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Es ist Sonntag und ich habe soeben einen Zehnmarkschein gefunden. Zehn Mark ist enorm viel Geld, ich hatte nurmehr 2 Mark, und hätte noch vier Tage bis zum 1. auskommen müssen. Ich bin also gerettet, ich habe nun jeden Tag drei Mark zu verzehren. Da ich Miete, Essen, Trinken, Rauchen schuldig bin, auf der Trambahn schwarzfahre, so komme ich also aus.
Ich bin ein junger Mann. Es ist Frühling, die Straßen stinken, die Frauen sind bunt, die Anlagen grün – ich will in den Zoo gehen. Die gefundenen 10 Mark machen mich zum Casanova. Ich überlege: Es ist Frühling, die Sonne scheint, es wird aber bald regnen – auf alle Fälle: Ich brauche eine Frau. Was für Frau, weiß ich nicht. Ich habe keinen Typ. Mir gefällt jede. Ich bin nicht wählerisch, nur feig. Aber mit 10 Mark in der Tasche, da brauch ich keine Angst zu haben vor einer Tasse Café, sie kann auch zwei Kuchen essen – wenn ich ein Auto hätte, dann wär ich unwiderstehlich.
Also: Die erste Frau war eine große schlanke blonde Frau. Sie stand vor einem Käfig, in dem nichts drinnen war. »Es ist nichts drinnen«, sagte ich. »Nein«, sagte sie, »es ist wirklich nichts drinnen.« Wir schauten beide auf den leeren Käfig. »Es war vielleicht etwas drinnen«, sagte ich. Sie schwieg. »Ich glaube, es war etwas drinnen«, log ich. »Es wird vielleicht noch immer drinnen sein, ich habe gehört, daß etwas drinnen ist.« Ein Junge blieb stehen und guckte hinein. Immer mehr Leute kamen und guckten. »Was ist da drinnen?« frug ein Herr. »Es ist was drinnen«, antwortete ich. Die Frau lächelte und ging weiter. »Junger Mann«, frug eine dicke Frau, »wat is hier drinn?«
Es sammelten sich immer mehr und mehr Leute. Ich ging. Meine Blondine stand vor den Löwen. Der Löwe sah traurig aus. Vor ihr stand ein Herr, der bildete sich ein, den Löwen hypnotisieren zu können.