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die nie toufes künde
enpfiengen, ist daz sünde,
daz man die sluoc alsam ein vihe?
grôzer sünde ich drumbe gihe:
ez ist gar gotes hantgetât,
zwuo und sibenzec sprâche, die er hât.
Von Asiens westlichster Küste hatte sich das christenthum gleich herüber nach Europa gewandt; der breite boden des welttheils, in dem es entsprungen war, konnte ihm nicht lange nahrung geben, und auch im Norden Africas schlug es nur flache wurzel. bald wurde und blieb Europa sein eigentlicher sitz und heerd.
Es ist beachtenswerth, daß die richtung, in welcher der neue glaube von Süden nach Norden um sich grif, dem strome der wanderung gerade entgegensteht, die von Osten und Norden nach Westen und Süden damals die völker hintrieb. wie dorther geistiges licht eindrang, sollte von hieraus das leben selbst erfrischt werden.
Das ermattete weltreich der Römer war zugleich in seinem innersten aufgeregt und an seiner grenze überschritten. aber mit 2 derselben gewaltigen lehre, die ihm eben erst seine alten götter gestürzt hatte, konnte das unterwürfige Rom sich von neuem seine sieger unterwerfen. dadurch geschah der flut jener bewegung allmälich einhalt, die neubekehrten länder begannen sich zu festigen und ihre waffen umzukehren gegen die im rücken gebliebenen Heiden.
Langsam, schritt vor schritt, wich die heidenschaft der christenheit.
Fünfhundert jahre nach Christus glaubten an ihn noch die wenigsten völker Europas; nach tausend jahren die meisten und bedeutendsten, aber nicht alle.Nachtrag: Heiden in Italien und in Rom nennt noch das edict. Theoderici 108. Salvian de gubernatione dei um 450 hält den verkommenen christlichen Römern und Provincialen die tugenden der noch heidnischen Sachsen, Franken, Gepiden und Hunnen und der häretischen Gothen und Vandalen entgegen. gegen schluß des siebenten buchs sagt er: ›Gothorum gens perfida, sed pudica est, Alamannorum impudica, sed minus perfida. Franci mendaces, sed hospitales, Saxones crudelitate efferi, sed castitate mirandi‹ und etwas weiter: Vandali castos etiam Romanos esse fecerunt. vgl. Papencordt 271. 272. der Baier Ratolf bekehrt sich 788 zum christenthum: coepi deum colere MB. 28b, 7. in des Bonifacius und Sturmi zeiten heißt es: populi gentis illius (in Noricum) licet essent christiani, ab antiquis tamen paganorum contagiis et perversis dogmatibus infecti. Pertz 2, 366. Alamannen, die 552. 553 in Italien erscheinen, sind noch Heiden im gegensatz zu den christlichen Franken Agathias 2, 1. 1, 7. Eginhard cap. 7 (Pertz 2, 446) sagt von den Sachsen: Saxones cultui daemonum dediti. cultum daemonum dimittere. abjecto daemonum cultu et relictis patriis caerimoniis. der verfasser der vita Mathildis (Pertz 12, 575. vgl. 6, 284) erzählt von den heidnischen Sachsen und Widukinds stamm: stirps qui quondam daemonum captus errore, praedicatorum pro inopia idola adorans, christianos constanter persequebatur.
Die Nialssage cap. 101–106 berichtet über den einzug des christenthums nach Island a. 995–1000 (kl. schr. 2, 272). doch opferte man in Nerike bei Orebro noch im 17. jh. auf gewissen felsen dem Thor gegen zahnschmerz. Dybeck runa 1848 s. 26 (kl. schr. 2, 115) und alte frauen opfern noch heutzutage an flüsse und werfen den zweig auf den stein. Dybeck runa 2, 3, 15. vit erum heiđin in Olafs des heiligen zeit 1015–1030 (in Gautland) heißt es fornm. sög. 4, 187. 12, 84. in den norwegischen bezirken Serna und Idre (an der grenze von Dalarne) lebten Heiden noch 1644. samling. Christiania 1839. 6, 470. 471. þa kunni enge madr pater noster i Straumi. Werlauff. grenzbest. 20. 37. Odens diener kommen noch 1578, 1580, 1601 in Schweden vor. Geyer Svea rikes häfder 2, 329 und in einem volksliede fürchtet eine Christin die nah im wald hausenden Heiden: locka till Thor i fjäll Arvidsson 3, 504 der donnerstag war in Schweden noch vor 100, 150 jahren heilig (s. 173). in Schweden zumal waren rückfälle ins heidenthum häufig Hervarars. cap. 20 (fornald. sög. 1, 512). das heimliche heidenthum hieß launblôt. fornm. sög. 2, 243. Unter den Slaven in Pommern galt noch zu eingang des 12. jh. heidenthum. gefeiert wird ein heidenfest bei Pyritz. Barthold gesch. v. Pommern 2, 34. Giesebrecht wend. gesch. 2, 265 und ein fest des Gerovit in Havelberg. Barthold 2, 76. Giesebrecht 2, 309. heidnische Ranen erwähnt Barthold 2, 100. 101. Pribizlaus von Meklenburg wird 1164 getauft. Lisch meklenb. jahrb. 11,10, Svantevits tempel 1168 zerstört a. o. 11, 97. Die Slaven zwischen Elbe und Oder waren 70 jahre Christen und fielen dann wieder ab um 1013. Helmold 1, 16. adhuc enim (a. 1147) Slavi immolabant daemoniis et non deo. Helm. 1, 68. als die Russen schon bekehrt waren, waren die Preußen noch Heiden Helm. 1, 1. Christen in Ungarn kommen schon in der zweiten hälfte des 10. jh. vor. s. Dümmlers Pilgrim von Passau 36 ff. noch heute leben in Ehstland einzelne Heiden. verhandl. 2, 36. die Lappen waren noch 1750 Heiden. Castréns reise s. 69. Verbindungen zwischen Heiden und Christen waren nicht unerlaubt, wie Chlodowigs beispiel beweist. auch Kriemhilts ehe mit dem Heiden Etzel war eine gemischte, doch bewirkt sie, daß ihr sohn Ortliep getauft wird. Nibel 1328.
Aus Griechenland und Italien gieng die christliche lehre zunächst über nach Gallien im zweiten und dritten jahrhundert. einzelne Christen kommen gegen das jahr 300 oder bald nachher vor unter den rheinischen Deutschen, zumal Alamannen, um gleiche zeit oder etwas früherWaitz Ulfila s. 35. unter den Gothen. Die Gothen sind das erste deutsche volk, bei dem das christenthum im laufe des vierten jh. sichern fuß faßte, Westgothen giengen voran, Ostgothen folgten: nach ihnen bekehrten sich Vandalen, Gepiden und Rugen. diese stämme hielten es mit der arianischen lehre. Die Burgunden in Gallien wurden catholisch zu anfang des fünften jh., hernach unter westgothischen herschern arianisch, im beginn des sechsten jh. wiederum catholisch. Die Sueven in Spanien waren anfangs catholisch, dann arianisch (um 469), bis sie mit allen Westgothen im 6. jh. gleichfalls zur catholischen kirche übertraten. Erst gegen den schluß des fünften und zu anfang des sechsten gewann das christenthum die Franken, bald darauf die Alamannen, nachher die Langobarden. Die Baiern wurden im siebenten und achten, Friesen, Hessen und Thüringer im achten, die Sachsen gegen das neunte jh. bekehrt.
Nach Britannien hatte schon frühe das christenthum eingang gefunden; einbruch der heidnischen Angelsachsen störte es. gegen den schluß des sechsten und im beginn des siebenten jh. giengen auch sie zum neuen glauben über.
Im zehnten jh. wurden die Dänen Christen, zu anfang des eilften die Norweger, in der andern hälfte des eilften gänzlich die Schweden. um gleiche zeit drang das christenthum nach Island.
Von den slavischen völkern nahmen zuerst die Südslaven, die Carentaner, und seit Heraclius († 640) die Croaten, 150 jahre nach jenen die Mähren im achten und neunten jh. christlichen glauben an, unter den Nordslaven Obotriten im neunten, dann Böhmenvierzehn böhmische fürsten 845 getauft. Palacky 1, 110. die mittleren Nordslaven: Riaderi, Tolenzi, Kycini, Circipani in der zweiten hälfte des 11 jh. noch Heiden. Helmold 1, 21. 23. (a. 1066.) Rugianer erst 1168 bekehrt. Helm. 2, 12. 13. und Polen im zehnten, Sorben im eilften, Russen zu Ende des zehnten.
3 Ungern im beginn des eilften, Lieven und Letten im zwölften, Ehsten und Finnen im zwölften und dreizehnten, Litthauer sogar erst im anfang des funfzehnten.
Alle diese angaben sind bloß allgemein gefaßt; weder frühere bekehrungen, noch späteres, längeres haften am heidenthum im einzelnen schließen sie aus. Abgelegenheit und unabhängigkeit des volksstammes schützte hergebrachten glauben. oft versuchten auch die abtrünnigen wenigstens theilweise rückkehr. Das christenthum äußerte bald seine wirkung auf die gemüter der vornehmen und reichen, durch deren beispiel das gemeine volk hingerissen wurde, bald zuerst auf die armen und geringen.
Als Chlodowig taufe empfieng und die salischen Franken ihm nachfolgten, waren schon einzelne menschen aus allen fränkischen stämmen vorausgegangen. der verkehr mit Burgunden und Westgothen hatte sie der arianischen lehre geneigt gemacht, während in andern theilen Galliens die catholische anhänger fand. hier stießen beide lehren aufeinander. Lanthild, Chlodowigs eine schwester, war vor ihm arianische Christin geworden, Albofled, die andere, Heidin geblieben: jetzt ließ sich diese mit ihm taufen, jene zum catholischen bekenntnis überführenbaptizata est Albofledis . . . . . Lanthildis chrismata est Greg. tur. 2, 31. so wird auch die gothische Brunichild, Sigiberts gemahlin, chrismiert (4, 27) und der goth. Herminichild, Ingundens gemahl (5, 38), wobei er den neuen namen Joannes empfängt. Die Arianer scheinen übertretende Catholiken wiedergetauft zu haben: eben jene Ingund wurde von Goisuintha, ihrer müttergroßmutter, angetrieben ›ut rebaptizaretur‹ rebaptizare katholicos. Eugippii vita Severini cap. 8.. aber noch im sechsten und siebenten jh. war das heidenthum in einzelnen gegenden des fränkischen reichs unausgerottet. Neustrien hatte an der Loire und Seine heidnische bewohner, Burgund in den Vogesen, Austrasien in den Ardennen; zumal scheinen nordwärts gegen Friesland hin im heutigen Flandern Heiden fortzudauernbelege nachher cap. IV. vgl. lex Frisionum ed. Gaupp p. xxiv, 19. 47. zulängst haftete das heidenthum zwischen Laubach und Weser.. Spuren des heidenthums hafteten unter den Friesen bis ins neunte, unter den Sachsen bis ins zehnte jh., auf gleiche weise unter Normannen und Schweden bis ins eilfte und zwölftefornmannasögur 4, 116. 7, 151.. Bei den nördlichen Slaven war der götzendienst hin und wieder im zwölften jh. nicht ausgetilgt, ja bei den Finnen und Litthauern im sechzehnten und siebzehnten nicht durchgängigWedekinds noten 2, 275. 276. Rhesa dainos p. 333. die eigentlichen Litthauer 1387, die Samogiten 1413 bekehrt.; die äussersten Lappländer hängen ihm noch heutzutage an.
Das christenthum war nicht volksmäßig. es kam aus der fremde, und wollte althergebrachte einheimische götter verdrängen, die das land ehrte und liebte. Diese götter und ihr dienst hiengen zusammen mit überlieferungen, verfassung und gebräuchen des 4 volks. ihre namen waren in der landessprache entsprungen und alterthümlich geheiligt, könige und fürsten führten stamm und abkunft auf einzelne götter zurück; wälder, berge, seen hatten durch ihre nähe lebendige weihe empfangen. Allem dem sollte das volk entsagenNachtrag: Zwischen der heidnischen taufe vatni ausa, dem dicare in nomine deorum Greg. tur. 2, 29, und der christlichen taufe steht das prîmsignaz Egilss. s. 265 d. h. die bloße kreuzbezeichnung, prima signatio. so heißt es; Gestr ist ›prîmsigndr, eigi skîrđr.‹ fornald. sög. 1, 314. vom ungetauft sein ließ man höllische strafe abhängen (s. 765). Wer die paganica vetustas (Pertz 2, 342) aufgab, entsagte den göttern. den goten entfarn = sich taufen lassen Türl. Wh. 130a. den glauben abschwören hieß abrenuntiare, abjurare, renegare, reneare Ducange s. v., franz. renier, altfrz. renoier, mhd. sich vernoijieren, Nib. 1201, 7 (al. vernogieren, vernewern). Klage 494. vernoierten sich von den Kristen Livl. reimchr. 5719. mnl. vernogerde Karel. 2, 75. vernoyert pajin 2, 519. 831. vernoyert: verghiert Maerl. 3, 140. ahd. antrunneo, anttrunneo apostata Graff 5, 533. abatrunneo renegatus, apostata a. o. li cuivers renoié Ducange s. v. renegatus. tornadie, tornadis retrayant. andere ausdrücke sind: den touf hin legen Livl. r. 6129. lâzen varn krist. Livl. r. 6385. was heißt in der vita Bonifacii (Pertz 2, 342): eosque (die Hessen zu Amenaburg) a sacrilega idolorum censura, qua sub quodam christianitatis nomine male abusi sunt, evocavit. es scheint christliche ketzerei gemeint, denn s. 344 heißt es auch von Thüringen : sub nomine religionis falsi fratres maximam hereticae pravitatis introduxerunt sectam. vgl. Rettberg, 2, 308., und was sonst als treue und anhänglichkeit gepriesen wird, wurde von verkündigern des neuen glaubens als sünde und verbrechen dargestellt und verfolgt. Ursprung und sitz der heiligen lehre waren für immer in ferne gegenden entrückt und nur eine abgeleitete, schwächere ehre konnte auf heimatliche stätten übertragen werden.
Der neue glaube erschien im geleit einer fremden sprache, welche die bekehrer ihren zöglingen überlieferten und dadurch zu einer die herabgewürdigte vaterländische zunge in den meisten gottesdienstlichen verrichtungen ausschließenden priestersprache erhoben. zwar gilt dies nicht von den griechischredenden ländern, die der ursprünglichen abfassung der christlichen offenbarung folgen konnten, aber doch von der viel weiteren strecke, auf welcher sich die lateinische kirchensprache ausbreitete, selbst unter romanischen völkerschaften, deren gemeine mundart sich bald von der altrömischen regel losmachte. härter war der gegensatz in den übrigen reichen.
Die heidenbekehrer strengfromm, enthaltsam, das fleisch tödtend, nicht selten kleinlich, störrisch und in knechtischer abhängigkeit von dem entlegnen Rom musten das nationalgefühl vielfach verletzen. Nicht bloß die rohen, blutigen opfer, auch die sinnliche, lebensfrohe seite des heidenthums war ihnen ein greuelNachtrag: Die anferlegten abrenuntiationen erklärten die alten namentlich genannten götter für teufel und unholde. so galt auch alle heidnische festeslust, insbesondere tanz und spiel für teuflisch vgl. s. 214. 513. 514. 643. feste, spiele, bräuche, die mit dem alten cultus zusammenhiengen, waren nun diaboli pompa, gelp inti zierida. in Grieshabers predigten s. 48 heißt es: da man singet und springet in des tievels dienste. vgl. Aucassin bei Méon fabl. 1, 385. Fauriel 3, 190.. Was aber ihr wort und ihre wunderthätigkeit nicht bewirkten, sollte oft durch feuer und schwert von neubekehrten Christen gegen verstockte Heiden ausgerichtet werden.
Der sieg des christenthums war der einer milden, einfachen, geistigen lehre über das sinnliche, grausame, verwildernde heidenthum. für die gewonnene ruhe der seele, für den verheißenen himmel gab der mensch seine irdischen freuden und die erinnerung an seine vorfahren. Viele folgten innerer eingebung des gemüts, andere dem beispiel der menge, nicht wenige dem eindruck unvermeidlicher gewalt.
Obschon das untergehende heidenthum von den berichterstattern geflissentlich in schatten gesetzt wird, bricht doch zuweilen rührende klage über den verlust der alten götter, oder ehrenwerther widerstand aus gegen die äußerlich aufgedrungene neuerungfornmanna sögur 1, 31–35. Laxdaela s. 170. kralodworsky rukopis 72.74.Nachtrag: Der innerliche widerstand gegen das christenthum zeigt sich in der fortdauer der kräftigen, heldenhaften auffassung des paradieses (s. 684). das christliche paradies wurde oft verschmäht, so von Radbod, dem Friesenfürsten, der bei der taufe den fuß aus dem heiligen wasser wieder zurückzog, da er nicht der genossenschaft seiner vorgänger in der hölle entbehren und mit einer kleinen schaar im himmelreich sitzen wollte. v. Bonifacii (Pertz 2, 221). Melis Stoke rymkronike 1, 24. vgl. das entgegengesetzte benehmen Gudbrands (Maurer bekehrung 1, 537) und des Sighvatr bei der taufe des Magnus. Olaf h. saga c. 119. Waldemar will lieber jagen als in den himmel. Thiele 1, 48. nit ze himelrîche sîn woldich vür dise reise. roseng. 110. mir waere ie liep bî ir ze sîn dan bî got in paradîs. MS. 1, 178a. möht aber mir ir hulde werden, ich belîbe ûf der erden alhie, got liez ich dort die werden. MS. 2, 16b. daz himelrîche liez ich sîn und waere bî in iemer wol alsô. Dietr. drachenk. 131b waz sol ein bezzer paradîs, ob er mac vrô beliben von wol gelopten wîben? MsH. 1, 82b. si waere getreten durch Flôren in die helle. Fl. 5784. si me vauroit miex un ris de vous questre en paradis. Thibaut de N. 69. kestre ne voudroie en paradis, se ele nestoit mie. das. 75. vgl. 113. der erbtruchsess von Schlotheim soll gesagt haben: wäret ihr mit einem fuß im himmel und dem andern auf der Wartburg, ihr würdet eher jenen als diesen wegziehen können. Rommel gesch. von Hessen bd. 2, anm. s. 17. vom himmel auf die erde fallen. Schwein. 1, 95. aus dem paradis zurückkehren. chans. histor. 1, 43.
Eyvindr hält, gleich einem christlichen märtyrer, die größte pein aus, die ihm Olaf Tryggvason anthut, und wird nicht abtrünnig. fornm. sög. 2, 167. (kl. schr. 5, 93). in der historia sancti Cuthberti heißt es: quadam die cum Onalaf cum furore intrasset ecclesiam Cuthberti, astante episcopo Cuthheardo et tota congregatione. ›quid, inquit, in me potest homo iste mortuus Cuthbertus, cujus in me quotidie minare opponuntur? juro per deos meos potentes Thor et Othan, quod ab hae hac inimicissimus ero omnibus vobis.‹ Twysden s. 73. 74. das noch in vielen herzen glimmende heidenthum ist sogar noch in lateinischen urkunden von 1270 bei Seibertz no. 351 erkennbar.
Die bekehrer verschmähten es nicht auf die sinne der Heiden zu wirken durch alles was dem christlichen cultus ein höheres ansehen gegenüber dem heidnischen gewähren konnte: durch weißes gewand der täuflinge, vorhänge, glockengeläuteNachtrag: Das glockengeläute war den Heiden verhaßt und darum den riesen s. 793, den zwergen s. 380 und den hexen s. 908., kerzen 5 anzünden und weihrauchbrennenGreg. tur. 2, 31. fornm. sög. 1, 260. 2, 200.. Es war auch weise oder kluge maßregel, viele heidnische plätze und tempel beizubehalten, indem man sie, wo es angieng, nur in christliche verwandelte, und ihnen andere, gleichheilige bedeutung überwies. Die heidnischen götter selbst wurden zwar als unmächtige im gegensatz zu dem wahren gott dargestellt, doch nicht überall als machtlose an sich selbst, sondern in feindliche, böse gewalten, in teufel, zauberer und riesen, verkehrt, die unterliegen müssen, denen aber noch eine gewisse schädliche thätigkeit und einwirkung beigelegt werden konnte. Einzelne heidnische überlieferungen und abergläubische gebräuche dauerten fort, indem sie bloß namen änderten, und auf Christus, Maria und die heiligen anwendeten, was vorher von den götzen erzählt und geglaubt wurdeNachtrag: Auch in christlicher zeit traut man den heidnischen göttern manche fähigkeit zu. die abgötter sprechen pass. 307, 2 ff. Barl. 342, 8 und schweigen pass. 306, 24. 34. die Livl. reimchr. 1433 ff. meldet:
die Littouwen vuoren über sê, man ließ es daher auch oft im streit zwischen altem und neuem glauben auf ein gottesurtheil oder wunder ankommen. ›probemus miraculis, quis sit majoris potentiae, vestri multi, quos dicitis, dii an meus solus omnipotens dominus Jesus Christus‹ ruft der Christenpriester in der vita Ansgarii cap. (Pertz 2, 702) und der regen stürzt gewaltig auf die heidnischen Schweden trotz ihres gebetes herab, während ihn kein tropfen trifft. (vgl. kl. schr. 5, 94). nach Greg. tur. mirac. 1. cap. 81 entscheidet der kesselfang, ob der arianische oder der katholische glaube der richtige sei. in der Silvesterlegende tödtet erst der jüdische zauberer durch den namen seines gottes einen stier, den Silvester darauf durch anrufung Christi wieder lebendig macht. vgl. Silvester v. W. Grimm XV–XX. barbarici nostrae feriant impune bipennes. so wird auch die Irminsul zerstört und die götzenbilder werden von Columban zerbrochen und in den see geworfen (s. 96. 89). die vier eroberten sarrazenengötzen lässt Karl zerschlagen und theilt die goldenen stücke unter seine helden aus. Aspremont 11b. 45bb. 46b. 47a. 48b. gleichfalls im Barl. und Georg werden die götzen niedergebrochen. merkwürdig ist bei Beda 2, 13, wie der Coifi selber den heidnischen tempel zerstört (s. 75). fromm war, dass man wenigstens die alten bilder in den kirchenwänden einmauerte.
daz ist genant daz Ôsterhap,
als ez Perkune ir abgot gap,
daz nimmer sô harte gevrôs.
Claudian de laud. Stilich. 1, 230.
Wahrscheinlich kam auch unter den Heiden selbst hin und wieder parteiung und secte, ja in einzelnen gemütern herangereifte veredlung der denkungsart und sitte dem eingang des christenthums, wie späterhin seiner läuterung, auf halbem weg entgegenNachtrag: Die Heiden kannten zwar nicht des wahren gottes namen, galten aber doch nicht immer für wild, hündisch und dumm (s. anm. 17), sondern sie hießen auch die werden heiden Titur. 55, 4, die wîsen heiden Servat. 19. his sylfes (gottes) naman, þone yldo bearn aer ne cûđon, frôd fädera cyn þeáh hie fela viston Cädm. 179, 15.. Merkwürdig erwähnt die altnordische sage verschiedentlich einiger männer, die aus innerem überdruß und zweifel dem heidnischen glauben sich abwendend, ihre zuversicht auf eigne kraft und tugend stellten. so heißt es im Sôlar liođ 17 von Vêbogi und Râdey ›â sik þau trûđu‹; von könig Hâkon (fornm. sög. 1, 35) ›konûngr gerir sem allir ađrir, þeir sem trûa â mâtt sinn ok megin‹; von Barđr (das. 2, 151) ›ek trûi ekki â skurđgođ eđr fiandr, hefi ek þvî lengi trûat â mâtt minn ok megin‹; von Hiörleifr ›vildi aldri blôta‹ Landn. 1, 5. 7; von Hallr und Thôrir gođlaufs ›vildu eigi blôta ok trûđu â mâtt sinn‹ (Landn. 1, 11); von könig Hrôlfr (fornald. sög. 1, 98) ›ekki er þess getit at Hrôlfr konûngr ok kappar hans hafi nokkurn tîma blôtat gođ, heldr 6 trûđu â mâtt sinn ok megin‹; von Örvaroddr (fornald. sög. 2, 165. vgl. 505) ›ekki vandist blôtum, þvî hann trûđi â mâtt sinn ok megin‹; von Finnbogi (p. 272) ›ek trûi â sialfan mik‹.Nachtrag: Das vertrauen auf eigene kraft tritt mehrfach dem gottvertrauen gegenüber oder verbindet sich damit. in der Faereyîngas. cap. 23 s. 101 heißt es: ›ek trûi â mâtt minn ok megin‹ und ebenda ›ek treystumsk hamîngju minni ok sigrsaeli ok hefir mer þat vel dugat‹ vgl. ›trûa magni‹ fornald. sög. 1, 438. das ahd. sô mir ih! (Graff 6, 13) bedeutet doch wol so viel wie ›so ich mir helfe‹. mhd. stehen nur die milderen formeln: sam mir got und mîn selbes lîp! Tristan 215, 2 (vgl. gramm. 4, 135). als in got unde ir ellen gebôt. Ernst 1711. als im sîn manlîch ellen jach Parz. 89, 22. ich gelove god ind mime swerde. Karlmeinet 122, 34. M. Beheim 266, 22 sagt: si wolten ûf in selber stân, und nach Gotthelfs. erzähl. 1, 146 dient ein starker bauer in der Schweiz ›dem gelde und der kraft‹. durch die taufe verliert der riese seine stärke. Rääf 39. den zweifel an gott drückt Wolfram aus: ist got wîse. Willeh. 66, 18. hât got getriwe sinne. Parz. 109, 30. hât er sîn alt gemüete. Willeh. 66, 20. die widersetzlichkeit gegen ihn heißt En. 3500: ze himele klimmen und got enterben. über die menschen, die götter sein wollen, vgl. s. 319. das ist die gesinnung, welche noch in einem dänischen volkslied (D. V. 4, 27), wiewol ohne bezug auf gottesdienst, ausgesprochen wird:
först troer jeg mit gode svärd,
og saa min gode hest,
dernäst troer jeg mine dannesvenne,
jeg troer mig self allerbedst;
es ist auch noch christlicher sinn, der auf erhebung und weihe des innern menschen dringtNachtrag: Nicht von ernster verbindung des alten glaubens mit der neuen lehre, sondern nur von tändelnder verknüpfung gottes mit heidnischen göttern zeugt der minnesang.
ich hân got und die minneclichen Minne oder Venus, vil edeliu künegin,
gebeten flêlîche nu vil manic jâr,
daz ich schier nâch unser drîer sinne
vinde ein reine wîp. MS. 1, 1841
iuch hât got, vrowe, her gesant
ze freuden uns in ditze lant. Frauend. 233, 26.
Wir dürfen annehmen, wenn schon das heidenthum noch eine zeitlang lebendig hätte wuchern, gewisse eigenthümlichkeiten der völker, die ihm ergeben waren, schärfer und ungestörter ausprägen können, daß doch ein keim des verderbens und der verwirrung in ihm selbst lagbemerkenswerth sind die stellen altn. sagen und lieder, worin der götter derb gespottet wird, obgleich in Lokasenna und Harbardslied vieles für rohen scherz gelten kann, neben dem noch das heiligste fortbestehtNachtrag: Wie gott bedroht und gescholten wird, vgl. s. 17. zum spott über Jupiter (Plaut. Trin. IV. 2, 100) stimmt, dass man seiner bildsäule das goldgewand nahm und ein wollenes gab, sowie man dem Aesculap den goldbart raubte. Cic. de Nat. D. 3, 34. Friđþiofr sagte: ›enda virđi ek meira hylli Ingibiargar enn reiđi Baldrs‹ fornald. sög. 2, 69. er zieht Baldrs bildsäule am ring, dass sie ins feuer fällt. a. o. 2, 86. könig Hrôlfr betrachtet Ođin schon als einen bösen geist, illr andi. fornald. sög. 1, 95.. Aber der glaube ist schon geschwächt, wenn ein kühner dichter Ođinn und Freyja mit hunden vergleicht (fornm. sög. 2, 207. Islend. sög. 1, 11. ed. nov. 372. Nialss. 160), ein andrer die götter rângeyg (schielend, ungerecht) und rokindusta nennt (fornm. sög. 2, 154). bei Freyr wird eine sage angeführt werden, die offenbar seine verehrung herabsetzen sollte, hier noch eine stelle aus Oswald 2913: ›din got der ist ein junger tôr, ich wil glouben an den alten‹. Hätten wir verzeichnisse alter und volksmäßiger hundenamen, so würde sich, glaube ich, ergeben, daß dem thier die benennungen verschiedner götter zur herabwürdigung beigelegt wurden. Vilk. saga cap. 230. 235 überliefert uns Thor (doch vgl. ed. nov. cap. 263) und Paron, jenes ist der altn., dieses der slav. name, in der slowakischen form Parom f. Perun (cap. VIII). den sächsischen hirten oder jägern war wol Thunar, vielleicht ist Donner noch jetzt für hunde gangbar. ein steuberhund heisst den Polen Grzmilas (Linde 1, 779a. 2, 798), den Böhmen Hřmiles (Jungm. 1, 759) = Donner, Walddonner. bei Helbling 4, 441. ff. finde ich einen hund Wunsch (nicht Wünsch). Ähnlich ist der übergang von volksnamen auf hunde: das böhm. Bodrok bezeichnet einen Obotriten und benennt einen hund (Jungm. 1, 150.); Sâmr in der Nialssaga ein hundename scheint Same, Sabme = Lappländer; Helbling 4, 458 hat FrankNachtrag: Hunden legten auch die Griechen namen heidnischer götter bei. Pollux onom. 5, 5 führt auf: Κόραξ, Ἅρπυια, Ξάρων, Λυκίττας. ein hund wird Locke genannt. sv. folkv. 1, 135. neben Helblings hund Wunsch stellt sich der hund Wille bei Hadamar v. Laber 289 und Altswert 126, 23 (kl. schr. 2, 330). Sturm bei Helbl. 4, 459 könnte wie Donner gefasst werden. die leithündin heißt Heila, Hela. Döbel 1, 86. Nemnich 720. Alke heißt der hund des Hakelberend. zeitschr. d. Osnabr. ver. 3, 406. Ruland um 1420 (kl. schr. 2, 359). ganz wie personennamen klingen Willebreht. Ls. 1, 297. 298. auf äußere und innere eigenschaften und zweck dieses thieres weisen viele bezeichnungen, so der noch heute gebräuchliche name Wacker, der zu den GDS. s. 468 besprochenen alten nordischen, sächsischen, skirischen und suevischen benennungen hinaufführt. Wäckerlein, Weckherlin, Wickerlein Fischarts spiele no. 246. 491 sind diminutiva von Wacker. ob Wasser, der gewöhnliche name der bauernhunde in der Mark, (Schmidt v. Wern. s. 253) aus Wacker entstellt ist? Wackerlos und Vernim heißen hunde im froschmeus. Bbb 5b Hüterlin in Keisersb. bilg. 140b. 144c. 145b. liebkosungen sind Harm Ls. 2, 411 ff. bei Holle im Crane s. 30, Bärlin Garg. 258b und Zuckerl. Jucundiss. 54. dem poln. gromizwierz hetzhund Linde 1, 779a gleicht Hetzebolt Nic. v. Jeroschin 30, 12. Bello, Greif, Packan, Packauf (medic. maulaffe. 647), Suoche Fichard 3, 245 erklären sich selber, wie auch der böhmische windspielsname dolet flieghin. altn. Hopp und Hoi. Hrolfkr. Saga, Hopf im Eulensp. Estula (es-tu-là?). Méon 3, 394. 395. Ren. 25355. 25660. dagegen ist Strom in Fritz Reuters reise n. Belligen 2. 98 dunkler. bedeutet es gestriemt oder hat man lieber an Helbl. 4, 456 Striun von striunen umherschweifen zu denken? Smutz bei Laber 358 wird mit dem jägerausdruck schmötzen den hasenruf nachmachen (Schmeller 3, 479) zusammenhängen. Trogen sv. äfvent. 1, 51 ist unser Fidel. Gramr. fornald. sög. 1, 87. Gîfr und Geri heißen zwei hunde in Fiölsvinnsmâl. Snati. Markusson 174a. Guldtand. norske event. 2, 92. Yrsa. fornald. sög. 1, 22, bei Saxo Ursa. in stände eingeordnet erscheinen die hunde Bettelmann bei Bürger 474a und Stallmeister in Tiecks Zerbino. vgl. Malvoisin. Ren. 1664. gewagt ist es Leppisch in Pauli schimpf und ernst 77a b mit Sâmr = Lappe in der Nialss. cap. 71 und den hundenamen Goth Goz mit dem alten volksnamen (s. Michel hist. des races maudites 1, 355. GDS. 454) zusammenzubringen, eher darf dies mit der nach Weinhold in Schlesien gewöhnlichen schäferhundebezeichnung Sachs geschehen. vgl. böhm. Bodrok = Obodrite. König Arthurs hund hieß Cabul. Nennius s. 78. Cipriân ist hundename MsH. 3, 305a.., welcher es ohne dazwischentritt der christlichen lehre zerrüttet und aufgelöst haben würde. ich vergleiche das heidenthum einer seltsamen pflanze, deren farbige, duftende blüte wir mit verwunderung betrachten, das christenthum der weite strecken einnehmenden aussaat des nährenden getraides. Auch den Heiden keimte der wahre gott, der den Christen zur frucht erwuchs.
In jener zeit, wo das christenthum vorzudringen begann, mag mehrern Heiden der gedanke, den die bekehrer auf alle weise zu hintertreiben suchten, nah gelegen haben, die neue lehre mit ihrem alten glauben zu vereinbaren, ja beide zu verschmelzen. Von Nordmännern sowol als von Angelsachsen wird berichtet, daß einzelne an Christus und heidnische götter zugleich glaubten, oder mindestens in einzelnen fällen die letztern anzurufen fortfuhren, 7 wo sie ihnen früher hilfreich gewesen waren. So mögen noch spät von den Christen die alten götter bei zaubereien und besprechungen genannt und zugezogen worden sein. Landnâmabôk 3, 12 meldet von Helgi: hann trûđi â Krist, en þô het hann â Thôr til sæfara ok harđræđa ok alls þess, er honum þôtti mestu varđa. daher auch die dichter heidnische epitheta auf Christus übertrugen. Beda 1, 15 erzählt von Reduald, einem ostanglischen könige im beginn des 7. jh., rediens domum ab uxore sua a quibusdam perversis doctoribus seductus est atque a sinceritate fidei depravatus habuit posteriora pejora prioribus, ita ut in morem antiquorum Samaritanorum et Christo servire videretur et diis, quibus antea serviebat, atque in eodem fano et altare haberet ad sacrificium Christi et arulam ad victimas daemoniorumNachtrag: Christus und die alten götter werden vielfach zugleich verehrt. die leute ließen sich taufen und glaubten an Christ en hêto â Thôr til allra stôrraeđa (kl. schr. 5, 93). Widukind (Pertz 5, 462) berichtet ad a. 965 von einer altercatio super cultura deorum in convivio. Danis affirmantibus Christum quidem esse deum, sed alios ei fore majores deos, qui potiora mortalibus signa et prodigia per se ostentabant. Athelbert, König von Kent, ließ heidnische götzenbilder neben christlichen altären stehn. vgl. Lappenberg engl. gesch. 1, 140. auch die bekehrten Slaven hiengen noch am alten aberglauben. so erzählt Dietmar (Pertz 5, 735) vom heiligen see Glomuzi: ›hunc omnis incola plus quam ecclesias veneratur et timet‹ und ein götzenpriester in Stettin schlug vor, neben den alten göttern dem gott der Christen einen altar zu errichten, um beider gunst zu gewinnen. s. Giesebrecht wend. gesch. 2, 301.. Daraus erklären sich auch die rücktritte zum heidenthum.
Die geschichte der heidnischen lehren und vorstellungen wird sich je leichter schreiben lassen, je länger einzelne volksstämme von der bekehrung ausgeschlossen blieben. unsere vertrautere bekanntschaft mit der griechischen und römischen religion gründet sich auf quellen, die schon vor dem entstehen des christenthums entsprungen waren; desto geringere kunde wohnt uns aber oft bei von der veränderten gestalt, welche die ältere lehre unter dem gemeinen volk in Griechenland und Italien während den ersten jahrhunderten unserer zeitrechnung angenommen hatte. In den altceltischen glauben hat die forschung doch noch tiefer einzudringen, als bisher geschehn ist, es darf nicht vermieden werden celtische denkmale und gebräuche auf dem später deutschen boden zu erkennen und zu untersuchen, Leos wichtige entdeckung über das verhältnis der malbergischen glosse kann weit greifen. Viel genauer würde uns die religion der Slaven und Litthauer bekannt sein, hätten diese völker in den jahrhunderten, die zunächst auf ihre bekehrung folgten, erinnerungen an ihr alterthum besser gesichert; gleichwol ist manches einzelne nur noch ungesammelt und die fortlebende überlieferung gewährt hier in manchen gegenden reichhaltigen stof. Etwas mehr bescheid weiß man um die finnische mythologie.
Deutschland befindet sich in einer besonderen nicht ungünstigen mitte. Während der übertritt Galliens und Slavenlands überhaupt doch im verlauf einiger jahrhunderte entschieden und abgethan wurde, sind die deutschen stämme ganz stufenweise und langsam vom vierten bis zum eilften jh. dem glauben ihrer vorfahren abtrünnig geworden. ihre sprachdenkmäler haben sich reichlicher und aus den verschiedenen zeiten erhalten. außerdem besitzen wir in den werken römischer schriftsteller, zumal des Tacitus, zwar beschränkte und ausländische, immer aber sehr bedeutende, ja unschätzbare nachrichten über die ältere, ungestörte zeit des deutschen heidenthums.
Die religion der zuerst bekehrten ost- und süddeutschen stämme ist uns dunkler als die der SachsenNachtrag: Die längere fortdauer des heidenthums, insbesondere des Wodandienstes bei den Sachsen ist noch erkennbar aus der sage vom wilden heer, manchen flüchen und dem namen des mittwochs. hier haftete auch fester die sitte des notfeuers. noch im Lohengrin s. 150 wird der unglaube der wilden Sachsen getadelt.; wiederum wissen 8 wir von den Sachsen ungleich weniger als von den Scandinaven. Welche ganz andere einsicht in den gehalt und in das material der unterdrückten lehre besäßen wir, wie sehr wachsen würde die deutlichkeit der vorstellung, die wir uns davon zu bilden vermögen, wenn ein geistlicher zu Fulda, Regensburg, Reichenau, S. Gallen, oder zu Bremen, Corvei und Magdeburg im achten, neunten, zehnten jh. darauf verfallen wäre, die noch vorräthige tradition des volks von dem glauben und aberglauben der vorfahren, in der weise des Saxo grammaticus, zu sammeln und aufzustellen. man sage nicht, damals schon sei nichts mehr zu haben gewesen; einzelne spuren legen dar, daß solche erinnerungen wirklich noch nicht ausgestorben sein konntenwurde doch im zehnten jh. auch die heldensage von Walther und Hildegund zu S. Gallen lateinisch gedichtet, und ein überrest heidnischer dichtung wahrscheinlich zu Merseburg deutlich niedergeschrieben.. Und wer zeigt uns in Schweden, das länger und treuer am heidenthum haftete, eine aufzeichnung, wie sie in Dänemark während dem zwölften jh. wirklich erfolgte? würden ohne das die zweifler nicht sie in Schweden für unmöglich erklären? in der that, Saxos acht erste bücher sind mit das erwünschteste denkmal der nordischen mythologie, nicht allein ihres gehalts wegen, sondern weil sie zeigen, in welches veränderte licht unter den neuen Christen der alte volksglaube gestellt werden muste. hervor hebe ich, daß Saxo wichtiger götter ganz geschweigt; um so weniger darf aus der nichterwähnung vieler gottheiten in weit dürftigeren schriften des inneren Deutschlands gefolgert werden, daß sie hier immer fremd gewesen seien.
Außer diesem Saxo hat sich nun aber die reinere quelle altnordischer religion in dem abgelegensten ende des Nordens, wohin sie, gleichsam zu vollständigerer sicherung, geflüchtet war, auf Island geborgen. Nicht bloß in den beiden edden, auch in einer menge vielgestaltiger sagen, die ohne jene rettende auswanderung wahrscheinlich in Norwegen, Schweden und Dänemark untergegangen wären.
Die echtheit der nordischen mythologie anfechten wäre eben so viel als die echtheit oder selbständigkeit der nordischen sprache in zweifel ziehen. daß sie uns in reinerer und getrübter auffassung, in älteren und jüngeren quellen überliefert worden ist, erleichtert eben, sie desto vielseitiger und historischer kennen zu lernen.
Ebensowenig läßt sich gemeinschaft und nahe berührung der nordischen mythologie mit der übrigen deutschen verkennen. ich habe unternommen alles, was von dem deutschen heidenthum jetzt noch zu wissen ist, und zwar mit ausschließung des vollständigen systems der nordischen mythologie selbst, zu sammeln und darzustellen. Durch diese einschränkung hoffe ich licht und raum zu gewinnen und den blick zu schärfen für die critik des altdeutschen glaubens, insofern er dem nordischen entgegen oder zur seite steht; nur da wird es uns also auf den letzteren ankommen, wo er 9 seinem inhalt oder seiner richtung nach mit dem des inneren Deutschlands zusammentrift.
Alter, ursprünglichkeit und zusammenhang der deutschen und nordischen mythologie beruhen
1. auf der nie verkannten ganz nahen verwandtschaft der sprache beider stämme, so wie der jetzt auch unwiderleglich dargethanen einerleiheit der formen ihrer ältesten poesie. unmöglich können völker, die eine aus gleichem grund und boden entsprossene sprache redeten, deren lieder die eigenthümlichkeit der den nachbarn fremden oder völlig anders gestalteten alliteration an sich trugen, in ihrem götterglauben bedeutend von einander gewichen sein. die alliteration scheint zuerst in Hochdeutschland, dann auch in Sachsen, gerade darum dem christlichen reim zu erliegen, weil sie in heidnischen damals noch nicht verhallten gesängen geherscht hatte. Jener urverwandtschaft unbeschadet, haben sich deutsche und nordische mundart und dichtkunst allerdings in manchem besonders gestaltet und ausgebildet; unglaublich aber schiene, daß der eine stamm götter, der andere keine gehabt haben sollte, oder daß die hauptgottheiten beider eigentlich von einander verschieden gewesen wären. Sicher fanden merkbare unterschiede statt, allein nicht anders als in der sprache, und wie der gothischen, angelsächsischen, althochdeutschen mundart eigenthümliche vorzüge vor der altnordischen zustanden, wird auch an manchen stellen der glaube des innern Deutschlands auf auszeichnung und besonderheit anspruch haben.
2. auf der nachweislichen gemeinschaft vieler ausdrücke des cultus durch alle deutschen sprachen. vermögen wir bei Gothen des vierten jh., Alamannen des achten ein wort in der form und bedeutung aufzuzeigen, die es genau noch in der nordischen quelle des 12. oder 13. jh. behauptet, so wird dadurch die verwandtschaft der deutschen lehre mit der nordischen, und das alter der letzten gerechtfertigt.
3. auf der hin und wieder durchbrechenden identität mythischer begriffe und benennungen: so gewährt die einstimmung des ahd. muspilli, alts. mudspelli mit dem eddischen muspell, des ahd. itis, ags. ides mit dem eddischen dîs, oder des ags. brosinga mene mit dem eddischen brîsînga men vollkommen schlagende zeugnisse.
4. auf der ganz ähnlichen weise wie sich hier und dort der mythus an die heldensage zu knüpfen pflegt; weil gothische, fränkische, nordische genealogien in einander greifen, läßt sich auch berührung im hintergrund stehender verhüllter mythen schwerlich ablehnen.
5. auf der eingetretenen mischung des mythischen elements mit namen von pflanzen und gestirnen. das ist eine unvertilgte spur des uralten, innigen bandes zwischen gottesdienst und natur. 10
6. auf der allmälich erfolgten verwandlung der götter in teufel, der weisen frauen in hexen, des gottesdienstes in abergläubische gebräuche. zuletzt flüchten sich die götternamen in verdunkelte ausrufungen, schwüre, flüche, betheuerungenvgl. donner! hammer! serb. lele! lado! lat. pol, aedepol! me hercle! me castor! mediusfidius! u. s. w.. Eine gewisse analogie damit hat die übertragung der heidnischen mythe von göttinnen und göttern auf Maria und heilige, von elben auf engel. Heidnische feste und gebräuche wurden in christliche umgewandelt, für kirchen und gerichtsplätze zuweilen die stätten beibehalten, welche schon das heidenthum geweiht hatte. der catholische volksglaube, zumal in der verehrung der heiligen, hat nicht wenige, oft anmuthige und liebliche überreste des heidenthums.Nachtrag: Wo quellencultus war, zog die kirche das caput aquae in ihren bereich. Rudorff 15, 226. 227. wenn in einem segen Maria zu Christus ruft: ›zeuch ab dein wat und deck es dem armen man über die sat‹. Mone anz. 6, 473, so wird hier ein heidnischer gott angerufen, den acker gegen hagel zu schützen. ganz heidnisch klingt auch das kinderlied: liebe frau, machs türl auf, laß den regen nein, laß raus den sonnenschein. Schmeller 2, 196. stellen im feld, die man nicht anbauen darf, weisen auf heiligkeit im heidenthum vgl. gudemans croft in Schottland, die Tothills in England. Hones yearb. 873. 874. zu den anm. 42 erwähnten aus götternamen verdunkelten schwüren und flüchen füge man noch ὦ Δάματερ! als ausruf des staunens und das armor. tan feuer! Villemarqué barzaz breiz 1, 76. vgl. Pott 1, LVII.
7. auf dem deutlichen niederschlag der göttermythen in einzelne, heut zu tage noch lebendige volkssagen und kindermärchen, spiele, sprüche, flüche, unverstandene tag- und monatsnamen und redensarten.
8. auf dem unleugbaren ineinandergreifen der alten götterlehre und rechtsverfassung, da sich die letztere auch nach der annahme des neuen glaubens einzelne bräuche und gewohnheiten nicht entreißen ließ.Nachtrag: Zu diesen alten in die verfassung zurückgreifenden bräuchen, dem Hildesheimer und Halberstädter götzenwerfen am lätaretage (s. 158. 653), gehört auch folgender Paderborner: ›im domhof zu Paderborn, da wo den götze Jodute soll gestanden haben, wurde bis ins 16. jh. der tag dominica laetare etwas einem bilde gleich auf eine stange gesteckt, und von den vornehmsten des landes darnach mit prügeln geworfen, bis es nieder zur erde fiel. das uralte adliche geschlecht der Stapel hatte den ersten wurf und rechnete es sich zu einer besonderen ehre und erblichkeit an. war das bild abgeworfen, so trieben die kinder spott und spiel damit, und die adlichen feierten ein gastmal. nach dem erlöschen der Stapel unterblieb der alte brauch‹. fortsetz. v. Martin Klockners Paderborn. chron. das geschlecht der Stapel gehörte zu den vier seulen des Paderborner domstifts. der letzte Stapel starb 1545 s. Erhards und Gehrkens zeitschr. f. vaterl. gesch. 7, 379. 380. man darf auch das durchsägen der alten, das hälen des teufels, das todaustragen (s. 652), das jährliche zerbrechen eines hölzernen teufelsbildes und das riding the black lad vergleichen in Hones yearb. 1108. daybook 2, 467.
Unumgänglich scheint es, bei erörterung dieser mannigfalten verhältnisse die mythologie benachbarter völker, vorzüglich der Celten, Slaven, Litthauer und Finnen, wo sie bestätigung und erläuterung gewähren, nicht zu übersehen. dieses weiter gesteckte ziel hat schon seinen grund und vollgültige entschuldigung in der mehrfach einwirkenden berührung der sprachen dieser völkerschaften mit der deutschen, namentlich der celtischen mit der alten fränkischen, der finnischen und litthauischen mit der gothischen, der slavischen mit der hochdeutschen. Dann aber sind göttersage und aberglaube gerade dieser völker besonders geeignet uns über den gang zu verständigen, den das einheimische heidenthum in seinem bestehen und verfall genommen hat.
Vor der verirrung, die so häufig dem studium der nordischen und griechischen mythologie eintrag gethan hat, ich meine die sucht, über halbaufgedeckte historische daten philosophische oder astronomische deutungen zu ergießen, schützt mich schon die unvollständigkeit und der lose zusammenhang des rettbaren. ich gehe darauf aus getreu und einfach zu sammeln, was die frühe verwilderung der völker selbst, dann der hohn und die scheu der Christen von dem heidenthum übrig gelassen haben, und mitarbeiter zu gewinnen für das langsame herbeischaffen eines festeren vorraths, ohne den keine übersicht des gehalts und werths unserer mythologie zu erlangen sein wird.Nachtrag: Der einleitung müsste ein allgemeines capitel über inhalt und wesen der mythologie folgen, in das manches aus den capiteln XIV und XV zu bringen wäre, nämlich die auseinandersetzung, wie götter menschen und umgekehrt menschen götter werden. 11