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Das große, zu den berühmtesten Erzeugnissen der Weltlitteratur gehörige, arabische Sagabuch »Tausend und eine Nacht«, ein Erzeugnis des Mittelalters und zum Teil auf einem sehr alten persischen Werke, den Hesâr Afsâneh, den tausend Abenteuern, beruhend, aus welchem es geradezu herausgewachsen ist, wurde durch Antoine Galland zum erstenmal ins Abendland eingeführt, wiewohl Galland weniger ein Übersetzer als ein freier und liebenswürdiger Nacherzähler war, dessen Manuskript überdies nur einen kleinen Bruchteil des uns heute bekannten fast unerschöpflichen Erzählungsstoffes enthielt. Gallands Übersetzung, welche 1704-17 zu Paris in zwölf kleinen Bändchen erschien, erregte sofort das außerordentlichste Aufsehen, so daß sie in kurzer Zeit in die meisten europäischen Sprachen übertragen und in zahllosen Bearbeitungen zu einem Lieblingsbuch der Kinderwelt umgeschaffen wurde. Eine genauere Untersuchung über Ursprung, Verfasser und Abfassungszeit übergehen wir hier und verweisen auf das Schlußwort, dagegen sei im folgenden ein Verzeichnis der wichtigsten Werke angegeben, welche unsere Kenntnis von Tausend und einer Nacht erweiterten.
1788-93 erschien zu Genf das Kabinett der Feen in 41 Bänden, deren letzte vier eine neue Reihe von Erzählungen aus Tausend und einer Nacht von Chavis und Cazotte bringen, nach Gallands Vorbild ebenfalls in sehr freier Wiedergabe.
1806 edierte Caussin de Percival Galland von neuem mit Hinzufügung neuer Erzählungen.
1822 erschien Gauttiers stark vermehrte neue Ausgabe von Gallands Übersetzung.
Inzwischen hatte von Hammer bereits 1804-1806 in Konstantinopel nach einer vollständigen ägyptischen Handschrift die bisher unbekannten Erzählungen ins Französische übersetzt; dieselben erschienen 1823-24 in drei Bänden zu Gotha von Zinserling ins Deutsche übertragen; der große Roman von König Omar und seinen Söhnen sollte später ediert werden, erschien jedoch nicht, und von Hammers französisches Manuskript ging verloren.
1824 ff. Tausend und eine Nacht, arabische Erzählungen, deutsch von Habicht, von der Hagen und Schall, Breslau, 15 Bände. Diese Ausgabe beruht hauptsächlich auf Gauttier und bringt daneben einige Erzählungen aus Scotts englischer Übersetzung und eine Reihe neuer aus einer tunesischen Handschrift, welche Habicht und Fleischer 1829 bis 1843 zu Breslau edierten.
1839-42 erschien zu Stuttgart und Pforzheim Weils Übersetzung von Tausend und einer Nacht, welche in spätern Auflagen die Einteilung in Nächte aufgiebt. Weil übersetzte nach der Breslauer und Bûlâker Ausgabe und einem Manuskript der Gothaer Bibliothek und lieferte die erste annähernd erschöpfende und zuverlässige deutsche Übersetzung.
In England veröffentlichte Scott 1811 Arabian Nights Entertainements in 6 Vls., von denen der sechste Band eine Reihe neuer Erzählungen aus der Wortley Montague Handschrift bringt.
1838 begann Torrens eine Übertragung der Macnaghtenschen arabischen Textausgabe, gelangte jedoch nur bis zur fünfzigsten Nacht.
1839-42 erschien Lanes New Translation of the Tales of a Thousand and One Nights in drei Bänden mit zahlreichen Anmerkungen, eine Auswahl der schönsten Erzählungen nach einer mit der Bûlâker Textausgabe völlig identischen Handschrift.
1882-84 erschien John Paynes unverkürzte Übersetzung der Macnaghtenschen Ausgabe in nur fünfhundert Exemplaren für Subskribenten und daher dem Publikum nicht zugänglich. Eine dreibändige Ergänzung hierzu nach der Breslauer und Kalkuttaer Ausgabe der ersten zweihundert Nächte war ebenfalls nur für Subskribenten bestimmt.
1886-88 erschien als die Frucht dreiunddreißigjährigen Fleißes Sir Richard Burtons The Book of the Thousand Nights and a Night mit anthropologischen und erklärenden Anmerkungen in sechzehn Bänden, davon zehn Bände die Übertragung des Macnaghtenschen Textes und sechs Bände Supplemente; eine meisterhafte Übertragung mit allen stilistischen Feinheiten des Urtextes in der Sprache Chaucers analog dem mittelalterlichen Arabisch, in welchem die Erzählungen geschrieben sind, aber ebenfalls als völlig unverkürzte Ausgabe nur auf tausend Abdrücke beschränkt und daher wenig zugänglich. Eine neue von Leonard C. Smithers besorgte Ausgabe von Burtons Übersetzung bringt einen von den stärksten Anstößigkeiten gereinigten Text, ist aber durch den immer noch exorbitanten Preis von 6 Pf. Sterl. kaum zu erschwingen.
Vorliegende Übersetzung nun sucht den gesamten bisher bekannten und zugänglichen Erzählungsstoff von Tausend und einer Nacht zusammenzufassen, indem sie den Bûlâker Text zu Grunde legt und in einer Reihe von Supplementen die außerhalb dieses Textes stehenden Erzählungen beibringt, letztere soweit als möglich nach dem Urtext und, wo dieser nicht erreichbar, nach den zuverlässigsten Übertragungen. Die einzigen Freiheiten, die sich der Übersetzer dem Text gegenüber erlaubt, sind einige wenige durch anstößigen Inhalt gebotene Streichungen oder Bearbeitungen, vereinzelte Ergänzungen und Verbesserungen nach den andern gedruckten Texten, sowie eine Reduzierung der eingelegten oft sehr gehaltlosen Poesieen durch Kürzungen und Übergehungen auf etwa die Hälfte ihres Bestandes, da eine prosaische Wiedergabe derselben sie nur zu einem wertlosen Ballast macht, der leider nicht gänzlich entbehrt werden kann, um nicht den Charakter des ganzen Werkes zu ändern. Einige Inkonsequenzen in der Schreibung der arabischen Eigennamen, besonders im ersten Band, wolle der gelehrte Leser entschuldigen.
Bei der konservativen Natur der orientalischen Völker haben sich die hier in Tausend und einer Nacht geschilderten Sitten und gesellschaftlichen Zustände, sowie vor allem die religiösen Gebräuche nicht allzusehr verändert, so daß die Lektüre von Tausend und einer Nacht, abgesehen von dem Reiz der Unterhaltung, jedem zu empfehlen ist, der einen kürzern oder längern Aufenthalt in arabischen Ländern zu nehmen hat.
Und so ruft denn der Übersetzer dem Leser zu:
Bismillâh, im Namen Gottes!
Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen!
Lob sei Gott, dem Herrn der Welt, und Segen und Heil über den Herrn der Gottesgesandten, unsern Herrn und Meister Mohammed, und über sein Haus! Segen und Heil ewig und immerdar bis zum Tag des Gerichts!
Das Leben der Früheren gereicht den Späteren zu einer Lehre, auf daß der Mensch die Lehren, welche andern zu teil geworden sind, schaue und dieselben beherzige; daß er die Geschichte der vergangenen Völker und ihre Erlebnisse studiere und sich warnen lasse. Preis darum Ihm, der die Geschichte der Früheren für spätere Geschlechter zum Exempel aufgestellt hat!
Zu solchen Exempeln gehören nun auch die Erzählungen, die man »Tausend und eine Nacht« benennt, und die seltsamen Begebenheiten und Fabeln, die in ihnen enthalten sind.