Moritz Heimann
Die Tobias-Vase
Moritz Heimann

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Moritz Heimann

Die Tobias-Vase

Novelle


1

An einem Frühjahrsabend stand der Pfarrer eines kleinen märkischen Dorfes am Zaun seines Hofes und sah einem Bretterwagen nach, der eben vom Sand auf die gepflasterte Straße klomm und sich auf dieser klappernd entfernte. Der Pfarrer stand noch, als das Fuhrwerk verschwunden war, dann wandte er sich nach dem Hofe. Er begegnete seiner Frau, und in der Art von Leuten, die einen Ärger nicht anders als in der Form des Vorwurfs zu äußern wissen, sagte er zu ihr: »Ich bin sicher, daß sich Seiffert wieder betrinken wird – heute wie jeden Sonnabend; wir hätten ihm einen so kostbaren Transport nicht anvertrauen dürfen. Warum bin ich nur nicht bei meinem ersten Gedanken geblieben, ein eigenes Fuhrwerk zu nehmen, das die Vase abholt!« Die Frau, die weder des Kutschers Nüchternheit verfechten, noch sich dem Gedanken, ein eigenes Fuhrwerk anzunehmen, im geringsten widersetzt hatte, schwieg bei den wenig freundlichen Worten; aber ihre grauen Augen nahmen einen Ausdruck von Hilflosigkeit an, sie kehrte sich ab und ging ins Haus.

Der Pfarrer sah ihr beschämt nach. Er wußte wohl, daß ein Wort genügt hätte, das liebevolle Gleichgewicht zwischen ihnen herzustellen; aber er wußte auch, daß das Wort schon im Herzen sich gleich wieder unfreundlich verwandeln würde, sobald er es auf die Lippen würde zwingen wollen. Zu gern versteckte er sich; er wußte es und konnte doch nur schwer dagegen kämpfen. In Unbehagen schritt er den Hof auf und ab. Drüben verließ eben der Schullehrer sein Haus, grüßte und trat zur Kirche ein; und nach wenigen Minuten schollen die Feierabendklänge in breiten, schweren Wellen aus den Schallöchern des Glockenstuhls heraus. Die Augen des Pfarrers senkten sich, und nach seiner Gewohnheit nahm er eine andächtige Haltung an, bis das Läuten von den dreimal drei Schlägen an die große Glocke geendigt wurde.

 

Es dauerte kaum so lange, wie das Ohr des Pfarrers den schon verklungenen Ton noch zu empfinden glaubte, als sich dem Hause ein etwa vierzehnjähriger Knabe näherte. Er ging in eigentümlicher Weise wackelig und stützte sich fest auf einen derben Krückstock. Als er auf den Hof getreten war, klinkte er erst mit der Hand, die den Stock hielt, die Tür sorgfältig ein, dann fuhr er herum und sagte: »Feierabend, Herr Pastor!« und hielt ihm die linke, von Hobelspänen kraus umquollene Faust hin. Er roch erst einmal noch selber an den Spänen, dann drückte er sie dem Pfarrer in die Tasche: »Das habe ich Ihnen mitgebracht.« Der Pfarrer ließ es sich gefallen, bedankte sich, meinte aber spöttisch: »Du hast es schön eilig, Tischlermeister; hast wohl nur gerade darauf gewartet, daß es Abend läutet!«

Der Bursche ließ seinen starken Körper auf den zu schwachen Beinen hin und her schwanken, und indem sich sein volles, rosiges Gesicht in einem Lachen breit zog, erzählte er: »Ich habe schon über eine Stunde kein Handwerkszeug mehr angerührt. Der Meister hat mir den Hobel weggenommen. Und weil er wütend war, habe ich mich auf die Hobelbank gesetzt und ihm zugesehen. Meister Haube schimpft immer wie nicht klug, wenn ich ihm die Bretter verderbe. Dabei bezahl' ich sie ja.«

Der Pfarrer machte ein ernstlich tadelndes Gesicht und sagte: »Wenn du etwas nicht recht machst, so wird es dadurch nicht gut, daß du den Schaden bezahlst. So klug solltest du, bald ein großer Mensch, wohl schon von selber sein. Was gäbe das wohl für eine Ordnung, wenn man all den Unfug anrichtete, den man nachher bezahlen kann. Fensterscheiben sind auch nicht teuer, aber der würde dich wohl schön ansehen, dem du sie einwürfest.«

Kaum hatte er das gesagt, so riß der Junge blitzschnell eine Schleuder aus der Tasche, ließ den Stock fallen, und ehe der Pfarrer hatte zugreifen können, war ein Steinchen nach dem Giebelfenster unter dem Dach gezielt und geworfen. Das Geschoß flog zu hoch, fiel klappernd auf die Ziegel und kollerte den moosigen Abhang des Daches herab. Der Junge sah dem Pfarrer erwartungsvoll in die Augen; und dieser, der schon den Arm des Missetäters am Gelenk ergriffen hatte, nahm mit demselben spöttischen Lächeln, mit dem er dem Knaben schon einmal begegnet war, die Schleuder aus der noch aufgesetzten Faust und sagte: »Nun also, du kannst ja nicht treffen. Du bist immer zu stolz, Gaston; du zielst immer zu hoch. Jetzt nimm mal deinen Stock auf.« Der Knabe tat es, und der Pfarrer fuhr fort: »Nun wüßt' ich doch gern, woher du die Schleuder hast. Du hast sie gekauft? Von wem?« Der Knabe zog beleidigt eine Grimasse. »Gekauft? Das wär' wohl ein Kunststück! Gemacht hab' ich sie mir, ganz allein. Die Holzgabel habe ich von einem Kirschbaum in der Allee geschnitten; – sehen Sie: dann wird ein Endchen Strippe an jedes Horn gebunden, und an jede Strippe ein Endchen Gummischlauch, und dann wird wieder mit zwei Bindfaden das lederne Tellerchen angebunden, das den Stein aufnimmt. Und wissen Sie auch, Herr Pastor, wo ich das Leder her habe? Sehen Sie: doppelt ist es genommen. Das habe ich von Ihrem großen Lederlappen abgeschnitten, mit dem Sie sich das Rasierzeug putzen, – Sie haben es nicht einmal gemerkt.«

Das mußte der Pfarrer zugeben, und er tat es mit anerkennender Miene. Dann aber sagte er, indem er unauffällig die Hand mit der Schleuder hinterm Rücken versteckte: »Du könntest mir wohl jetzt einen Gefallen tun, Gaston. Geh doch einmal zum Meister Haube zurück, und bitte ihn, mir Handwerkszeug zu leihen, womit ich eine hölzerne Kiste öffnen kann.« »Handwerkszeug?« fragte Gaston, »dazu braucht man nicht groß Handwerkszeug. Hammer und Stemmeisen genügen.« »Schön«, sagte der Pfarrer, »so bring mir Hammer und Stemmeisen.« Gaston ging, und der Pfarrer steckte die Schleuder in seine Tasche zu den Hobelspänen.

Der Knabe war der Sohn jüdischer Eltern, die bei dem Brande eines Theaters umgekommen waren. Er war von einer geistigen und körperlichen Verfassung, daß es sich nicht empfohlen hatte, ihn in eine öffentliche Schule zu tun. Da er reich war, konnte eine vorteilhafte Gelegenheit, ihn aufs Land zu geben, abgewartet werden; und diese fand sich, als der Pfarrer, selbst kinderlos und mit der Neigung zum Erziehen begabt, durch Freunde mit dem Vormund des Knaben bekannt gemacht wurde. Nach kurzen Verhandlungen war der Junge als Pflegling ins Pfarrhaus gekommen.

Er wurde vom Pfarrer und vom Lehrer privatim unterrichtet, und mit leidlichem Erfolg. Nur weil allmählich zu fürchten stand, daß in der zunehmenden Fettheit und Trägkeit seines Körpers sein Geist ganz ermatten könnte, ließ der Pfarrer den Jungen bei Handwerkern arbeiten, die alle ihn willkommen hießen, der vieles verdarb, aber den Schaden reichlich ersetzte. Lange hielt er es nirgends aus; seiner Neigung, es sich auf dem Schusterschemel bequem zu machen, widersetzte sich der Pfarrer und brachte ihn endlich beim Tischlermeister einigermaßen zur Ruhe.

Während Gaston zu der Werkstatt zurückging, durchmaß der Pfarrer wieder den Hof mit hastenden, ungleichen Schritten. Es war schon dunkel geworden, und die kalte, gelbliche Ferne, die eben noch ausgesehen hatte, als würde sie ohne Sang und Zauber sich unmittelbar in die Nacht verlieren, wurde entzündet. Hin und her gehend sah der Pfarrer abwechselnd die immer wildere Glut des Abends von den spärlich belaubten Kronen der Bäume im Garten schwarz gegittert, und, sich umwendend, den toten Himmel im Osten, leise verklärt von dem rötlichen Schein, der sich anschickte, an der Himmelswölbung emporzuschweben, der Sonne nach. Die Luft war kühl, und der Pfarrer rieb sich beim Gehen die mager und starr gewordenen Finger.

Er hoffte und wartete darauf, daß seine Frau aus dem Hausflur treten und ihn zum Essen rufen würde. Aber mochte sie Gaston haben fortgehen sehn, oder hatte sie sich verspätet, – sie kam nicht, und der Pfarrer gab sich an bedrückende abendliche Empfindungen hin, die ihn oft heimsuchten, und immer dann, wenn dem Untätigen ein Tag zu schnell oder zu langsam, eigenwillig, vor den ins Leere zugreifenden Händen vorbeiglitt.

Fast mit Erstaunen sah er Gaston zurückkehren; und erst als er hinter dem Knaben den Tischlermeister Haube selbst daherschlurren sah, fand er sich zurück und ging vor das Tor.

Der Meister kam heran und grüßte mit Würde, indem er seine saubere Hand, an der die Nägel rötlich glänzten, gegen die Mütze hob. Mit der Linken reichte er dem Pfarrer Hammer und Stemmeisen hin. Der Pfarrer bedankte sich; und da der alte Mann so ein Wesen hatte, vor dem einem leicht das Gefühl kam, daß man sich wegen irgend etwas entschuldigen müsse, erzählte er ihm, was es mit der Kiste, die er erwartete, für eine Bewandtnis habe. Sein Freund Thornow aus Neuenrode – den ja der Meister kenne und erst in der letzten Woche bei sich in der Werkstatt gesehen habe – habe ihm nämlich das Freundschaftsstück erwiesen, ihm eine Vase zu arbeiten, mit schönen bunten Farben und Figuren. Heute abend komme das Prachtwerk an; Seiffert, der mit der Milch zum Bahnhof sei, bringe es mit, und hoffentlich bringe er es heil und ganz mit.

»Ich will gegen Ihren Freund gar nichts sagen, Herr Pastor«, meinte der zweifelsüchtige Meister, »er mag ja wohl in seiner Art ein tüchtiger Mann sein und seine Sache verstehen, so mit Töpfen und Schüsseln und ähnlichem Kram. Aber was er mir vergangenen Dienstag von der Tischlerei erzählt hat, das war nichts, Herr Pastor.«

Der Pfarrer ließ sich zum Eifer hinreißen, obgleich er den alten Besserwisser kannte:

»Meister Haube«, sagte er, »graue Haare und Erfahrung in Ehren. Sie haben aber einen Sohn, bedenken Sie das, und die Zeit bleibt nicht stehn. Ich glaube, daß Sie noch manchen Vorteil haben könnten, wenn Sie auf Thornow hörten, der kann mehr als Brot essen. Sie wissen doch, es hat dem Schmied in Neuenrode nichts geschadet, daß er ihn in sein Feuer hat blasen lassen.«

»Wie war es denn mit dem Schmied?« fragte Haube feindselig.

»Er sollte Türbeschläge machen, für die Remisen auf dem Jagdschloß. Da hat ihn der Thornow überredet und hat ihm eine Zeichnung gemacht, ganz was Einfaches, was der Schmied mit Hammer und Zange fertig bringen konnte, aber es war so was dran. Der Jagdherr hat ein Auge dafür gehabt, und heute macht der Schmied in Neuenrode, ich weiß nicht, wohl über fünfzig Meter Zaun.«

»Herr Pastor«, sagte der Tischlermeister unwillig, »dawider habe ich gar nichts zu sagen. Ihr Freund, der mag Ihnen ja wohl einen Topf machen – Junge, was lachst du?«

Gaston, der eifrig zugehört hatte, schüttelte sich vor Lachen.

»Ih, scher dich weg«, sagte der Meister, »– der mag Ihnen ja wohl einen Topf machen, Herr Pastor. Den stellen Sie sich in die gute Stube, kochen wird Ihre Frau nicht drin, und der Jagdherr in Neuenrode hat ja auch nichts anderes zu tun –! Aber ich laß mir nicht dreinreden, Herr Pastor. Hören Sie, Herr Pastor, ich habe als Geselle in einer Furnierschneidemühle gearbeitet, und ich habe Furniere geschnitten, so dünn wie ein Zeitungsblatt. Ihr Freund kann mir nichts sagen. Guten Abend, Herr Pastor.«

Damit grüßte er und scharrte auf seinen Lederpantoffeln, immer den Kopf in die Höhe zuckend, davon. Gaston, der sich nicht hatte verscheuchen lassen, meinte: »Übermorgen werd ich mal zusehen, ob ich das Brett, das er mir gibt, auch so dünn hobeln kann wie ein Zeitungsblatt.«

»Komm nur jetzt hinein«, sagte der Pfarrer.

Er empfand die Nutzlosigkeit, ja Sinnlosigkeit solcher Gespräche.

In seinem empfindlichen Gewissen entschuldigte er die Stumpfheit der Antworten, denn die Fragen waren auch nur so obenhin ausgegangen, ohne wahren Ernst und damit die Zeit zerstreut würde.

Noch einmal blieb er auf dem Hofe stehn, und sah nach Abend, von wo es düsterer durch das Gezweig der Bäume glühte. Die scheue Röte, die vom Osten her gekommen war, hatte, ehe sie sich in den Flammenabgrund stürzte, noch auf einigen festgeballten Wolken eine Stätte gefunden. Der Pfarrer schaute aufmerksam hin. Der Knabe prüfte abwechselnd die Augen seines Lehrers und die Wolken am Himmel. Dann schob er seinen Arm durch den des sinnenden Mannes und sagte: »Die Wolken sehen alle aus wie die Insel Island.« »Junge, was weißt du von der Insel Island?« »Sie ist auf der Karte ganz oben links, und es gibt auf ihr den Hekla und den Krabla.« Er lachte und wiederholte: »Den Hekla und den Krabla, Herr Pastor.«

So gingen sie ins Haus, und als sie auf der obersten Treppenstufe waren, stand die Pfarrerin in der Flurtür. Anstatt mit Worten zum Essen zu bitten, reichte sie ihre Hand hin und zog den Pfarrer an sich heran. In dem dunkeln Flur sprach sie scherzend zu Gaston, an der Brust ihres Mannes vorbei.

Das Zimmer, worin sie aßen, war von der Holztäfelung an Wänden und Decke und von der fast ins Schwärzliche übergehenden Farbe der schönen eichenen Erbmöbel sehr dunkel. Die Lampe auf dem Tisch führte einen Kampf gegen das Düster der Ecken, der den Raum bewegte und ihn immer aus der Ruhe störte, in die er immer versinken wollte. Der Tisch war weiß gedeckt und reichlich mit Gerät und Essen bestellt.

Sie saßen, der Pfarrer und Gaston einander gegenüber, die Frau an der Schmalseite des Tisches. Eine Magd kam und brachte auf einem Tablett Teekessel, Tassen, Kännchen, alles aus chinesischem Porzellan, auf einer gelblichen Decke zierlich geordnet. Mit ihr hatte sich ein kleiner Hund ins Zimmer gedrängt, der lebhaft seine schwarzgrauen, langen, dichten Haare schüttelte und kläffend an Gastons Beine sprang. Von diesem unwillig abgewiesen, kroch er auf seine Herrin zu, mit Schmeicheln und Heucheln, weil er ein schlechtes Gewissen hatte. Sie schalt ihn nicht, sondern neigte sich, ergriff ihn im Nacken und hob ihn mit ihrer schönen, kräftigen Hand in ihren Schoß. Schließlich ließ sie ihn wieder zur Erde springen, und er nahm an der Mahlzeit und an der Geselligkeit auf seine Weise teil.

Im Gemüt des Pfarrers zerstreute sich das trübe Gewölk, das zu gern und zu oft über ihm schattete. Die Spannung, mit der er immer noch dem Geschenk seines Freundes entgegensah, schnellte ins Angenehme um. Er erzählte, nicht zum erstenmal, von dem Besuch in der Werkstatt des Freundes, bei welchem die Abrede getroffen wurde, daß der Künstler über seine sonstige Übung hinausgehen und ein Gefäß mit Figurenschmuck schaffen sollte. Es war wohl zu merken, daß er sich etwas darauf zugute tat, eine so entscheidende Anregung gegeben zu haben; und doch war aus jedem seiner Worte die Liebe und die Bewunderung zu hören, die ihn in ein ungewöhnlich zartes und heftiges Verhältnis zu Thornow setzten. Gern hätte er mit seiner Frau wieder einmal alle Umstände des Freundes durchgesprochen; aber Gaston war zugegen, für dessen Ohren es nicht von Vorteil war, Meinungen über erwachsene Leute zu hören. So zog er, als das Abendessen beendigt und das Geschirr abgetragen war, vor, mit dem Knaben zu scherzen, ihm von der Vase zu erzählen: wie sie schön sei und mit Figuren geschmückt, auf die Gaston sich nur freuen solle, denn es laufe dabei auch für ihn auf eine Überraschung hinaus.

Der Knabe verhielt sich, seiner Art nach, wenig neugierig, und seine Augen blinkten fast spöttisch, wenn er merkte, daß der Pfarrer am liebsten das ganze Geheimnis verraten hätte. Dieser fing bereits an, sich über die Trägheit des Burschen zu ärgern; und so wäre vielleicht wieder Unbehagen und Gereiztheit aufgekommen, wenn nicht endlich draußen ein Peitschenknall das zurückgekehrte Fuhrwerk angekündigt hätte. Da sprang der Pfarrer auf, und der Hund lärmte mit ihm zum Hause hinaus. Der Kutscher war betrunken, doch mit Maßen, gab seine Langsamkeit für Umsicht aus, polterte mit den leeren Fässern, wehrte dem Hund, – aber der Pfarrer tummelte ihn so, daß er alles Reden ließ und Hand anlegte, wie es sich gehörte.

Sie brachten die Kiste in das Bibliothekzimmer, dort stand schon die Pfarrerin mit einer Lampe und Gaston mit dem Handwerkszeug. Seiffert entfernte sich in krampfhaft würdevoller Haltung, wiederholt grüßend, nachdem er sein Trinkgeld eingesackt hatte. Der Hund hörte zu toben auf, und es wurde still.

Der Pfarrer zog einen Stuhl vor die Kiste, nahm aus Gastons Hand Hammer und Stemmeisen, setzte sich und prüfte die Kiste. Sie war an den Rändern mit Weidenruten beschlagen, die zuerst abgesprengt werden mußten. Der Pfarrer schob das Stemmeisen unter, – da blickte er noch einmal auf, sah seine Frau, die mit der Lampe dastand, sah den Knaben und den Hund. Seine Augen begannen, mit einem erstaunten, fast beklommenen Ausdruck sich im Zimmer umzuschauen, er stand auf, legte still das Handwerkszeug auf die Kiste und schob es mit der flachen Hand noch ein wenig von sich.

»Ich glaube«, sagte er, »es hat Zeit bis morgen. Ich weiß gar nicht, was ich mit dem ganzen Tag und Abend heut' angefangen habe. Morgen ist Sonntag, und ich habe noch an meine Predigten zu denken.«

Die Pfarrerin stellte die Lampe aus der Hand; ihr Mann trat auf sie zu: »Ich will noch arbeiten und werde auch oben schlafen. Gute Nacht, Liebste.« Sie gaben sich die Hände, und die Frau sagte: »Schlafe recht gut. Die Lampe ist oben und alles in Ordnung.«

»Ich danke dir schön«, und er nickte und grüßte sie mit den Augen, »schlaf gut. – Du kannst auch bald zu Bett gehn, Gaston; gute Nacht.«

Er ging hinaus und stieg im Dunkeln die Treppe zu seinem Dachzimmer hinan.


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