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Wolfgang befand sich endlich im Lande der Blumen, der Poesie und der schönen Künste. Über seinem Haupte wölbte sich der ewig blaue Himmel Italiens. Wie oft hatte er gewünscht, dieses herrliche Land zu sehen, und wie wenig hatte er daran gedacht, daß sein Fuß es so bald und unter solchen Verhältnissen betreten werde.
Nach langer Fahrt erreichte er die Villa Maldoni, wo er Cedernstein finden sollte. Eine lange Doppelzeile von Pinien führte zu dem stattlichen, mit Park und Mauern umschlossenen Gebäude, klopfenden Herzens und froh, als Glückbringer zu kommen, stieg Wolfgang die Freitreppe hinan.
Gräfin Isabella bot ihm den Willkomm.
»Herr Graf,« sprach sie mit ungeheuchelter Freude, »ich bin wohl die erste auf italienischem Boden, die Sie mit Ihrem neuen Titel begrüßt?«
»Sie sind es wirklich,« antwortete Wolfgang, »aber ich begreife nicht, wie Sie in der Ferne von dem unterrichtet sind, was sich in Kesselsheim begeben hat.«
»Das Geheimnis ist leicht gelöst,« antwortete sie.
»Eine deutsche Zeitung berichtete darüber. Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen Glück!«
»Wie geht es dem Herrn Grafen?« fragte Wolfgang. »Zum Erbarmen!« gab sie zur Antwort.
Sie führte ihn durch eine Reihe von Gemächern. »Warten Sie hier,« lispelte sie, indem sie einen Vorhang aufhob und in ein kleines Gemach schlüpfte. Wolfgang sah den Grafen auf einem Ruhebette liegen. Seine Gestalt war abgemagert, seine Augen lagen tief in den Höhlen, und seine Stimme klang rauh und heiser.
»Bist Du es, Isabella?« fragte er.
»Ich bin es, Wallram. Wie fühlst Du Dich?«
»Vortrefflich, Isabella, vortrefflich. Die Raben bekommen ein fettes Mahl an mir. Aber sprich nicht so laut. Das Dienstvolk argwöhnt schon lange etwas. Ein einziges Wort macht das Maß voll, und dann ist alles verloren. Wie werden sie lachen, wenn der Cedernstein hinausgeschleppt wird, ein Seil am Halse, die Hände auf dem Rücken gebunden. Das Volk läuft zusammen. Der Sennisheim voran in erster Reihe. Sieh', wie er teuflisch lacht und sich über meinen grausigen Tod freut, weil ich ihm die Rechnung verdorben! Lach' nur, an Dich kommt auch die Reihe!
»Wallram, Wallram,« schluchzte die Gräfin. »Ermanne Dich! Du bist hier in Sicherheit, in meiner Obhut. Niemand ist da, der Dir etwas zuleide tun will.«
»Niemand? das ist doch sonderbar. Da müßte ja die Welt so verdorben sein, wie ich selbst. Wenn sie noch Sinn für Gerechtigkeit hat, dann muß sie mich vernichten.«
»Die Menschen sind weniger schlimm, wie Du glaubst, Wallram.«
»Doch, Isabella, die Menschen sind schlimm, und ich bin der schlimmste. Platz, da rückt der Buchenwald vom Berge herab. Drohend wenden sich die Äste gegen mich, und jedes Blatt wird zu einem Gesichte, das mir die Zunge entgegenstreckt. Platz, Isabella, die Bäume erdrücken mich.«
Er sprang auf, schlug um sich und flüchtete von einer Ecke des Zimmers in die andere. Erschöpft fiel er endlich auf das Lager zurück, winkte Isabella zu sich heran und lispelte: »Sie sind vorüber, aber sie werden wieder kommen. Setz' Dich, Isabella, ich will Dir eine Geschichte erzählen, aber Du mußt sie tief in Dein Herz verschließen. Es war einmal ein reicher Mann, der viele Äcker, Wälder und Wiesen besaß. Zu seinem Glücke fehlte nur ein Wald. Da bot er große Summen, aber der Eigentümer gab ihn nicht. Der reiche Mann ertränkte seinen Ärger in kostspieligen Festen und im Spiele, aber er fand keine Ruhe. Schwere Schulden drückten ihn. Da kam der reiche Mann auf einen verfluchten Gedanken. Er zog sich einen Fälscher groß. – Hast Du's gehört, einen Fälscher. Nun war es dem reichen Manne eine Kleinigkeit, den Wald zu bekommen und seine Schulden zu bezahlen. Der Fälscher schrieb den Namen, den er brauchte, unter einen Kaufbrief und machte falsche Banknoten.«
»Ich kenne diese Geschichte,« sprach die Gräfin, »Du hast sie mir oft erzählt.«
»Habe ich? und Du weißt, wer der reiche Mann war?« Isabella nickte.
»Tritt mich mit Füßen, Isabella, denn ich selbst war jener reiche Mann. Wäre der Holzhacker nicht gewesen, so hätte ich den Wald gehabt und die Bäume wären nicht lebendig geworden. Aber der Holzhacker ist ein Hexenmeister. Er hat auch die Buchstaben lebendig gemacht. Ihrer sieben tanzen des nachts wie Totengerippe um mein Lager, klappern mit den dünnen Beinen und sprühen Feuer aus den Augenhöhlen. Horch, da sind sie wieder. Ein Holzhacker führt sie an. Er ruft die Nummern aus und schreit mit einer Stimme, die durch das ganze Königreich dringt: Graf Cedernstein hat Banknoten gefälscht! Graf Cedernstein muß an den Galgen!«
»Wallram, besinne Dich,« bat Isabella mit aufgehobenen Händen, »Wolfgang will Dir nichts Böses.«
»Haha, nichts Böses! Er muß, mag er wollen oder nicht! Der Ritter mit dem zerschlagenen Schädel hat es ihm geboten. Er würde ihn mit seinen eisernen Handschuhen würgen, wenn er's nicht täte. Der Wyrich hat seit tausend Jahren einen Span mit mir, und den muß Wolfgang ausfechten. Ich glaube, er wird mir ebenfalls den Schädel einschlagen.
Isabella faßte die Hand ihres Gatten. Es war ihr ein Gedanke gekommen. »Wallram«, sprach sie, »wenn Wolfgang wirklich solch feindliche Gesinnungen hegte, sollte es kein Mittel geben, ihn zu besänftigen?«
Der Kranke stutzte und sann hin und her: »Ich glaube doch,« sprach er langsam. »Wenn ich Holzhacker würde und er Graf, dann vielleicht. Aber, Isabella, ich will kein Holzhacker werden, weil die Bäume lebendig sind. Ein Fälscher bin ich, aber kein Mörder. Das ist der Sennisheim, nicht ich. Ja, der Sennisheim würde sich nichts daraus machen, die lebendigen Bäume niederzuschlagen.«
Die Gräfin faßte die Hand des Kranken noch fester und lispelte: »Wallram, ich glaube, Du könntest Wolfgang leicht versöhnen. Wie wäre es, wenn Du ihm den Wald zurückgäbest?«
»Den Wald kann ich nicht zurückgeben. Die Bäume haben ihren eigenen Willen. Ein Zauberspruch muß sie erlösen.«
»Das könnte ja geschehen.«
»Meinst Du? Wer sollte es tun?«
»Ich denke, Wolfgang selbst.«
»Ja, wenn der will. Er kann es, denn er hat von dem toten Ritter das Geheimnis erfahren.«
»Soll ich ihm schreiben?«
»Nein, Du mußt selbst hin. Binde Dir unter jede Sohle einen Buchensplitter, so kannst Du schneller fliegen als der Sturmwind, und Du bist im Augenblicke da.
Die wilden Gedanken, die unaufhörlich Wallrams Geist durchströmten, ermüdeten seinen Leib. Die Augen fielen ihm zu.
»Welch ein schrecklicher Zustand,« flüsterte Isabella, als sie zu Wolfgang ins Gemach trat. »Wenn es nicht bald gelingt, die Trugbilder von seinem Geiste hinwegzunehmen, so wird er in unheilbaren Wahnsinn verfallen.«
Wolfgang war der Meinung, daß man auf die Hirngespinste eingehen müßte.
Als Wallram aus seinem Schlafe erwachte, stand die Unterredung, die er mit seiner Gattin geführt hatte, noch lebhaft vor seinem Gedächtnisse. Er sprang auf, schaute zum Fenster hinaus und sprach zu sich selber: »Sie ist eine kluge Frau und weiß jedes Ding richtig anzufassen. Sie wird den Holzhacker freundlich gestimmt haben.«
Isabella trat leise hinter ihn und berührte seine Schultern. »Wallram«, sprach sie, »es ist gelungen. Der Zauber ist gesprochen, die Bäume stehen wieder fest auf ihren Wurzeln.« Ein Schimmer der Freude ging über sein Antlitz. Sich zu seiner Gattin niederbeugend, fragte er: »Zürnt Wolfgang mir noch?«
»Nicht so sehr, aber er will den Wald haben.«
»Und dann?«
»Hierherkommen und Dir freundlich die Hand drücken.«
»Du bist ein kluges Weib, Isabella. Wir wollen ihm den Wald lassen. Über kurz oder lang würden die Geister doch wieder lebendig werden und mich verfolgen. Tue ihm das zu wissen.«
»Vielleicht würde er mir nicht glauben, Wallram. Es ist besser, Du schreibst einen Brief an ihn, in dem Du förmlich Verzicht leistest. Hier ist Papier, nimm die Feder und schreibe.«
Der Kranke setzte sich nieder und machte einige Kritzler. »Da ist es schwarz auf weiß,« sagte er. »Der Teufel wollte mir die Feder aus der Hand reißen. Ich habe aber fest gehalten, und nun ist es mir, als wenn eine schwere Last von meinem Herzen gefallen wäre. Laß den Boten Tag und Nacht reiten, und wenn er Wolfgang mitbringt, dann sage ihm, dem Anfange solle auch der Fortgang folgen.«
»Was meinst Du damit?«
»Ich will Cedernstein und den alten Kometen niederbrennen. Dann gehen die bösen Geister zu Grunde, die mich verführt haben. Die Steine aber will ich zu Staub zermalmen und keine Spur soll von ihnen übrigbleiben.«
Am folgenden Tage brachte die Gräfin einen Brief von Wolfgang, worin er volles Vergessen des Vorgefallenen gelobte und versprach, in den nächsten Tagen selbst nachzukommen.
Im Geiste des Kranken war nach Durchlesung der wenigen Zeilen eine Veränderung vorgegangen. Er schien wieder eine Vorstellung von Zeit und Raum zu haben. Wohl zwanzigmal des Tages ging er ans Fenster und fragte, ob Wolfgang noch nicht zu sehen sei. Isabella aber hielt es für gut, daß er den Gedanken an die Versöhnung eine Zeitlang mit sich herumtrage. Als aber am folgenden Tage sein Verlangen nach dem Ersehnten immer größer wurde, rief sie Wolfgang herbei.
»Herr Graf,« sprach Wolfgang, »Sie haben mir den Wald zurückerstattet. Ich komme, um Ihnen zu danken. Sie haben mich dadurch zu einem glücklichen Menschen gemacht. Hier ist die Hand der Versöhnung. Zählen Sie künftig auf meine Freundschaft und auf meine Bereitwilligkeit, Ihnen jeden Dienst zu leisten.«
Statt einer Antwort fragte Wallram: »Ist der Galgen fertig?«
»Er war fertig, aber ich habe ihn niedergerissen und verbrannt.«
»Du wolltest mich also nicht hängen sehen?«
»Nein; was zwischen uns lag, ist vergeben und vergessen.«
»Du willst mir jeden Dienst leisten?«
»Jeden, der Ihnen Nutzen bringen kann.«
»Dann zeuge für mich, daß ich kein Fälscher bin.«
»Das Zeugen ist nicht mehr nötig. Die Geister des Waldes hatten mich in alle Ihre Geheimnisse eingeweiht und mir auch die Orte angezeigt, wo sich die gefahrbringenden Dinge befanden. Ich muß gestehen, daß ich die Absicht hatte, mich an Ihnen zu rächen. Da kam der Brief, und mein Zorn war dahin.« »Der Graf soll nicht verderben,« sagte ich zu mir selbst. Eiligst stieg ich auf das Turmzimmer und vernichtete die Steine und die Banknoten. Ebenso tat ich im Kometen. Dann eilte ich hierher, um Ihnen zu sagen, daß jede Gefahr beseitigt ist.«
Cedernstein hatte aufmerksam gelauscht. Bei Nennung der beiden Orte, von denen er allein Kenntnis zu haben glaubte, zuckte er heftig zusammen. Er brach in Freudenschreie aus, bis ihn eine tiefe Erschöpfung umfing. Ein erquickender Schlaf stellte sich ein, der eine grobe Veränderung im Wesen Wallrams brachte. Er lächelte still vor sich hin und zählte beständig an den Fingern.
»Was zählst Du?« fragte die Gräfin.
»Wenn wir die neue Herrschaft nicht hätten,« gab er zur Antwort, »so würde ich nicht imstande sein, den Schaden, den ich angestiftet, wieder gutzumachen. So aber geht's. Wir wollen sie verkaufen und die falschen Scheine einlösen. Nur eines ängstigt mich dabei: Die Sache wird Aufsehen erregen und vielleicht kommt man dann doch auf den Täter. Was mich angeht, so wollte ich Strafe und Schande ohne Murren leiden. Du aber, Isabella, Du würdest dem Schimpfe erliegen.«
Die Gräfin fiel ihm schluchzend um den Hals und erzählte ihm, was Wolfgang getan habe. Seine Augen öffneten sich weit, sein Herz pochte, er vergoß heiße Tränen und begehrte Wolfgang zu sehen. »Guter, edler Mensch,« rief er ihm entgegen, »Du hast einen Verbrecher erlöst. Ich glaube, gestern war mein Verstand noch umnachtet. Heute aber sehe ich klar und begreife die ganze Größe Deines Edelmutes. Ist es denn wirklich wahr, daß meinem Haupte keine Gefahr mehr droht und daß auch jene Armen entschädigt sind, die meine Leidenschaften ins Verderben stürzten?«
»Alles ist so, wie Ihre Gattin es Ihnen gesagt hat.« Da faltete der Graf seine Hände und betete aus tiefster Seele ein Dankgebet.
»Laßt uns heimeilen,« sprach er dann. »Ich muß mich auf der heimischen Scholle überzeugen, daß Ihr die Wahrheit sprecht. Wenn Zweifel und Ungewißheit mich wieder erfassen, so verfalle ich rettungslos dem Wahnsinne.«
Die Reisekoffer wurden gepackt. Am nächsten Tage schon reisten Wallram und Isabella in Begleitung Wolfgangs langsam und mit vielen Unterbrechungen den Alpen zu. Cedernsteins Gesundheit kräftigte sich immer mehr, und als endlich die Alpen vor ihnen austauchten, da fühlte er sich wieder stark, wie vor seiner Krankheit. Nicht wenig trug dazu der innige Verkehr mit dem edelmütigen Wolfgang bei. »Wenn ich es recht bedenke,« äußerte Wallram zu seinem Begleiter einmal, »was Du mir geworden bist, Du Retter meines Lebens und meiner Ehre, so möchte ich Dich am liebsten meinen Sohn nennen.« Da versetzte Isabella lebhaft: »Mein lieber Wallram, dem steht umso weniger im Wege, als Wolfgang vor seiner Reise zu uns bereits den Adelsbrief erhielt. Dein Retter war der Graf Wolfgang von Feilenhauer zu Kesselsheim!«
Da überzog ein dunkles Rot Graf Cedernsteins Gesicht. Er hatte den Zusammenhang schnell begriffen. »Komm an mein Herz, mein lieber Sohn!« rief er dem gerührten Wolfgang zu. »Der Himmel hat uns keine Kinder geschenkt. Wo könnte ich ein besseres finden, als Dich? Die Güter des Wyrich mit dem zerschmetterten Schädel sollen wieder in die rechte Hand zurückkommen. Gott, wie verblendet war ich, daß ich dem Gelde nachjagte und törichten Leidenschaften fröhnte. Der Wald, den ich vergebens an mich zu reißen versuchte, wird doch dem Geschlechte gehören, und der alte Helferich wird nicht mehr an den Grenzen stehen und höhnisch über meine Begierden lachen.«
In der nordischen Heimat herrschte bereits der Winter. Cedernstein aber fühlte sich warm in seinem Herzen. Alle Tage wurde es ihm fröhlicher zu Mute. Je mehr er sich überzeugte, daß sein Name in der Fälschungsgeschichte nicht genannt worden war, desto mehr Zuversicht gewann er, und als der Frühling seine Blüten wieder über Feld und Wald streute, da lebte er von neuem auf.
Die wunderbaren Fügungen im Leben der beiden Grafen erregten in Kesselsheim große Freude. War es doch allen, als ob alle Gegensätze zwischen Armen und Reichen, Vornehmen und Geringen ausgelöscht seien.
Als sichtbares Zeichen dieser schönen Eintracht erhob sich in Kesselsheim alsbald ein herrlicher Bau. Wolfgang begann, die Burg seiner Väter wieder aufzubauen.
Was von dem Reste erhalten werden konnte, blieb stehen. Der Neubau sollte möglichst dem alten Burghause gleichen, wenn er auch wenig in die neue Zeit paßte. Das Schaffen begann mit großem Eifer. Steinmetzen kamen von allen Seiten, und des Messens und Zeichnens, des Klopfens und Mauerns war kein Ende.
Jakob Feldenberg, dem der alte Helferich in früheren Zeiten den Christbaum bereitet hatte, wurde schon jetzt zum Burgwart ernannt, denn ein treuer Mann, der ein wachsames Auge auf die Arbeiter hielt, war notwendig. Und Jakob füllte seine Stelle aus wie kein anderer. Eins erregte am meisten Verwunderung: die Anordnung, in dem großen herrlichen Schloßbau die alte Hütte der Feilenhauer einzubauen. Wolfgang gab Neugierigen wohl zur Antwort: »In dieser Hütte haben meine Vorfahren ein armes, aber redliches und glückliches Leben geführt. Ohne die Hütte würden meine schönsten Erinnerungen schwinden und vielleicht würde ich vergessen, daß ich in meinen jungen Jahren genötigt war, mit der Art mein tägliches Brot zu verdienen.«
Nach zwei Jahren stand der stolze Bau fertig da. Wallram schaute ihn zufrieden lächelnd an und sprach: »Eines fehlt noch, mein Sohn, der Schmuck der Wände durch Künstlerhand. Erlaube mir, daß ich das besorge, denn es drängt mich, Dir eine Geschichte in Bildern zu hinterlassen.« Wolfgang ging darauf ein, aber er mußte das Versprechen ablegen, ihn ganz allein gewähren zu lassen.
Da schrieb Cedernstein an den jungen Spalding und seine Mutter, bekannte freimütig sein begangenes Unrecht, bat um Verzeihung und gab Willibald den Auftrag, das neue Schloß mit den Werken seiner Kunst zu schmücken.
Spalding, der sich um diese Zeit bereits einen geachteten, ja berühmten Namen unter den Künstlern der Neuen Welt erworben hatte, und dem es an Aufträgen nicht fehlte, ging bereitwilligst auf den Wunsch des Grafen Cedernstein ein.
Im Kometen sahen Graf Wallram und Willibald Spalding sich wieder. Dort besprachen sie den Plan zu dem großen Bildwerke: Die Trennung und Wiedervereinigung der beiden gräflichen Häuser von Feilenhauer und Cedernstein.
Die Bilderreihe begann mit dem Auszuge des Grafen Wyrich zum Gelobten Lande und endigte mit der Annahme des Grafen Wolfgang von Feilenhauer zu Kesselsheim an Sohnes Statt.
Als Willibald Spalding Pinsel und Palette aus der kunstgeübten Hand legte, vergoß Wallram von Cedernstein über dem ergreifenden Bildwerke manch stille Reueträne.
Wallram betrachtete die Bilder als ein Bekenntnis der begangenen Frevel in einer stürmischen Vergangenheit.
Die aufrichtige Bußgesinnung erleichterte Wallram das Sterben, als sein letztes Stündlein gekommen war.
Wallram von Cedernstein ward im Grabgewölbe des neuen Schlosses beigesetzt. Sein Sarg steht neben demjenigen des Grafen mit der zerschmetterten Hirnschale.
Isabella lebte ihrem Gatten noch viele Jahre nach, hochbeglückt in der kindlichen Liebe des spätgewonnenen Sohnes. Der junge Graf aber suchte seinen Reichtum nützlich zu verwerten und wurde der Segen der ganzen Gegend. Von den alten, herrlichen Buchen durfte ihm keine berührt werden. Nur der Natur sollten sie zum Opfer fallen. Was er dem alten Helferich versprochen hatte, das hielt er wie einen heiligen Eid.