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Romanexposé: Verrat am Vaterland

Michael, 25 Jahre alt, Journalist, der älteste und stärkste der drei Brüder Babuschke, verließ fünfzehnjährig die Mutter, die Witwe eines kleinen Beamten, die mit Affenliebe für sein leibliches Wohlergehen sorgte, dagegen seinen unreifen Idealen, Kraftmeiereien und dem Triebe nach romantischen Abenteuern feindlich begegnete. Begeisterungsfähig für alles Gewaltige wollte er heute Prophet, morgen Pferdedieb werden. Leidenschaftliche Liebe verband ihn mit seinem Vaterlande, unter dem er sich allerdings nur einen historischen Begriff realisierte, keinen lebendigen. Denn die Liebe zu seinem Volke, zum lebenden Vaterland, erstand erst durch seine Erkenntnis, daß er zum Führer ausersehen sei, erst durch das Wachsen des Intellekts reifte seine Liebe, eine egozentrische Nächstenliebe, die sich bald auf die ganze Menschheit ausdehnte. In allen Sätteln wenn auch nicht gerecht, so doch gesessen, war er aus Romantik jedem Kompromisse zwischen Idee und Realität abgeneigt; und so sah er seine sektiererischen Heilslehren immer wieder an dem »Spießbürger« zerschellen. Und bald bestand für ihn sein ganzes Volk nurmehr aus »Spießbürgern«, und seine ursprünglich allein auf ihn konzentrierte Liebe wandelte sich in Haß, in aktiven Haß, in Zerstörung. Alle Kosmopolitik wich dem fanatischen Hassen der Sippe, dem Hasse auf das einst geliebte als historischen Begriff realisierte Vaterland.

Könnte er, würde er es vernichten. Zur Zerstörung ist ihm jede Hilfe willkommen. Er wird Spion, tritt in den Dienst einer ausländischen Macht. Mit seinem Bruder Joachim, den er für seine Pläne gewann, geht er an die Organisation.

Joachim, 23 Jahre alt, Versicherungsagent, willigte sogleich ein. Über seine Feigheit, die ihn an der Mitarbeit hätte hindern können, triumphierte sein skrupelloser Leichtsinn. Als Schwächling brach jede Gefühlsargumentation sein Gewissen. Intelligent genug, um zu sehen, wie die Mächtigen die schwersten Verbrechen ungestraft begehen, war er zu zynisch aus Pessimismus, um gegen sie zu kämpfen, wie Michael, sondern er schloß sich ihnen an. Er bediente sich mit Arroganz derselben rücksichtslosen Mittel.

Michael und Joachim überreden nun den jüngsten Bruder, Friedrich, der als Soldat im Fort dient, für sie militärische Dokumente zu stehlen. Friedrich ist 20 Jahre alt und der »tumbe« Ritter seines Regiments. Haben seine Brüder keine bejahende Einstellung zur Gemeinschaft, hatte Michael jedes Zusammengehörigkeitsgefühl überwunden, und Joachim nie eines empfunden, so scheint Friedrich ganz aus Anhänglichkeit, wenn auch, infolge seines zurückgebliebenen Intellekts, nur zur Familie, aus Treue ohne Kritik zu bestehen. Besonders liebt er Michael. Nie hatte er es ihm vergessen, daß er ihn als Junge immer vor seinen Kameraden beschützt hatte. Er empfindet zu ihm gehorsames Vertrauen. Ist bei Michael das Gerechtigkeitsgefühl, bei Joachim ein rattenhafter Selbsterhaltungstrieb, so bei Friedrich das Dankbarkeitsgefühl Hauptmerkmal. Eine Dankbarkeit ohne Unterscheidungsvermögen für die Größe der ihm erwiesenen Wohltat. Und dies ist auch der Grund, weshalb er sogleich einwilligt, die Dokumente zu stehlen. »Er stiehlt sie, weil er den Feldwebel haßt«, meint Joachim.

Die Unterredung der drei Brüder findet in der Wohnung Dianas statt. Dies ist eine ehemalige Schauspielerin, Diana ist ihr Künstlername, ohne jemals irgendwo engagiert gewesen zu sein. Mit nervöser Begierde nach Luxus markiert sie die teuer geborene Hure und ist doch nur eine untalentierte Schauspielerin, die, wenn sie nicht gut gewachsen wäre, im besten Falle Stenotypistin geworden wäre. Sie wird von zwei Männern, die geschäftlich miteinander zusammenarbeiten, ausgehalten, nämlich von einem alten hypochondryschen Börsianer und einem dicken, feisten Warenhausinhaber, der sich aus Armut emporarbeitete, und stolz auf Diana ist.

Für Joachim empfindet Diana keine Liebe, trotzdem bevorzugt sie ihn vor allen anderen, denn sie empfindet ihn als derart minderwertig, daß sie sich durch seine Anwesenheit erhöht fühlt. Ist ihr ersteres bewußt, so ist letzteres ihr unbekannt. Joachim aber weiß warum sie ihn bevorzugt, und seines Wissens wegen fühlt er sich ihr überlegen, doch ist diese seine Befriedigung nur Ausrede vor seiner Eitelkeit. Vor Michael hat Diana Angst. Und da sie ihm ihre Furcht zeigt, macht sie ihn erst aufmerksam auf sich, weil er ihre Scheu als Aufforderung erfaßt. Aber er weist sie zurück, verbittet sich die Störung, und nun fängt sie ihn an zu hassen. Zweimal stiehlt Friedrich Dokumente. Das erste Mal gelingt es ihm, Michael bekommt Geld und die Sache endet mit einer wüsten Sauferei bei Diana, die nichts von der Spionage weiß. Aber das zweite Mal wird Friedrich ertappt und eingekerkert.

Er wird verhört und verhört. Man forscht nach Komplizen. Er schweigt. Er wird von den Detektiven verprügelt. Er schweigt. Alle Qualen erträgt er geduldig. Die Liebe des, wie seine Kameraden ihn spotteten: »im Rausch gezeugten« Soldaten mit dem stolzen Namen Friedrich ist stärker als jeder Schmerz. Er ist die Kreatur, die das Schicksal aus Witz zum Helden erhob.

Als Joachim von der Verhaftung erfährt, bricht seine Feigheit grell hervor, sein am Lebenkleben. Fast verrückt traut er sein Geheimnis Diana an, »wie einer Mutter«. Doch diese benachrichtigt aus Ärger über die plötzliche Entlarvung ihrer eigenen Hohlheit, aus Sadismus und vor allem aus Haß auf Michael die Polizei. Lockt Joachim in eine Falle: sperrt ihn nach einer Nacht ins Klosett und ruft die Polizei. Als die erscheint, findet sie Joachim als Wahnsinnigen vor.

Aber, bevor sie noch erscheint, pocht Friedrich, dem es gelungen war aus dem Gefängnisse zu entfliehen, bei Diana an. Nicht um Hilfe zu erflehen, sondern um sie wiederzusehen. Er liebt sie seit jenem Saufgelage, seit jener Nacht. Damals spielte nämlich Diana aus Scherz, die in den großen »Feldherrn« Verliebte und drängte sich schamlos in seine Seele.

Nun kommt aber die Polizei und Friedrich flieht durch ein Fenster, von der verzweifelten Diana unterstützt, wird aber auf der Straße »auf der Flucht« erschossen.

Michael aber glückt die Flucht, trotz Polizeihunden, Detektiven und Militärstreifen. Drei Nächte und zwei Tage über hält er sich im Walde verborgen, flieht durch Dörfer, geht in die Berge.

Jeder Lebensbeweis stärkt seinen Haß, raubt ihn aber durch tausend stumme Fragen den Mut. Den Mut zur letzten Konsequenz, zur Selbstzerstörung, obwohl er sich ja erschießen will. Das Gesetz des Lebenmüssens, die Erkenntnis der eigenen Schwäche, die aus Feigheit Mitleid zeugt, besiegt seinen Haß.

Er geht über die Grenze, leer und gebrochen, aber mit den Möglichkeiten, ein neuer Mensch werden zu können.

Theoretisches


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