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Vierzehntes Kapitel.
Elise


Marco war ein nicht minder vortrefflicher Gondolier als sein College Paolo. Und er wußte durch ähnliche Dienstfertigkeiten, nur anderer Art, das Vertrauen seiner Herrin im vollsten Maße zu verdienen. Er wußte nach den ersten acht Tagen schon genau die Stellen, von wo sie dieses oder jenes Bauwerk gern betrachtete, oder die Plätze, wo sie es liebte, auszusteigen, um eine halbe Stunde auf und ab zu promeniren. Auch bemerkte er ganz gut an ihren Mienen, wenn sie trüber Laune war und nichts sehen wollte, als die weite Wasserfläche mit ihren stillen Inseln, die häufig so im Dufte daliegen, daß sie aussehen wie eine Fata Morgana. Dabei war es zum Erstaunen, wie Marco den andern Tag so genau wußte, wo sein College Paolo den Tag vorher mit seiner Gondel und seinem Herrn gewesen war. Ja nicht nur schien ihm darin nichts verschwiegen zu bleiben, sondern er hatte auch eine außerordentlich schlaue Art, um diese Kenntnißnahme zu verwerthen.

Was mochte wohl der Tannhäuser in jenem kleinen Hause zu schaffen haben, das einem Tiroler gehörte, wohin er sich täglich begab und wo er sich alsdann mehrere Stunden aufzuhalten pflegte? Und daß er von seiner Zeit hier viel verbrachte, das ließ sich nicht läugnen. Auch kehrte er von da meistens heiter gestimmt nach Hause zurück. Wo er gewesen, hatte die Fürstin nie gefragt; sie war überhaupt klug genug, nie Aehnliches zu fragen. Auch hatte ihr der Tannhäuser keine Ursache zum Mißtrauen gegeben; er sprach offen über alles, was ihm begegnet; er lobte eine schöne Frau, die er gesehen, oder ein reizendes Mädchen mit nicht minderem Enthusiasmus als ein vortreffliches Bild; er erzählte häufig von dem malerischen Getreibe in den kleinen Kneipen der ärmeren Stadtviertel, die er nicht selten zu besuchen pflegte. Er hatte noch nie von dem Hause des Tirolers gesprochen.

Da die Fürstin aber endlich doch gern wissen mochte, warum er sich so häufig dorthin begebe und so lange dableibe, so hatte sie es sich eines Tages von Monsieur Ferrand erzählen lassen, der es ganz zufällig von Marco erfahren. »Der Herr malen dort nur ein Bild,« hatte der alte Diener achselzuckend gesagt, und zwar offenbar mit einem bedauernden Gesichtsausdruck. Er hätte wahrscheinlich lieber etwas Anderes gemeldet.

Die Fürstin aber schien diese Nachricht für nicht ganz so gleichgültig und geringfügig zu halten. Warum malt er auswärts ein Bild? dachte sie. Warum verheimlicht er mir das? Will er sich ein Fundament zu einer neuen Zukunft legen?

Sie schritt eine Zeit lang unruhig und nachdenkend in ihrem Zimmer auf und ab, dann ließ sie Elise zu sich kommen und sprach lange und lebhaft mit ihr. Darin lag nun eigentlich nichts Besonderes, denn das kam häufig vor, wobei die Fürstin auf ihrem Divan lag und das junge Mädchen neben ihr am Boden auf Kissen und Teppiche niederkauern mußte. Sie legte sich dabei mit Schultern und Kopf auf das Ruhebett ihrer Herrin, und dieser machte es Vergnügen, unter dem Plaudern das volle dunkle Haar Elisens aufzulösen, darin herumzuwühlen, es über ihre weißen Schultern und ihre Brust zu zerstreuen, dann ihre warme Hand bald hierhin, bald dorthin zu legen, was das junge Mädchen seltsam erschauern machte. –

Als der Tannhäuser eines Tages zu seinem Freunde kam, – sein Bild war so gut wie fertig – sagte ihm Wulf: »Da war heute Früh ein zudringlicher Kerl da, den ich mit aller Gewalt nicht davon abhalten konnte, deine Arbeit zu sehen, der sich für einen Kunsthändler ausgab und der trotz meiner Gegenrede die Thür öffnete und hier herein trat. Ich hätte ihn eigentlich zur Treppe hinab complimentiren sollen.«

»Und was wollte er?«

»Nun, was will ein Kunsthändler, der sich ein eben fertig gewordenes Bild betrachtet? – Es kaufen, sobald es ihm gefällt.«

»Und es gefiel ihm?« fragte der Tannhäuser mit Interesse.

»Die Frage kannst du dir wohl selbst beantworten, denn ich habe dir wohl schon ein dutzendmal gesagt, daß du da ein Werk geliefert hast. Du wirst verstehen, was ich für einen Unterschied mache zwischen einem Bild und einem Werke. Auch habe ich dir nie unnöthige Komplimente gemacht.«

»Das weiß der Himmel! Und der Kunsthändler war deiner Ansicht?«

»Leider ja. Dieser Kerl wollte und will das Bild kaufen.«

»Nun darin sehe ich gerade kein leider, im Falle nämlich, daß er es auch ordentlich bezahlt. Hast du ihm eine Forderung gestellt?«

»Ja. – Ich verlangte viertausend Gulden.«

»In dem Fall,« entgegnete lustig der Tannhäuser, »hast du ihn wirklich auf eine ziemlich feine Art zur Treppe hinab complimentirt. Denn,« setzte er mit einem Blick hinzu, dem man ansah, daß er mit Interesse die Antwort seines Freundes erwartete, »bei deiner verrückten Forderung floh er davon, so schnell er konnte?«

»Nicht so ganz. Allerdings rief er: Corpo di bacco! dann aber fragte er, ob ich ihm den Kauf bis morgen offen halten wollte.«

»Nun?«

»Ich wollte mich auf keine Verbindlichkeiten einlassen; denn – du siehst mich freilich mit so eigenthümlichem Blicke an, – aber – laß mich ausreden, ich habe, was das Bild anbelangt, eine andere Idee. Und dann – was ist dir im gegenwärtigen Augenblicke an viertausend Gulden gelegen! Bagatell für dich. Und was ich mit dem Bilde will, geschieht rein aus Freundschaft für deinen Namen.«

»Darauf bin ich begierig.«

»O es ist sehr einfach. Wenn du aber in dieser Richtung von mir eine große und brillante Rede erwartest, so hast du dich unendlich getäuscht. Also kurz und gut, du überlässest das Bild mir zur freien Verfügung, du fragst nicht darnach, ob und wann ich es verkaufe; du erlaubst mir, es zu dem Preise wegzugeben, der mir gut dünkt. Daß ich die dafür zu erhaltenden Gelder gewissenhaft für dich anlege, versteht sich von selbst. – Ja, lächle nur; du sitzest freilich bis über die Ohren im Ueberfluß, und ich muß anerkennen, du bist trotz deiner goldenen Fesseln in gewisser Beziehung ein freier Mann, – ein Gefangener, dem es deßhalb hinter seinen ruhigen Mauern so gut gefällt und welcher nur aus dem Grunde bleibt, weil er sagen kann: die Thore öffnen sich vor mir, so bald ich es verlange, heute, morgen, übermorgen. – Was können dir im jetzigen Augenblick viertausend Gulden bedeuten? Leinwand ist wohlfeil, Farben kosten auch nicht viel, und wir haben gesehen, daß es bei dir keiner langen Zeit gebraucht, um so etwas zu Stande zu bringen, wie es hier auf der Staffelei steht.«

»Recht, du hast recht,« versetzte der Andere, indem er sich gegenüber seinem Bilde an die Mauer lehnte und vor sich niedersah. »Deine Worte sind voll Logik und nebenbei angenehm für mich. Doch bin ich überzeugt, es kommt doch hinter allem dem ein gewichtiges Aber.«

»Das will ich meinen, und sogleich,« sagte fast lustig der kleine Maler. »Aber es kann auch die Zeit kommen, wo die viertausend Gulden ein nicht zu verachtendes Objekt sind, eine Zeit, wo du vielleicht einmal sagen wirst: dieser Wulf ist doch ein gescheuter Kerl gewesen.«

»Gewiß, und ein treuer Freund,« unterbrach ihn Tannhäuser mit gerührter Stimme, indem er die Rechte des kleinen Malers mit seinen beiden Händen faßte und herzlich schüttelte. »Also die Sache ist abgemacht: du behältst das Bild, du machst damit, was du willst, du legst es bei Seite –«

»Oder ich stelle es aus.«

»Auch das; ganz wie du willst. Du kannst es behalten, du kannst es verkaufen, ganz nach deinem Belieben.«

Der kleine Maler hatte, die Worte des Freundes mit Kopfnicken begleitend, auf das Bild geschaut, und als dieser schwieg, wandte er sich um, indem er sagte: »Und das alles gibst du mir schriftlich?«

»Du bist ja wie Mephisto; auch was Geschriebenes forderst du, Pedant?«

»Es ist für alle Fälle gut,« entgegnete Wulf, sonderbar mit den Augen zwinkernd, »und da ich dich von damals her noch als einen guten Kerl kenne, der mit sich reden läßt, so habe ich das Nöthige über unsern schriftlichen Pakt schon aufgesetzt und will es dir vorlegen.«

»In Gottes Namen denn, her damit!«

Wulf hatte aus der Brusttasche seines Rockes ein Papier hervorgeholt, das er behutsam auseinander faltete und es seinem Freunde darreichte. Der Tannhäuser blickte hinein und las alsdann lachend: »Im Monat Juli des Jahres 1856 malte der deutsche Maler Richard Tannhäuser im Atelier des Unterzeichneten ein Bild, vier Fuß hoch, zwei ein halb Fuß breit, zwei Mädchen an einer Brunnenschaale. Ich war bei dieser Arbeit gegenwärtig und kann mit den theuersten Eiden bekräftigen, daß ich zusah, wie besagter Richard Tannhäuser dieses Bild entworfen und gemalt.«

Der Lesende schüttelte den Kopf und sagte: »Ja, was soll denn diese Geschichte eigentlich?«

Worauf Wulf zur Antwort gab: »Das sind nur Notizen für mich. Was dich angeht, folgt darnach.«

Der Tannhäuser las weiter: »Das oben bezeichnete und von mir gemalte Bild übergab ich am heutigen Tage dem Maler Friedrich Wulf, indem ich ihm gestatte, mit dem Bilde zu machen, was ihm gut dünkt, so daß er es ausstellen kann, wo und wann er will, und ebenso verkaufen, zu welchem Preis ihm angemessen erscheint.«

»Ich muß gestehen,« lachte Tannhäuser, nachdem er zu Ende gelesen, »der Schluß dieses Dokumentes ist besser als der Anfang. Gib eine Feder, daß ich mein Handzeichen darunter male. – So,« fuhr er fort, nachdem er seine Unterschrift breit und kräftig hingesetzt, »möge es mit dieser Arbeit nach deinem Gefallen gehen.«

»Möge es das!« gab der kleine Maler nach einer Pause zur Antwort, während welcher er sein Papier sorgfältig verwahrte. »Und wenn es also geschieht, so wirst du später die schönsten Früchte davon ernten.«

Er war bei den letzten Worten an seinen Freund hingetreten, hatte dem seine Rechte auf die Schulter gelegt und sprach mit einem eigentümlich weichen Gesichtsausdrucke: »Als ich, nachdem ich einige Tage hier war, zufällig erfuhr, du seiest in Venedig, da war mein erster Gedanke, die Stadt sogleich wieder zu verlassen, da es ja möglich sei, dir zufällig zu begegnen.‹

»Und das erschien dir sehr peinlich?«

»Allerdings – sehr peinlich. Aber die winkligen Straßen, dies riesenhafte Labyrinth von Gäßchen und Kanälen beruhigte mich, bis – nun du weißt besser, wie du mich aufsuchtest, konntest aber damals nicht sehen, welcher Haß, welche – Verachtung mein Herz durchzuckte, als ich dich eintreten sah.«

»Wulf!« rief Tannhäuser in ernstem, schmerzlichem Tone und machte zu gleicher Zeit den Versuch, zurückzutreten.

Doch hielt ihn der Andere fest. »Daß ich dir das jetzt sage, sowie mein Benehmen von der Zeit an gegen dich, muß dir ein Beweis sein, daß ich meine Gesinnungen geändert. Und so ist es auch, und ich änderte zwar meine Gesinnungen gegen dich an dem Tage, wo ich bei den ersten Strichen deines Bleistiftes sah, daß dich der Genius der Kunst nicht verlassen. Und da sagte ich mir, so lange der noch schützend die Hand über dich hält, kannst du nicht so tief gesunken sein, wie es den Anschein hat.«

»Du sagst mir da herbe Sachen,« gab Tannhäuser mit einem trüben Lächeln zur Antwort. »Aber ich kenne ja dein Wesen, ich bin überzeugt, daß du es gut und redlich mit mir meinst, und ich weiß ja,« setzte er düster hinzu, »daß du annähernd ein Recht hast, so mit mir zu sprechen.«

»Schon diese Ansicht ist etwas werth. Aber sage mir, Tannhäuser, hast du eine Idee davon, wann der Tag kommen wird, wo es dich drängt, aus dem schwülen Dunstkreis des bewußten Berges, der deine Sinne umnebelt und gefangen hält, wieder aufzusteigen in die frische fröhliche Natur, aus dem erschlaffenden, betäubenden Dufte hinaus zu uns, die wir im kühlen, duftigen Grase, am Ufer eines frischen, murmelnden Wassers ruhen und aufwärts durch leicht zitternde Blättermassen an den treuen, dunkelblauen Himmel schauen? – Aus dem verführerischen, gedämpften Scheine des einsam brennenden Lichtes hinaus an den goldenen Sonnenschein?«

»Ja, ja, sie kommt!« versetzte Tannhäuser hastig. »Und bald, bald. Es ist ein Ringen in mir, ein Drang, mich loszureißen, der immer gewaltiger wird und dem ich folgen will und muß – morgen, übermorgen. – Aber glaube mir, Wulf, du bist befangen, du urtheilst einseitig. Mein Leben ist kein so wüster Traum, wie du dir einbildest, wild wohl, aber frisch und entzückend. Es ist ein Zauber, gegen den ich schon vergeblich mit aller Kraft angekämpft, den ein Blick aus dunklem Auge, ein Wort aus lieblichem Munde wieder fester um mich knüpft.«

»Du mußt ihn zerbrechen, indem du fliehest.«

»Damals wäre das leichter gewesen,« fuhr Tannhäuser träumerisch fort. »O hätte ich damals die ganze Gefahr überblickt, damals, als sie noch in der Nähe war! Ich hätte mich zu ihren Füßen geworfen, ihre Kniee umfaßt und gefleht – schütze mich! schütze mich! – Aber dieses schöne Weib, sagte er nach einer Pause, während welcher er die Augen mit der Hand verdeckt hatte, »hält mich fest in zweierlei Gestalt; man kann nicht müde werden ihr anzugehören, denn sie wechselt ihren Körper unbefangen, sorglos, sie läßt mich scheinbar dahin ziehen, da sie weiß, daß ich um so fester, mit um so glühenderer Lust wieder zu ihr zurückkehren werde. Sie hat ein Doppelleben in sich, ein drei-, ein vierfaches, wenn es ihr gut dünkt; sie bindet mich mit immer stärkeren Banden, da sie meine Ketten scheinbar muthwillig selbst zerreißt.« –

»Frau Venus ist eine schöne Frau,
Liebreizend und anmuthreiche,
Wie Sonnenschein und Blumenduft
Ist ihre Stimme, die weiche,

»Wie der Schmetterling flattert um eine Blum',
Am zarten Kelch zu nippen,
So flattert meine Seele stets
Um ihre Rosenlippen.«

sagte der kleine Maler mit leiser Stimme. »Ja, um viele Rosenlippen. – Ja, ich verstehe, wie sie deine Ketten zerreißt, um dich dadurch noch fester zu binden.

»Tannhäuser, unglückseliger Mann,
Der Zauber ist nicht zu brechen!

Doch genug davon. Wenn ich auch nicht hoffe auf ein langsames Lösen deines Verhältnisses, so hoffe ich doch auf die heilige Kunst, welche dich schirmend umgibt, auf den Genius, der in dir lebt, und hoffe vor allen Dingen auf irgend ein Ereigniß, welches wie ein Blitzstrahl deine schwüle Wetternacht durchreißt, dich aus deiner Betäubung aufrüttelt und dich vor gänzlichem Untergange bewahrt. – Ich hatte immer noch gehofft,« setzte er hinzu, nachdem er eine Zeitlang dem Freunde in das finstere Angesicht gesehen, »du würdest vielleicht den Entschluß fassen, Venedig und alles zu verlassen und mit mir zu ziehen – wohin du wolltest, meinetwegen sogar nach Rom. Da du mich aber einen Blick in dein Inneres thun ließest, so sehe ich wohl, daß es unnöthig aufgewendete Mühe wäre, dich von hier wegzubringen. Du würdest nachdenkend, träumend folgen, vielleicht bis Mestre, vielleicht sogar bis Padua oder Verona, und dann würdest du dich plötzlich losreißen und umkehren. Ist's nicht so?«

Tannhäuser nickte schmerzlich lächelnd mit dem Kopfe.

»Was könnte ich dir auch versprechen?« fuhr Wulf fort. »Ja, wenn bei den Freunden alles beim Alten geblieben wäre, wenn ich wüßte, wie Vater und Tochter über uns denken, wenn die beiden kleinen Häuschen, wo wir ein so heiteres, vergnügtes Leben führten, noch unsere Heimat wären, ja dann würde ich dich mit aller Gewalt der Ueberredung von hier fortzuziehen versuchen und würde dir immerfort erzählen von der grünen Veranda, die wir nach Tagen oder Wochen wiedersehen würden, von dem Lichtschein, der durch die Blätter blitzt, von ihrem erstaunten und erfreuten Auge. – Das kann ich aber jetzt nicht, und um dich, mein Freund, mir nachzuziehen, wie ich es thun will und muß, soll ich erst nachsehen, was aus den Freunden geworden. Wenn ich dir schreibe, daß sie dich herzlich willkommen heißen, willst du alsdann meinem Rufe Folge leisten?«

»Ja, ja, ich will, ich will gewiß,« entgegnete hastig der Tannhäuser. »Aber,« fuhr er nach einer kleinen Pause fort, »warum sprichst du wie ein Abschiednehmender?«

»Weil ich es in der That bin, weil es mich von hier forttreibt, weil ich noch mehr von der Welt sehen will und muß.«

Der Andere machte einen raschen Gang durch das Zimmer, blieb dann einen Augenblick mit verschränkten Armen vor seinem Bilde stehen und sagte: »Und das packst du ein und nimmst es mit? – Eigentlich hast du recht; du hast Venedig gesehen, du hast deine Studien gemacht, du bist ein glücklicher freier Mensch, und da dich nichts mehr hier zurückhält, so schnürst du dein Bündel und ziehst davon.«

»Ja, ja, frei wie der Vogel in der Luft, wenn auch nicht ganz so zufrieden und glücklich,« gab der kleine Maler zur Antwort. Und damit nahm er die beiden Hände des Freundes in die seinigen. »Du gehst also nicht mit mir? – Gut, ich dringe nicht weiter in dich. Aber sage mir, wo wir uns bestimmt wiederfinden, wenn uns das Schicksal nicht früher zusammenführt.«

»Das ist nicht so ganz leicht zu bestimmen,« sagte der Tannhäuser; »unsere Interessen sind ja leider nicht mehr die gleichen.«

»Und treffen doch, hoffe ich, in einem Punkte zusammen, – in der Kunst, Richard.«

»Ja, ja, in der Kunst. Gott erhalte mir den Sinn für diese.«

»Nun gut, wenn es dir damit Ernst ist, so wollen wir uns nächsten Herbst in München treffen. Dort ist im Monat September die allgemeine Versammlung deutscher Künstler, wohin es dich natürlicherweise auch zieht, und ist doch die Sache selbst ein genügender Vorwand, um dir Urlaub zu einer Reise zu verschaffen,« setzte Wulf mit leichtem Spott hinzu. Er sprach aber dieses Wort gewiß nicht in der Absicht aus, seinen Freund zu kränken, sondern es war seine Art so, sich selbst und Andere aus einer weichen Stimmung, in welche man zu zerfallen dachte, empor zu stacheln.

»Gut, ich komme,« sagte Tannhäuser entschlossen, indem er dem Freunde die Hand darreichte. »Natürlicher Weise vorbehaltlich, daß die mächtige Hand über uns nicht ein anderes gebietet.«

»Versteht sich von selbst,« erwiderte launig der kleine Maler. »Doch werde ich mich selbst in diesem Falle bemühen, dir als Geist zu erscheinen.«

»Und nun denn, Friedrich, ohne weitern Abschied.«

»So sei es, Richard, leb' wohl.«


Wulf verließ wirklich einige Tage nachher Venedig, ohne seinen Freund nochmals gesehen zu haben, doch ließ er ihm durch den Tirolese einen Brief zustellen, in welchem er schrieb: »Es ist gut, daß ich mit deinem Bilde das Weite gesucht habe. Jener Kerl, den ich mit meiner von dir so genannten närrischen Forderung von viertausend Gulden abzuschrecken gedachte, stellte sich noch ein paarmal ein, schien in deine Arbeit völlig vernarrt und bot mir bis zu sechstausend Gulden. Wohlfeiler werde ich nun auch später deine Arbeit nicht hergeben, und du siehst nun, welch' immenses Kapital du immer noch zu erwarten hast, wenn du auch mit all' deinen jetzigen Glücksgütern Schiffbruch leiden solltest. Denke an Raimunds wunderbares Märchen, du selbst ein Verschwender, und nimm mich für jenen zudringlichen Bettler, der dir einstens wieder erscheinen wird, hoffentlich aber nicht auf den Trümmern deines Lebens. Addio!«

Nur ein einzigesmal hatte die Fürstin angespielt auf die Zusammenkünfte im Hause des Tirolese, und zwar mit lächelndem Munde und dabei scherzend gesagt: »Bei alle dem, Richard, war es unrecht von dir, daß du mir das Bild nicht zeigtest, welches du dort gemalt, daß du es mir verheimlicht hast, deiner treuesten und aufrichtigsten Verehrerin. Es soll sehr schön geworden sein. Wo hast du es gelassen?«

»Ich gab es meinem Freunde, jenem kleinen Maler, dessen du dich wohl noch erinnerst aus meinem Atelier.«

»Ah, der damals das komische Affenbild malte! O ich vergesse nicht das Geringste aus jener Zeit.«

»Ich mußte einmal ein Bild malen, um es unter meine deutschen Freunde zu bringen. Habe ich doch genug Arbeiten ins Ausland verkauft zu hohen Preisen, bin von meinen Käufern höchlich belobt worden, ohne daß es mir aber gelungen wäre, meinen Namen bekannt zu machen. Das fängt an mich zu drücken.«

»Und weßhalb?« fragte die Fürstin leichthin. »Schätzt doch jeder deine Bilder, der sie sieht, und bist du auch um Abnehmer nie verlegen gewesen.«

»Allerdings, wenn das das Endziel aller Wünsche eines Künstlers ist, so könnte ich mich zufrieden geben. Aber hast du keine Idee davon, wie Großes, wie Erhabenes, wie Glücklichmachendes darin liegt, sich einen Namen zu machen, einen gefeierten Namen, bei dessen Nennung man sagt: Ach ja, er, sollten wir ihn nicht kennen? – Ich kenne kein Glück des Lebens,« setzte er verdüstert hinzu, »keines – keines, keine Freude des Daseins, die je ein solches Gefühl des Gekannt- und Geehrtseins aufwiegen könnten. – Aber ich scheine davon noch weit entfernt zu sein.«

»Und doch werden auch darin deine Wünsche noch befriedigt werden.«

»Ich hoffe es,« versetzte Tannhäuser kurz und heftig, »denn sonst möchte ich nimmer leben.«

Die Fürstin brach das Gespräch ab, sie blickte vor sich nieder, sie schien über etwas nachzusinnen, sie lächelte eigenthümlich, dann sagte sie mit einemmale: »Ich habe gestern ein Schreiben von Portinsky erhalten.«

»So,« machte der Maler in gleichgültigem Tone.

»Er schreibt mir von Rom. Immer noch derselbe Phantast, der alte Mann mit dem viel zu heißen Herzen.«

»Er schreibt von Rom?« sagte Tannhäuser, mit einemmale aufmerksam geworden. »Was macht er da?«

»Was er dort macht? – Eines Theils was alle Besucher thun, die nach Rom kommen: Merkwürdigkeiten alter und neuer Zeit anschauen, Kirchen und Museen besuchen. Andern Theils aber – es ist eigentlich zu lächerlich!«

»Nun?«

»Hatte er bis Rom die Spur jener jungen Italienerin verfolgt – du erinnerst dich gewiß ihrer? – Diese Spur aber in der großen Stadt verloren.«

Der Tannhäuser athmete sichtlich auf.

»Jetzt aber schreibt er, er habe sie wieder gefunden – die Spur und dann das Mädchen selbst, er ist entzückter über sie als je, er sagt mir, der Name, den ihr Vater und sie in Deutschland geführt, sei nur ein angenommener gewesen, sie wäre von einer guten, alten Familie, und zwischen den Zeilen seines Schreibens lese ich, daß er, der alte Fünfziger, toll genug sein wird, dem jungen Mädchen seine Hand anzubieten. Ist das nicht förmlich ridicul? – Wenn ich mir denke, daß mir eines Tages der Graf und die Gräfin Portinsky gemeldet werden!«

Wir sind im Stande, über ein kleines Leid, das uns betrifft, über eine Nachricht, die uns verletzt, außer uns zu gerathen, uns in heftigen Reden über das Für und Wider auszulassen, uns in einen völlig fieberhaften Zustand zu versetzen, der den Ausgangspunkt unseres Kummers vollkommen verrückt, der uns exaltirt, weil er uns zu Folgerungen veranlaßt, wie eins sich immer trauriger, immer schmerzender aus dem Andern entwickeln könnte. – Und dagegen sind wir wieder im Stande, ein tiefes Leid, das plötzlich über uns hereinbricht, das wir auf einmal in ganzer, entsetzlicher Gestalt vor uns stehen sehen, mit einer stoischen Ruhe, mit einer an Gleichgültigkeit grenzenden Kälte aufzunehmen.

So ging es dem Tannhäuser; so erschien er wenigstens äußerlich; seine Lippen hatten freilich ein wenig gezuckt als die Fürstin fast spottend den Namen der Gräfin Portinsky genannt. Er hatte darauf die Zähne fest aufeinander gepreßt, er hatte den furchtbaren Schlag mit einemmale erhalten, unvorbereitet, er hatte ihn ausgehalten, er fühlte sich nur eine Secunde von ihm niedergedrückt und konnte darauf ruhig lächeln und die Antwort geben: »das wäre allerdings außerordentlich komisch.«

Als er dann einige Zeit darauf aus dem Zimmer ging, sah er allerdings ein wenig bleich aus, doch sagte er im Weggehen ein paar Worte mit solcher Ruhe, daß ihm die Fürstin erstaunt nachblickte. Wie es aber in seinem Innern aussah, davon hätte die kleine Gondel erzählen können, in welche er sich hinein warf, deren Vorhänge er zusammenzog und die nun mit ihm, einem starr vor sich Hinbrütenden, durch unbesuchte öde Canäle fuhr. Paolo versuchte es mehreremale, zu seinem Herrn hineinzuschauen, und wenn ihm das nicht gelingen wollte, so setzte er kopfschüttelnd seine Fahrt fort. Endlich aber, als es schon Abend wurde und der drinnen immer noch kein Zeichen zur Rückkehr nach Hause oder zum Anhalten gab, ließ der Gondolier nicht ohne Absicht sein leichtes Fahrzeug etwas stark an irgend eine Treppe anstoßen, in deren Nähe sie sich gerade befanden, schritt auf den Rand nach vornen und bat um Befehle.

Der junge Maler lag noch immer ausgestreckt in den Kissen, den Kopf auf die Hand gestützt, so daß sich seine Finger tief in sein volles blondes Haar vergruben, und selbst das heftige Anstoßen der Gondel war nicht im Stande gewesen, ihn aus seinen schmerzlichen Träumereien zu erwecken. Wie hatte er sich in diesen langen Stunden selbst gequält, wie hatte er die Vergangenheit in ihren kleinsten Einzelnheiten nochmals durchlebt, wie hatte er sich die Zukunft vor Augen geführt, seine und ihre, wie hatte er sein Herz zerfleischt mit tausend Nadelstichen, mit tausend fein zugespitzten glühenden Gedanken, mit denen er in einem wollüstigen Schmerze sein Inneres zerriß! – Jetzt richtete er sich empor, er strich sein Haar aus der Stirn, richtete sich in die Höhe und befahl Paolo, nach Hause zu rudern.

Dort angekommen stieg er langsam die Treppen hinauf und hörte es kaum, als ihm der Portier meldete, die gnädige Frau sei vor einer halben Stunde ausgefahren. Er nickte mechanisch mit dem Kopfe, und als er oben in das weite Vestibul trat, that ihm die Stille und Dunkelheit, welche hier herrschte, so wohl, daß er sich gerne niedergelassen hätte, doch hatte ihm Monsieur Ferrand bereits nach seiner Gewohnheit mit einer tiefen Verbeugung die Thüre zum Salon geöffnet, weßhalb er dort eintrat.

Es war am Abend für ein glückliches Herz hier immer unbeschreiblich schön; die hohen Bogenfenster standen weit offen und ließen die kühlere Meerluft hereinstreichen; dort über der Giudecca war der Himmel glänzend goldig angestrahlt, und die Formen der mächtigen Kirche von Santa Maria della Salute, sowie weiter links die Kuppel von San Giorgio Maggiore standen dunkel und in noch imposanteren Formen auf dem leuchtenden Abendhimmel. Auf die Canäle senkte sich schon die Nacht herab, und die gegenüberliegenden Paläste des Canal grande erschienen schon in ihren Einzelnheiten unkenntlich; überall sah man Fenster geöffnet; hier und dort hörte man die leisen melancholischen Klänge einer italienischen Volksweise oder ein Bruchstück aus irgend einer beliebten Opernarie, und in der dunklen Häuserreihe blitzten jetzt häufig Lichter auf. Dazwischen war es rings umher so still, daß man deutlich jeden Schlag des Ruders hörte, wenn eine Gondel unten vorüberfuhr, ebenso das Lachen und Plaudern der darin Sitzenden, sowie den noch so leise angeschlagenen Ton einer Mandoline, der sich auch zuweilen vernehmen ließ.

Der Tannhäuser lehnte an der Einfassung des Fensters, er hatte die Stirne an den kalten Stein gedrückt, und dieses so sanfte, allmälige stillzufriedene Einschlummern der großen Stadt, das sonst wohl im Stande gewesen war, eine ernste Ruhe über sein Herz zu verbreiten, preßte ihm heute beinahe Thränen des tiefsten Schmerzes aus. Namentlich durchzuckte es ihn wild, wenn irgendwo wieder zwischen dem Grün einer Veranda oder eines Balkons ein Licht aufblitzte, und dann zog er den Athem kurz und heftig an sich, daß es klang wie ein leichter Aufschrei, wie ein unterdrücktes Schluchzen. O hätte er nur eine Menschenseele gewußt, der er sich hätte mittheilen können, ein freundliches Herz, in das er seinen tiefen Kummer hätte niederlegen können! –

»Jo ti voglio den assai,
Ma tu non pens' a me!«

klang es mit einemmale aus dem Nebenzimmer halb gesungen, halb gesprochen. – Er kannte die Stimme wohl und auch die Worte. Es war der Refrain eines Liedes, das er von den Gondolieren unzähligemal gehört, das er nie beachtet, das aber jetzt dicht in seiner Nähe so innig, so leise und fast flüsternd vorgetragen, in seiner gegenwärtigen Stimmung eine unbeschreibliche Wirkung auf ihn hervorbrachte. Es riß ihn aus seinen Träumereien, es trieb ihn an die Thüre des andern Gemachs, und als er dort die schwere Portiere aufhob, hätte er im Halbdunkel, welches in dem Zimmer herrschte, kaum die Gestalt Elisens unterscheiden können, die auf dem Divan der Fürstin ruhte und sich bei seinem Eintritte rasch erhob, wenn ihm nicht eine vor dem Hause plötzlich aufflackernde Gasflamme zu Hülfe gekommen wäre, welche das Gemach mit einem sanften, unbeschreiblich wohlthuenden Lichte erfüllte.

»Bleibe, bleibe!« sagte er hastig, wobei er sich dem jungen Mädchen näherte und sich an ihrer Seite niederließ. »Sing' dein Lied nochmals, oder nur den Refrain desselben; er klingt so mild, so beruhigend; er tönt wie eine Klage, die wir gern beantworten möchten, indem wir ihr, welche sie singt, zu Füßen stürzen und ihr sagen: Nein, nein, du thust mir Unrecht, ich denke an dich nicht täglich, nicht stündlich, sondern bei jedem Athemzuge. Denn an dich zu denken ist mir ebenso Bedürfniß als die Lust einzuathmen. – O Elise,« unterbrach er sich, während er ihre Hand ergriff, »laß mich zu dir reden, laß mich dir etwas von meiner Vergangenheit erzählen, laß mich dir erklären, wie sehr der Refrain deines Liedes auf mich paßt:

»Ich liebte sie von Herzen,
Doch sie denkt nimmer mein!«

O bleibe ruhig, laß mich mein Gesicht etwas zu dir niederbeugen, daß ich leise flüsternd mit dir sprechen kann. – So – laß deine Hand an meiner heißen Schläfe liegen, deine Finger sind so kühl, sie werden mein Blut besänftigen.«

»O nein, nein!«

»Nun laß mich dir erzählen,« fuhr er mit leiser Stimme fort, »gewähre mir die Seligkeit, meine wilden Gedanken in deine ruhige kindliche Seele niederzulegen. – Du wirst mich verstehen.«

»O nein, nein, ich darf und soll das nicht verstehen.«

»Und möchtest doch, Elise. – O höre mich!«

Und dann erzählte er ihr mit hastigen Worten und erregter Stimme von seinem früheren Leben und von ihr, von dem kleinen Häuschen, wo er gewohnt, von der Veranda und von ihr; von den wunderbaren Sommer-Abenden, von dem Lichte zwischen dem Grün der Blätter und von ihr, immer wieder von ihr. Und dabei malte er so glühend und heiß, wie er sie geliebt, und wie ihre Blicke auch ihm gesagt, daß er ihr nicht gleichgültig sei, wie diese Blicke zu ihm gesprochen hätten, ihn mächtig angezogen, und wie er oftmals, aber nur in seinen Träumereien, ihr zu Füßen gestürzt sei, – so, so, sie wild und verlangend in seine Arme gerissen. – Ja, wild und verlangend, – unwiderstehlich – glühend. – Elise! – Elise! –

Während er dem jungen Mädchen so erzählte, trat der eigenthümliche Ausdruck der Ueberraschung auf ihrem Gesichte immer stärker hervor, wobei ihr Auge flammte und sich ihre Lippen zuckend öffneten. Doch als dieser Ausdruck den höchsten Grad erreicht hatte, verschwand er ebenso plötzlich wieder und machte dem Zuge eines Leides Platz, der sich nun wie eine Art Ermattung auf ihrem Gesichte lagerte, – als er nun mit ruhiger, obgleich bewegter Stimme weiter erzählte von jenen Tagen, wie das Schicksal sie von einander gerissen und wie er nichts mehr von ihr gehört, bis ihn heute jene Nachricht, welche ihm die Fürstin mitgetheilt, wie ein Donnerschlag getroffen.

Wie hatte er in seinen selbstquälerischen Träumereien heute Nachmittag diese Nachricht von allen Seiten betrachtet, das Für und Wider überlegt, um am Ende immer und immer wieder zu dem furchtbaren Resultate zu gelangen, das in den wenigen Worten der Fürstin lag: so können wir es denn erleben, daß sich eines Tags der Graf und die Gräfin Portinsky bei uns melden lassen. – Sie, die blühende Franceska, die Frau jenes ihm verhaßten alten hinfälligen Mannes! Dieser Gedanke brachte ihn immer und immer wieder zur Verzweiflung. Und lag eine Unmöglichkeit darin? Gewiß nicht. Hatte er vielleicht ein Recht, irgend eine Rücksicht von dem jungen Mädchen zu verlangen, dessen Herz er so tief gekränkt, die er so muthwillig, so leichtsinnig verlassen?

So mußte es denn sein, und so mußte es sich erfüllen, worüber er schon früher in finsteren Augenblicken gegrübelt, das er aber lachend, auf ein unverdientes Glück bauend, weggescheucht. Und nicht nur der an sich schon furchtbare Schmerz über die Gewißheit ihres Verlustes war es, was sein Herz zerrissen, nein, die lichte Gestalt des jungen und reinen Mädchens hatte ihm immer vorgeschwebt wie ein verkörpertes Bild seiner eigenen Zukunft, zu welcher er vielleicht immer noch im Stande sei, sich durch Arbeit, durch Noth und Trübsal hindurch zu ringen. Sie war ihm in schönen Träumen erschienen, wie ein heiliger Altar, vor dem er nicht im Staube niederknien werde, auf ihn das Bekenntniß seiner Fehler, seiner Sünden, seiner Buße niederlegen, von dem herab er auf ein verzeihendes Wort hoffte. – Jetzt war alles vor ihm dunkel und mächtig umzogen; ihm schien kein Tag mehr dämmern zu sollen, er sah keine rettende Hand mehr, die sich ihm darbot, um ihn hinauszuführen aus dem schwülen Dunstkreis des Zauberberges, er sah in diesem Augenblicke kein liebes Bild mehr, das seine Sinne stärkte, die umnebelt und gefangen waren, kein süßes Lächeln, das ihn emporzog in die frische, fröhliche Natur, um dort anbetend und bereuend niederzusinken. –

Selbst das heilige Gebilde der Kunst, das ihn so oft getröstet, das ihn so oft mit neuen Hoffnungen belebt, schien jetzt fernab von ihm zu schweben mit verhülltem Angesichte.


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