«
»Das erste Mal, das war im Lager bei Bergen. Seine Erlaucht sagte: Ich sehe Dich nicht oft, mein Sohn! – Desto besser für mich, mein gnädiger Vater, erwiederte mein Herr, das ist ein Zeichen, daß Sie mich vermissen. – Hierauf erzählte er von unsern Reisen in dem Norden, worauf Seine Erlaucht sagte: Das ist gut! – Am andern Morgen, als mein Herr von seinem Vater kam, sagte er: Man will mich verheirathen, ich muß aber erst meinen zweiten Vater, den General Levin sprechen. – Dann habe ich die Pferde gesattelt, und jetzt sind wir hier.«
»Wirklich,« sagte der alte General gerührt, »wirklich, er hat mich seinen zweiten Vater genannt?«
»Ja, Euer Excellenz.«
»Wehe mir, wenn ihm diese Heirath zuwider ist, denn ich will lieber bei dem König in Ungnade fallen, als dazu helfen. Inzwischen, die Tochter des Großkanzlers beider Königreiche . . . Höre, Paul, weiß Dein Herr, daß seine künftige Schwiegermutter, die Gräfin Ahlfeldt, seit gestern incognito hier ist, und daß der Graf erwartet wird?«
»Ich weiß nicht, mein General!«
»Ja wohl!« dachte der alte General, »er muß es wissen, sonst hätte er nicht gleich bei seiner Ankunft zum Rückzug geblasen.«
Der General nickte gegen Paul und die Schildwache, die das Gewehr vor ihm präsentiert hatte, wohlwollend mit dem Kopf und ging in den Palast zurück.