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Die Luft.

Ein durchsichtiges Nichts ist diese Luft dem Auge, und doch badet es in ihr, und doch erquicken sich in ihren lichtgetränkten Schmeichelwellen alle Sinne und Gliedmaßen, und alles, was Leben und Odem hat, dürstet diesem Nichts-Etwas, diesem unwägbaren und unsichtbaren, diesem flüssigsten und schmiegsamsten Stoffe, diesem ätherischen Träger des Lichtes und der Wärme entgegen.

Diese Luft ist also die materiell-immaterielle Mittlerin zwischen Himmel und Erde, zwischen Materie und Geist, das sichtbar-unsichtbare Medium, welches Sonne, Mond und Sterne, alle Geschöpfe der Erde, alle toten und lebendigen Dinge des Weltalls miteinander verbindet, indem sie alles umflutet und alles durchdringt.

In ihr schwimmen die Sonnen und Planeten wie Inseln im Meer, in ihr baden die Vögel des Himmels; aber auch die Fische im Wasser atmen das himmlische Element, und alle Kreatur badet sein Eingeweide und erfrischt und schwellt jegliches Atom seines Körpers, Nerven und Sehnen, sein Fleisch und Blut mit dieser alles durchströmenden und durchhauchenden, alles belebenden und umbuhlenden Luft.

So wie durch sie erlabt, so erstarkt, so beseligt wird Leib und Seele zugleich nicht durch Speise und Trank, nicht durch das Element des Wassers. Und selbst Licht und Wärme, die gegatteten Begleiter der Luft und ihre himmlischen Zwillingsgeschwister, dürfen dem Geschöpfe eher entzogen werden, als die Trägerin selbst, wenn das Leben nicht in wenig Augenblicken gegen den odemlosen Tod ausgetauscht werden soll, der überall dem letzten Atemzuge, dem letzten Ausströmen des Lufthauches lauscht.

So durchströmt auch das himmlische Leben alles irdische Sein, so durchdringt der Schöpfer das Geschöpf und die ganze Welt. So badet der menschliche Sinn und Geist die unsterbliche Seele im heiligen Gottes- und Weltgeist, in den Wellen der Ewigkeit, die alles durchfluten und umwallen, was im Himmel und auf Erden geschaffen ist. Himmelsluft schöpfen, Ewigkeit trinken muß alles, was da lebet, von innen und von außen in Luft und Licht baden, was da atmen, gedeihen und zunehmen will. Auf Lichtwellen pflanzt sich der Lichtstrahl der erleuchteten Dinge zum Auge; durch den leiseren und stärkeren Druck der Luft geben sich selbst im Dunkel die Körper der leiblichen Empfindung kund. Luftwellen und ihre tausendmal tausendfachen Bebungen wirken den Nervenreiz des Auges, den das Menschenkind Farbe benennt. Auf Zitterwellen und Nervenschwingungen beruht das Gehör und der himmlische Reiz der Tonharmonie. Auf Luftwellen pflanzt sich der Stimme Ton, der Schall der Worte, von Ohr zu Ohr. So verkehren und tauschen die Gedanken, die Geister wie die Seelen und Körper durch die Luft; und wenn der Mensch, wie die heilige Schrift besagt, nicht vom Brote allein lebet, sondern von jeglichem Worte Gottes, so ist die Trägerin, die Mittlerin dieser Worte, der Gottesstimme im Gotteshause, gleichwie im Tempel der freien Natur, in ihrer himmlischen Szenerie von Tages- und Jahreszeiten, auf Morgen- und Abendlüften, gleichwie in Donnerwettern und in Orkanen, wiederum die Luft!

Linder und gewaltiger spricht und verkehrt nichts mit dem Menschen und mit allen Geschöpfen, als die Luft! Die Mailüfte sind es, welche Blüten und Kinderlocken schmeicheln, und jedes sieche Leben wieder entzünden, und der Winterfrost ist es, der, wenn sich ihm die wehende Luft verbündet hat, mit seinem eisigen Hauche alles Lebendige zum Tode erstarrt.


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