Walther Harich
Jean Paul
Walther Harich

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Flegeljahre

Mit der metaphysischen Grundlegung des Humors im zweiten Teil der »Vorschule der Ästhetik« war Jean Paul bereits in jene Welt geraten, die seine ersten Schaffensjahre erfüllt hatte und der er sich jetzt auf der Höhe seiner Schaffenskraft noch einmal mit Wollust näherte. In dem Roman »Notarius Gottwalt« oder »Notarius Blitz« oder, wie dann als endgültiger Titel festgesetzt wurde: »Flegeljahre« wollte er Wuz, Fixlein und Siebenkäs vereinigen und übertreffen. Selbst im »Titan« hatte er sich idyllischer Beimischungen nicht völlig entschlagen. Die Jugendgeschichte Albanos hätte getrost in einem idyllischen Roman ihren Platz finden können. War nun die Idylle, auf die Jean Paul immer wieder zurückgriff, vielleicht doch seine eigentliche Welt? Sicher in dem Sinne, daß ihm hier am leichtesten Stoff zuströmte. Ein Jahrzehnt hatte er sich in der großen Welt bewegen müssen, ehe ihm die Lebensatmosphäre des »Titan« geläufig genug war, um sie ins Werk bannen zu können. Und doch war Jean Paul weit mehr als ein bloßer Idylliker. Die entsprechenden Ausführungen in der »Vorschule« zeigen, welche höheren, metaphysischen Welten er am kurzen Hebelarm der Idylle bewegte. Nicht auf ein bloßes Nachmalen der »Schlachtfelder des Lebens« wollte er sich beschränken lassen. Er sprach es deutlich aus, welche großen Tendenzen er mit seiner Idyllendichtung verfolgte: »Wenn hingegen der Genius uns über die ›Schlachtfelder des Lebens‹ führt: so sehen wir so 647 frei hinüber, als wenn der Ruhm oder die Vaterlandsliebe vorausginge mit den zurückflatternden Fahnen; und neben ihm gewinnt die Dürftigkeit wie vor einem Paar Liebenden eine arkadische Gestalt.« Diese arkadische Verklärung des irdischen Kampfschauplatzes, darauf kam es ihm an. Er wollte nicht in der Genremalerei steckenbleiben, sondern die irdischen Bezirke hochreißen in das verklärte Licht der höheren Weltschau, daß die Bäume am Wasser, wie er es in der Vorschule ausdrückt, aus einer Wurzel in zwei Himmel wachsen.

Durch welche Welten war er hindurchgegangen, ehe er sich in den »Flegeljahren« nun wieder den ersten Stoffen zuwandte, die ihn erschüttert hatten! Mit dem Geist der Zeit hatte er sich auseinandergesetzt, die zeitgenössische Dichtung und Philosophie vor sein Forum gezogen. Durch das Bildungsgut einer ganzen Welt hatte er sich hindurchgefressen, sich in die heroischen Bezirke des Titanentums erhoben. Wie hatte er sich in die ihm eigene Welt zurückgesehnt! Schon mitten in der Arbeit am »Titan« waren seine Gedanken in den Plan der »Flegeljahre« ausgewichen. Noch vor seiner Heirat hatte er mit den Studienbüchern zu diesem Roman begonnen in dem sicheren Gefühl, daß Karoline ihn aus der Titanenwelt wieder in die Welt des Bürgers zurückführen würde. Mit eiserner Willensanstrengung hatte er die Arbeit am »Titan« erst zu Ende geführt, dann, als er beglückt die »Flegeljahre« von neuem begonnen, noch einmal die Idylle unterbrochen, um in der »Vorschule der Ästhetik« seine Waffen zu überprüfen. Erst als im August 1804 das theoretische Werk vollendet war, hatte er die »Flegeljahre« beendet, sein Werk zu seinem zweiten Pole rundend und ausfüllend.

Mit den »Flegeljahren« kehrte Jean Paul zu seinen »Maria Wuz«, »Quintus Fixlein« und »Siebenkäs« zurück. Aber der 648 Weg, den er seitdem zurückgelegt hatte, hinterließ doch zahlreiche Spuren. In jenen früheren Werken hatte es sich um Probleme des reinen »Daseins« gehandelt. Von Bildungserlebnissen war diese Welt frei gewesen. Aber die »Flegeljahre«, so sehr sie sich im reinen Dasein bewegten und es künstlerisch erschöpften, enthalten doch auch ein Problem, das über das reine Dasein hinausragt. Wie im »Titan« in den einzelnen Gestalten Vertreter zeitgenössischer Weltanschauungen aufgetreten waren, so bargen auch Walt und Vult, die beiden Helden der »Flegeljahre«, Weltanschauungsgegensätze in sich, in denen die Gegensätze der Zeit inbegriffen waren. Vult, der schweifende Humorist, verkörperte doch nicht nur Jean Pauls zweites, das humoristische Ich, im Gegensatz zu Walt, der reinen Dichternatur in ihm, sondern in gewissem Sinne waren hier wiederum Zeittypen gegeneinandergestellt. Eine starke, ja eine tragische Spannung der Zeit lag dieser Zweiteilung zugrunde. Walt und Vult verkörperten die zwei Seiten Jean Paulschen Wesens, aber sie waren doch wieder im Sinne des »Titan« auch »einkräftige« Gestalten, zum Untergang bestimmt. Zwei Brüder, sich aufs schönste ergänzend, sich gegenseitig hebend und steigernd, kämpfen sie den ganzen Roman hindurch um harmonische Vereinigung. Sie suchen das Glück harmonischen Zueinandergehörens und müssen schließlich auseinandergehen, jeder den andern seinem Schicksal überlassend. Der Riß, der durch das deutsche Volk geht und der Jean Paul wie keinem zweiten in ganzer Breite aufgegangen war, dokumentierte sich in diesem vergeblichen Ringen der Brüder um ihre Liebe. In dem persönlichen Zwiespalt der eigenen Natur hatte Jean Paul den Zwiespalt der Zeit und seines Volkes eingefangen. Der im Heimatboden Wurzelnde und die heimische Scholle Verklärende auf der einen Seite, der Entwurzelte und frei Schweifende auf der andern 649 Seite, – dieser Gegensatz faßte den Zwiespalt deutschen Wesens noch tiefer und hoffnungsloser als jener Gegensatz der Weltanschauungen, wie er im »Titan« zutage getreten war. Hier verfing sich uraltes germanisches Schicksal, das zwischen Liebe zur Scholle und zwischen grenzenlosem Schweifen umherirrt und nicht die eigene Gestalt zu finden vermag. Hinter dem Gegensatz der beiden Brüder schwingen diese unvereinbaren Gegensätze der deutschen Natur in der Tiefe mit. Das macht den Zauber des Werks aus, und gerade je weniger die Bedeutung dieses Gegensatzes bewußt wird, um so unbegrenzter und allgemeingültiger wird er empfunden.

Dieser Gegensatz ist ganz in das Schicksal der Brüder eingegangen, und dieses Schicksal wiederum hält Jean Pauls eigene geistige Entwickelung umschlossen. Walt und Vult verkörpern die zwei Seiten seines Wesens und seiner dichterischen Produktion: die ernste und die humoristische. Beide hatten um die Seele des aufwachsenden Dichters gerungen. Vielleicht wäre Jean Paul geradeswegs auf der Leipziger Universität, an seinen Jugendroman »Abälard und Heloise« anknüpfend, solch ein innerlicher, das alltägliche Dasein verklärender Dichter wie Walt geworden, wenn ihn nicht jene geistige Bewegung ergriffen hätte, die damals in Deutschland die herrschende war: der Rationalismus.

Schon im Beginn unseres Buches haben wir hervorgehoben, daß man gewöhnlich den deutschen Rationalismus zu eng faßt. Er hatte im Grunde seines Wesens nicht jenes spießbürgerliche, dünkelhafte Moment in sich, das man ihm heute beilegt und unter dem man ihn heute zu umfassen meint. Immerhin standen Männer wie Lessing in seiner Front. Im Grunde bedeutete Rationalismus die uneingeschränkte Herrschaft der Vernunft, bedeutete Aufklärung die Loslösung der menschlichen Institutionen von den Banden 650 des historisch Gewordenen, des Blutes, der Rasse. Rationalismus war eine Weltbewegung, die ihre Wurzel in dem sich auflösenden spätrömischen Kaiserreich hatte. Nach Deutschland verpflanzt, fiel der Aufklärung auch hier die Rolle zu, die geschichtlichen Bindungen aufzulösen und den Geist an die Stelle des Blutes und der Rasse zu setzen. Es handelte sich um die Auflockerung alten historischen Bodens im guten wie im schlimmen Sinne. Geist stand hier gegen kleinliche und egoistische Hemmung, freies Schweifen gegen die Gebundenheit der Scholle, ein idealistischer Menschheitsbegriff gegen Volk und Landschaft. Dieser Gegensatz enthielt bereits den Zwiespalt, unter dem der junge Jean Paul in Leipzig und später litt. Europäertum und heimische Landschaft, Geist und Liebe, Losgelöstheit und völkische Gebundenheit kämpften um seine Seele, und in letzter Zuspitzung: Humor und dichterische Verklärung. Wie waren diese Mächte früher in der mittelalterlichen deutschen Seele miteinander verbunden gewesen! Der Dichter an der Schwelle des achtzehnten zum neunzehnten Jahrhundert konnte sie nicht mehr miteinander verschmelzen. Er fühlte ihre in der Tiefe liegende gemeinsame Wurzel. Wohl gelang es ihm, beide noch hier und dort ineinanderströmen zu lassen. Das Lachen mit der Träne im Wappen war sogar die eigentliche Domäne seines Schaffens. Und doch fühlte er bereits den Widerriß zwischen Ernst und Humor. Mitten in seinem Wesen tat sich ein Erdspalt auf, die Welt klaffte auseinander. Es war Abgrund im Wesen seines Volkes, den er deutlich spürte. Zwei Gewalten gingen in ihm einander an. Ein Dämon zwang ihn, den Gesang seiner Darstellung irgendeines bizarren Einfalls halber zu unterbrechen. So stark war dieser Dämon, daß er ihn selbst den »Titan« mit Purzelbäumen zu umpflanzen zwang, und er konnte sich nicht anders retten, als daß er den vier ernsten Bänden satirische 651 Anhänge gab, um wenigstens die Einheit dieser tragischen Begebenheiten zu retten. Beide Mächte waren gleich stark in ihm. Mochte der liebende Ernst sich allmählich in schwerem Ringen bei ihm durchsetzen, so mußte er doch immer wieder in das kalte Bad der Satire untertauchen, zum Schaden des Ganzen, wie er selbst deutlich fühlte. Das virtuosische Spiel mit dem glänzenden Einfall; die freie Unendlichkeit, die das liebevoll gehegte Endliche verschlang, – um diesen Zwiespalt kam er nicht herum. Wir verstehen jetzt, daß er erst diese Partien der »Vorschule der Ästhetik« hinter sich haben mußte, ehe er die »Flegeljahre« vollenden konnte, in denen dieser Zwiespalt zum Schicksal wird. Es war kein Zurückgleiten in die unproblematische Welt seiner früheren Idyllendichtung, es war im Gegenteil das Hochreißen dieser anscheinend so idyllischen Welt in die Höhe seiner tiefen und fast verzweifelten Fragestellung. Auch hier, wie im »Titan«, handelte es sich um die katastrophale Spannung innerhalb des deutschen Wesens. Das aber war jetzt das Große an dem neuen Werk, noch über den »Titan« hinausgehend: daß er diese Probleme in ganz unproblematisches »Dasein« hineinprojizierte, daß er sie nicht auf ihre letzte Formel, aber auf ihr letztes und schlichtestes Sein zurückführte; keine geistigen Gegensatzwelten aufbaute, sondern einfach das Leben zweier Brüder darstellte, von denen der eine, Walt, eine innerliche, besinnliche Dichternatur, der andere, Vult, ein schweifender Virtuose ist. Beide Brüder suchen ineinander zu schmelzen in dem richtigen Gefühl, daß sie nur in Lebensgemeinschaft das Leben meistern können, daß jeder für sich etwas entbehren muß: Walt die Beherrschung der alltäglichen Kleinigkeiten, Vult die tiefe Liebe zu allem Menschlichen. Wie die Brüder um diese ideale Lebensgemeinschaft ringen, wie sie zusammenziehen, um ganz füreinander zu leben, ja sogar ein einziges Buch miteinander 652 zu schreiben, das ihre Doppelnatur zur Einheit binden soll, – wie sie sich dem ungeachtet doch immer weiter voneinander entfernen und schließlich auseinandergehen, – das ist der Inhalt dieses merkwürdigen Romans, der ein humoristischer ist gerade dadurch, daß er die tiefe Verlorenheit des Humors in dieser endlichen Welt zur Darstellung bringt, und ein heilig ernster gerade dadurch, daß er die komischen Seiten eines unbeholfenen und ausgelieferten Dichtertums aufzeigt.

So stellt sich dieser Roman, von allen Jean Paulschen der einfachste und eingängigste, im Grunde als der komplizierteste und problematischste heraus. Er wurde niedergeschrieben, als der Dichter schon die »Levana«, dieses »deutscheste« seiner Werke, unter dem Herzen trug. Und diese beiden Bücher: »Flegeljahre« und »Levana«, gehören zueinander. In ganz unproblematischer Freiheit geben sie die letzten, wieder schlicht und einfach gewordenen Resultate eines ganzen problematischen Daseins.

Gegen den humoristischen, lebenauflösenden Einfall ist der Roman gewendet. Aber er strotzt von den bizarrsten Einfällen eines sich überschlagenden Humors. Man kennt die Freude Jean Pauls an komischen Situationen. Er wurde nicht müde, solche Situationen zu erfinden und für alle Fälle in seinen Studienbüchern bereitzustellen. Es ist das Erbe der englischen Humoristen, die auf ihn frühzeitig Eindruck machten, einen Eindruck, der durch das ganze Leben fortwirkte. Jean Paul liebt es, mit einer solchen komischen Situation mitten in die Handlung hineinzuspringen und sie langsam von diesem Schnittpunkte aus aufzurollen. (Im Gegensatz zu E. T. A. Hoffmann, der meistens harmlos und alltäglich beginnt und erst allmählich den Leser in die Schlingen seiner immer krauser werdenden Phantasie lockt.) – Der Beginn der »Flegeljahre« ist ein Meisterstück in der Erfindung einer 653 solchen Situation. Ihr Geheimnis ist, daß sie nicht nur an sich von überwältigender Komik ist, sondern zugleich einen fruchtbaren Ausgangspunkt für die Handlung bildet, die sich aus dieser Situation loszurollen hat.

Der Roman beginnt mit der Eröffnung des van der Kabelschen Testaments. Sieben Erben des reichen Herrn van der Kabel, des Krösus der Residenz Haslau, haben sich mit ihrem Depositionsschein auf dem Rathause von Haslau eingefunden. Als Oberexekutor des Testaments fungiert der regierende Bürgermeister selbst. Herr van der Kabel hat aber folgendermaßen testiert: Die sieben anwesenden Erben, da sie oft versichert haben, daß ihnen an der Person des Erblassers mehr gelegen als an seinem Vermögen, erhalten vorderhand – nichts. Ausgenommen das Haus in der Hundegasse, welches jenem Verwandten zufallen soll, der früher als die übrigen sechs Nebenbuhler eine oder ein paar Tränen über den Dahingeschiedenen vergießen kann vor einem löblichen Magistrate, der es protokolliert. Bei dieser Bestimmung hält der Testamentsvollstrecker im Vorlesen inne, um mit dem ganzen Gericht aufzumerken, wer zuerst die begehrten Tränen vergösse. Alle Sieben versuchen durch ernstes Sinnen ihr Pumpwerk in Bewegung zu setzen. Nur Flitte, der Elsässer, springt vor Vergnügen hoch und schwört, nicht imstande zu sein, bei einem solchen Spaß zu weinen. Der Kaufmann Neupeter sieht aus wie eine kranke Lerche, die man mit einem eingeölten Stecknadelkopf – das Haus war der Knopf – klistiert. Der Buchhändler Pasvogel denkt an alles Rührende, was er teils im Verlag, teils in Kommission hat. Der Polizeiinspektor Harprecht macht Flitten auf das Unzulängliche seines Tuns aufmerksam: falls er Lachtränen ins Auge bekomme, würden sie ihm nicht das Haus zutreiben. Der lustige Flitte aber antwortet, daß er nur zum Spaß, nicht aus ernsten 654 Absichten lache. Der Frühprediger Flachs sieht aus wie ein reitender Betteljude, mit welchem der Hengst durchgeht. Der Kirchenrat Glanz, gewöhnt, sich früher als seine Zuhörer zu rühren, fängt eine erbauliche Rede zu Ehren des Toten an. Aber noch ehe er sich vor seinen Zuhörern gerührt hat, ruft der Frühprediger Flachs, betrübt aufstehend: »Ich glaube, meine verehrtesten Herren, – ich weine.« Ihm schwimmt demnach auf einer Zähre das Haus in den Beutel. Der Vollstrecker fährt im Lesen des Testaments fort.

Zum Haupterben setzt Herr van der Kabel einen Jüngling aus dem Dorf Elterlein ein, von dem er zweimal im Dunkeln eine Tat sah und einmal am Tage ein paar Worte hörte. Auf diesen Jüngling baue er nun ewig. Er habe dreißigmal mehr im Kopfe, als er selbst von sich denke. »Nur hat er das Böse, daß er erstlich ein etwas klastischer Poet ist, und daß er zweitens . . . auch am Stundenzeiger schiebt, um den Minutenzeiger zu drehen. Es ist nicht glaublich, daß er je eine Studenten-Mausefalle aufstellen lernt; und wie gewiß ihm ein Reisekoffer, den man ihm abgeschnitten, auf ewig aus den Händen wäre, erhellet daraus, daß er durchaus nicht zu spezifieren wüßte, was darin gewesen und wie er ausgesehen.« Dieser Jüngling heißt Gottwalt Peter Harnisch und ist der Schulzensohn von Elterlein. Hiermit ist uns der Hauptheld der »Flegeljahre« vorgestellt. Kabel, sein Gönner nach dem Tode, aber will ihn zum Charakter und zur Weltgewandtheit erziehen. Deshalb hat er in das Testament Bestimmungen aufgenommen, durch die sich Walt das Erbe erst verdienen muß. Er soll einen Tag Klavierstimmer sein, ein Vierteljahr Notarius, einen Monat lang das Gärtchen des Erblassers als Obergärtner bestellen, einen Hasen schießen, als Korrektor zwölf Bogen durchsehen, eine Meßwoche mit Herrn Buchhändler Pasvogel beziehen; er soll bei jedem 655 der Akzessiterben eine Woche lang wohnen und alle Wünsche des zeitigen Mietherren, soweit sie sich mit seiner Ehre vertragen, gut erfüllen; er soll eine Woche auf dem Lande Schule halten und endlich ein Pfarrer werden. Dann erhält er mit seiner Vokation zum Pfarrer die Erbschaft ausgehändigt. Für jedes Versehen in diesen verschiedenen Stationen wird ihm ein Teil des Erbes entzogen und jenem Akzessiterben zugeschrieben, in dessen Dienst der Fehler begangen worden ist.

Man sieht voraus: das Testament ist so angelegt, daß dem weltunkundigen Jüngling am Ende aller dieser Stationen nichts bleiben wird. Aber an Welt- und Menschenkenntnis wird er so viel gewonnen haben, daß er als reifer Mensch und vielleicht als ein Dichter aus diesem Erbgang hervorgeht. Damit ist der Gang des Romans bestimmt. Aber auch der Roman selbst wird testamentarisch gefordert. Es solle ein Schriftsteller gewonnen werden, der die Geschichte des Erben aufschreibt. Für jedes Kapitel solle dieser Autor ein Stück aus dem Kunst- und Naturalienkabinett des Erblassers erhalten. Als dieser Autor wird natürlich J. P. F. Richter ausgewählt. Nach den ihm zufallenden Stücken der Kabelschen Sammlung benennt er die einzelnen Kapitel, etwa »Bleiglanz« oder »Katzensilber aus Thüringen«. Die Testamentsszene ist zugleich das erste Kapitel des Romans, die Antwort des Autors auf die ehrenvolle Aufforderung des Testamentvollstreckers das zweite. Im dritten Kapitel »Terra miraculosa Saxoniae« macht uns der Autor mit einer Dichtung des Universalerben bekannt, die zugleich ein Kabinettstück Jean Paulscher Kleinkunst ist, wie sie uns den Helden in seiner Liebe für das idyllische Landpfarrerleben vorführt. »Das Glück eines schwedischen Pfarrers« ist der Aufsatz betitelt und etwa mit den Farben von Jean Pauls Konjekturalbiographie ausgeführt. Wir fühlen: wenn Walt die verschiedenen 656 Stationen seines Erbganges hinter sich hat, dann kann ihm wohl das ländliche Glück zuteil werden, das er hier als einen unerfüllbaren Traum aufgezeichnet hat.

Das eigenartige Testament hat wie ein Lauffeuer die Stadt durchmessen. Mancher junge Mann sattelt ein Pferd, um nach Elterlein zu reiten und den Erben zu sehen. Er ist aber immer auf die Felder oder in die Berge gelaufen. Der General von Zablocki, der ein Rittergut im Dorfe Elterlein hat, läßt seinen Verwalter in die Stadt kommen, um ihn über den Erben auszufragen. In Haslau ist gerade ein reisender Flötenspieler van der Harnisch angekommen, den viele für den Erben halten, da dieser ja Harnisch heißen solle. Der Wirt zum weichen Krebs erzählt seinen Gästen, daß der Schulz in Elterlein tatsächlich Harnisch hieße. Er hätte zwei Söhne. Der eine wäre ein Spitzbube und im vierzehnten Jahre mit einem Flötenspieler, wie dieser Herr van der Harnisch, durchgegangen. Über den zweiten könne der Herr Kandidat Schomaker, der ja Schulmeister im Dorfe Elterlein sei, die beste Auskunft geben. Der Schulmeister ist in der Tat gerade anwesend und berichtet über den sagenhaften Erben, der sein früherer Schüler wäre. Er sei edel von Gesinnung und mache vortreffliche Gedichte, die Walt selbst Streckverse nenne, die ihrer Natur nach aber Polymeter wären. Bei diesen Worten fängt der reisende Flötenspieler Feuer. Denn er ist niemand anders als der einst seinen Eltern davongelaufene Zwillingsbruder Walts, selbst Quoddeusvult, kurz Vult genannt, und er ist nach Jahren wieder in die Heimat gekommen aus Liebe zu dem Bruder. Wie man sieht hatte Jean Paul hier einen seiner eigenen Brüder im Auge, dem er nun im Roman die eine Hälfte des eigenen Wesens gab.

Zwei Brüder und sogar Zwillingsbrüder, beide Repräsentanten der zwei verschiedenen Naturen Jean Pauls selber, 657 und beide zugleich Ausdruck der beiden miteinander unvereinbaren Seiten des deutschen Wesens. Walt: blond, versonnen, gutmütig und schwerfällig, eine rennende, schmale, jubelnde Figur, wie er beschrieben wird, ganz jener Kandidat Richter, der durch die Berge von Töpen und Schwarzenbach irrte. Vult: mit schwarzem Haar und schwarzen Augen, ungebärdig, händelsüchtig, pockennarbig und stämmig. Vult hat sogar gewisse Roquairolzüge, die Jean Paul wohl seinem Freunde Thieriot entnahm, zu denen er aber auch bei sich selbst das Vorbild fand. Walt repräsentiert das reine Dichtertum Jean Pauls, Vult seinen Humor, sein freies Schweifen, seine boshafte Satire. So haßt Vult den Adel, die Schauspieler und die Ehe, während Walt voller Ehrfurcht zu diesen Institutionen aufschaut.

Vult besucht sein Heimatdorf, dem er als Knabe entlaufen ist. Voller Grimm denkt er an seine Kindheit im Hause des strengen Vaters und der beschränkten Mutter zurück. Hier begegnet uns Jean Pauls eigene Kindheit in einem andern Licht, wie er sie gewiß auch des öfteren angesehen hat und wie sie in seiner Selbstbiographie darzustellen ihm die Waltische Pietät verbot. Vult kommt gerade, ohne sich zu erkennen zu geben, in Elterlein an, als Walt der damaligen Sitte gemäß in seinem Elternhause das juristische Staatsexamen ablegt. Bei dieser Gelegenheit erfährt er auch von dem Testament des Herrn van der Kabel. Vult, der in einem Baume versteckt Zeuge dieses Vorganges ist, beschließt sofort, dem unpraktischen Bruder zu helfen und ihn glücklich durch die Gefahren der einzelnen Bestimmungen hindurchzulancieren. Bald kann er sich dem Bruder eröffnen. Walt reitet am nächsten Tage nach Haslau. Es ist jener Ritt, der erste und letzte, den Jean Paul zu seiner Prüfung vor dem Baireuther Konsistorium als Mulus unternahm. Vult weiß es einzurichten, daß er 658 dem Bruder unterwegs begegnet. In dem »Wirtshaus zum Wirtshaus« treffen die Brüder zusammen, und auf einem Abendspaziergang zu dem Kirchhof gibt sich Vult dem Bruder zu erkennen. Seliges Jubilieren erfüllt diese Szene. Wie aber hat sich Walt auch nach einem Freundesherzen und nach der großen Welt gesehnt, die sich ihm jetzt auftut! Gerade am Tage vor seinem Examen hatte er eine Begegnung, die wie ein herrlicher Auftakt zu einem Leben voll Freiheit und Reichtum ist. An einem Fichtenwäldchen nahe dem Dorf fand er eine Kutsche und unweit davon einen »bejahrten Mann mit kranken Augen, der die schöne Gegend im Sonnenuntergang ansah.« Niemand anders als Herder ist mit diesem Mann gemeint, der ja einst durch Hof fuhr und, wie er Jean Paul bei dem ersten Zusammentreffen in Weimar erzählte, beinahe ausgestiegen wäre, um den jungen Dichter, der so schwärmerische Briefe an ihn geschrieben, zu besuchen. Seitdem hatte Jean Paul sich immer wieder dieses Zusammentreffen, das so viel für ihn bedeutet haben würde, ausgemalt. In den »Flegeljahren« lieh er seinem Helden dieses Erlebnis, das so nahe an ihm vorbeigegangen war. Walt hatte an der Ähnlichkeit mit veröffentlichten Kupferstichen sogleich den großen Mann erkannt, der hier als »der deutsche Plato« bezeichnet wird.

In seliges Entzücken versetzt es ihn nun, daß dieser bedeutenden Begegnung mit dem Abgott der eigenen Seele sogleich die schicksalsvolle mit dem lange ersehnten und vermißten Bruder folgt. Einen Abend und die Nacht verleben die Brüder in der ersten Freude ihres Wiedersehens. Am nächsten Vormittag kommt der Vater die Chaussee entlang gegangen und nimmt den jungen Notarius nach Haslau mit, während Vult, um dem Vater nicht zu begegnen, verschwunden ist. Walt steigt bei dem Kaufmann Neupeter ab, wo er eine 659 kleine Wohnung gemietet hat. Dann muß er auf das Rathaus gehen, um sich dort den Miterben vorzustellen. Von dem Bürgermeister werden ihm die einzelnen Bestimmungen der Erbschaft noch einmal vorgelesen. Er glaubt, allen Anforderungen leicht nachkommen zu können. Noch immer in Seligkeit über das Leben, das sich ihm aufgetan, über die Erbschaft, die ihm winkt, über die Zukunft und die Gegenwart richtet er sich in seinen Zimmern bei Neupeter häuslich ein. Die Wohnung ist mit dem scheußlichsten Rumpelzeug bestellt, er aber hält die Einrichtung für zu reich und bequem. Während er noch damit beschäftigt ist, seine Habe, die ihm nachgefahren worden, unterzubringen, tritt Vult in das Zimmer.

Die wenigen miteinander verlebten Stunden haben schon den ganzen Gegensatz der beiden Brüder ans Licht gebracht. Vult ist ein Filou und Menschenkenner und -verächter. Um zu einem in Haslau geplanten Konzert größeren Zulauf zu haben, hat er ein Inserat aufgesetzt, in dem er bekannt gibt, daß er schwer augenkrank ist, und er wird noch mehrere Inserate folgen lassen, um schließlich das Konzert als Blinder zu geben. Walt kann kaum seinen Unmut über diese Lügen zurückhalten, aber mit brüderlicher Liebe sieht er über diese »Narben des Reiselebens« hinweg. Die Brüder haben verabredet, einen gemeinsamen Roman zu schreiben, den sie »Hoppelpoppel oder das Herz« nennen wollen. Vult offenbart sich als der Verfasser der »Grönländischen Prozesse«, und Jean Paul zeigt hier also deutlich, welche Seite seines Wesens er durch Vult verkörpert wissen will. Freudig macht sich Walt an die Arbeit an dem Roman, dessen poetische und ernste Teile er übernommen hat, während Vult die satirischen und humoristischen Bestandteile schreiben will. So beginnt das Haslauer Leben für Walt mit herrlichen Aussichten. Zugleich ist es das erste Stadium seines Erbganges, den er 660 begonnen. Nach den Bestimmungen soll er abwechselnd bei den Erben wohnen und ihnen zu Diensten sein und außerdem eine Zeitlang das Notariat ausüben. Er ahnt noch nichts von den schweren Gefahren, von denen er umgeben ist. Vult, der gerissene, warnt ihn.

So selig auch Walt über den wiedergefundenen Bruder ist, so ist seine Sehnsucht nach einem wirklichen Herzensfreund durch den Bruder noch keineswegs befriedigt. So sehnte sich einst auch der junge Leipziger Student über die Freundschaft der Oerthel und Hermann hinaus nach engeren und höheren Bindungen, und die Freunde mögen auch damals, wie jetzt Vult, mit Bitterkeit dieses Unbefriedigtsein durch ihren Verkehr vermerkt haben. An einem Sonntagnachmittag geht Walt in das Rosental, ein Vergnügungsetablissement, das an das gleichnamige Leipzigs erinnert. Die ganze vornehme Welt von Haslau ist dort versammelt. Walt erregt als Haupterbe van der Kabels allgemeines Aufsehen. Der stets lustige und verschuldete Elsässer Flitte, wie erinnerlich einer der Akzessiterben, erregt seine Sympathie. Durch Flittes Vermittelung lernt er auch die Neupeterschen Damen kennen, in deren Hause er wohnt. Aber sein ganzes Herz wird angezogen von einem feurig schönen Jüngling, der zu Roß ins Rosental gekommen ist und durch seine im Vorübergehen von Walt aufgefangenen Worte über Philosophie, Dichtung und Schiffsbau seine Bewunderung erregt. Es ist der Graf Klothar. Vult sieht mit Bitterkeit zu, wie der geliebte Bruder im Kielwasser dieser stolzen Fregatte segelt und keinen Blick von dem Herrlichen abwendet, während der junge Graf sich durch Walts Anstaunen lediglich belästigt fühlt.

Der Graf wohnt in einem Gartenhause. Wult besucht jetzt täglich diesen Garten, um den Angeschwärmten zu treffen, findet aber keine Gelegenheit, sich ihm zu nähern. Eines 661 Morgens bestellt ihn ein Bote des Generals Zablocki, dem bekanntlich die eine Hälfte des Dorfes Elterlein gehört, heraus zu einem Notariatsakt, wenige Stunden später wird er durch den gleichen Boten wieder abbestellt. An der Wirtstafel erfährt er, daß die Eheklauseln zwischen Wina Zablocki und dem Grafen Klothar aufgesetzt werden sollten. Wie erstaunt er über diese Verbindung zwischen den beiden Menschen, denen sein Herz gehört. Wina hat ihn nämlich einst in seiner Knabenzeit als kleines Mädchen besucht, als er krank an den Blattern lag und fast erblindet war, und ihre Stimme war ihm unvergeßlich geblieben. Seit jener Zeit bewohnte die kleine Wohltäterin in seinem Herzen eine heilige Kammer. Und nun war sie gar die Verlobte des Grafen Klothar! An der Wirtstafel erfuhr er auch, daß es mit der Verlobung des Grafen und Winas eine besondere Bewandtnis und mancherlei Schwierigkeiten hatte. Der General und seine Tochter waren Katholiken. Die in Dresden wohnende Mutter gehörte der protestantischen Kirche an. Protestantisch war auch der Graf. In dem Ehekontrakt war also vieles zu bedenken, und der junge Notar vermutete, daß infolge dieser Schwierigkeiten die Aufsetzung des Instruments noch hinausgeschoben worden wäre. Auf anderm Wege suchte er sich den beiden geliebten Menschen zu nähern. Das Testament schrieb ihm ja vor, einen Tag lang Klaviere zu stimmen. Als Klavierstimmer gedachte er, mit Klothar oder Wina in Verbindung zu kommen. Aber unter allen, die sich auf sein Inserat gemeldet hatten, waren weder sein Mietherr, der Kaufmann Neupeter, noch Zablocki, noch der Graf. Das einzige Ergebnis des Stimmtages war, daß er nach den Bestimmungen des Testaments durch 32 zerrissene Saiten um 32 Beete auf dem Erbgrundstück ärmer geworden war.

Indessen ergab sich bald eine Gelegenheit, dem Grafen 662 bekannt zu werden. Neupeter hatte Geburtstag und lud seinen Mietmann zu einem Diner ein, auf dem auch Klothar anwesend war. In dem Tischgespräch glaubt Walt an des Grafen innerste Seele gerührt zu haben, ohne zu bemerken, daß der Graf nur leichthin Konversation gemacht. Nach dem Essen geht man im Park spazieren. Auch hier sucht Walt sich dem Herrlichen vergeblich zu nähern. Hingegen findet er einen von dem Grafen verlorenen Brief von Winas Hand. Auf Vults Konzert sieht er die Göttin seiner Träume dann endlich selbst. Flitte zeigt sie ihm neben Raphaela Neupeter. Vom ersten Augenblick an weiß er, daß sie die Liebe seines Lebens ist. Durch den aufgefundenen Brief hofft er, sich ihr oder ihrem Bräutigam nähern zu können. Er sucht das Haus des Generals auf, wird aber nur von diesem selbst empfangen und gibt ihm den Brief ab. Der General ersieht aus dem Schreiben seiner Tochter an den Grafen, daß dieser einen Religionswechsel von seiner Braut verlangt, und löst darauf die Verbindung. Nichtsdestoweniger fährt Walt fort, den Grafen zu lieben, der durch ihn das Teuerste, wie er denkt, verloren. Vult heckt einen Plan aus, wie Walt ganz nahe an den Grafen herankommen könne. Er will dem Grafen als Flötenspieler von Adel seine Aufwartung machen und im Park vor ihm musizieren. Walt könne von ihm als Freund und Verwandter gleichen Namens, also als Adliger, mitgebracht werden. Auf Vults Stube wird der Bruder mit Hilfe eines Friseurs in einen vornehmen Reisenden verwandelt. So suchen die beiden den Grafen auf. Und wirklich: da Klothar den Notar für einen Standesgenossen hält, überläßt er ihm seine Hand zum Druck und ist im Begriff, ihn als Freund anzunehmen, als Walt in seiner Ehrlichkeit sich zu erkennen gibt. Der Graf braust auf. Fast kommt es zu einem Duell zwischen Klothar und Vult. Im Augenblick durchschaut 663 Walt die ganze innere Hohlheit seines Idols. Die Brüder kehren in Vults Stube zurück. Walt entledigt sich seiner Verkleidung. Vult flicht ihm den alten bürgerlichen Zopf, und Tränen strömen den beiden ungesehen aus den Augen. In unendlich zartem Überwallen gesteht Vult seine Eifersucht auf den Grafen. Ein neues Herzensband schlingt sich um die brüderlichen Herzen.

Bald erhält Walt Gelegenheit, in das Haus des Generals Zablocki zu kommen. Dieser gibt ihm erotische Memoiren zu kopieren. Täglich sitzt Walt in dem Zimmer, in der Nachbarschaft der geliebten Wina, und öfters kann er ihre Singstimme hören, die ihn zu Liebestraumkühnheiten begeistert. Wina hat den Grafen, wie sich herausstellt, nicht sonderlich geliebt, sondern sich mehr aus treuer Kindesliebe mit ihm verlobt, weil sie mit seinem Reichtum dem verschuldeten Vater zu helfen gedachte. Die Trennung erschüttert sie deshalb auch nicht allzusehr. Die Nähe der Geliebten dauert übrigens für Walt nicht lange. Schon nach einigen Tagen fährt Wina mit ihrem Vater zur Leipziger Messe.

Unterdessen hat der lustige Flitte, von Schulden bedrängt, sich zu einem ebenso lustigen wie durchtriebenen Streich entschlossen. Wegen seiner Gläubiger wohnt er in einem Glockenturm, durch enge und steile Treppen vor lästigen Besuchen geschützt. Als aber jetzt selbst diese Treppen ihn nicht mehr vor dem Ruin bewahren können, fingiert er zu sterben und läßt Walt als Notar kommen, um sein Testament aufzusetzen. Selbst Neupeter, dessen Tochter Raphaela er heiraten möchte und die er längst gewonnen, ist in diesem Testament bedacht, um den Vater zur Einwilligung zu bringen. Mit einem Arzt, dem er Geld schuldig ist, ist verabredet worden, daß dieser ihn nach dem Testament durch eine Wunderkur retten wird, so daß der Arzt sich durch einen erhöhten Ruf bezahlt machen 664 kann. Walt ahnt von diesem durchtriebenen Streich nicht das mindeste. Mitleidig sieht er Raphaela Neupeter weinend im Garten stehen und geht zu ihr, um sie über den Verlust des Geliebten zu trösten. Aber das weiße Schnupftuch des Türmers, das verabredete Zeichen für Flittes Tod, will nicht am Turm erscheinen.

Seit Winas Abreise hat Walt selbst einige Reisetage geplant, weil ihn die von Wina verlassene Stadt bedrückt. Eines Tages wandert er ins Freie, sieht Pestiz von fern liegen und die Chaussee, die nach Leipzig führt. Die fernen Pestizer und Lindengebirge liegen zwischen ihm und Wina, deren Bild ihn ständig umschwebt. Er gibt sich der Seligkeit des Wanderns hin, offen allen Eindrücken, die in ihn einströmen. Kein Kind, das ihn nicht entzückte, kein Bettler, dem er nicht aus geträumtem Überfluß abgäbe. Die mit Beeten gesäumten Felder lachen und jubeln, und jede Wirtsmahlzeit wird ihm zu einer Opferfeier. Er sieht Brautwagen und Kirchen, Bildermänner und Geburtshelfer, und alle spiegeln ihm tausendfältig das schöne eilende Leben. Aber seine Reise ist von seltsamen Zeichen begleitet. In einem Dorfe redet ihn der Wirt bei Namen an. In einem andern findet er in einem Kinderschreibheft seinen Namen eingeschrieben. In einem Bilderbuch ist ein Januskopf mit seinem und Vults Gesicht eingezeichnet, und als er in einer ihm gänzlich unbekannten Stadt Altfladungen umherschlendert, gibt ihm der Postreiter einen Brief von Vult ab. Vult aber schreibt, daß er alle bisherigen Stationen von Walts Reise lebhaft geträumt habe und deshalb mit Erfolg nach Altfladungen an ihn schreiben könne. Selbst von der unheimlichen Maske, der Walt in dem Wirtshaus eben begegnet ist, weiß Vult schon. Er sagt voraus, daß die Maske abends um acht Uhr das Zimmer verlassen und eine Stelle im Garten bezeichnen werde, an der Walt 665 dann einige alte Friedrichsdors finden werde. Und wirklich trifft alles ein. In einem Maulwurfshügel findet Walt die alten verrosteten Geldstücke. Aber weiter ist ihm der Weg prophezeit: An Joditz wird er nächsten Tages vorübergehen, St. Lüne links liegenlassen, dann durch eine Landschaft voller Lustschlösser nach Rosenhof kommen, nachdem er auf einer Fähre die schäumende Rosana überquert. Man sieht, daß Jean Paul hier in den romantischen Namen seiner Romane und des eigenen Lebens wühlt.

In dem Gasthaus ist auch eine Theatertruppe eingekehrt, mit der der unheimliche Maskenherr allerhand Scherze treibt. Die Naive der Truppe, Jakobine Pamsen mit Namen, tut es Walt an. Da die Truppe am nächsten Tag nach Rosenhof geht, um dort zu spielen, wird er den Voraussagen von Vults Brief folgen und ebenfalls nach Rosenhof gehen. An der Fähre stößt er unvermutet auf den Reisewagen des Generals Zablocki, der mit seiner Tochter von Haslau nach Leipzig fährt. Seine Seligkeit ist grenzenlos. Der General lädt ihn zum Essen im Gasthof ein und läßt ihn nach der Mahlzeit sogar mit der Tochter allein, weil er im Garten die hübsche Jakobine Pamsen getroffen hat. Köstliche, verschwärmte Minuten, bis der Liebende selbst in die Hände Jakobinens fällt. Während einer Nachtmusik dringt sie unter einem Vorwand in sein Zimmer. Walt hat keinen andern Gedanken, als ihren guten Ruf zu schützen. Schon will er, um einen etwaigen Eindringling, der vielleicht Böses von der schönen Schäkerin denken könnte, abzuhalten, die Tür verriegeln, als die seltsame Maske von draußen ins Zimmer geworfen wird und Jakobine mit einem Aufschrei flüchtet.

Für den nächsten Morgen ist mit dem General und Wina eine Bergpartie verabredet. Unter einem Wasserfall treffen sich die Blicke Walts und Winas. Beide fühlen sich wie in 666 einen Himmel gehoben. Ein Scherzwort des Generals reißt ihre Herzen auseinander. Man kehrt nach Rosenhof zurück. Der Wagen des Generals ist reisefertig, und im Augenblick ist die kleine Gesellschaft mit allen leise angesponnenen Beziehungen auseinandergerissen. An einem Tag läuft er, Wina im Herzen, nach Haslau zurück. Aus dem Schalloch des Turms guckt lustig der wiederhergestellte Flitte.

Vult galt der erste Besuch. Es stellte sich heraus, daß Vult den Bruder auf Schritt und Tritt begleitet hatte. Er war der seltsame Mann in der Maske gewesen, er hatte die Friedrichsdors, die Walt in der Erde fand, kurz vorher dort eingegraben, er hatte die Maske ins Zimmer geworfen, als Walt von Jakobine beinahe um seine Unschuld gebracht worden wäre, was sehr bedenklich, weil es ihn nach den Bestimmungen des van der Kabelschen Testaments um die Hälfte der Erbschaft gebracht hätte. Immerhin wurde ihm in der gleich darauf abgehaltenen Erbschaftssession für zehn nachweisbare Notariatsfehler genügend abgezogen; nämlich jeder der sieben Akzessiterben durfte sich aus dem Kabelschen Wäldchen vor der Stadt zehn Bäume abholzen.

Walt beschloß, die nächste Zeit, da Vult nach Rosenhof gereist war, um dort ein Konzert zu geben, dazu zu benutzen, eine neue Station der ihm auferlegten Erbpflichten zu absolvieren, und er wählte die sechste Klausel, nach der er bei jedem der Erben je eine Woche lang wohnen sollte. Als ersten Mietherrn ersah er den fröhlichen Flitte, welcher denn auch froh in einem Kaffeehause zwei schöne Zimmer mietete, um mit Walt und auf Kosten des Nachlasses eine schöne Woche zu verleben. Mit einer Umarmung und einem guten Frühstück ging die Woche an. Noch nie hatte Walt ein Leben wie das des fröhlichen Elsässers kennengelernt. Es war ein Tändeln und Tänzeln von einem Zimmer, von einem Bekannten 667 zum andern. Die Hauptzeit aber brauchte Flitte, um seine andrängenden Gläubiger hinzuhalten. Das Kaffeehaus mußte wegen des mahnenden Wirts schon am zweiten Tage gewechselt werden. Man zog in die leere Wohnung des Dr. Hut, jenes Arztes, der durch seine Wunderkur an Flitte berühmt geworden war. Aber auch hierher folgten die Gläubiger nach und drangsalierten zu Walts Qual den unschuldigen freigebigen Menschen. Am Nachmittag des letzten Tages nahm Flitte seinen testamentarischen Mietmann zu Raphaela mit, die er zum Geburtstag ihrer Mutter malen wollte. Hier ereilt den Elsässer das Verhängnis in Gestalt eines Kaufmanns aus Marseille, der einen Wechsel Flittes einkassieren kommt. Auch Vult kommt in diesem Augenblick aus Rosenhof zurück. Flitte hat kein Geld und soll in den Schuldturm, wenn er nicht wenigstens einen Bürgen stelle. Walt erklärt sich zur Bürgschaft bereit. Vult tobt gegen diesen Entschluß, aber Walt bleibt fest. Der Marseiller Kommis verläßt befriedigt das Haus. Nur Vult ahnt, daß sein gutmütiger Bruder durch die Bürgschaft sein gesamtes Erbe aufs Spiel gesetzt hat. Immerhin ist die Erbstation bei Flitte ohne eine Einbuße am Erbe absolviert.

Kurze Zeit darauf kommt Vult auf den Gedanken, zu dem Bruder auf das Zimmer zu ziehen, teils aus Liebe, teils wegen des gemeinschaftlichen Romans, an dem sie noch immer schreiben, teils wegen des ersparten Mietzinses. Das Zusammenleben der Brüder, das nun beginnt, ist vielleicht das Innigste und Schönste, was Jean Paul überhaupt geschrieben hat. Jean Paul beginnt die Schilderung dieses Winters mit einem Tagebuch Vults, in dem dieser den eigentlichen Zweck seines Hinüberziehens angibt: Auch er liebt Wina und hat sich das Fenster in Walts Zimmer zum Sitz ausersehen, um in den Garten hineinsehen zu können, in dem Wina oft mit 668 ihrer Freundin Raphaela wandelt. Walts Liebe zu Wina ist ihm unbekannt geblieben, vielmehr glaubt er den Bruder in Raphaela verliebt. In diesem Zimmer, durch eine künstliche Theaterwand in zwei Teile geteilt, spielt sich nun, ähnlich wie in der kleinen Wohnung des Armenadvokaten im »Siebenkäs«, der Roman dieses Zusammenlebens der beiden Brüder ab, die sich immer mehr ineinander zu versenken suchen und doch immer mehr, schon durch die gemeinschaftliche Liebe zu Wina, von der keiner von beiden weiß, voneinander entfernen. Tagüber schreiben sie an dem Roman »Hoppelpoppel oder das Herz«. Draußen legt sich der Winter auf den Garten. Die Einkünfte der Brüder hören auf. Vult verdient nichts mit Konzerten, Walt bekommt keine Notariatsakte zu machen. In ihrer Not beschließen sie, den ersten Teil des Manuskriptes an einen Verleger zu senden. Ihre Wahl fällt auf Herrn Dyk in Leipzig, bei dem ja bereits der Leipziger Student mit Manuskripten hausiert hatte. Vult trägt das Paket mit einem stolzen Begleitschreiben auf die Post, »um einmal wieder die Welt zu sehen«. Überhaupt werden die Leipziger Zeiten wieder durch den Dichter beschworen. Walt geht in die Hofkirche, um Eindrücke der großen Welt zu gewinnen und sie desto sicherer in dem Roman abmalen zu können. Es ist genau wie damals, als der junge Richter Wand an Wand mit seinem Oerthel in der Petersstraße wohnte und seine Manuskripte in der Welt umherirren ließ.

In der Enge seiner kleinen Zimmerwelt ist Walt überglücklich. Vult hingegen drängt es allmählich wieder ins Leben zurück. Er geht in der Dämmerung aus, besucht Kaffeehäuser und Lustbarkeiten. Walt muß sich dabei überraschen, daß ihm die Einsamkeit süßer schmeckt, wenn der Bruder ausgegangen ist. Ungestört kann er dann seinen Träumereien nachhängen. Wir ahnen, daß das Siebenkäs-Lenette-Schicksal 669 sich dunkel zwischen den Brüdern aufrichtet. Wie aber wird es weiter werden, da eines Tages Wina wieder in der Stadt ist und jeden Tag im Garten erscheinen kann?

Vorderhand aber erschien der Setzer des Buchhändlers Pasvogel, um den ersten Korrekturbogen zu bringen, von denen Walt nach den Bestimmungen des Testaments zwölf zu korrigieren hatte. Diesmal ging es mit einundzwanzig Fehlern ab. Vult bot indessen das Manuskript der Brüder Herrn Pasvogel selber an und machte es dabei, wie es Jean Paul auf der Leipziger Messe einst mit dem Verleger Hartknoch gemacht hatte: daß er dem Buchhändler einen Brief überreichte, als dessen Verfasser er dann selbst auf einmal vor ihm stand. Die Antwort Pasvogels ist der wirklichen Hartknochs nachgezeichnet. Statt eines freundlichen Einverständnisses weist der Buchhändler kühl ab und hat noch nicht einmal den Witz verstanden. Aber es kommt wirklich der Tag, da die Zofe Winas im Hause erscheint und Raphaela Neupeter einen Brief der Freundin bringt und an Walt einen Brief des Generals selbst, der ihn auffordert, im Abschreiben der erotischen Memoiren forzufahren.

Einen ganzen Tag lang hat Walt im Hause des Generals zu tun. Ein letzter Tag, aber er bringt den Stein ins Rollen. Wina setzt sich zu dem Abschreiber und verrät deutlich ihr Interesse an seiner Person. Aber schließlich wissen wir nicht, ob sie über ihn nicht nur die Verbindung mit Vult sucht. Wina will ihre Freundin Raphaela zum Neujahrstag durch ein Ständchen in der ersten Frühe überraschen. Vult, so hat sie sich ausgedacht, soll ihren Gesang mit seiner Flöte unterstützen. Aber zugleich soll Vult, den sie für den Verfasser der gefühlvollen Streckverse in der »Haslauer Zeitung« hält, ein solches Gedicht verfassen und in Musik setzen. Ganz überrascht ist Walt, daß auch Vult Streckverse im Blatt 670 veröffentlicht habe. Wina sagt ihm einen auf, und es ist ein von Walt selbst verfaßter, den er nun von den Lippen der Geliebten genießt. Als Wina hört, daß Walt alle Polymeter gemacht, »blühte sie auf wie das Morgenrot, das die Sonne verspricht«. Nun bittet sie ihn, ein Gedicht für Raphaela zu machen, das Vult komponieren soll und das sie mit Begleitung der Flöte am Neujahrsmorgen singen wird. Walt verspricht alles und noch mehr.

Auch Vult sieht hinter Winas Vorschlag ein Land der Verheißung aufdämmern. Nichts anders kann er glauben, als daß Wina den Weg zu ihm sucht. Beide Brüder arbeiten nebeneinander, um in das Neujahrskarmen ihr ganzes Herz hineinzulegen. Gegen Abend wird der Teich des Gartens unter ihrem Fenster von Schnee gesäubert, und die drei Mädchen treten mit Schlittschuhen heraus, um Eis zu laufen. Wie der Blitz ist Vult unten, läßt sich von einem Kommis Neupeters ein Paar Schlittschuhe geben und mischt sich in den Lauf der Mädchengestalten mit kühnen Bogen und Kurven. Walt steht, das Gedicht und die Komposition unter dem Rock, am Ufer und bewundert den Lauf des Bruders, der in immer kühnerem Schwung Wina umgleitet und einfängt. Vult merkt nicht, daß Wina immer wieder dem unbeweglichen Bruder am Ufer zustrebt. Dieser selbst wagt es nicht zu bemerken. Kaum vermag er vor innerer Erregung der Geliebten das Lied einzuhändigen. Ein Zablockischer Diener kommt und zerstört die Idylle. Aber der Neujahrsmorgen liegt mit aller seiner Verheißung vor ihnen beiden.

Das alte Jahr verbringen die Brüder bei einer Flasche Sekt, für die Vult seinen Kredit in dem Gasthaus aufgeboten hat. Morgens um vier Uhr hat Engelberta Neupeter, Raphaelas Schwester, sie herunter bestellt, weil das Ständchen beginnen soll. Engelberta und Wina sind bereits in das 671 Feuerhäuschen am Teich hineingeschlüpft. Vult überredet den Bruder, die Musik lieber aus der Ferne zu hören, da sie dann besser klinge. Er geht zu den Mädchen und hat sich fest vorgenommen, Wina seine Liebeserklärung während des gemeinsamen Musizierens zu machen. Aber wie anders verläuft alles, als der siegesgewisse Vult gedacht. Wina erfaßt, als sie seine Reden verstanden, seine Hand und sagt, daß sie ihre Liebe ihm, wenn sie ihn liebte, stolz gestehen würde. Aber ihr Herz gehöre einem andern. Ernst setzt Vult seine Flöte zusammen, und sie beginnen mit dem Lied. Walt ist in das Rindenhäuschen getreten, um Winas Gesang zu lauschen. Nach dem Lied tritt auch die Sängerin hinein und findet Walt »mit dem Auge auf dem Monde, mit dem Geiste in dem blauen Äther«. Er sinkt vor ihr nieder, sie legt die Hand auf seine Haare. Sie hebt ihn sanft auf. Raphaela stürzt herein, um zu danken. Schweigend gehen die Brüder auf ihr Zimmer.

Am Montag sollte Walt die Geliebte wiedersehen. Aber die Redoute wird durch Landestrauer verschoben. Die Brüder leben, ohne zu sprechen, nebeneinander her. Vult rast und verwünscht Stadt und Quartier. Die Armut beginnt auch Walt zu drücken, da er zur Redoute einen Maskenanzug haben muß. Zum Unglück kommt das Manuskript von einem Buchhändler wieder zurück. Eines Tages erscheint Flitte und bietet Walt zum Maskenfest im Namen Raphaelas das Berghabit ihres Vaters als Kostüm an. Bis dahin hat Vult geglaubt, daß Walt in Raphaela verliebt wäre. Nun sieht er an Flittes freundschaftlichem Verhalten, daß vielmehr der lustige Elsässer und Raphaela ein Paar sind, und plötzlich dämmert ihm die Erkenntnis, daß er bei Wina von seinem eigenen Bruder ausgestochen ist. Auf der Redoute, schwört er sich selber, dahinterzukommen.

672 Am Balltage verläßt Vult bereits morgens die gemeinsame Wohnung. Walt muß sein kärgliches Mahl allein einnehmen. Abends kleidet er sich in das Berghabit Neupeters und bindet nur noch eine blaue Fuhrmannsschürze aus dem Besitz Vults unter. Voller Erwartung betritt er den Festsaal. Wilde, Ritter, Geistliche, Mohren, Göttinnen, Juden, Tiroler, Soldaten umschwirren ihn. Am meisten zieht ihn ein herumrutschender Riesenstiefel an, der sich selbst trägt. Ein altväterischer Schulmeister mit einem Riesenbakel sieht ihn strafend an, so daß er sich scheu in die Menge zurückzieht. Noch immer hat er weder Vult noch Wina gesehen. Endlich trifft er eine Schäferin und eine Nonne und erkennt in ihnen Raphaela und Wina. Flitte entführt Raphaela zum Tanz, er steht mit Wina allein und tanzt nun auch mit ihr fort. Aber Wina muß für sein Tanzen ihre ganze große Nachsicht aufbringen, denn er tanzt naturgemäß abscheulich. Dennoch läßt sie ihm auch den nächsten Tanz, den er, in einem Zuge von Tanzen und Dahingleiten schwärmend, mit ihr herunterrast. Endlich ruft ihn eine weibliche Maske, die Hoffnung darstellend, von hinten an. Es ist Vult, der ihn in ein Nebenzimmer lockt. Erfreut will er den Bruder umarmen, dieser aber wehrt ab und beschwört ihn nur, die Maske mit ihm zu tauschen. Eine seltsam heiße Wüstendürre und Fieberhitze bricht hinter Vults Maske hervor. Walt kann natürlich nicht anders, als dem Wunsch des Bruders willfahren. Nur wegen des Englischen, den er mit Wina tanzen wollte, trägt er Bedenken. Aber Vult redet ihm zu, ihn, den Tanzgewandten, mit Wina in seiner Maske tanzen zu lassen. Alle Erklärungen seines Vorhabens werde er ihm morgen geben. Walt willigt, wenn auch widerstrebend, ein. Sie tauschen die Kleider. Vult tanzt den Englischen mit Wina, die überraschend auffährt, als sie die plötzlich hervorbrechende Tanzkunst ihres 673 Partners, den sie für Walt hält, innewird. Im Augenblick hat der von seiner Liebesverzweiflung Getriebene das Ja ihrer Liebe von ihr heraus. Hingerissen legt sie sich in seinen Arm, in immer kühnerem Umschwingen sich drehend. An den Englischen schließt sich der Walzer. Selig wiegt sie sich in den Armen des vorgetäuschten Geliebten, und dunkel ahnt uns, daß es im Grunde doch nicht der lebenabgewandte, eigenbrötlerische Notar ist, dem ihre Liebe gehört, daß hier beim Tanz etwas Neues in ihr wach wird, weit über den Traum ihrer Liebesphantasie hinaus in ihr Blut zurückschlagend.

Walt ist inzwischen von einer andern Maske ins Nebenzimmer gelockt worden. Hier reißt sie ihm und sich die Masken ab, und es ist die Schauspielerin Jakobine Pamsen, die vor ihm steht. Ehe er zur Besinnung kommt, hat sie ihre Lippen auf seinen Mund gedrückt. In dem Augenblick betritt der General Zablocki, der der alten Bekannten aus Rosenhof nachgeschlichen ist, den Raum. Walt entläuft in den Saal zurück, mit Mühe in der Eile die Maske vorbindend. Vult und Wina aber sind verschwunden.

Vult ist nach Hause geeilt und hat hier einen Abschiedsbrief an Walt zu schreiben angefangen. Noch einmal stellt er ihre beiden Charaktere gegeneinander und zieht das Fazit ihres Zusammenseins: »Ich lasse dich, wie du warst, und gehe, wie ich kam.« »Wir beide waren uns einander ganz aufgetan, so wie zugetan ohnehin . . . aber vergebens schreibe ich außen ans Glas meinen Charakter mit leserlichen Charakteren: du kannst doch innen, weil sie umgekehrt erscheinen, nichts lesen und sehen als das Umgekehrte. Und so bekommt die ganze Welt fast immer sehr lesbare, aber umgekehrte Schrift zu lesen.« Eine verzweifelnde Bitterkeit faßt ihn während des Schreibens. Die beiden Seiten von Jean Pauls 674 eigenem Charakter halten hier ihre große Abrechnung, und siehe: Jean Paul selbst ist hier bitter gegen sich selber geworden. Wohl hat er in Walt sein eigenes Dichtertum, dieses treuherzige, schwerfällige Dichtertum verkörpert. Aber recht, im tiefsten Sinne recht, gibt er doch jenem frei schweifenden Geist, der unter allen Anstrengungen und Bitternissen der Welt sich selbst treu bleibt, tausendfach gehetzt und gejagt, mit Schwielen des schweren Lebens überdeckt und voller Wunden, und unglücklich das Leben, das ungebrochene Dasein der unangreifbaren Wina-Naturen liebend und von ihnen verkannt und zurückgestoßen und nur unter fremder Maske ihnen das Ja ihrer Liebe entreißend, fast stehlend. Das Roquairol-Motiv in neuer Beleuchtung.

Während er noch schreibt, hört er den Bruder vom Feste kommen. Er stellt sich schlafend. In Tanzseligkeit kommt Walt vom Fest zurück, Melodien vor sich hinsingend und ihnen Liebesworte unterlegend. Vult, um packen zu können, stellt sich schlafwandlerisch und packt unter sinnlosen Redensarten seine Sachen zusammen. Als er fertig ist, scheint er wie aus einem Traum zu erwachen. Mit Mühe kann ihm der Bruder beibringen, wo er ist, dann sinken sie beide in Schlaf. Auf einmal wacht Walt auf und weckt Vult, um ihm einen Traum zu erzählen, den er eben gehabt: Wie ein Chaos wollte die unsichtbare Welt auf einmal alles gebären, Bäume wuchsen aus Blumen, Wolkensäulen mit Gesichtern und Blumen brachen auf. Über weitem leeren Meer schwamm das Weltenei. Ein Strom mit der Leiche der Venus fährt durchs Meer. Es schneit helle Sterne, der Himmel wird leer, an Stelle der Mittagssonne leuchtet eine Morgenröte. Aus dem Meergrunde steigen wie aus Bergwerken unzählige Menschen auf und werden geboren. Eine dicke Grubennacht quillt ihnen nach. Auf einmal ist nichts als ein stilles glattes 675 Meer. Aus dem Meer aber bricht die »böse Feindin« wie Licht durch Glas und redet also: Ich soll dir das älteste Märchen erzählen, aber das uralte Märchen wohnt tief in der hintersten Weltecke. Auf einmal liegt es das Meer hinauf voller reißender Tiere, die im Schlafe sprechen und einander von uraltem Blutdurst und Heißhunger erzählen. Der bösen Feindin wachsen ihre Floßfedern zu riesengroßen Schwingen auf. Der Träumer versinkt in die geflügelten Wogen eines wolkenhohen Meeres, schneidet wie ein Pfeil durch die lange Wüste, immer in der gläsernen Fläche. Draußen liegt »das rechte Land«, von dem leise Töne kommen. Tief hinten im Lande steigen Welten hoch, in der Mitte dreht sich ein Spinnrad, an das die Sterne gereiht sind. An einer Lilie hängt ein Bienenschwarm, eine schwarze Nachtblume wächst gierig in den Himmel. Im rechten Lande schläft alles, nur die Liebe träumt. Ein scharf blitzendes Sternchen quillt am Himmel hoch, ein breiter Blitz legt sich vor das Land. Alles ist verändert. Sterne, Töne, Blumen, alles waren nur Kinder gewesen, die sich liebend umarmen. Die hohe Bildsäule des Donnergottes steht in der Mitte. Ein Kind ums andere fliegt auf seinen steinernen Arm, von dort zur nächsten Wolke, liebend einander beim Aufschweben helfend. Aber das eine Kind entfliegt und verliert sich wie ein ferner Ton. Der Morgenröte gegenüber steht eine neue Morgenröte auf, wie zwei Chöre rauschen beide gegeneinander. Die Kinder sind Götter geworden und sehen sehr ernst nach Morgen und Abend. Die Donnerchöre schwellen ab, zwei Sonnen kommen empor. Amor fliegt im Osten, Psyche im Westen auf, zwei Töne nur, sehr ernst, als sagte Gott sich das erste Wort. Auf einmal steht die böse Feindin wieder im Wasser, aber frierend vor dem gewaltigen Sturm, der kommen wird. Die Unermeßlichkeit gärt zu unzähligen Hügeln auf und zum himmelhohen 676 Sturm, aber tief am Horizont wallet ein sanftes Morgenrot hoch. –

Dies ist der Traum, den Walt dem aufhorchenden Bruder erzählte. »Was sagst du zu meinem Traum?« fragte er Vult. Der aber antwortet: »Du sollst es sogleich hören in dein Bett hinein«, nimmt die Flöte und geht blasend die Treppe hinunter und immer weiter bis zum Posthaus. Noch von der Gasse herauf hörte Walt die entfliehenden Töne, denn er merkte nicht, daß sein Bruder mit ihnen entfloh. –

 

Dies ist der Inhalt der »Flegeljahre«. Nicht ohne Absicht wurde der letzte Traum Walts mit solcher Ausführlichkeit erzählt. Denn er gab den Anlaß zu Philipp Otto Runges phantastischer Allegorie »Tageszeiten«, einigen Blättern, die wie Jean Pauls Dichtung ebenfalls dem Bewußtsein unserer Zeit verlorengegangen sind. Vorwegnehmen möchten wir auch, daß die Ballszenen auf der Redoute in ihrem malerischen Durcheinander den »Papillons« von Robert Schumann zugrunde liegen, die ohne die Dichtung fast unverständlich sind. So wirkte das Buch auf die Besten der Zeitgenossen und der unmittelbar folgenden Generation ein, während es merkwürdigerweise auf die weiteren Kreise des deutschen Volkes zunächst ohne Wirkung blieb. Erst die »Levana« erzog ein neues Publikum zur Liebe Jean Pauls. Nirgends läßt sich der stille Wechsel in Jean Pauls Schaffen deutlicher erkennen als an diesem Umschwung des Publikums. Der »Hesperus« hatte ihm die ersten Begeisterten in Scharen zugezogen. Wir sprachen bereits davon, wie gerade die Mitglieder der sich selbst auflösenden Adelskaste sich in seinen Personen, in Viktor und Klothilde, wiederzufinden glaubten. 677 Damals hatten sich die entfesselten Frauen der Adelsklasse ihm zu Füßen geworfen. Als der Dichter im »Titan« seiner Zeit und insbesondere dieser Klasse titanischer Menschen den Spiegel vorhielt, hatten sie ebenso rasch seinem Werk den Rücken gedreht. Jetzt war Jean Paul zu seinem eigentlichen Gebiet zurückgekehrt. In der Figur des Grafen Klothar wird seine Umstellung besonders deutlich. Erst langsam lernte die aufwachsende Generation ihn kennen. Ihr galt er ja noch immer als der Dichter der sentimentalen Epoche, der romantischen Liebessehnsucht. Und doch war wiederum die Freundesliebe in den Mittelpunkt seines Denkens getreten. Nicht um Walt und Wina konzentriert sich das Interesse des Romans, sondern um Walt und Vult. Schicksal sprach sich nicht mehr in dem Sichfinden der Liebenden aus, sondern in den tieferen Spannungen zwischen zwei Menschen, als sie auf der Basis der Erotik möglich sind. Darin liegt der eigentliche Fortschritt der »Flegeljahre«, und dadurch wird das Hineinwachsen des Dichters in eine neue Periode seines Schaffens dokumentiert. Aus den durch Karl Freye ans Licht gezogenen Vorarbeiten zu dem Roman wissen wir, wie mühsam sich diese Umstellung vollzog. Zunächst hatte Jean Paul nur im Sinn, den Anhangbänden des »Titan« eine »der titanischen entgegengesetzte Fixleinsche Historie« beizufügen, die sich mit einem einzigen Helden, dem Notarius Gottwalt oder Gotthold Blitz, begnügen sollte. Doch enthält der erste Anhangband zum »Titan« bereits eine Skizze »Die Doppeltgänger«, die Geschichte eines zusammengewachsenen Zwillingspaares, also eine groteske Vorwegnahme der »Flegeljahre«, aus der sich dann schließlich die Geschichte der Zwillinge Walt und Vult herausentwickelte. Zunächst aber führte sich Jean Paul selbst als den Zwillingsbruder des Helden ein und wollte der Geschichte den Titel »Geschichte meines Zwillingsbruders« geben. Erst 678 bei dem dritten Anlauf kristallisierte sich das Brüderpaar der »Flegeljahre« heraus.

Von Anfang an waren die »Flegeljahre« als ein Entwickelungsroman angelegt. Auch wenn der den Roman äußerlich zusammenhaltende Gedanke des van der Kabelschen Testaments erst später eingefügt wurde, sollte Walt durch wechselnde Schicksale zum Dichter hinaufgeläutert werden. Gerade durch die Gegenüberstellung der beiden Brüder hätte der Entwickelungsgedanke fruchtbar gemacht werden können, und doch schreibt Vult in seinem Abschiedsbrief, daß er den Bruder verläßt, wie er ihn gefunden, und geht, wie er gekommen. Schon im »Hesperus« bemerkten wir, daß eine eigentliche Entwickelung des Helden fehlt. Viktor ist am Ende des Romans nicht viel anders als im Eingang. Und so bleiben sich auch hier die Brüder gleich. Sollte die Entwickelungsidee dem Dichter unter den Händen verlorengegangen, sollte ihm die Kraft ausgegangen sein, eine solche Entwickelung zu zeichnen? Oder liegt das Problem nicht vielleicht doch tiefer? Noch soeben im »Titan« hatte Jean Paul eine enorme Aufwärtsentwickelung seines Helden zu gestalten vermocht. Hier ließ er diese Absicht wohl von Beginn an fahren. Die beiden Seiten des eigenen Wesens schwebten ihm in den Brüdern Harnisch vor. Tief griff er in der Handlung auf die eigenen Jünglingsjahre zurück. Deutlich lag der Ablauf seines Lebens vor ihm von der Joditzer Kindheit bis zur Baireuther Gegenwart. Und wenn er nach der Entwickelung der eigenen Persönlichkeit fragte, so fand er vielleicht auch hier keine greifbare Kurve, und das Nacheinander löste sich in einem Nebeneinander auf.

Es ist seltsam, wie wenig man bei Schaffenden von eigentlicher Entwickelung sprechen kann, abgesehen von der plötzlichen oder allmählichen Entfaltung des inneren Stoffes und der Technik. Wenn man die Briefe des Kandidaten Richter 679 aus der Töpener und Schwarzenbacher mit denen der Baireuther Zeit vergleicht, so sind die ersteren in Einzelheiten des Bildungs- und Weltstoffes vielleicht noch befangen und ungelöst, aber der Mensch dahinter ist derselbe, wie er auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft steht. Und wirklich handelt es sich bei Jean Pauls Entwickelung mehr um das Nebeneinander des rein dichterischen Menschen und des Humoristen als um das Nacheinander besonderer Einstellungen. Mit Dichteraugen schaute der junge Mulus in die Welt, als er seinen Jugendroman »Abelard und Heloise« schrieb. Dann bekam der Satiriker die Oberhand unter dem Eindruck der rationalistischen Strömungen, die über Deutschland lagerten. Und allmählich durchbrach wieder das rein Dichterische die rationalistischen Oberschichten, doch ohne sie ganz sublimieren zu können. Der Dichter und der Humorist, sie lebten als zwei verschiedene Wesen in Jean Paul nebeneinander, sich gegenseitig störend und aufhebend und die letzte Harmonie verhindernd. Die »Flegeljahre« waren der Ausdruck dieser Doppelnatur. Man kann das Fehlen eines ausgleichenden Entwickelungsmomentes in dem Roman vermissen, aber er wäre künstlich hineingetragen erschienen und hätte die Wahrheit des inneren Bekenntnisses vernichtet. In dieser Zweiheit gab es keine Entwickelung, nur das Schwingen der Seelenkräfte zwischen den Polen. Zugleich aber hatte dieses unauflösliche Nebeneinander seinen tiefen Sinn. Hier offenbarte sich mehr als die persönliche Antinomie Jean Pauls, offenbarte sich zugleich der ewige Zwiespalt des deutschen Wesens, dessen Ausgleich die ewige Aufgabe des Deutschseins ist, das ewig Aufgegebene, dem die Erfüllung nur in der Idee und eben nur als Aufgabe zuteil wird.

Ein Werk, in dem dieser unauflösliche Zwiespalt sich dokumentierte, mußte notwendig seinem ganzen Wesen nach 680 Fragment bleiben. Das Motiv Walt–Wina konnte freilich leicht in einem folgenden Bändchen zu einem Ende geführt werden. Aber zu welchem? War es zu denken, daß aus Wina und dem Träumer Walt ein glückliches Paar wird? Schon beim Schluß des »Siebenkäs« mußte dieser Gedanke auftauchen. Damals war Jean Paul allerdings noch ein Feuergeist, der die glänzenden Frauen der großen Welt leicht in seinen Bann zwingen und unter seine Gewalt bringen konnte. Jetzt war die Jugendkraft von ihm abgefallen. Walt hatte die Innerlichkeit des Armenadvokaten, die sich immerhin auch schon störend zwischen ihn und Natalie drängen mußte, zur äußersten Verinnerlichung gesteigert. Viel weniger als Siebenkäs konnte er imstande sein, auf die Dauer eine Tänzerin und Schlittschuhläuferin wie Wina zu fesseln. Auch schon in diesem Motiv war ein unauflöslicher Konflikt gegeben. Eher hätte man einer Verbindung Vult–Wina ein günstiges Prognostikon stellen können, wenn der frei schweifende Vult von irgendeiner Verbindung überhaupt einzufangen gewesen wäre. Der tiefen Grundlosigkeit seines Wesens ging Wina bewußt aus dem Wege, bereit, sich unter das Joch des reinen Gemüts zu beugen. Und doch kommt es bei ihrem Tanz mit Vult zum Vorschein, wie ihre Frauennatur im Grunde dennoch nach einem ins Grenzenlose Schweifenden verlangt, den nicht zu Fesselnden fesseln möchte. Wie wir das Problem auch wenden wollen, überall stoßen wir auf seine Unauflöslichkeit. Jean Paul hatte selbst ein sicheres Gefühl dafür und hat es deshalb nie ernstlich ins Auge gefaßt, das Werk fortzusetzen. Nur ein Motiv war restlos zu Ende geführt, das, worauf es ihm von Anfang an ankam: der Gegensatz Walt–Vult. Hier waren die letzten menschlichen Tiefen ausgeschöpft. Die Brüder hatten die engste Gemeinschaft gesucht, um sich wieder voneinander fort zu wünschen. 681 Es blieb nichts anderes übrig, als daß Vult, der Flüchtige, sein Ränzel schnürte, um seine heimatlose Wanderung über die Erde fortzusetzen, unfähig, sich der Scholle zu vermählen, sich an das Gegebene zu binden. Als Vult, die Flöte spielend, zum Posthaus wandert, ist ein Lebenskreis durchschritten. Hier stemmte sich ein gewaltiges Ende allen weiteren Fortsetzungsversuchen entgegen. Zwei ewige Menschentypen waren gegeneinander gesetzt. Sie bedurften einander, um gemeinsam des Lebens Harmonie zu finden. Aber ihre Gemeinsamkeit wiederum war unmöglich. Jedes Wesen schloß das des andern aus mit einer unerbittlichen Notwendigkeit. Jeder Schritt des einen mußte zum Triumph über den andern werden. Es gab gar nichts anderes.

In diesem einen Punkte, dem Hauptpunkte, war der Roman zu Ende. Was noch sonst aufzulösen übrigbleiben mochte, war unauflöslich. Jean Paul hatte mit den »Flegeljahren« sich und damit einen wesentlichen Teil des deutschen Menschen auf die äußerste Formel gebracht. Die Antinomien, die hier klaffend blieben, waren die Antinomien des deutschen Menschen. Ein großer Dichter hatte in seinem reifsten Werk sein Wesen zum Wesen seines Volkes erweitert. 682

 


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