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Mittelstand
Der Mittelstand ist eine Klasse, eine eigene zwischen zwei anderen, heute. Seine Grenzen verwischen sich, aber es ist doch eine Klasse, kein Übergang, eine Klasse mit eigener Ideologie.
Mit einer Ideologie, die nur scheinbar schwer ramponiert worden ist. (Ibsen)
Die Durchgangsstation für wenige einzelne aus dem Proletariat ins Kapital.
Der Mittelstand ist fast gleich mit der Familienkultur. Er hat sich von der Horde losgelöst, aber er ist noch nicht fähig zur wirklichen Gemeinschaftsidee.
Wir erleben eine Renaissance des Mittelstandes. Mächtig ist er im Vordringen im alten Europa – er trägt aber natürlich die Keime des Zerfalls in sich.
Die Entstehung der Familie liegt unter dem grauen Himmel der Prähistorie.
Die Entstehung der Familie Qu.
Man streitet sich darüber, ob der Mensch ein Produkt seiner Umgebung ist, ob die Menschen materialistisch bedingt oder ideologisch bedingt sind. Die Wahrheit werden wohl meist die Unzufriedenen ertragen und suchen, die Zufriedenen nicht. Die sich in ihrer Zufriedenheit bedroht Fühlenden, die unsicher Gewordenen, werden eher dazu neigen, phantastische Theorien aufzustellen. So werden sie behaupten, sie hätten einen Odem Gottes in sich. So behauptete Ferdinand Qu., daß es einen göttlichen Odem gibt, während Karl Qu. dies leugnete. Er las Nietzsche. – Tatsache bleibt, daß Ferdinand Qu. ein Gemüsegeschäft hatte.
Die Familie Qu., deren Genealogie hier beschrieben werden soll, kann nur bis in das vierte Glied verfolgt werden – bis dahin, wo sie als dritter Stand auftaucht. Der Urgroßvater kam aus Mitteldeutschland, mehr weiß man nicht. Aus Hannover, aber niemand der Familie kennt Hannover. (Als Urgroßvater Qu. durch Europa zog, gab es noch keine Eisenbahnen.)
Es scheint ein bestimmtes Gesetz zu geben, daß die Energie der Enkel gleich ist der Energie der Großeltern, also immer eine Generation überspringt.
Durch Fleiß, Sparsamkeit und Stetigkeit empor mit der Familie Qu.!
Die Schattenseiten: die Ausbeutung!!
Seine Nachkommen: für die ist die Ausbeutung eine Gewohnheit. Wer diese Zusammenhänge klarlegte, die neuen Ideen flößten ihnen Schrecken ein, genau wie seinerzeit die christlichen Ideen den römischen Soldaten, das sich in Lachen und Spott offenbarte.
Wohl gab es einige Idealisten, aber ihr Sozialismus blieb in ihrer Jugend beschränkt und war Theorie. Ein theoretischer Idealismus.
Der Mittelstand
(Der Mittelstandsgott ist ein alter Herr mit einer ehrfurchtheischenden Miene. Er versteckt seine Pantoffeln unter seiner Toga. Er sieht einem guten, aber strengen Großvater ähnlich. Er ist der Schutzgott der kleinen Betriebe. Auch er ist ein scheinbar antikapitalistischer Gott.)
1. Allgemeiner Überblick
a) Wesen des Mittelstandes
b) Soziologie
c) Historisches (Französische Revolution)
d) Entwicklungsgeschichte – Formveränderungen.
2. Die vorletzte Gestalt des Mittelstandes (1890-1918)
(Die wilhelminische Zeit des Mittelstandes == totale Verblödung) Marx (über Mittelstand: Bäcker, Hausbesitzer, Metzger usw. – sie alle zehren am Fleische des Proletariats)
3. Der Zusammenbruch des alten Mittelstandes durch die Gewalten: Krieg. Inflation
(Phönix aus der Inflation == der neue Mittelstand, das sind: die Angestellten; aber hier hat sich schon etwas wichtiges verschoben, nämlich der ›eigene Herr‹-Standpunkt existiert nicht mehr – der auch nur vorher schon immer illusorischer geworden ist). Stabilisierung. Rationalisierung. Und durch die stärkste Gewalt: die Errungenschaften der Technik. Durch die Errungenschaften aber, in Anpassung lebt der Mittelstand noch weiter in den »Angestellten«. – Wird er sich zu einem neuen Typ konsolidieren, oder wird er aufgeben im Proletariat und in der Leibgarde der Bourgeoisie? Das ist die Frage des Mittelstandes.
(Zur Genealogie) Geschichte der Familie Qu.
Geschichte der Familie St.
(die nie besonders auffällt)
Revolution der Frau
4. Die neuen (werdenden oder Übergangsformen) Formen des Mittelstandes.
I. Überbleibsel aus der Schieberzeit
II. Aufstieg aus dem Proletariat
Beide verschwindend gering
a) aus Arbeiterschaft direkt
b) aus proletarischen Parteien (Stadtrat, Funktionär, Beamter usw.)
III. Überbleibsel aus dem alten Mittelstand
Gewerbe, Kaufleute (Kampf gegen das Warenhaus), Hotelier, höhere Beamte, Reichswehroffiziere und Polizeioffiziere.
›Freie‹ Berufe: Arzt, Ingenieur, usw.
Die Intellektuellen: Schriftsteller, Maler, Musiker, Journalist.
Die Studenten. (So großer Zulauf auf die Universität aus Angst vor Verproletarisierung). Ein Aufstieg in die Bourgeoisie – wie eine Sage, eine Legende, klingt die Kunde vom Aufstieg eines fernen Verwandten.
(Auch in Amerika ist ja nichts mehr zu wollen)
Nach der Spitze der Pyramide
(Der Erfinder, der durch seine Erfindung mit beiträgt, den Mittelstand zugrunde zu richten. (Tragik))
IV. Degradiert aus Bourgeoisie
Die Familie, die von der Pension des alten Majors lebt. Sie pflegen ihn, daß er nicht stirbt. Er stirbt trotzdem vor dem 1. Oktober, am 29. September.
Die Universitätsprofessoren (ein Bollwerk des Mittelstandes)
V. Degradiert aus Aristokratie
Graf Arthur. Gräfin – Heinz. Das verlorene ›von‹ Der Haß auf das Bürgertum.
VI. Die Angestellten. (Das Produkt aus allen Degradierungen)
Die Töchter des zugrundegegangenen Chauffeur.
Schlafwagenschaffner.
Der Syndikus – Der Prokurist: die Schlaraffen
Neue Berufe und Vergnügungen: Sport, Homöopathie, Mystik, Okkultismus, Spiritismus.
Der Sport (Berufsboxer mit und ohne Erfolg.)
Leichtathletik.
Der Speerwerfer, das ist sein ganzer Stolz.
Die Sommerfrische (ihr Tod = Ablösung durch das Auto)
Das Kruzifix, errichtet vom Verschönerungsverein.
VII. Proletarisierter Mittelstand.
Die Schönheit von Fulda. (Der verarmte Beamte)
Die »Völkischen« – (Der ›freisinnige‹ Vater – der Hakenkreuz-Sohn)
Ein Gespräch über Kunst
Ein Gespräch über Politik
Der Tod des Märchens
5. Tragik und Überwindung des Mittelstandes
(Tragik: die wertvollen Söhne verlassen den Mittelstand)
Die Lehrerin von Regensburg (Die Spitzel)
Die Bekehrung des Studenten Salm
Die Kommunisten
Die Entstehung des revolutionären Schriftstellers Kurt Albrecht.