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Die Stände.

Das beste Mittel zur Bildung des Volks ist unser Beispiel.


Dienende kann man durch nichts so sehr belohnen, als durch Vertrauen. Einen von einem Diener gewechselten Thaler ungezählt zurücknehmen, macht ihn unter Umständen glücklicher, als ein Trinkgeld.


Dem gemeinen Mann muß man, um ihn auf dem guten Wege der Ehrlichkeit zu erhalten, öfters gestatten, davon einiges Aufhebens zu machen. Nähme man ihm die laute Freude und sogar ein oft prahlerisches Lärmen über einen so außerordentlich fleckenlosen Ruhm, so würde man ihm die Lebensluft beengen und sich vielleicht gar das gute Spiel mit ihm verderben. Darum ist für den sittlichen Kern eines Volks mit dem Uebermaß von Humanität auf dem öffentlichen Strafgebiet Gefahr verbunden.


Einen unmotivirten Fußtritt des Zorns oder Uebermuths trägt der Hund seinem Herrn nicht nach, und in schreckhaftem Grade imponirt dem gemeinen Mann Herzlosigkeit.


Wird der Philister großartig, so platzt in der Regel die Baßgeige.


Das natürliche Gleichgewicht im Leben stellt sich immer wieder her – Söhne von Bedienten sind in der Regel anspruchsvoll, wenn nicht stolz.


Auf einem Verwaltungsposten, wo man unaufhörlichen und allseitigen Bittgesuchen ausgesetzt ist, gewöhnt man sich bald ein summarisches Neinsagen an. Es gehört Milde des Gemüths und ein angeborner Gerechtigkeitssinn dazu, in dieser vielleicht an sich unerläßlichen Kunst des »Erledigens« nicht auch allzu gedankenlos zu werden.


Eine der schmerzlichsten Erfahrungen, die der Menschenfreund täglich machen kann, ist die ruhige Gewöhnung des Dienenden an den Mißbrauch der Macht.


Wir wollen nicht alles preisen, was man vom Volk zu hören bekommen kann. Aber verachte man es doch erst dann, wenn man ihm Gelegenheit gegeben hat, sich auszusprechen.


Wer Schriftsteller ist, habe an seinen Fingern getrost Tinte.


Um in unsern kleinen Residenzen nur einigermaßen erträglich leben zu können, hat man sich daselbst nicht einzubürgern, sondern einzuadeln.


Ein Intendant der königlichen Schauspiele trat sein Amt mit der bescheidenen Erklärung an: »Meine Herren, ich verstehe von dem Amt, das mir die Gnade Sr. Majestät übertragen hat, so gut wie nichts, aber ich hoffe, es noch mit Ihrer Hülfe zu erlernen!« Drei Jahre darauf war der bescheidene Mann die Anmaßung selbst. Er hatte das Nichtverstehen seiner Aufgabe in ein geregeltes System gebracht.


Wie trivial ist der Satz, daß Große nicht die Wahrheit erfahren können – und wie ist er doch so wahr und so ewig neu – !


Was nennen die Reichen Arbeit! Wir kannten einen Fürsten, der in allem Ernst auf die Oekonomie stolz war, sich die Wappen seiner Briefpapiere selbst zu malen.


Wie die Großen rechnen lernen – ! Adalbert Stifter erzählte mir, er hätte in Gegenwart der Fürstin M. ihren Sohn, dessen Lehrer er war, die Aufgabe machen lassen, zu berechnen, wie viel zwölfkaratige silberne Löffel sich aus sechs Dutzend dreizehnkaratigen herstellen ließen, wenn jene ein Loth schwerer hätten wiegen sollen, als diese. Der junge Prinz rechnete und rechnete. Endlich unterbrach die durchlauchtigste Frau Mutter seine Anstrengungen mit den zornigen Worten: »Aber bester Herr von Stifter, wenn dergleichen bei uns vorkommt, so schickt der Ouvrier einfach die Rechnung und wir bezahlen sie!«


Sei glücklich in deinem Entbehren, wenn du die Qualen der Reichen und Vornehmen siehst! Diesen kann es ja schier Herz und Verstand wegnagen, wenn ihr Fürst schon seit Jahren mit der Verweigerung irgend eines Titels oder eines höheren Ordensgrades ein Neck- und Versteckspiel mit ihnen treibt.


»Ich habe mich um einen Orden beworben! Nicht wegen meiner, sondern um meines Weibes und meiner Kinder willen, denen ich gar zu gern eine Freude bereitet hätte – !«


Wer Fürsten erziehen will, soll vorzugsweise ihr Gedächtniß ausbilden. Ein Herrschender soll den Leichtsinn und die Intriguen seiner Umgebungen, die nur die Erinnerung an das Nächste und an sie selbst zu schüren suchen, nicht nur dadurch überraschen, daß er Namen und Thatsachen der Vergangenheit, sondern auch Wünsche und Vorsätze für die Zukunft behält. Er soll kein Taschentuch zu sich stecken, ohne daran gleichsam auf gemachte Knoten zu fühlen.


Große wünschen, daß man zuweilen etwas von ihnen erbittet, und können es nicht gut ertragen, wenn man sie umgeht. Gewähren oder abschlagen, beides erhöht ihre Würde.


Du Thor, du kommst aus dem Palast eines Großen, aus dem Schloß eines Fürsten und denkst mit behaglicher Hoffnung: welchen Eindruck hab' ich ihm wol gemacht? Der Fürst aber, der große Staatsmann spricht im selben Augenblick zu sich ganz das nämliche, aber nur in Bezug auf sich: »Welchen Eindruck hab' Ich ihm wol gemacht – ?«


Aufzuhorchen, welche Wendungen die Wahrheit nimmt, um sich dem Thron zu nähern, sollten früh die Fürsten angeleitet werden. Aber sie verstehen es auch schon von Natur. Ein noch lebender Dichter fiel in Ungnade, als er seinem Monarchen ein Gedicht widmete, worin er dessen Herzensgüte pries. Der Fürst begriff sehr wol, es sollte so viel heißen, als, es fehlte ihm an Verstand.


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