Ferdinand Gregorovius
Lucrezia Borgia
Ferdinand Gregorovius

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XII

Giovanni Sforza mochte im Herbst des Jahres 1496 aus Neapel zurückgekehrt sein, nachdem dort die Reste der französischen Armee kapituliert hatten. Ohne Zweifel war er nach Rom gekommen, um dann mit Lucrezia in sein Land heimzugehen. Er befand sich daselbst am Ende jenes Jahres und brachte den Winter dort zu; aber die Annalisten Pesaros erzählen, daß er am 15. Januar 1497 diese Stadt maskiert verließ und ihm tags darauf Lucrezia nachfolgte, wohl um sich nach Rom zu begeben. Denn hier feierten beide das Osterfest.

Sforza war übrigens ein schon aufgebrauchtes Spielzeug, welches Alexander fortzuwerfen gedachte. Denn die Ehe seiner Tochter mit dem Tyrannen von Pesaro bot ihm keinen Vorteil mehr in einer Zeit, wo die Sforza ihre Bedeutung verloren hatten und sich größere Verbindungen für das Haus Borgia darboten. Es mußte schon auffallen, daß der Papst seinem Schwiegersohn keine Befehlshaberstelle im Krieg wider die Orsini gab, welchen er sofort unternahm, nachdem sein Sohn Don Juan aus Spanien zurückgekehrt war, denn diesen wollte er mit den Gütern jener mächtigen Barone ausstatten. Er rief in seinen Sold den Herzog Guidobald von Urbino, welcher gleichfalls in der bündischen Armee in Neapel gedient hatte, und den ihm die Venezianer abtraten, damit er den Oberbefehl der päpstlichen Truppen übernehme.

Dieser edle Mann war der Letzte vom Haus der Montefeltre, und schon hatten es die Borgia auf sein Erbe abgesehen. Seine Schwester Giovanna war im Jahre 1478 mit dem Stadtpräfekten Giovanni Rovere, dem Bruder des Kardinals Julian vermählt worden, und sie hatte ihm im Jahr 1490 Francesco Maria geboren, welches Kind als Erbe von Urbino galt. Guidobald verschmähte es nicht, gleich allen anderen Dynasten, als Condottiere um Sold und Ehre zu dienen; er war außerdem Lehnsmann der Kirche. Furcht zwang ihn, die Freundschaft der Borgia zu suchen, auch wenn er diese haßte.

Im Krieg wider die Orsini erhielt neben Guidobaldo den Oberbefehl der junge Herzog von Gandìa, welchen Alexander zum Bannerträger der Kirche und zum Rektor von Viterbo und dem ganzen Patrimonium machte, nachdem er Alessandro Farnese von dieser Stelle entsetzt hatte. Daß er dies tat, deutet eine Verstimmung gegen den Bruder Julias an. Am 17. September 1496 schrieb der mantuanische Agent Johannes Carolus aus Rom an die Markgräfin Gonzaga: »Der Kardinal Farnese ist in seiner Legation im Patrimonium kassiert, und wird sie verlieren, wenn nicht die schnelle Rückkehr Julias ihn rettet.«

Derselbe Gesandte meldete jener Fürstin wie folgt: »Weil man verhüten will, daß diese Söhne des Papstes in Neid gegeneinander entbrennen, so steht das Leben des Kardinals von S. Georg (Rafael Riario) in Gefahr; stirbt er, so wird Cesar das Amt des Camerlengo und den Palast des verstorbenen Kardinals von Mantua erhalten, welcher der schönste in Rom ist, nebst den besten Benefizien jenes. Ew. Exzellenz möge daraus ersehen, in welchem Zuge das Glück dieser Maranen ist.«

Der Krieg wider die Orsini endete übrigens mit der schimpflichsten Niederlage der Päpstlichen bei Soriano am 23. Januar 1497, wobei Don Juan verwundet nach Rom entfloh, und Guidobald in Gefangenschaft geriet. Die Sieger erzwangen alsbald einen sehr günstigen Frieden.

Lucrezias Gemahl mochte erst nach dem Ende jenes Krieges in Rom wieder eingetroffen sein. Er wird uns dort am Osterfest des Jahres 1497 zum letztenmal sichtbar, wo er als Schwiegersohn Alexanders seinen offiziellen Platz bei der Feierlichkeit im S. Peter einnahm und die Osterpalme neben Cesar und Gandìa aus der Hand des Papstes empfing. Aber seine Stellung im Vatikan war unhaltbar geworden: Alexander wollte die Ehe Lucrezias mit ihm auflösen. Man forderte von Sforza, ihr freiwillig zu entsagen und drohte ihm mit dem Äußersten, als er das verweigerte.

Nur schnelle Flucht rettete ihn damals vor den Dolchen oder dem Gift seiner Schwäger. Nach dem Bericht der Chronisten Pesaros war es Lucrezia selbst, die ihrem Gatten dazu verhalf und so ein Zeichen von Teilnahme auf diesen traurigen Weg mitgab. Als sich eines Abends, so erzählen sie, Jacomino, der Kämmerer des Herrn Giovanni, im Gemach Madonnas befand, kam dorthin ihr Bruder Cesar, und Jacomino verbarg sich auf ihr Geheiß hinter einem Spalier. Cesar redete frei mit der Schwester und sagte unter anderem, daß man den Befehl gegeben habe, Sforza umzubringen. Als er fort war, sagte Lucrezia zu Jacomino: »Hast du alles gehört? Geh' und gib es ihm zu wissen.« Der Kämmerer tat dies sofort, und Giovanni Sforza warf sich auf ein türkisches Pferd und jagte mit verhängten Zügeln in vierundzwanzig Stunden nach Pesaro, wo das Pferd tot zusammenstürzte.

Nach Briefen des venezianischen Botschafters in Rom fand diese Flucht im März während der heiligen Woche statt, und Sforza entkam unter dem Vorwand eines Ganges nach der Kirche S. Onofrio, wo er die für ihn bereit gehaltenen Pferde fand.

Die Forderung der Ehescheidung war schwerlich von Lucrezia, sondern von ihrem Vater und ihren Brüdern ausgegangen, welche die Hand jener für eine ihren Absichten angemessene Heirat freimachen wollten. Wir wissen nichts von den Auftritten, die nun im Vatikan stattfanden, oder von einem Widerstande Lucrezias, und dieser wird ein nur kurzer gewesen sein; denn ihren Gemahl scheint sie nicht geliebt zu haben. Die Entweichung Pesaros war übrigens den Borgia nicht bequem. Sie hätten diesen Mann lieber für immer stumm machen mögen; nun er entronnen war und Widerspruch erhob, mußte die Ehescheidung durch einen geräuschvollen Prozeß durchgesetzt werden.

Kurze Zeit nach der Flucht Sforzas ereignete sich im Hause der Borgia das schreckliche Trauerspiel, die mysteriöse Ermordung des Herzogs von Gandìa. Nachdem die Absicht Alexanders fehlgeschlagen war, diesen seinen geliebten Sohn mit den Ländereien der Orsini auszustatten, wollte er ihn auf andere Weise entschädigen. Er ernannte ihn zum Herzog von Benevent, wodurch er ihm den Weg zum Thron in Neapel zu bahnen hoffte. Wenige Tage später, am 14. Juni, lud Vannozza ihn und Cesar nebst anderen Verwandten zu einem Abendessen in ihrem Weinberg bei S. Pietro ad Vincula. In der Nacht verschwand der von diesem Familienfest heimgekehrte Don Juan spurlos und drei Tage später fischte man die Leiche des Ermordeten im Tiber auf.

Nach dem allgemeinen Urteil jener Zeit und nach allen Gründen der Wahrscheinlichkeit war Cesar der Mörder seines Bruders. Seit jenem Augenblick, wo Alexander VI. dieses Verbrechen geschehen sah, die Motive und Folgen davon auf sich nahm und dem Mörder verzieh, wurde er auch zum moralischen Mitschuldigen der Tat, und er selbst sank unter die Herrschaft seines furchtbaren Sohnes. All sein späteres Tun stand im Dienst von dessen teuflischem Ehrgeiz.

Kein Bericht jener Zeit erwähnt der Gemahlin Don Juans bei diesem Ereignis in Rom. Man muß deshalb annehmen, daß sie sich nicht hier befand, als ihr Gatte ermordet wurde. Sie hatte vielmehr Spanien nicht verlassen, sondern lebte mit ihren zwei kleinen Kindern in Gandìa oder in Valencia. Sie erhielt dort die Schreckenskunde durch einen Brief, welchen Alexander an seine Schwester Donna Beatrice Boria y Arenos gerichtet hatte. Dies sagt ein valencianisches Aktenstück. Denn am 27. September 1497 erschien in jener Stadt Donna Maria Enriquez vor dem Tribunal des Governators des Königreichs Valencia, Don Luis de Cabaineles, und beanspruchte die Nachfolge des ältesten Sohnes Don Juans, eines Kindes von drei Jahren, in dessen Gütern, namentlich dem Herzogtum Gandìa und den neapolitanischen Lehen Sessa, Teano, Carinola und Montefoscolo. Der Tod des Herzogs wurde durch gerichtliche Zeugnisse beglaubigt, unter denen auch jener Brief Alexanders vorgewiesen ward: demgemäß anerkannte das Tribunal den Sohn Gandìas als den Majoratserben.

Donna Maria reklamierte auch das mobile Vermögen ihres Gatten aus dessen Hause in Rom, und dasselbe, dreißigtausend Dukaten an Wert, hatte Alexander VI. gleich nach dem Tode Don Juans dem Brudermörder Cesar zur Verwaltung für seinen Neffen übergeben, wie das aus einem Aktenstück des römischen Notars Beneimbene vom 19. Dezember 1498 hervorgeht.

Während dieses Ereignisses befand sich Lucrezia nicht in ihrem Palast am Vatikan; sondern sie war schon am 4. Juni in das Nonnenkloster von S. Sisto auf der Via Appia gegangen, und dies hatte großes Aufsehen in Rom gemacht. Unzweifelhaft hing ihre Entfernung mit der gewaltsamen Trennung ihrer Ehe zusammen. Wenn ihr Vater es nicht selber war, der seine Tochter nach S. Sisto verbannte, so mochte sie, aufgeregt durch die Flucht Pesaros und ihre Folgen, und vielleicht im Zerwürfnis mit jenem, diese Zufluchtsstätte gesucht haben. Ein solches Zerwürfnis deutet ein Brief an, welchen Donato Aretino aus Rom am 19. Juni an den Kardinal Hippolyt von Este schrieb: »Madonna Lucrezia ist aus dem Palast hinweggegangen insalutato hospite und in ein Nonnenkloster gezogen, welches S. Sisto heißt. Dort befindet sie sich. Einige sagen, daß sie Nonne werden will, und andere behaupten viele andere Dinge, die man einem Brief nicht anvertrauen darf.«

Was Lucrezia dort an den Altären der Heiligen zu klagen, und was zu beichten hatte, wissen wir nicht; doch mochte sie seit Jahren nie eine Zeit so ernster Einkehr in sich selbst erlebt haben. Sie erfuhr in jenem Kloster den schrecklichen Tod des einen Bruders und bebte vor dem Frevel des anderen zurück. Denn so wenig als ihr Vater und ihre ganze Familie durfte sie daran zweifeln, daß Cesar zum Kain geworden war. Sie kannte die Ziele seines mörderischen Ehrgeizes genau; sie wußte, daß er damit umging, den Kardinalspurpur abzulegen und sich in einen weltlichen Fürsten zu verwandeln; sie mußte es wissen, daß man im Vatikan den Plan erwog, Don Jofré an Cesars Stelle zum Kardinal zu machen, diesen selbst aber mit dessen Gemahlin Donna Sancìa zu vermählen, mit welcher er ein fast offenkundiges Liebesverhältnis unterhielt.

Alexander befahl diesem Jofré mit seinem jungen Weibe Rom zu verlassen und fortan auf seinem Fürstensitz Squillace zu wohnen. Dorthin reiste er auch ab am 7. August. Der Papst, so hieß es, wollte fernerhin weder Kinder noch Nepoten bei sich haben und auch seine Tochter Lucrezia nach Valencia entfernen.

Unterdes war Cesar im Juli noch als Kardinallegat nach Capua gegangen, wo er den letzten der Aragonen Don Federigo zum König von Neapel krönte. Am 4. September kam er nach Rom zurück.

Hier hatte Alexander eine Kommission niedergesetzt, unter dem Vorsitz zweier Kardinäle, welche Lucrezia von Giovanni Sforza scheiden sollte. Diese Richter taten dar, daß Sforza die Ehe niemals vollzogen habe und seine Gemahlin sich noch in jungfräulichem Zustande befinde, worüber ganz Italien lachte, so bemerkt der Zeitgenosse Matarazzo von Perugia. Lucrezia selbst erklärte, dies beschwören zu wollen.

Ihr Gemahl befand sich unterdes in Pesaro. Von dort war er im Juni verkleidet nach Mailand gegangen, um die Protektion des Herzogs Ludovico zu erlangen, in welchen er drang, seinen Einfluß geltend zu machen, damit er seine ihm vorenthaltene Gattin wieder erlange. Er protestierte gegen die erkauften Aussagen in Rom, und Ludovico der Mohr machte ihm den naiven Vorschlag, sich in Mailand vor beglaubigten Zeugen und in Gegenwart des päpstlichen Legaten einer förmlichen Prüfung seiner Tauglichkeit zu unterwerfen, was jedoch Sforza ablehnte. Ludovico und sein Bruder Ascanio drangen endlich in ihren Verwandten, nachzugeben, und der eingeschüchterte Sforza erklärte schriftlich, daß er die Ehe mit Lucrezia niemals vollzogen habe.

Am 20. Dezember 1497 erfolgte sodann die gerichtliche Scheidung, in deren Folge Sforza die Mitgift seiner Gattin von einunddreißigtausend Dukaten wieder herausgab.

Wenn wir annehmen dürfen, daß Alexander seine Tochter zu dieser Trennung zwang, so mag das unser Urteil über das Benehmen Lucrezias in dieser kläglichen Angelegenheit kaum mildern; sie selbst erscheint darin so willenlos wie charakterlos, und auch sie wurde zur Lügnerin. Die Strafe ließ nicht auf sich warten: denn der Scheidungsprozeß setzte sie einem öffentlichen Skandal aus, und er zuerst regte abscheuliche Gerüchte über ihre Privatverhältnisse auf. Sie entstanden oder verbreiteten sich gerade in jener Zeit, wo Gandìa ermordet wurde und die Ehe mit Sforza getrennt werden sollte. Die Ursachen des einen wie des anderen Vorganges suchte man alsbald in Freveln, welche auszusprechen sich das sittliche Gefühl sträubt. Nach einem zweifellosen Zeugnis jener Zeit war es aber der tief beleidigte und wütende Sforza selbst, welcher zuerst und zum Herzog von Mailand denjenigen Verdacht offen aussprach, von dem man heimlich in Rom flüstern mochte. Indem er das zu tun über sich gewann, zeigte er auch, daß er selbst Lucrezia nie geliebt hatte.

Alexander hatte die Ehe seiner Tochter aus politischen Gründen aufgelöst. Seine Absicht war, Lucrezia und Cesar mit dem Königshause in Neapel zu verschwägern. Diese Dynastie hatte sich dort nach der Vertreibung der Franzosen wieder eingerichtet, aber sie war so tief erschüttert, daß sie ihrem letzten Falle zuwankte; eben deshalb lag dem Papst die Aussicht um so näher, Cesar auf den Thron Neapels zu bringen. Der furchtbarste der Borgia nahm jetzt den frei gemachten Platz Gandìas ein, nach welchem er längst getrachtet hatte, und nur aus Rücksichten des Anstandes geduldete sich der Brudermörder noch eine Weile, ehe er das Kardinalsgewand öffentlich ablegte. Aber schon jetzt, da er dasselbe noch trug, unterhandelte der Papst wegen seiner Vermählung.

Er forderte für ihn vom Könige Federigo die Hand seiner Tochter Carlotta, welche als Kind einer Prinzessin von Savoyen am Hofe von Frankreich erzogen wurde. Der König, ein edler Mann, verweigerte das standhaft, und mit Abscheu wies auch die junge Prinzessin die beleidigenden Anträge des Papstes zurück.

Nur zu einem Opfer für den Moloch im Vatikan war der geängstigte Federigo zu bewegen: er willigte in die Verbindung Don Alfonsos, Prinzen von Salerno, des jungen Bruders der Donna Sancìa und natürlichen Sohnes Alfonsos II. mit Lucrezia. Diese Heirat wünschte Alexander aus keinem anderen Grunde, als um den König eben dadurch am Ende doch zur Einwilligung in die Ehe seiner Tochter mit Cesar zu bewegen.

Ehe noch die neue Verbindung Lucrezias gesichert war, ging die Rede in Rom, daß ihr ehemaliger Verlobter Don Gasparo seine Ansprüche wieder geltend mache, ja daß er Aussicht habe, sie zu verwirklichen. Dies geschah indes nicht, aber der Papst anerkannte jetzt, daß die Verlobung Lucrezias mit jenem jungen Spanier auf unrechtmäßige Weise aufgelöst worden war.

In einem Breve vom 10. Juni 1498 stellte er das als einen ungesetzlichen Akt dar, welcher von seiner Tochter ohne hinreichenden Dispens und aus Leichtsinn begangen worden sei, um sodann »durch Irrtum verführt« die Ehe mit Giovanni von Pesaro einzugehen. Wie er in demselben Breve sagte, hatte sich Gasparo von Procida, Graf von Almenara, zwar seither vermählt und Kinder erzeugt, aber Lucrezia hatte das Gesuch gestellt, ihre Verbindung mit ihm jetzt, im Jahre 1498, gesetzlich für nichtig zu erklären. Er absolvierte sie demnach von dem Meineid, in welchen sie dadurch verfallen sei, daß sie trotz ihrer Verbindung mit Don Gasparo Giovanni Sforza geheiratet hatte, und indem er erst jetzt ihre rechtliche Ehe mit dem Grafen von Procida für aufgelöst erklärte, gab er ihr die Freiheit zurück, sich mit jedem anderen Manne, den sie wählen würde, zu vermählen. So frevelhaft spielte ein Papst mit einem der heiligsten Sakramente der Kirche.

Nachdem so Lucrezia gegen alle Ansprüche von Prätendenten ihrer Hand gesichert war, konnte ihr neuer Ehebund geschlossen werden. Dies geschah am 20. Juni 1498 im Vatikan. Wenn wir noch mit den öffentlichen Charakteren der damaligen Zeit unbekannt wären, so würden wir uns verwundern, bei diesem Akt als Stellvertreter des Königs Federigo niemand anders auftreten zu sehen, als denselben Kardinal Ascanio Sforza, welcher erst die Ehe zwischen seinem Neffen und Lucrezia zustande gebracht und dann als Bevollmächtigter Sforzas in ihre schmähliche Trennung gewilligt hatte. So viel lag ihm und seinem Bruder Ludovico an der Erhaltung der Freundschaft der Borgia um jeden Preis.

Lucrezia erhielt eine Mitgift von vierzigtausend Dukaten, und der König Neapels verpflichtete sich, seinem Neffen Alfonso die Städte Quadrata und Biselli als ein Herzogtum zu übergeben.

Der junge Alfonso kam hierauf im Juli nach Rom, um der Gemahl eines Weibes zu sein, welches er mindestens für gewissenlos und in hohem Grade leichtsinnig halten mußte. Er betrachtete sich ohne Zweifel als ein Opfer, welches sein Vater auf die römische Schlachtbank schickte. Ganz still und melancholisch, ohne jede Feierlichkeit, fast heimlich, kam der unglückliche Jüngling nach Rom. Er begab sich sofort zu seiner Gattin in den Palast von S. Maria in Porticu.

Sodann wurde am 21. Juli die Vermählung im Vatikan kirchlich eingesegnet. Zeugen dieser Handlung waren unter anderen die Kardinäle Ascanio, Juan Lopez und Juan Borgia. Nach altem Gebrauch wurde über dem Paar von einem Ritter ein nacktes Schwert gehalten, und diese Zeremonie verrichtete Giovanni Cervillon, Hauptmann der Wachen des Papstes.


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