Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Hadrian in Britannien. Er geht über Gallien nach Spanien, und nach Mauretanien.
Britannien war noch nicht seit lange unter die Herrschaft Roms gebracht worden. Der erste römische Feldherr, der dieses Land betreten hatte, war Julius Cäsar gewesen. Darauf wurde unter Claudius im Jahre 43 die Eroberung der Insel versucht, und die Colonie Camalodunum gegründet. Seine Nachfolger setzten die Unternehmung fort. Die Namen Paulinus Suetonius, Cerealis und Agricola glänzen in diesen kühnen und schwierigen Feldzügen, deren Ergebniß die Unterwerfung des britannischen Landes bis an den Clyde war. Agricola führte zwischen den Meerbusen des Clyde und Forth einen festen Wall auf, und diese Linie von dem heutigen Glasgow nach Edinburg war überhaupt die nördlichste Gränze, welche die Römer in Schottland erreicht haben. Nerva und selbst Trajan scheinen den Eroberungskrieg jenseits Northumberland aufgegeben zu haben. Unter Trajan war York (Eburacum), der ehemalige Hauptort der kriegerischen Briganten, die Hauptstadt der Provinz, der Sitz des Statthalters und Mittelpunkt der römischen Straßen.
In der letzten Zeit jenes Kaisers und der ersten Hadrians befand sich das Brigantenvolk im heftigen Aufstande, und die Römer erlitten blutige Verluste.Spart, c. 5: Britanni teneri sub romana ditione non poterant. Fronto, de bello parthico, S. 144: Quid? avo vestro Hadriano imperium obtinente quantum militum a–Britannis caesum. Hadrian schickte daher nach Britannien Truppen und Generale, den M. Mänius Agrippa und den T. Pontius Sabinus.Die Inschrift bei Henzen-Orelli 804 nennt den Agrippa electum a Divo Hadriano et missum in exped. Britarmicam tribun. cohortis I Hispanor. equitatae. Darauf ist derselbe praefectus classis Britanniae und procur. prov. Brit. In Bezug auf ihn C. I. L. VII, n. 379–382. – Sabinus wurde wol gleich nach dem Regierungsantritt Hadrians nach Britannien geschickt. Bull. d. Inst. 1851, S. 136. Er führte nach Britannien Reiterei der leg. VII Gemina, VIII Augusta, XXII Primigenia. Henzen 5456. Pfitzner S. 92. 246. Hübner (Hermes 1881, S. 547). Die 9. Legion, welche in York stand, wurde in dem Kriege aufgerieben, so daß sie durch die 6. Victrix aus Castra Vetera am Niederrhein ersetzt werden mußte.Hübner, C. I. L. VII zu n. 241, nach Borghesi IV, 115, und im Hermes 1881, S. 546. Henzen 3186. Der Aufstand wurde indeß bewältigt, wie es scheint, ehe Hadrian selbst die Insel betrat, denn nichts beweist seine persönliche Teilnahme an diesem Kriege.Die Verse des Florus: Ego nolo Caesar esse, ambulare per Britannos bezieht Hübner (C. I. L. VII, S. 100) auf die britannische Exped. Hadrians, doch dem widerstreitet der Begriff ambulare. Florus meint nur die Reisen in unwirtliche Länder überhaupt, und so wählt er Britannia als ultima Thule. Eutrop. 8, 3 sagt von Hadrian: pacem omni tempore imperii sui habuit und nur einmal habe er durch einen Legaten Krieg geführt. Pfitzner S. 91 glaubt, daß der einzige von H. persönlich geführte Krieg der britannische gewesen sei, aber er beweist es nicht. Die Inschrift 806 bei Orelli, wo Hadrian Britannicus heißt, ist unecht. Es bedarf keiner Erwähnung, daß die Expeditionsmünzen (bei Cohen II, n. 589–593), wo H. in militärischer Kleidung zu Pferde mit oder ohne Lanze dargestellt ist, nicht seine Anwesenheit in einem Kriege darthun können. Münzen haben die Ankunft des Kaisers in Britannien und seine Musterungen der dortigen Truppen verzeichnet, doch seine Restitutionsmünzen fehlen für dieses Land wie für Germanien.Eckhel VI, 493. Adventui Aug. Brit. – Exerc. Britannicus. C. I. L. VII, n. 498, verstümmelte Inschrift aus der Militärstation Segedunum, wie es scheint, eine lobende Anrede Hadrians an das britische Heer.
Da er sich überzeugte, daß der Gränzwall des Agricola nicht zu halten sei, beschloß er ihn südwärts zurückzulegen und die römische Cultur von der Barbarei der Caledonier durch eine unübersteigliche Schutzwehr zu scheiden. Für diese Abgränzung der Provinz konnte keine bessere Linie gefunden werden als jene zwischen Carlisle und Newcastle von Meer zu Meer. Dort steht noch heute der Pictenwall, der Ueberrest des hadrianischen Riesenwerkes, des Seitenstücks zu dem germanischen Limes. Dieses staunenswürdige System von Festungen wurde im Jahre 122 begonnen. Inschriften beweisen, daß dasselbe unter Hadrian durch den Legaten Aulus Platorius Nepos von der 2. Legion aufgeführt wurde; aber auch die 6. Victrix und 20. Valeria Victrix haben daran gearbeitet.C. I. L. VII, n. 660–663. 713, und Hübner, ibid., S. 100. Platorius Nepos war noch a. 124 Legat in Brit., Renier, Rec. d. dipl. milit. n. 25, v. 18. Oct. 124. Vor ihm war es wol Q. Pompejus Falco, Waddington, Fastes des prov. Asiat. S. 203. In Britannien blieben unter Hadr. 3 Legionen: II Augusta, VI Victrix, XX Valeria, Pfitzner S. 97.
Der Wall hatte in der Länge 80 römische oder 16 geographische Meilen und reichte von der südwestlichen Spitze des Solwaybusens bis zur Mündung des Tyne, ohne eine gerade Linie zu beschreiben.Mannert II, 2, S. 67 f., 119 f. Die Befestigung bestand aus einem inneren oder südlichen Erdwall mit Gräben, und einer äußeren nördlichen Mauer mit vielen Türmen und etwa 80 kleinen Castellen. Zwischen dem Wall und der Mauer, größtenteils an diese angelehnt, lagen 17 große Castelle oder befestigte Lager, die eine gepflasterte Militärstraße von Meer zu Meer mit einander in Verbindung setzte. Eines derselben, pons Aelius, das äußerste am östlichen Meer, wo eine Brücke über den Tyne ging, beweist schon durch seinen Namen die hadrianische Anlage. Derselbe hat sich später in Rom wiederholt in der berühmten Brücke, die zum Grabmal des Kaisers führte.Die 17 Castelle (ihre Namen in der Notitia) hat Hübner a. a. O. nach den Gruppen dort gefundener Inschriften zusammengestellt. Alle Namen sind ursprünglich britisch bis auf pons Aelius und Petrianae (von einer Cohorte genannt). In den Ruinen des Castells Proclitia hat man viele Münzen, darunter Hadrians und der Sabina gefunden, aber keine vorhadrianische. Siehe J. C. Bryce in Comment. Philol., Berlin 1877, S. 739. Ueber den Wall selbst Bryce, The Roman wall etc. 3. edit., London 1877. – Hübner, Deutsche Rundschau 1878, 7. Heft.
Nach einem Versuche des Antoninus Pius, zur schottischen Linie des Agricola zurückzukehren, wurde der Wall Hadrians von Septimius Severus als Gränze festgehalten. In seinem Schutze entwickelte sich die römische Cultur Britanniens mit immer größerem Erfolge, und schon Juvenal hatte den Römern mit der Vorstellung schmeicheln können, daß sogar die Briten einen öffentlichen Rhetor zu besolden im Begriffe seien.Juvenalis XV, 112. Zwei Militärcolonien Glevum und Eburacum hat dort Hadrian erneuert.Zumpt, Comm. Ep. I, 415. Londinium, im Jahre 61 zerstört, war wieder hergestellt worden.Londinium – cognomento quidem coloniae non insigne, sed copia negotiatorum et commeatuum maxime celebre, Tacit., Annal. XIV, 33. Die Römer legten das Siegel der Geschichte auf das merkwürdige Inselland ohne zu ahnen, daß einst eine Zeit kommen werde, wo hier, nach der Verschmelzung der Celten, Lateiner und Germanen eine Handelsmacht erwachsen sollte größer als die Karthagos, und ein Weltreich an Umfang und Völkerzahl größer als das römische.
Es war in Britannien, wo der Kaiser mehrere angesehene Männer, unter denen Spartian nur den Präfecten des Prätorium Septicius Clarus und Suetonius genannt hat, mit seiner Ungnade bestrafte. Er hatte erfahren, daß sie mit seiner Gemalin in vertraulichere Beziehungen getreten waren, als ihnen die Ehrfurcht gegen sein Haus gestattete, und entsetzte sie ihrer Aemter.Spart, c. 11. Diese Vorgänge sind nicht hinreichend aufgeklärt. War die Kaiserin bei ihm in Britannien? War sie in Rom geblieben, und wurden ihm von dort her Berichte gemacht? Während sich Hadrian auf Reisen befand, sorgten seine Spione dafür, daß ihm nichts von dem entging, was in der Hauptstadt und anderswo der Mitteilung wert war. Er hatte vielleicht so etwas wie Depeschen und Zeitungbureaus eingerichtet, und seine Correspondenten wurden dann wirkliche Agenten der geheimen Polizei. Man nannte sie frumentarii. Diese gefürchteten Menschen trieben ihr Wesen in allen Städten des Reichs. Erst Antoninus Pius hat sie abgeschafft.Der Ausdruck frumentarii wird von Salmasius in der Note zu Spart, c. 11 dahin erklärt, daß diese Menschen mit dem von Augustus errichteten Postwesen als Couriere aufgekommen seien; daneben hätten sie auch die Getreidelieferungen für die Truppen besorgt. Stellen aus Aristides, Or. IX, und Epictet., Diss. IV, 13, 5, bei Friedländer, Darstellungen aus d. Sittengesch. Roms I , 381 f. Champagny, Les Antonins II, 185 preist das röm. Reich jener Zeit glücklich, weil es kein organisirtes Polizeisystem besaß, wie unsere Regierungen, aber selbst unter den Antoninen war in Rom kein freies Gespräch über politische Dinge möglich.
Von Britannien kehrte Hadrian nach Gallien zurück, und hier baute er bei Nimes der Augusta Plotina zu Ehren einen Tempel.Dio 69, 10. Die Kaiserinwittwe muß also um jene Zeit gestorben sein. Plotina hatte sein Glück gemacht und er vergaß das nicht; er ehrte sie so lange sie lebte als seine Mutter. Zu ihrem Gedächtniß schrieb er eine Trauerode, und auf seinen Wunsch erteilte ihr der Senat die Consecration.Consecrationsmünzen bei Eckhel VI, 466. Divis Parentibus, Cohen II, 246. In der von Dositheus (saec. 3) gemachten Sammlung hadrianischer Sentenzen und Briefe findet sich einer an Hadrians Mutter (§. 15), welche wol Plotina ist. Er ladet sie ein, da sein Geburtstag sei, mit ihm zu speisen; Sabina sei aufs Land gereist. Boecking, Corp. Juris R. Antejust. 212,
Hierauf ging der Kaiser nach seiner Heimat Spanien.Eckhel VI, 495: Hispania, mulier sedens juxta rupem d. ramum, pro pedibus cuniculus (Symbol Spaniens). EXERCITVS HISPANICVS. – RESTITVTORI HISP. Dieses große Land voll blühender Städte (schon Plinius zählte deren 400) war zur Zeit Hadrians so vollkommen romanisirt wie Südgallien, ja römischer zu nennen als Rom. Bereits Vespasian hatte ihm die Latinität erteilt. Seit einem Jahrhundert nahm Spanien eine hohe Stelle in der römischen Culturwelt ein; es hatte Rom zwei Kaiser gegeben, und auch Männer des Genies, wie Seneca, Lucan, Martialis, Columella und den Redner Quintilian. Die spanischen Lande zerfielen in die Provinzen Hispania citerior mit der Hauptstadt Tarraco, Hispania ulterior oder Bätica mit der Hauptstadt Corduba, und Lusitania mit Emerita. Von diesen Provinzen stand die zweite unter der Verwaltung des Senats. Nur eine Legion, die 7. Gemina, lag seit Vespasian in dem friedlichen Spanien.
In Tarraco blieb der Kaiser den Winter über. Er entging hier dem Anfall eines wütenden Sclaven, der mit gezücktem Schwert auf ihn eindrang, und er war menschlich genug, den Wahnsinnigen nicht dem Henker, sondern dem Arzt zu übergeben. Er berief die Landesversammlung der Provinz, zum Zweck der Truppenaushebung, welcher die italischen Colonisten und andre spanische Gemeinden sich zu entziehen suchten, da sie stark erschöpft waren. Der Mittelpunkt solcher Landesparlamente (concilia), war der Altar des Augustus mit dem Cultus des vergötterten Kaisertums. So befaß auch Bätica ein Concilium, es gibt ein Rescript Hadrians an dasselbe.Dig. 47, 14, 1. De abigeis puniendis. Ueber die Verhältnisse Spaniens J. Jung, Die Rom. Landsch. des R. R, S. 18 f. Den Tempel des göttlichen Augustus zu Tarraco, welchen Tiberius statt des Altars erbaut hatte, stellte er wieder her. Gerade die Tarraconesen zeichneten sich durch knechtische Ergebenheit gegen das Kaisertum aus. Im Abendlande hatten sie zuerst die Vergötterung des Augustus eingeführt. Dem Kaiser Hadrian setzten sie so viele Ehrenstatuen, daß später zu ihrer Erhaltung ein eigener Beamter von der Provinz ernannt werden mußte.Ad statuas curandas Divi Hadriani, C. I. L., 4230. Eine Reihe von Meilensteinen der Via Tarraconensis aus der Zeit Hs., ibid. 4735 f. Seine Vaterstadt Italica scheint er nicht besucht zu haben, aber er ehrte sie durch manche Wolthaten. Als sie den Wunsch aussprach aus einer Colonie zum Municipium zu werden, hat er ihn beim Senat befürwortet.Gellius XVI, 13. Dio 69, 10.
Wohin sich der Kaiser von Spanien begab, ob er nach Rom zurückkehrte und von dort nach dem Orient reiste, oder von Tarraco zunächst nach Mauretanien ging, ist zu bestimmen unmöglich, weil alle sichern Angaben fehlen. Wir können nur vermuten, daß er von Spanien aus das nahe gelegene Mauretanien besucht hat.Münzen, Adventui Mauret. – Exercitus Mauretan. – Restitutori Mauret. Eckhel VI, 498. Dieses Land, das heutige Marocco, das alte Königreich des Juba, war die westlichste Provinz der Römer im Norden Africas, und vom Kaiser Claudius dem Reiche hinzugefügt worden. Sie zerfiel in Tingitana (Tanger) und Cäsariensis (Algerien), und wurde von einem kaiserlichen Procurator oder Präfecten verwaltet, so im Beginne der Regierung Hadrians von Marcius Turbo. Die unbezähmbaren Einwohner, die Mauri oder Maurusii (heute Berbern) kämpften unablässig gegen die Herrschaft der Römer, deren Militärmacht dort nur aus Hilfstruppen meist leichter Reiterei bestand. Sie versuchten auch nach Spanien überzusetzen, um dort Beute zu machen.
Hadrian mußte einen Aufstand dieser Völker niederschlagen, welcher vielleicht mit dem Sturz des ehemaligen Maurenfürsten Lusius Quietus im Zusammenhange stand. Die Bezwingung dieser Rebellion muß den Römern einige Mühe gekostet haben, denn der Senat ordnete dafür Dankfeste an.Spart, c. 12: motus Maurorum conpressit et a senatu supplicationes emeruit. Vielleicht beziehen sich auf die Beruhigung jenes Landes die mauretanischen Restitutionsmünzen Hadrians; und wol hat der Kaiser auch die dortigen römischen Colonien erneuert, wenn nicht vermehrt.Zumpt (Comm. Ep. I, 421) schreibt ihm oder seinem Nachfolger die im Itinerar. Antonini genannten Rusadir, Volubilis, Arsenaria, Bida u. a. zu.
Alle Nachrichten lassen uns im Stich; wir müssen daher Hadrian auf seiner ersten großen Reise nach dem Orient begleiten, ohne zu wissen, ob er diese von Spanien, oder von Africa, oder von Rom aus angetreten hat, wenn er nämlich dorthin, wie man glauben darf, zu einem kurzen Besuch zurückgekehrt war.