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Eine Geschichte von der Sierra Leonaküste.

Es war einmal ein Kind, welches nahe bei einem Wasserfall eine Vogelfalle aufstellte. In ihr fing sich ein Vogel, den das Kind mit sich in die Hütte seiner Mutter nahm. Es bat:

»Brate mir doch den Vogel, den ich am Wasserfall gefangen habe, liebe Mutter!«

»Ich will es wohl tun,« entgegnete diese, »wenn du inzwischen schnell auf das Feld läufst, auf dem meine Hühner sind, und die Raubvögel dort vertreibst.«

Während nun das Kind auf dem Felde war, rupfte und briet die Frau den Vogel und aß ihn schließlich selber auf. Als das Kind wieder nach Hause zurückkam, fragte es nach dem Vogel.

»Den habe ich gegessen,« sagte die Mutter.

Da weinte das Kind und rief:

»Wie konntest du meinen Vogel essen, den ich bei dem Wasserfalle fing?«

Als es fortfuhr zu klagen und sich gar nicht beruhigen wollte, gab die Frau ihm frischen jungen Mais zur Entschädigung. Den Mais nahm das Kind, legte ihn auf einen Baumstumpf und ging davon. Da kamen weiße Ameisen, die fraßen alles auf. Als das Kind zurückkam und den Mais essen wollte, war kein Korn davon mehr zu finden.

»Weiße Ameisen,« rief es, »warum habt ihr meinen Mais gefressen, den ich auf diesen Baumstumpf gelegt hatte? Meine Mutter hatte ihn mir gegeben, weil sie den Vogel gebraten und gegessen hat, den ich nahe bei dem Wasserfall an unserer Hütte gefangen hatte.«

Alsbald machten die weißen Ameisen eine irdene Schale für das Rind und gaben ihm die für den Mais. Mit der Schale ging es zum Bach, um Wasser zu schöpfen; aber das schnellfließende Wasser zerbrach die Schale.

»Bach!« rief das Rind, »was zerbrichst du meine Schale, die ich von den Ameisen hatte, die meinen Mais gefressen haben, den ich auf den Baumstumpf gelegt hatte? Den Mais hatte meine Mutter mir gegeben, weil sie den Vogel gebraten und gegessen hat, den ich in meiner Falle gefangen hatte nahe dem Wasserfall bei unser Hütte.«

Als das Kind so klagte, gab der Bach ihm einen Fisch. Kaum aber hielt das Kind ihn in der Hand, als ein Habicht aus der Luft herabschoß und ihn in seinen Krallen davontrug.

»Habicht, Habicht,« rief das erschrockene Kind, »was nimmst du meinen Fisch, den der Bach mir gab, weil er meine Schale zerbrochen hat, die mir die weißen Ameisen gegeben hatten? Die Ameisen hatten meinen Mais gefressen, den ich auf den Baumstumpf gelegt hatte; den Mais gab mir meine Mutter, nachdem sie meinen Vogel gebraten und gegessen hatte, den ich in meiner Falle fing nahe dem Wasserfalle bei unserer Hütte.«

Da warf der Habicht dem Kinde eine Feder zu, die aber trug sofort der Wind davon.

»Wind, gib mir meine Feder zurück!« rief das Kind; »denn der Habicht, der meinen Fisch genommen hat, gab sie mir. Den Fisch hatte der Bach mir gegeben, der meine Schale zerbrochen hat, die die weißen Ameisen mir geschenkt haben, nachdem sie den Mais gefressen hatten, den ich auf den Baumstumpf legte, nachdem meine Mutter ihn mir gegeben hatte, weil sie den Vogel gegessen hat, den ich in meiner Falle fing nahe dem Wasserfall bei unserer Hütte.«

Der Wind trug dem Kinde eine Menge Bohnen zu, die es eilig aufsammelte und damit heimgehen wollte. Doch ein Affe kam des Weges, der dachte bei sich: »Bohnen sind ein schöner Schmaus!« trat hinzu, nahm sie und fraß sie auf.

Da rief das Kind weinend:

»Affe, du böser, du hast meine Bohnen mir genommen, die der Wind mir gegeben hatte, weil er die Federn fortgetragen hat, die ein Geschenk des Habichts waren, der meinen Fisch fortnahm, den der Bach mir gab, nachdem er meine Schale zerbrochen hatte, die die Ameisen für mich gearbeitet hatten, weil sie den Mais, den ich auf einen Baumstumpf gelegt hatte, gefressen haben. Den Mais hat meine Mutter mir gegeben; denn sie hat den Vogel gebraten und gegessen, den ich für mich in meiner Falle gefangen hatte nahe dem Wasserfall bei unserer Hütte. Affe, was wirst du mir für meine Bohnen geben?«

»Ich kann dir nichts geben,« antwortete dieser; »denn ich habe nichts!«

Da ergriff das Kind den Affen, knebelte ihn und trug ihn so in die Stadt.


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