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Ein kleiner Ausschank neben dem Kramladen im Häuschen des Krämers Torarin. Über eine Stufe, durch ein nur verhangenes Pförtchen rechts, gelangt man in den Laden. An der Rückwand ist ein Fensterchen. Auf dem Brettchen Meerzwiebel und Aloe. Links an der Wand offener Herd mit Rauchfang. Davor wiederum ein verhangenes Türchen. Es verbindet mit dem Schlafstübchen. Vor dem Kamin roher, länglicher Tisch und Holzschemel. – Die Wintersonne fällt grell durch das Fenster. – Man hört draußen Dudelsackmusik und zeitweilig das Jauchzen tanzender Männer. – Unweit des Herdes sitzt Kathrin mit einem Strickstrumpf. – Die Ladenschelle klingt. In der nach dem Laden führenden Tür erscheint Sir Archie. Er ist in dem prächtigen Aufputz eines Feldobristen der schottischen Söldner. Der Strolch aus der Mordnacht ist in ihm nicht wiederzuerkennen. Seine Bewegungen sind langsam und vornehm. Allerdings hat sein Betragen im ganzen etwas Lauerndes.
Sir Archie
Verzeiht, ihr wackren Leute.
Kathrin
die ihn bisher nicht bemerkt hat, erschrocken
Herr, was wünscht Ihr?
Sir Archie
Ihr habt da einen Kram, ich will was kaufen.
Kathrin
Ging denn die Schelle?
Sir Archie
Oh, ganz tüchtig, Frauchen,
ganz laut, so daß ich wie ein Dieb mir vorkam.
Wenn ihr den Laden so allein laßt
und es auch nicht hört, wenn eure Schelle lärmt,
so kann es euch passieren, guten Leutchen,
daß man euch wirklich mal die Kasse ausraubt.
Kathrin
Ja, ja, da habt Ihr wahrlich recht, mein Herr. –
Was darf es sein? Womit kann man Euch dienen?
Sir Archie
Verzeiht, ich bin zu lang für Eure Tür.
Erlaubt, daß ich eintrete.
Kathrin
Oh, die Schwelle.
Sir Archie
der eine Stufe nach unten übersehen hat und gestolpert ist
Pardauz! Hier fällt man mit der Tür ins Haus.
Kathrin
Wir sind nicht abergläubisch, nehmen's nicht
als schlimmes Zeichen.
Sir Archie
Recht so, nein, ich auch nicht.
Verzeiht, wenn ich mich setze.
Er tut's.
Ich bin fremd hier,
nicht grade in Schweden, aber hier zu Marstrand!
Da ist mir vieles, was ich sehe, neu:
der Leute Sitten und Gebräuche, wie
sie hausen und so fort. Ihr habt's hier traulich.
Kathrin
Wenn's Euch bei uns gefällt, Herr, rückt heran,
wärmt Euch 'nen Augenblick an unserm Feuer!
Sir Archie
Ihr seid sehr gütig. Doch ganz unbesorgt!
Ich falle Euch gewiß nicht lästig. – Sagt,
die Schotten, die hier draußen sich belustigen
und dies und das aus Eurem Laden kaufen,
betragen sie sich recht, so wie es sein muß? –
Habt Ihr zu klagen, haltet nicht zurück!
Kathrin
Sie sind bescheiden und bezahlen redlich.
Sir Archie
Nun, Gott sei Dank: denn dies ist ihre Pflicht.
Seht doch, da hängt das Bildnis meines Königs
und mehr des Euren allerdings. Doch diente
ich Seiner schwedischen Majestät, bin ich
auch Schotte. Und sie war mir stets,
ich möchte sagen, ein huldreicher Freund. –
Allein, mir kommen Zweifel. Dies ist doch
der Schank und Kram des Händlers Torarin?
Kathrin
Gewiß. Da seid Ihr ganz am rechten Orte.
Sir Archie
Sprecht, fragte wohl schon jemand nach Lord Archie?
Kathrin
Bis jetzt, Euer Gnaden, nein, ich wüßte nicht.
Sir Archie
Niemand? Wie?
Kathrin
Und wer sollte das wohl sein?
Sir Archie
Ein Schiffspatron, der Ladung hat nach Leith
und der uns mit nach Schottland nehmen könnte.
Kathrin
Das möchte wohl für Schiffer Frederik
ein Handel sein.
Sir Archie
Ja: Frederik, so heißt er!
Torarin kommt, winterlich vermummt, aus dem Laden herein.
Torarin
Gott sei mit dir, Kathrin!
Kathrin
Da ist mein Bruder.
Sir Archie
Ah so, Ihr seid nicht Schiffer Frederik?
Torarin
Der bin ich nicht, Euer Gnaden, mit Erlaubnis,
doch komm' ich von ihm her und habe Botschaft.
Wir hatten beide wiederum Verhör –
will heißen, Herr, Gerichtstermin zu Bohus.
Kathrin
Schon wieder war Termin?
Torarin
Ja doch! schon wieder!
und wird noch oftmals sein und immer nutzlos,
sosehr auch Pfarrer Arnesohn sich abmüht. –
Der Schiffer Frederik läßt sich entschuldigen,
Eure Lordschaft. Doch sein Weib ist sterbenskrank
und wird sich wohl vom Bett nicht mehr erheben. –
Kathrin
Nun, Herr, ist's dieses Schiff nicht, ist's ein andres,
Gelegenheit nach Schottland gibt's genug.
Torarin
Ja, sie hat recht. Nun denke doch, Kathrin,
schon hat man wieder eine neue Spur.
Sie führt zu den Seeschuppen hier in Marstrand.
Der Pfarrer ruht nicht.
Sir Archie
Welcher Pfarrer ruht nicht?
Torarin
Sie ruhen beide nicht: der tote nicht
noch der lebendige, des toten Sohn.
Und mir vor allem läßt es keine Ruhe.
Sir Archie
Man sagt, Ihr schenktet hier den besten Branntwein;
man kann es brauchen, gebt mir doch davon.
Ein Pfarrer ist gestorben? ... Von was spracht Ihr?
Torarin
Wenn Ihr so fragt, so muß ich glauben, Herr,
Ihr wißt von dem nichts, was in aller Mund ist.
Sir Archie
Beinahe scheint es so. Was ist es denn?
Torarin
Die grauenvolle Bluttat von Solberga.
Sir Archie
Halt, doch vielleicht! Mir dämmert etwas. War
das wohl ... gleich, gleich ... gewiß! Hieß er nicht Arne?
Man sprach von einem Gottesmann und Geizhals.
Torarin
Daß er unrecht erworbnes Gut gehäuft,
ist nichts als eitel Lüge und Verleumdung.
Sir Archie
Doch war der Pfarrer reich? Sagt! Oder ist
auch das ein Märchen nur von bösen Leuten?
Torarin
Ach, reden wir von anderen Dingen, Herr!
Seufzend, seine Bewegung verbergend, geht Torarin ins anstoßende Zimmer.
Kathrin
Eure Lordschaft hörten, wie mein Bruder seufzte.
Ich bitt' Euch, laßt ihn, fragt nun weiter nicht.
Und diene Euch zu wissen, hoher Herr,
daß drei entmenschte Wichte, wie man meint,
wie reißende Tiere nachts ins Pfarrhaus zu
Solberga brachen, sengten, plünderten
und alles ohne Gnade meuchelten,
vom alten Pfarrer bis zur Enkelin,
Knecht, Magd, Vikar und alles, was darin war.
Sir Archie
Oh, oh, ist das ein Ding, was heut geschah,
oder 'ne Moritat aus alten Zeiten,
von der nur noch ein unverbürgt Gerücht geht?
Kathrin
Es ist ein Ding, was heut geschah, Eure Lordschaft.
Sir Archie
Und von den Tätern hat man keine Spur?
Kathrin
Die Täter sind im Hackefjord ertrunken.
Sir Archie
Im Hackefjord? – wie das? – der dick vereist ist?
Kathrin
Sie haben in der Sturmnacht sich verirrt.
Den Raub fortführend auf des Pfarrers Schlitten,
den Schimmel der Pfarrei davorgespannt,
gerieten sie in eine offne Stelle.
Sir Archie
Daß sie so endeten, gilt für gewiß?
Kathrin
Bei allen nicht, allein, die meisten glauben's.
Sir Archie
Doch spricht man ja von einer neuen Spur,
wie Euer Bruder sagt, hierher nach Marstrand.
Kathrin
Spricht er davon, so glaubt er nicht daran.
Torarin kommt wieder herein.
Torarin
So ist's. Sie hat nicht unrecht. Eure Lordschaft.
Ich sah die Mörder vor der Tat, als sie
im Hof zu Branehög die Messer schliffen.
Nun kenn' ich jeden Menschen hier zu Marstrand.
Ich kenne jedes Gäßchen und Quartier,
fast alles fremde Volk, was sich am Hafen
herumtreibt: und da ich nichts denken kann,
als wie ich Pfarrer Arnes Mörder finde
und auf den Richtblock bringe – 's ist so, Herr –,
so hätt' ich sie zu Marstrand längst entdeckt.
Denn auf den ersten Blick müßt' ich sie kennen. –
Sir Archie
Wie sahn sie aus? Du sagst, du habest sie
erblickt, als sie, ich weiß nicht was, verrichtet.
Torarin
Häßliche Teufel waren's, alle drei.
Berußt, wie Kohlenbrenner. Nüstern, wie
von Pferden. Wülst'ge Mäuler, feucht und rot.
Rote Pupillen, weißgefletschte Zahnreihn.
Sir Archie
steht auf
Was macht die Zeche, Frauchen?
Kathrin
Oh, es lohnt nicht.
Will denn der gnäd'ge Herr schon wieder gehn?
Sir Archie
mit Bezug auf die zunehmende Dudelsackmusik und den Tanzlärm vor dem Haus
Die Leute draußen werden mir zu lustig.
Elsalil erscheint und schreitet langsam quer durchs Zimmer gegen die Ladentür. Sie streckt beide Hände vor und hat den Kopf zurückgelegt wie eine Blinde. Sie findet ihren Weg langsam und nachtwandlerisch. Ihr herrliches blondes Haar fällt offen fast bis zu den Fersen. Sie trägt nur ein langes, um die Hüften zusammengenommenes Hemd und gleicht so genau Berghild in der Mordnacht. Das Fleisch des Mädchens in seiner Blässe, die ganze Erscheinung hat etwas Immaterielles. Sir Archie vom Augenblick an, als er Elsalil erblickt, zur Bewegungslosigkeit erstarrt.
Was gibt's? –
Kathrin
die Elsalil im Rücken hat
Was steht zu Diensten, Eure Lordschaft?
Ist Euch nicht gut, Herr?
Sir Archie
Nein! Ihr trefft es.
Kathrin
Riecht
in Essig! – Essigwasser, Torarin!
Torarin
Stützt Euch an mir, Herr! So! Was stieß Euch zu?
Sir Archie
Boshafter Höllenzwang. Laßt, 's ist vorüber.
Kathrin
Wie so etwas nur plötzlich kommen kann?
Eure Lordschaft sind ganz grün im Antlitz.
Sir Archie
Laßt nur.
Mir tunkt was auf im Hirn. Ich weiß es selbst nicht,
was diese tolle Äfferei bedeutet. –
Nun ist es gut. Es ist nun fort! Nein, nein!
Verdamm' mich Gott! Das half! Es ist verschwunden.
Die Erscheinung Elsalils hat sich in der Tat während der letzten Worte durch die Ladentür entfernt.
Mein Becher! Ah!
Er stößt ihn aus Versehen um, so daß er auf die Diele rollt.
Ihr seht, ich bin ein Tölpel!
nicht nur ein Narr, ein Schwächling oder sonst was.
Nochmals den Becher bis zum Rand voll Branntwein!
Kathrin
Da habt Ihr recht, das stärkt das Herz, Mylord.
Kathrin geht und verschwindet, um den Branntwein zu holen, im Laden.
Sir Archie
Wo blieb mein Schemel? Gebt. Ich muß mich setzen:
das heißt, ich will. Das Übel ist vererbt,
es stammt aus dem Geschlecht der Thans von Roß,
durch eine Urgroßmutter eingeschleppt.
Ihr seid erschrocken! Welch ein dummer Zufall!
Ich auch! Ich selber war erschreckt, weiß Gott.
Wir sind doch alle Binsen vor dem Herrgott.
Torarin
Aß Euer Gnaden etwa schlechten Fisch?
Dagegen hilft armenische Erd' in Essig.
Oder habt Ihr den bösen Anfall oft?
Sir Archie
Nicht oft. Den letzten hatt' ich vor dem Feldzug.
Doch eben der, der Feldzug, war beschwerlich,
ihm dank' ich's, wenn das Übel wieder ausbricht. –
Genug. Vergeßt's! 's ist nicht der Rede wert.
Tausend! Ich bin in Todesschweiß gebadet. –
Gemach, gemach! Es stirbt sich nicht so leicht.
Kathrin kommt mit dem Branntwein.
Kathrin
Das Mädchen ist im Laden, Torarin.
Denk doch, sie steht und sie hantiert herum,
als ob sie wieder bei Besinnung wäre.
Und doch ist's nur im Traume, wie es scheint.
Wie kam sie wohl – sahst du sie denn – durchs Zimmer?
Torarin
Im Laden vorn ist Elsalil? 's ist seltsam.
Kathrin
Ja, seltsam. Denn noch eben lag sie fest
auf ihrer Bettstatt hinten in der Kammer,
von wo kein andrer Weg zum Laden führt,
als hier durchs Stübchen und an uns vorüber.
Torarin
Saht Ihr ein Mägdlein durch die Stube schreiten?
Sir Archie
Ich? Nein! Beim heiligen Blute Christi, nein!
Ihr täuscht Euch! Nein!
Torarin
Herr, seid nicht ungehalten.
Ein krankes Mägdlein lebt bei uns im Haus,
ein armes Waisenkind und meine Nichte.
Sir Archie
Wie? Was? Sprecht klar! Ihr macht mich ganz verwirrt.
Vergebt. Euer Stübchen ist zu eng. Lebt wohl denn.
Ich bin gewohnt in freier Luft zu atmen.
Und hört:
Macht meinen schottischen Jungen und auch mir,
wenn Euch dran liegt, ein gut Stück Geld zu nehmen,
die Fahrt nach Schottland aus und gebt mir Nachricht.
Im Goldnen Anker hab' ich mein Quartier.
Er ist aufgesprungen, hat seinen Zobelmantel umgeschlagen, Barett und Handschuh genommen und geht. Vor der Ladentür stutzt er
Wo ist das Mädchen?
Torarin
Welches?
Sir Archie
Nun, Ihr wißt doch,
das unsichtbar hier durch das Zimmer ging.
Kathrin
Seine Lordschaft meinen unsre arme Nichte?
Torarin
zu Kathrin
Ist's richtig, was du sagst: im Laden dort?
Sir Archie
Wo? Hier im Laden? Wo ich jetzt hindurch muß?
Kathrin
Herr, geht getrost, sie hört und sieht Euch nicht.
Sir Archie
O doch. Glaubt's nicht. Sie weiß wohl, was sie vorhat.
Vielleicht kann man sie durch den Vorhang sehen.
Er guckt vorsichtig, wie durchs Schlüsselloch.
Torarin
leise
Kathrin, der Herr beträgt sich wunderlich;
mir scheint, es ist mit ihm nicht ganz geheuer.
Sir Archie
mit Entschlossenheit
Dies ist kein Weg für mich. Ich bleibe hier,
und saß' ich wie die Ratze in der Falle.
Er nimmt brüsk den verlassenen Platz am Tisch wieder ein.
Frauchen, ein drittes Glas von deinem Branntwein!
Kathrin
Es ist uns leid, wenn Euch das Mädchen stört.
Sir Archie
Dawider ist am Ende nichts zu machen.
Am Ende pochen Weiber auf ihr Anrecht.
Torarin
Kathrin, du führst sie besser gleich zu Bett
und sperrst sie diesmal ab in ihrer Kammer.
Zu Sir Archie
Wohl glaublich, daß ihr Anblick Euch entsetzt.
Denn sie war bei der Mordnacht und entkam
ihr nur als ein lebendiger Leichnam, Herr!
Sir Archie
Erzählt mir nichts. Ich weiß genug. Ich weiß es.
Wofür hat sie im Schlafe mich besucht?!
Doch warum schnüffelt sie so durch die Luft,
als ob sie so was wie ein Mannsbild wittre?
Torarin
Tut sie denn das?
Sir Archie
Ja doch, im Laden dort!
Torarin
Sieh zu, Kathrin!
Sir Archie
Nein, laßt. Sie kommt schon selber.
Torarin
Ihr irrt, Herr, wir sind ehrenhafte Leute.
Glaubt nicht, daß sie von solchem Schlage ist.
Sir Archie
Wir werden sehn.
Torarin
Kathrin, bei Gott, da kommt sie!
Sir Archie
Nun also. Freilich. Und ich halte stand.
Hier liegt mein Flederwisch. Wir wollen sehen.
Langsam und genau wie das erste Mal erscheint Elsalil wieder, mit zurückgelegtem Haupt und geschlossenen Augen scheint sie einer Witterung nachzugehen. Mit vorgestreckten Händen nähert sie sich in gerader Linie mehr und mehr Sir Archie. Dieser hat mit den letztgesprochenen Worten seinen Degen gezogen und vor sich hingelegt. – Elsalil hat sich nun Sir Archie so weit genähert, daß ihre Handflächen seinen Scheitel berühren. Langsam umfaßt er das Mädchen und zieht es auf seinen Schoß nieder.
Kathrin
Sie weiß nicht, was sie tut, Herr.
Sir Archie
wild, befehlend, mit der Hand das Schwert berührend
Packt euch fort jetzt!
Torarin und Kathrin ziehen sich erschrocken zurück.
Nachtwandlerin, kommst du aus Gräbern? Sprich!
um mich am hellen Tage heimzusuchen?
Und hat der alte Filz in seiner Grube
die größre Menge seines Guts versteckt,
da du auf deinem Scheitel so viel Gold
mit dir herauf schleppst? Berghild heißest du.
Der Alte rief dich Berghild. Du gestorbene,
eiskalte Jungfrau, die mein Stich durchdrang,
komm enger an mich, daß ich dich erwärme.
Elsalil
Ja, ja, ich friere! Wärme ... wärme mich.
Sir Archie
So flüstr' ich dir ins Ohr, weshalb ich hier bin.
Als Räuber, der nach deinem Honig aus ist.
Du schmelzendes Wachsgebilde mir im Arm,
du kühles Wabenhaus, was pocht in dir
so hart, so laut, als wollt' es dich durchbrechen?
Nein, nicht doch, hier sind Hügel, und darunter
hämmert ein Bergmann, hämmert blondes Gold
im süßesten der Schächte. Blond – wie blond! –
und jung – wie jung! Unwirklich-wirkliches
Geschöpf aus Schnee, innen ganz voller Glut,
die fiebernd tritt auf deine heiße Lippe.
Elsalil
Ich habe dich gesucht, Herr, weißt du das?
Sir Archie
O längst! Ich weiß es längst, wie du mir nachschleichst.
So, näher, näher! – Und ich weiß es längst,
daß keine Rettung ist vor deinen Küssen,
und ob auch deine Küsse giftig sind
und töten. Seit der Stunde, wo du mich
mit blut'gem Munde sterbend küßtest, brennt
und rast in mir und höhlt mich aus das Gift! –
Ja, ich bin tot, obgleich ich lebe, wie
du lebst, obgleich du tot bist. Welch ein Dasein!
Doch nun ist's gut, nun bist du bei mir.
Elsalil
Ja,
nun bin ich endlich bei dir.
Sir Archie
Sieh, du liebst mich
mit wilder Glut, und doch nicht minder heiß
sinnst du auf Rache. Haß und Liebe geben,
Empuse, dir dein trügerisches Dasein.
Ich weiß, daß du voll Tücke bist. Was tut's?
Du wirst die Kehle plötzlich einmal mir
mit deinem Wolfsgebiß durchreißen, wenn
du scheinbar dich in Liebesglut mir preisgibst.
Was tut's? Es geht auf Tod und Leben, mag's doch.
Ein Höllenspaß muß teufelsmäßig sein,
hundsföttisch toll, mit Englein ist schlecht buhlen.
Elsalil
erwacht, stutzt, reißt sich los, springt zurück
Jesus, Maria, Mutter Gottes, hilf mir!
Sir Archie
ist ebenfalls aufgesprungen, streicht sich über die Stirn
Auch mir, wenn's sein kann. Ich bin ganz von Sinnen.
Elsalil
Was ist mit mir geschehn? Wer bist du denn?
Sir Archie
brüsk, ganz verändert
Tu mir die Liebe, sage erst, wer du bist!
Elsalil
Ich bin nicht Berghild. Ich bin Elsalil.
Sir Archie
Berghild? Wer spricht von Berghild? Wer ist Berghild?
Elsalil
Berghild ist meine Schwester auf dem Pfarrhof.
Sir Archie
Hier ist 'ne Schenke und kein Pfarrhof, Kind.
Elsalil
Bin ich bei Oheim Torarin?
Sir Archie
So scheint es.
Elsalil
Und wer bist du?
Sir Archie
Ein Mann, ein Mensch, was mehr?
Elsalil
Ich fürchte mich vor dir! Ich rufe Hilfe!
Sir Archie
Das wäre töricht, beides: dich zu fürchten
und also auch das Hilferufen. Ich
bin nur im Kriege furchtbar, nicht im Frieden.
Der Müßiggang steigt mir zu Kopf. Mein Hirn
gärt und treibt Blasen, wie ein stehender Wein.
Da, Krämersnichte, schwatz nicht, nimm das Goldstück.
Elsalil
Ich will kein Gold von Euch.
Sir Archie
Dann laß es bleiben.
Er knöpft an seinen Handschuhen.
Der Himmel mag es wissen, was mir einfiel.
Ich will nicht sagen, daß du häßlich bist,
davon braucht nicht die Rede sein am Ende.
Allein, vergleich' ich dich mit jener, die
mein nebelndes Gehirn mir vorgespukt,
so ist der Irrtum mir ein wenig peinlich.
Elsalil
Ich seh' Euch nicht zum erstenmal.
Sir Archie
Warum auch?
Ganz Schweden kennt mich.
Elsalil
Laßt mich sinnen, Herr.
Ich war wohl lange krank und lag bewußtlos?
Mich traf etwas. Helft mir. Was war es doch?
Sir Archie
Da sieh du zu.
Elsalil
Ich kann mich nicht besinnen.
Sir Archie
Ich habe die Besinnung wieder.
Elsalil
Bleibt, Herr.
Sir Archie
Für diesmal ist es besser so. Ade!
Er geht. Elsalil schreitet ihm nach, der Ladentür zu. Als er verschwunden ist, erscheinen Torarin und Kathrin.
Elsalil
Wißt ihr, wen ich jetzt eben sah? Wer hier war?
Torarin
Du hast die Sprache wieder, Elsalil?
So war es wohl ein Wundertäter.
Kathrin