Ernst Hardt
Tantris der Narr
Ernst Hardt

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Sechste Szene

Ein Knappe leise, gepreßt.               Weinst du, Forzin?

Ein Zweiter. Soll ich mich schämen? Alle weinen. Nur
Herr Marke nicht. Die Steine müssen weinen.

Der Erste. Mir graust, wenn ich dran denke.

Der Zweite.                                                     Vorwärts, vorwärts,
Daß wir zur Suppe kommen.

Ein Mädchen.                             Hörtet ihrs?
Es klang wie banges Schrein!

Ein Zweites.                                 O Gott! hier liegt
Die Königin!

Ein Drittes.       Sie haben sie ermordet!

Die Knappen laufen herzu.

Der erste Knappe. Die Königin!

Der zweite Knappe.                     Bei Gott!

Der Erste.                                                     Den König ruft!

Ein Mann. Sie lebt nicht mehr.

Das dritte Mädchen.                 Hier liegt noch einer!

Der erste Knappe. läuft hin.                                           Wo?
Der Herr Denovalin! Tot!!

Eine Stimme.                         Wer?

Der zweite Knappe.                         Er blutet
Und regt sich nicht.

Paranis. stürzt herbei und bricht neben Isolde nieder.
                                  Mein Gott, Frau Königin!

Erster Knappe will ihn fortzerren.
Willst du hinweg!

Paranis.                     O laßt mich bei ihr knieen,
Ich kniete stets bei ihr! O, Frau Isolde,
Wie seid Ihr bleich! – So sehet doch, sie atmet.

Der zweite Knappe. Frau Isot atmet noch!

Paranis.                                                         Sie ist nicht tot!

Ein Mädchen. So ruft es doch hinein, daß alle kommen!
Sie ist nicht tot!

Ein Ritter.               Was schreit ihr so?

Ein Bursch.                                             Die Siechen
Haben Frau Isot nicht gewollt!

Ein Zweiter.                                   Rufts aus!

Der Mann. Seid still, der König kommt, macht Platz für ihn!

Marke kommt die Treppe herab und bleibt auf den Stufen starr stehen.

Der erste Knappe. Herr Marke, hier liegt Frau Isolde, atmend,
Doch ohne Leben.

Der zweite Knappe.   Hier der Herzog, Herr
Denovalin. Er lebt nicht mehr.

Marke lehnt sich an eine Säule und starrt herab. Das Volk drängt sich hinter ihm in der Kirchentür zusammen.

Gimelle.                                         Was ist . . .?

Ein Bursch ruft
Die Siechen haben Frau Isolde nicht
Gewollt!

Ein Mädchen zu Gimelle
                Hier liegt sie!

Ein Mann.                             Unberührt und rein!

Eine Frau. Ein Wunder ist an ihr geschehn!

Das Mädchen.                                               Ein großes
Wunder, ein Gottesurteil.

Gimelle.                                 Seht, es hat
Sie niemand angetastet!

Eine Stimme.                       Schläft sie?

Ein Mann. Es hat sie wer umhüllt mit seinem Mantel!

Der Hirte ruft.
Den Mantel soll man in die Kirche hängen.

Ein Mädchen. Dort kommt Brangäne, seht, sie weint und lacht.

Brangäne beugt sich über Isolde, leise.
O liebste Frau Isolde, meine Traute . . .

Gimelle. Sie atmet tief und fiebernd wie ein krankes
Gequältes Kind im Schlaf vor Mitternacht!

Der erste Knappe. Ich will zum Burgtor laufen und die Wachen
Befragen, ob sie irgend Zeichen sahen,
Wie dieses Wunder wunderbar geschah!

Marke schreit auf.
Ich nagle den ans Kreuz, der frägt!

Die Gesichter fahren zu ihm herum, und ein banges Starren bannt die Gruppen. – Marke spricht hart und ruhig

                                                            Ist Dinas
Von Lidan hier?

Die erste Wache.   Herr Dinas hat das Schloß
Am Morgen schon verlassen, König Marke.

Marke. Hat Herr Denovalin die Wunde hinten
Oder von vorn?

Der erste Knappe.   Am Halse sitzt sie, klein
Und tief, als sei ein Blitz ihm zwischen Helm und
Halsberge spitz und zischend eingefahren.

Stimmen. Hört! Hört!
                                Gott hat Denovalin mit seinem
Blitze erschlagen, weil er falsch gezeugt!

Marke. Der Henker soll die Rüstung ihm vom Leib
Abschnallen und in meine Waffenkammer
So hängen, daß das Licht sie trifft. Den Leichnam
Soll er mit Pferden auf den Anger schleifen
Und liegen lassen. – Wo liegt Frau Isolde?

Der Hirte. Ihr, steht dort auf, Herr Marke will Frau Isot
In ihrer bleichen Schönheit schaun. Steht auf!

Es wird eine Lichtung um Isolde. Marke sieht von oben auf sie herab und spricht hart und langsam und sich steigernd.

Marke. Man trage Frau Isolde auf dem Mantel
Ins Schloß – man lege sie auf weiche Kissen
Und stelle Blumen rings um sie – man tränke
Mit Düften ihre Tücher! – Kniet euch nieder
Und betet, wenn sie spricht zu euch, denn irgend
Etwas ist heilig wohl an ihr, da Gott
Sie liebt!
    Fast schreiend
                Und wenn sie wer in Tristans Bette
Entdeckt – ich töt ihn, so ers mir verrät,
Und lasse seinen Leichnam faulen. – Jetzt
Soll mir ein Pferd gesattelt werden, daß
Ich Herren Dinas finde, meinen Freund!

 

Vorhang

 


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