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Mit einem colorirten Titelkupfer.
Dritte veränderte und vermehrte Auflage.
Leipzig, 1846.
Verlag von Ignaz Jackowitz.
Guckkästner (stellt seinen Guckkasten auf; seine Frau hilft ihm). So! So! Stech' de Lampe an! Is nanu Allens in Ordnung?
Dorothea. Allens in de beste Confusion!
Guckkästner. Na denn zieh' mal'n Proppen ab.
Dorothea. Den Proppen? Wo vonden?
Guckkästner. Vormalige Marketendern, sei nich dämlich! Verstell' Dir nich! Wovon könnte wanden woll noch in de Welt den Proppen abziehen, als von de Schnapspulle? Jieb se her, oller Junge, mach' keene lange Füselmatenten.
Dorothea (reicht ihm die Flasche). Na, aber, übernimm Dir nich!
Guckkästner. Bloß eenen eenzigen Schluck uf Ehre! (Er trinkt sehr lange, setzt dann die Flasche ab und verzieht den Mund, als ob's ihm nicht geschmeckt hätte.) Pfui Deibel, noch Eenen! (Er trinkt wieder.)
Dorothea. Ludwig, verheddere Dir nich mit de Pulle! Du find'st Dir nich wieder raus.
Guckkästner (setzt ab). O banje Dir nich, Du kleene Schlachterholung. An'n Ort, wo man Bescheed weeß, find't man sich immer wieder raus.
Dorothea. Du, da kommen en Paar Jungens un Jesellen! Jeschwinde, ruf' se ran!
Guckkästner (schreit). Immer ran, meine Herren's, einen Sechser das Loch!. Alleweile jeht es los!
Gensd'arme. Na, wie is' den des? Ihr sollt ja hier Euren Kukasten nich mehr zeigen.
Guckkästner. I, liebster Herr Gensd'arme, des is ja auch jar kein Kukasten nich! Des is nämlich ein Bilderkasten.
Gensd'arme. Bilderkasten oder Kukasten, des is eine Prostemahlzeit! Ihr sollt hier Eure Bilder nich zeigen, Ihr stört die ruhige Passage.
Guckkästner. Ach, liebster Herr Gensd'arm, was Sie aber ooch immer vor Angst haben, des is merkwürdig! Wie so stör' ich die Passage? Wenn ein Mensch ein friedliebender Paterjott is, so bin ich es; mir kann Einer den Mund zuhalten un mir vorreden, es jeschähe blos, damit die Andern ruhiger essen könnten, ich jloob' es. Ich jloohe Allens, Herr Gensd'arm! Warum wollen Sie mir nu nich erlauben, deß ich meine Bilder hier zeige? Sehn Se mal, ich habe doch nu einmal jroße Bekanntschaft, un das Pubelkum sieht meine Bilden jerne, warum? ich kann des dreiste sajen, weil es Kunstwerke sind! Zä, Herr Gensd'arm, Kunstwerke! Ich muß des am besten wissen, warum soll ich's also nich sagen? Bescheidenheit ziert den Jüngling, aber Wahrheit dem Manne! Wenn man meine Bilder freilich mit bloße jroße Kalbsoojen ansieht, denn hält man se vor janz jewöhnlich, aber wenn man se mit Verstand und durch de Verjrößerungsgläser beobacht't, so is viel Esprit drinn. Und wenn ich nu ooch wirklich hier und da einen Fehler mache, vielleicht mit det Licht oder mit den Schatten, oder in de Sperpectiefe: Herr Gensd'arm! jreifen Sie in Ihr Herz, ob Sie janz fehlerfrei sind? Jewiß nich!
Gensd'arme. So, wenn man mit Euch spricht, seid Ihr ein janz vernünftiger Mensch, aber so wie Ihr Eure Bilder zeigt .....
Guckkästner (unterbricht ihn). Ja, seh'n Se, Herr Gensd'arm, des is immer so! Sie sind vielleicht ooch viel jütiger, wenn Se zu Hause sind, als wenn Sie uf de Straße rumjehen –
Gensd'arme. Na, aber – wenn ich auch wollte – es versammeln sich immer zu viel Menschen um Euren Kukasten, un das stört die ruhige Passaje.
Guckkästner. Des ist wahr, das Pubelkum liebt mir, weil ich ein offner und redlicher Mensch bin und auch kein Brett vor den Kopp habe. Denn sehn Sie, Herr Gensd'arm, ich schäme mir nich, mit den Ku – Bilderkasten rum zu jehen, weil ich es für nothwendig halte; objleich ich viel jrößere Bilder malen kann, wie Sie auch schon wissen werden, un das Pubelkum auch. Aber seh'n Se, Herr Gensd'arm, wenn Sie mir nich erlauben, hier meine Bilder zu zeijen, so versammeln sich eijentlich noch viel mehr Menschen und sehen sich um un frajen: Herrjees! wo ist denn der Kuk – Bildermann, wollt' ich sajen? Wo hat denn den der Deibel hingeführt?
Gensd'arme. Na, denn zeigt man wieder, ich will ein Auge zudrücken. (Geht.)
Guckkästner. Ach, drücken Se alle beede zu, Herr Gensd'arm!
Dorothea. Sichste, Ludwig, heute haste mal wie 'n Mann jesprochen. Ich muß Dir 'n Kuß jeben! (Sie will ihn umarmen.)
Guckkästner. Ne, des laß man, olle Pflanze! Lieber will ick dumm gesprochen haben. Zwischen uns Beede hat de Zärtlichkeit Adjes jesagt, wenn Du ooch früher meine Hoffnung warst. Na, nu laß des jut sind un jieb mir mal de Pulle; ick habe mir de Lunge janz trocken jeredt. (Er trinkt.)
Dorothea (schreit). Immer 'ran, meine Herren! Kommen Se näher, einen Sechser das Loch!
Zwei Jungen. Jeht es jetzt an?
Ein Schustergeselle. Kann man nu rinsehen?
Guckkästner. Ja woll, wählen Se sich nur ein Loch und sehen Sie durch das Jlas. Dorotheee, zieh' de Strippe los! So, alleweile jetzt es an! Rrrr! Zuerst präsentirt sich Ihnen Christoph Columbus, wie er eben mit die Erfindung Amerika's beschäftigt is. Der Himmel, wie Sie jefälligst sehen werden, is janz trübe, aber das Meer is ruhig, un wart die Sache ab. Columbussens Schiffsleute loofen theilweise auf's Verdeck rum und schreien Land, theilweise umarmen sie sich, theilweise stürzen sie ihm zu Füßen. Er aber steht ruhig an das Mast gelehnt, streckt die Hand vor sich hin und sagt mit ernster Stimme: Des is Amerika! – Janz hinten im Nebel bemerken Sie wohl den spitzen jrünen Strich, wo sich die Wellen brechen, und ein nackender Mensch mit einem Feijenblatt drauf steht. – Dieses is ein Vorposten, den Amerika gestellt hat. So wie er des jroße Schiff jewahr wird, so schreit er in seiner Muttersprache: Werr da? worauf ihm Columbus antwort: Jut Freund, ich nenne mir Columbus! »Was wollen Sie hier?« frägt der neu« Weiter. »Blos entdecken!« – »Weiter nischt?« sagt der Eingeborne, salutirt, indem er zwee Finger an den Kopp legt, verbeugt sich un sagt: Treten Sie näher, Herr Columbus! Wir haben schon lange jewünscht, mal entdeckt zu werden. – Auf dieser Weise is Amerika entdeckt worden, welches jetzt eine Republik is, die ich Ihnen aus vielen Jründen nich empfehlen kann. Sobald diese Republik einen König nimmt, wird sie eine Monarchie, und Dieses ist bejreiflich.
Erster Junge (zum Schuster). Drängeln Sie doch nicht so! Ick kann ja jar nischt sehen!
Schuster. Ruhig!
Erster Junge. Ne, aber Sie sollen nich so drängeln!
Schuster. Halt's Maul, dummer Junge, oder ick stech' Dir Eene, det de Dir uf de Banke in de Jägerstraße setzen sollst! Schafskopp, Du jloobst woll schon, wir sind in Amerika, in de Republik? Nimm Dir in Acht, det De nich nach de chinesche Hausvogtei kommst, da werden se Dir von wejen Republikens, det De in vier Wochen wie'n Jespenst aussiehst!
Erster Junge. Ach, ick weeß ville, wat det vor Dinger sind, so'ne Repbliken; ick weeß blos so ville, det ick meinen Sechser bezahlt habe, un des ick nich in mein Loch sehen kann, weil Sie mit den Kopp vorstehen! Sehen Sie doch in Ihr Loch!
Schuster. Du wirst Dir jleich eine Backpfeife aneijnen!
Erster Junge. Na, die wird er sich fordern! Von solchen Pechkünstler ooch noch!
Schuster (schlägt ihn tüchtig; der Junge weint).
Guckkästner. Na, hören Se, Schuhmacher, Allens was recht is, aber des war keine Back pfeife, des war ja eine Back trompete!
Schuster. Auf des Instrument kommt es mir nich an; wenn er aber nu nich ruhig ist, der dumme Junge, so blaß' ick ihm ein Stück vor, deß sein Kopp wie de Mauern von Jericho wackeln soll.
Guckkästner. Sind Sie fertig, meine Herrschaften, so erlauben Sie mir, deß ich fortfahre.
Zweiter Junge. I, worum wollen Se'n fortfahren? Bleiben Se doch hier!
Guckkästner (droht ihm). Du! Sei nich neidisch uf Deinen Freund da! Keine Störung durch schlechte Witze! Bescheidenheit ziert den Jüngling, aber Wahrheit dem Manne! Rrr! ein anderes Bild! Hür erblicken Sie den Mann Alibaud in die neu'ste Jefängnißtracht, jraue Hosen un einen jrauen Leibrock ohne Schööße. Er steigt eben auf der Julejottdiene hinauf und steht sein Ende vor sich, weil er jejen Ludwig Philippen zudringlich war. Er jrüßt die Pariser un sagt: Laßt euch nich treten!
Erster Junge (noch weinend). Worum mußte er'n eijentlich sterben? Er hatte wohl jefehlt?
Guckkästner. Ja, ich habe es ja schon erwähnt: jejen Ludwig Philippen. Dieser jute Bürgerkönig sieht ihn wie einen Helden sterben, un is daher jejen die Bürger jetzt sehr verschlossen. Blos durch de Minister läßt er ihnen wissen, wat er haben will. Ein Ministerium wechselt mit des andere, das des Thieres is ooch schon wupdich. Und frajen Sie mir, meine Herren, was ich von des jetzige halte, so antworte ich nichts.
Zweiter Junge. Haben Sie keen Blld von Spanien?
Guckkästner. Ja, das is aber noch nich fertich, das kömmt erst in de andere Woche zu Ende, oder vielleicht noch en bisken später. Aber von Madrid kann ich Ihnen eins zeigen. Rrr! Sie sehen hier die innern Apartemank's des Schlosses. Es is der schöne Mojement aufjefaßt, wo die Deputirten von de janze Halbinsel zusammenkommen, und ein jewisser Herr Cortes den Jeneral Eßpanthero zum alleinigten Rejenten wählt und zwar bis zur Minnorennität der kleinen Könijin, welche sich würdig der janzen Reihe der erhabenen spanschen Monarchen anschließt. Espanthero nimmt eben den Hut ab, bedankt sich und äußert auf Spansch: »es is jut, ich werde die Sache übernehmen, aber ich bitte mich Ruhe aus. Obschon ich aber den Thron besteije, bleibt ihnen ihre Constution; ich bin kein Spitzbube, ich lasse se Ihnen, wir se is.«
Schuster. Die Christine is woll dajejen?
Guckkästner. Nein, sie hat jar nischt jejen eine jute Constition, au contraire im Jejentheil, sie will immer des Beste, un sorgt für einen jesejenten Zustand. Früher drang sie freilich nich durch un jrämte sich deshalb, aber jetzt is sie in juter Hoffnung, daß noch Allens jut abjehen wird.
Schuster. Sie liebt woll ihre Unterthanen?
Guckkästner. Ja, un nich etwa blos de Vornehmen, sondern auch den Mittelstand. Ueberjens is sie alleweile futsch.
Erster Junge. Wo ist'n Dumm Carole?
Guckkästner. Dieser fromme und mit Recht jottesfürchtende Mann is ebenfalls futsch. Er hält sich jejenwärtig in Frankreich uf, un nährt sich von seine Jeburt, indem ihm deswejen Jelder zukommen.
Zweiter Junge. Blos, weil er jeboren is?
Guckkästner. So is es.
Zweiter Junge. Na aber: ick bin ooch jeboren! Worum kommen mir' den keene Jelder zu?
Guckkästner. Dumm Carlos is von einen König jezeigt, und Sie sind blos ein jewöhnlicher Straßenjunge.
Zweiter Junge. Schafskopp!
Guckkästner (entrüstet). Wer?
Zweiter Junge. Na Sie!
Guckkästner (besänftigt). Ach so; ick dachte schon ......
Erster Junge (ihn unterbrechend). Na, is Ihnen nich jefällig, mir weiter zu erklären?
ErsterJunge. Ick will aber keene Jeduld haben!
Guckkästner. Sind Sie in Deutschland jeboren?
ErsterJunge. Ja, mein Vater is aus Hannover.
Guckkästner. Na denn wundern Sie mir. Nanu weiter! Rrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich Ihnen der junge jejenwärtije türk'sche Kaiser Appelmehrschiet, Sohn von Nanu den Zweiten, wie er eben mit seinen Braunen durch de Pforte sprengt un nach Ejypten reit't, um Nehmet-Alli, seinen ungetreuen Vize, zu besiejen. Dieser hat ihm jedroht: Du sollst die Motten kriejen! un wollte seinen Divan auskloppen; indessen Rußland setzt sich druf, deß der Türke sein Verbundener bleibt un legt deshalb eine Quadrupel an. Die drei Herren, welche hinter Appelmehrschieten herreiten, dieses sind drei Stück Pascha's mit Roßschweifen, indem sie dadurch ausdrücken: kommen wir nich uf's Pferd, kommen wir doch uf den Schwanz! Der Mittelste trägt die Fahne mit den Halbmond, der so eben im Abnehmen is. Des Schwert, welches des Kaiserken in de Hand hält, rührt noch von den verstorbenen Herrn Reljonsstifter Mu, Ma oder Mohamlet her, und hat die Eijenschaft, daß es entweder eine Schlacht jewinnen oder verlieren macht.
So wie Sie diesen Sultan hier sehen, so hat der junge Mensch in seinem Harem über 10,000 Frauen, weshalb Sie ooch woll ermessen können, deß er manchmal nich weeß, wo ihm der Kopp steht. Im Hinterjrunde jeht ein Jewitter über de Türkei uf, welches eine ejyptische Finsterniß verbreitet. – Rrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, jenießen Sie eine der erhabendsten Jejenden der Republik Schweiz, wie der jroße und der kleene Jeheimerath so eben ein Kloster ufhebt.
Zweiter Junge. Na da werden ja blos de Mönche ausjedrieben!
Guckkästner. Na ja, Schafskopp! Wie soll denn en Kloster anders ufjehoben werden? Jloobst Du etwa, sie hätten det Jebäude ooch ufjehoben?
Zweiter Junge. Wui!
Guckkästner. Ne so dumm sind de Schweizer nich. Die Leute können nich dumm sind, die haben Preßfreiheit. Des Jebäude behalten sie, indem sie es noch zu einen nützlichen Zweck benutzen können.
Schuster. Besteht die Schweiz nich aus Cartons?
Guckkästner. Wui, aber sie sind nich offen jejeneinander. – Rrr! ein anderes Bild! Hür präsentirt sich Ihnen die herrliche Stadt Prag im Jlanz der Abendsonne und seiner Denkwürdigkeit. Eine Masse von bunten Kirchthürmen strecken ihre Häupter jen Himmel, die Moldau flüstert mit finsterer Miene alte Lieder von Macht und Ruhm, die Mönche aber legen sich aus die Klosterfenster, drohen mit ihre Zeigefingern un schreien in lateinischer Sprache: willst Du woll ruhig sind, Moldau! Hier im Innern war Wallenstein Polezeicomzarius, denn es heeßt noch ein Viertel nach ihm; da oben aber steht die Radschine, ein altes, verfallenes Schloß, wo sich nur noch Jespenster aufhalten. Sie bemerken da unten Fackeln und Waffenjlanz, Jesang und Jold und Sammtmanchester. Vorne jeht der Kaiser, klein aber edel, jleich hinter ihm her der Fürscht Mitternacht, alsdann der Oberjäjermeister mit einem Hühnerhund und einen Falken, und zuletzt der Schenk mit einem leeren Becher. Dieses nennt man Krönung.
Zweiter Junge. Des is ja Allens noch wie im Mittelalter!
Guckkästner. Ja, da is Alles noch so, un des ändern wir Beede ooch nich. Vivat Rußland! Rrr! ein anderes Bild! – Hür präsentirt sich Ihnen ein jroßes politsches Pferderennen, welches in Kroppstädt oder in einer andern Seestadt von Deutschland abjehalten wird.
Erster Junge. Rennen denn da blos Pferde?
Guckkästner. Ja, die Menschen sitzen blos druf, die Pferde rennen janz alleene. An des Ziel sitzt ein Fürscht un urtheilt; der Preis, womit der Sieger jekrönt wird, besteht in Jeld. Des Volk steht da, wo de Pferde abrennen, die Bahn bis zum Ziele is mit Hindernissen, wobei mancher die beste Jelejenheit hat, sich den Hals zu brechen. Die Reiter sind alle bunt jeschmückt, einfarbig, zwei- und dreifarbig. Mehrere Dreifarbigen satteln eben um, weil se nich jut fortkamen mit ihre Pferde. Sie werden bemerken, daß es nu viel schneller jeht, un dieses kommt einzig daher, weil die stolzen Rosse schneller loofen. Rejardiren Sie auch jefälligst links auf den einen dreifarbigen Reiter, der nich umjesattelt hat; eben will dieser über ein Hinderniß setzen, dieses hindert ihn aber, un er stürzt runter. Hinten scheint die Sonne!
Erster Junge. Sajen Se mal, die Hindernüsse sind woll ejentlich viel jrößer, als se da jemalt sind?
Guckkästner. O Jott ville jrößer! Wenn Sie indessen ein hochbeiniges, edles Roß haben, so können Sie schon darüber wech.
Erster Junge. Ich? I wie wär'n des möglich? Ich reite ja jar nich mit!
Guckkästner. Ja so, daran hab' ich nich jedacht. Fall'n Se nich runter! – Rrr! ein anderes Bild! Hür is der fürchterliche Mojement aus der römischen Weltjeschichte, wo der jroße Käsar um sein janzes Leben mit ein Mal jebracht wird. Seine Verschwornen sind um ihn rum versammelt und stechen ihm. Bei den dreiundzwanzigsten Dolchstich sinkt Käsar in de Knieen un wird janz blaß. »Macht die zwee Dutzend voll!« ruft er, indem er jejen die Bildsäule aus Pompejum fällt. »Mörder! jrüßt meine Kinder, un laßt mir anständig bejraben!« Mit diesen Worten sucht er sich noch eine italjensche Flöhe ab, un jiebt seinen Jeist auf. Hinten steht ein Gensd'arm, schlägt die Hände über den Kopp zusammen un ruft: »Jott, wenn ick doch in Stralow wäre!«
Zweiter Junge. Der arme Käsar! Warum is ihm denn des passirt?
Guckkästner. Undank is der Welt Lohn; ein Weiser kooft sich vorn Jroschen Kirschen, un eßt se alleene. Käsar hatte vor Rom Manches jedhan, un wollte eine Anstellung als König haben; die Stadtverordneten aber waren klug, un wiesen ihm eine janz kleene Insel an, worauf der jroße Mann leben sollte. Diese Insel war noch dazu ringsum von Wasser umjeben, und von allen menschlichen Umjang entfernt. Käsar schlägt es ab. –
Zweiter Junge. Die Insel?
Guckkästner. Na ja, des Jeschenk mit die Insel. Er schlägt sie aus und darauf murk'sen sie ihm ab.
Schuster. Eijentlich is es doch schade um den Menschen.
Guckkästner. Schade is es, aber es is alle jroßen Männer nich besser jejangen. Moses starb an Heimweh, Karl der Jroße an Altersschwäche, Schiller an Koppweh, Napoljon an de enjelsche Krankheit, und ich habe die Kolik«. –
Erster Junge. Na Sie sind doch aber keen jroßer Mann, un sind ooch noch nich dodt!
Guckkästner. Eben daran liecht et ja, Döselack! Wenn ick dodt wäre, würde man mir schon anerkennen! Jlauben Sie mir, meine Herren, wir haben viele jroßen Männer unter die kleenen, un viele kleenen unter die jroßen. Rrrr! ein anderes Bild! Hür – ne ick kann et nich mehr aushalten! Erst jieb mir mal de Pulle, Dorotheee, damit mir der Hals nich zufriert. (Er schlägt die Arme über die Brust.) Dunderwetter, det is ne Kälte! Mir friert wie en bejnadigter Pole. (Er trinkt.) Aaach, det erwärmt Körper un Jeist wieder, un man fühlt sich durch un durch Preuße. Rrrr! ein anderes Bild! Hür erblicken Sie die Medaille zur unbefleckten Empfängniß Mariä, welche Ludwig Philippen und einen janz kleenen Jungen vom beiderseitigen Tode jerettet hat.
Zweiter Junge. Was heeßt denn des: unbefleckte Empfängniß?
Guckkästner. Wenn man Etwas empfängt, wo kein Fleck drauf is. Rrrr! ein anderes Bild! Hür präsentirt sich Ihnen ein sehr interessirtes Jemälde: der Jesang der drei Männer im feurijen Ofen. Dieses macht sich außerordentlich hübsch und die Flammen sind täuschend. – In der Mitte des Ofens stehen drei Männer un wundern sich, deß sie nich in Schweiß jerathen; außerhalb in der Ecke steht der jrausame König Nebukatzneter und läßt eine Kiepe Torf nachschmeißen, indem er ausruft: Euch will ick schon mürbe kriejen. Die drei Männer aber kehren sich nich dran, sondern singen: Ueb' immer Treu' und Redlichkeit, bis an dein kühles Jrab! Ueber diese Malice wird der König sehr eeklich, und um ihm noch mehr zu ärjern, stecht Herr Sadrach seinen Kopp aus de Dhüre un ruft mit feuerlicher Stimme: »Haben Se de Jüte, un machen Sie de Klappe zu!« – Rrrr! ein anderes Bild!
Erster Junge. Hür präfentirt sich Ihnen..
Guckkästner. Dommer Junge, ick steche Dir jleich eine Quabbe, bet Dir Hören un Sehen verjehen soll! Wenn de mir nachmachen willst, so mach' et wenichstens orndtlich, damit des vorüberjehende Pubelkum nich den Jeschmack an meine Bilder verliert! Wenn aber erst jeder Hans Narre versucht, mir nachzumachen, so verlier ick selber den Jeschmack an mir, und ahme ooch –
Dorothea (schreit). Herr Jeses!
Guckkästner. Na, wat is denn nu los?
Dorothea. Hier hat Eener unsere Schnapspulle jestohlen, wo der Nordhäuser Korn drinn war. Hier uf den Schemmel hat ick sie zu liejen, un nanu is se wech!
Guckkästner. Na, besser kann et keenen Menschen jehen, wie mir! Vorne machen sie mir nach, hinten bestehlen sie mir, von beeden Seiten beunruhigen sie mir, un von oben drücken sie mir, nämlich mein Hut. So mußt kommen, sagt Neumann. Na, freilich, ick bin nich dumm, ick muß mir des Allens jefallen lassen. Weene nich, Dorotheee, se haben mir schonst mehr jenommen, als die Pulle; < (eine Thräne rollt ihm über die Wange) viel war ja ooch nich mehr drinn! Verjieße keene Thräne über die Thräne, sondern jeh rüber nach den Victualjenkeller, und pumpe Dich eine Pulle; (seufzend) mir durschtert! Verschwinde!
Die beiden Jungen (voll Ungeduld). Na, wie is et denn?
Der Schuster. Halt't den Rachen! Ihr hört ja, daß de Schnapspulle wech is!
Erster Junge. Na, deßwegen!
Der Schuster. Junge, Du bist wohl besoffen! Jloobst Du Dir denn einzubilden, daß ein Mensch ohne Schnaps etwas Vernünftijes zu Stande bringen kann? Theekessel!
Guckkästner. Loofen Sie nich über. Rrrr! ein anderes Bild! Hür präsentirt sich Ihnen der pumpöse Leichenzug von den verstorbenen Baron von Rothschild, um ihn in London auf den Jottesacker zur Ruhe zu bringen. Als er lebendig war, hielt er sich in Frankfurt am Main auf, wo sich der Bundesdach befindt. –
Zweiter Junge. Wie befind't er'n sich?
Guckkästner. Ich danke Ihnen: so, so! Stören Sie mir nich, indem ich Ihnen ein Bild erkläre. Jeben Sie Obacht! Janz Europa und die anjrenzenden Jejenden haben Abjesandten jeschickt, um den Hochselijen die letzte Ehre zu erweisen: sie bringen ihm unter's Jrab. Vier Anleihen dragen den Sarch, der sehr jut beschlagen is, und zwar mit blau angelaufenen Metall; vier Andere dragen Pechfackeln. In de erste Trauerkutsche sitzt eine Anleihe und is sehr niederjeschlagen; hinter ihr folgt die janze Familie in Nationaltracht. Sie werden bemerken, deß es Nacht is, der Mond scheint helle wie ein blanker Lujedor, und die Sterne wie Silberjroschens; ringsum herrscht eine heuleje Stille, die Natur scheint sich einen Aujenblick zu erholen. Janz hinten im Hinterjrunde stehen 75 Prozent un jammern.
Erster Junge. Au weh! ick kann jar nich sehen!
Guckkästner. Na, wat is denn nu wieder los?
Erster Junge. Ach, herrjees, mir is etwas Kies in de Oojen jeflogen!
Guckkästner. Behalten Sie dieses, mir nich! – Rrrr! ein anderes Bild, meine Herrschaften! Hür –
Zweiter Junge. Ach, det is ne Keilerei!
Guckkästner. Dummer Junge, halt's Maul! Eine Keilerei is noch keene Schlacht nich! Dieses hier is die Schlacht bei Kniphausen. Der rechtmäßige Potentat versammelt sein Armeecorpps, welches aus fünfunddreißig Mann Jemeine besteht. Er stellt sie an die Dhüre von Kniphausen auf, und will rin. Auf die andere Flüjel hat er kein Milletehr hinjestellt, weil kein's mehr da war, und damit der Rückzug jedeckt is. Die Kniphausen'schen Papiere fallen um 7 Prozent. Sie werden bemerken, wie der andere rechtmäßige Potentat aus Kniphausen kommt, und auf den Flüjel losjeht, wo kein Milletehr steht, weil er das für eine schwache Seite hält. So wie der Feind diese Finte merkt, flieht er und läßt siebzig Mann Verwundete zurück, über zwei Dodten und keine Kanone. Der Tag is entschieden, es wird Abend. Das Schlachtfeld, welches der Siejer so eben behauptet, is mit Milch bedeckt, weil vorher Kühe jemolken, und die Fässer überjerennt wurden; im Hinterjrunde steht ein Bulle un wundert sich über die Störung.
Erster Junge. Was dhut denn nu der Siejer?
Guckkästner. Danach haben Sie eijentlich nischt zu fragen, indessen worum nich? Der Siejer bei Kniphausen kehret unter dem Jubel der Trompeten zurück, setzt sich uf den Thron un fordert sich von seine Unterthanen eine Tasse Bulljon. Sie ziehen sie ihm mit ein Ei ab, und singen: Willkommen o selijer Abend! – Rrrr! –
Dorothea (giebt ihm eine gefüllte Flasche). Da, Ludwich, feuchte Dir an!
Guckkästner (trinkt).
Der Schuster (zieht seine Flasche aus dem Rock und trinkt auch).
Zweiter Junge. Rrrr! –
Guckkästner. Rrrr! ein anderes Bild! Dorotheee, nimm mal de Pulle, un stech' se hier hinten in'n Kukasten rin, damit se uns nich wieder jestohlen wird. Anjetzt jeben Sie Obacht, meine Herrschaften, Sie werden eine bekannte Jejend zu sehen kriegen. Rrrr! Hür präsentirt sich Ihnen das Brandenburger Dhor von Berlin, nebst –
Beide Jungen (lachen). Ach, Männiken! da steht ja Ihre Schnapspulle davor!
Der Schuster. Des is auch 'ne schöne Jejend.
Guckkästner (sieht nach). Is es möchlich! Meine dämliche Jemahlin hat dieses Versehen gemacht. (Er holt die Flasche heraus und trinkt.) Dieser Jrrthum soll jleich beseitigt werden. (Steckt die Flasche in den Rock.) Werde unsichtbar, jeliebte Karline; entzieh' Dir der Welt. – Dieses Dhor ist imposand, hat fünf Dhorwege, eine Vicdoria, und führt in's Freie, das heißt: wenn man von de Linden kommt. Die zehn jroßen Säulen, welche sich über das Fundament erheben, sind von Stein, den die Natur als Masse liefert. Jede einzelne is so dick, daß ihr drei Männer mit knapper Noth umklammern können.
Erster Junge. Det is ja ooch nich nöthig!
Guckkästner. Sie haben Recht, un wenn fünf Männer dazu jehörten, so würde uns des ooch noch nich geniren. – Betrachten Sie des Bild weiter, es is mit Liebe jemalt, natürlich auch mit einen Pinsel. Die Schossee, welche Sie durch das Dhor sehen, sieht hier so aus, als führte sie in die Höhe; dieses is aber eine anjenehme Perspectiv-Täuschung; sie führt runter nach Charlottenburch. Links is die Ackziehse, eine menschliche Erfindung; rechts die Wache, die davor da is, damit vor die hohen Herrschaften rausjerufen wird. Durch den zweiten Dhorwech links sehen Sie einen janz kleinen Gensd'armen wejen der Entfernung; rechts schimmert die Statü von Apollo durch, der nich mehr heirathen kann, weil es unnütz wäre. Eben so sind ihm die Fingern abgeschlagen.
Zweiter Junge. Aber lieber Mann, det wissen wir ja Allens! Det sehen wir ja Allens ville besser, wenn wir hinter de Schule jehen!
Guckkästner. Des schadt nischt nich; un wenn ick Ihnen Ihnen selbst zeigte, würden Se dabei wat lernen. Ick halte mir mit Vorliebe bei des Bild auf, weil ick da oben die Vicdoria wieder nach Berlin habe helfen von Paris zurückbringen habe jeholfen. Zum Schluß wer' ick Ihnen noch einen Witz machen, jeben Sie Acht! – Dieses Dhor is in Berlin jebaut. –
Schuster. Des hat Ihnen Eener jesagt!
Guckkästner. Ja, der Baumeister war so jefällig.
Zweiter Junge. Sajen Se mal; is de Spittelkirche ooch in Berlin jebaut?
Guckkästner. Nein, die is aus Herkulani und Pompejum ausjejraben jeworden. Sie stach aber sehr tief in de Erde, un se haben sie nich janz rauskriechen können. Des jrößte Ende Spittelkirche steht noch in de Erde.
Zweiter Junge. Wie hat man se denn herjekricht?
Guckkästner. Frajen Se ihr und bringen Sie mir Bescheid. Rrrr, ein anderes Bild! Hür präsentirt sich Ihnen: das ist der Exercierplatz bei London, eine engelsche Jejend. Rechts erhebt sich das Cabinet von Sankt Jahmes, und im Hinterjrunde is für die edlen Lords ein ebenbürtijer Thierjarten, wo man roochen derf. In der Mitte dieses Bildes bemerken Sie jehorsamst einen Luftballon, von mehreren tausend Menschen umjeben, wenn auch nich so viele jemalt sind. Vor de Jondel jeruhen zu stehen Seine Durchlauft der Herzoch Carl von Wolfenbüttel außer Diensten, un will in die Höhe steijen.
Erster Junge. Herjees! wo will er'n hin?
Der Schuster. Wat wird er'n wollen! Rothschildten will er nachfliejen, un mit ihm wejen ein paar Jroschens sprechen!
Guckkästner (halb ärgerlich). Schuhmacher, bleiben Sie bei Ihren Leistungen, und jreifen Sie nich in mein Fach! (Weiter erklärend.) Indem nu Seine Durchlauft außer Diensten eben auffliejen will, um sich seine Schlösser zu besehen, kommt sein getreuer Freund Spanisch und überreicht ihm einen Fallschirm, nämlich für vorkommende Fälle. – Nach zwee Minuten erhebt sich Wolfenbüttel über de Erde un steicht so lange, bis ihm das Volk nich mehr sieht. Hernach fällt er runter, aber ohne Fallschirm.
Zweiter Junge. Er hat doch keen Unjlück jehabt?
Guckkästner. Die Zeitungen sagen, er wäre auf den Kopp jefallen; indessen hofft man, daß er sich bessern wird. Rrrr! ein anderes Bild! Hür rejardiren Sie auf das prachtvolle Jebäude, welches Sie da hinten sehen. Es ist die chinesische Döchterschule zu Pekking, welche nur von Jungens besucht wird.
Der Schuster. Wo so? Wie kann sie'den denn Döchterschule heeßen?
Guckkästner. Warum dieses nich, uf den Namen kommt es nich an. Ich erinnere Ihnen an Deutschland.
Erster Junge (das Bild betrachtend). Jehen da die Jungens in de Schule?
Guckkästner. Nein, niemals nich, se können jar nich wieder raus, bis se dumm jemacht sind, wollt' ich sagen: klug. Sie bleiben Winter und Sommer da, auch Mittwochs und Sonnabends Nachmittachs. Vorne in de Ecke bemerken Sie einen Primaner aus de erste Klasse. Er hat zwei dodte Sprachen in seinen Kopp, is aber auch schonst so herunter, daß er nich leben un nich sterben kann. Links in de andere Ecke streiten sich mehrer chinesche Infernators aus Nanking, ob des mit natürlichen Dingen zujeht. Daweile stirbt der Primaner aus de erste Klasse un röchelt die Worte: Morjor, Mortus, Morüben!
Schuster. Mohrrüben? Na, denn is der Dod natürlich, denn hat Den uf seine letzte Stunde jehungert, des is Natur! Ick esse se blos mit Palsternaken.
Guckkästner. So, det freut mir! Der Primaner hätte se jejessen, mit und ohne Palsternaken, wenn man se ihm vorjesetzt hätte. Aber in China füttern se de Jungens blos mit dodte Sprachen, damit se dumm bleiben.
Zweiter Junge. Sajen Se mal, wie is'n so'ne dodte Sprache?
Guckkästner. Eine dodte Sprache is die, wenn kein eijentliches Volk mehr zu die Sprache vorhanden is, sondern blos en paar Professorsch, welche man der Jugend wejen Padajodien nennt.
Erster Junge. Na, ick lerne keene dodte Sprache, so viel steht fest.
Zweiter Junge. Ick ooch nich.
Guckkästner. Da dhun Sie janz recht dran, wenn Sie nich Vielloge werden wollen. Je wenijer Sie davon lernen, je mehr können Sie leben, und das Leben is kurz, sagt der verstorbene Hufland uf lateinisch; un Schakspeare uf deutsch. Lernen Sie lieber Allens, was alleweile anjetzt in de Welt jeschieht, denn sonst werden Se jelehrt un bleiben doch Ochsen.
Erster Junge. Na, na, man nich jeschimpft!
Guckkästner. Ruhig, Fritze! Du bist noch nich jelehrt! Du schmeichelst Dir noch ein dummer Junge zu sind, ein blühender Schafskopp. – Rrrr! ein anderes Bild! Hür präsentirt sich Ihnen eine Olympade, auf welcher die Jriechen vier Jahre lang spielten.
Der Schuster. Vier Jahre? Na, wahrhaftig! Hatten denn die Jriechen nischt zu thun?
Guckkästner. Nein, es war das joldne Zeitalter. – Sie sehen ein Theater unter Jottes freien Himmel; wenn et rejent, werden de Paressols ufjemacht; die freien Entrées sind ohne Ausnahme nich jiltich. Vorne stehen zwei Viertelcomzarjen un sagen, wie die Wagens fahren sollen. Daneben im Circus sehen Sie verschiedene Jruppen, die um den Preis ringen. Zwei Jriechen aus Hellas keilen sich mit Jrazie, und daneben fahren zwei Korinthen in eine Droschke Wettrennen. Mehrere Aathener drinken rechts baiersches Bier un sind klassisch besoffen; noch mehr rechts blasen sich einije Jthakaker was uf de Flöte, und noch rechtser nimmt der jroße Redner Demosterich eine Priese un niest darauf. In de Luft bemerken Sie lauter Jetter und Jettinnen, die sich auch zusammen amisiren. – Im Hinterjrunde der Olympade is eine bedeutende Keilerei, wobei ein Jrieche aus Dardanellijen den Andern von hinten anfällt. Die Frauen suchen Lorbeerblätter vor die Männer und weinen jroße Thränen. Die jetreue Jattin, Madame Olysses, jeborne Beenelohpe, sitzt vorne in de Ecke un jrämt sich über ihren Rumdreiber von Mann. Dieser Treulose is bei de Insulanerin Kürze und steigt bei ihr in den finstern Orkus hinab. Daweile strickt Beenelohpe lauter Kinderstrümpfe un wart't verjebens auf das Bedürfniß derselben, indem ihr Telemachsken mit seinen Hauslehrer Mentor auf das Meer schiffen jeht, um ihren Jatten zu suchen. Beenelohpe war nich übel, un es drängten sich daher über hundert Freier zu ihr, deren sie sich bei Dage abwehrte, indem sie strickte und zu jedem Freier sagte: Wenn ick bei'n Hacken bin, will ick Ihnen heirathen. So wie et aber Nacht wurde, machte sie Allens uf. Einen Mejaraker, der am meisten zudringlich war und der ihr nich anstand, ließ sie rausschmeißen. Wie hernach Olysses zurückkam, un er so Manches bemerkte, äußert er zu ihr: Jattin, auf dieser Weise hätt'st Du Dir alle Freier abwehren sollen.
Erster Junge. Sajen Se mal, wer is'den der da mit dem weißen Domino und die rothen Pantienen?
Guckkästner. Dieses ist Einer, der auch in Akazien jeboren is, ein Lämmerhirte, Namens Wieseke.
Erster Junge. Wieseke? Der Name klingt ja jar nich jrechisch?
Guckkästner. Sehr natürlich, sein Vater war ein deutscher Coloriste. – Rrrr! ein anderes Bild! Hür präsentirt sich Ihnen ein Bild aus dem Leben von Appelmehrschiet's Vater, welches der Erinnerung wegen ufbewahrt is. Es is nämlich der Conjreß im Hafen zu Dannajette, wo zwei morjenländische Roßschweife zusammenkommen: Seine Hoheit der Sultan Nanu von die Türkei und der Pforte, und sein Freund Nehmet Alli, erlauchter Vize von Mokka und Könich von Ejypten. Es is eben muhammeldanischer Weihnachten; Nehmet Alli überreicht den Sultan eine ejyptische Perjamite ohne Lichter, dajejen läßt ihm dieser einige Landstriche in Syrijen ab, die sich Nehmet Alli schon früher anjesehen hatte. Sie unterhalten sich darüber weitläuftig und lassen sich uf den Divan nieder, der vorher ausjebessert is. Zum Frühstück wird eben Reiß-Effendi aufjetragen. Die Pracht ist verschwenderisch in diesem Conjreßzimmer, die Bekleidung der Potentaten pumpöse! Seine Hoheit der Beherrscher der Jläubijer, Friedrich Nanu von der Pforte, drächt einen ruß'schen Pelz und einen altdeutschen Krajen drüber, unten engelschlederne Hosen und oben eine rothe Mütze mit eine preußsche Kokarde dran. Nehmet Alli hat aus Achtung vor seinen Freund blos einen einfachen Stobmantel anjezogen; Abrahim, sein Jüngster, steht janz im Vorderjrunde und jiebt einen mißverjnüchten Janitscharen Flötenstunde. Dieser jeht bald darauf flöten; die Mufti's aber oder die türk'schen Justizräthe, stehen im Kreise, erheben ihre Stimimen und singen das bekannte Trinklied: der Papst lebt herrlich in der Welt! Im Hinterjrunde hängt eine Tafel mit der Inschrift: Hier ist ein Pockenkranker. – Rrrr, ein anderes Bild! Schauen Sie auf, meine Herrschaften! Sie sehen hier ein Jefängniß in der Stadt Weinsberg, wo die Dhüre halb offen is. In de Ecke zusammenjekauert sitzt eine schreckliche Verbrecherin, die jejen alle Menschlichkeit fehlte und deshalb ihren Tod vor Oojen hat. So eben tritt durch die Dhüre der Doctor Justus Kellner und frägt in einen bittenden Ton: Charmante Verbrecherin, entschuldijen Sie meine Dreistigkeit, sehen Sie vielleicht einen Jeist? – Diese steht ihn an und sagt: Ne! – Rrrr, ein anderes Bild! Hür werden Sie erblicken: das is nämlich die naturforschende Jesellschaft in Jena, wie sie eben naturforschen. Sie sitzen um eine reichbesetzte Tafel, auf welcher Speisen und Jetränke stehen, die die Natur jeliefert hat, à Couvert einen Dhaler acht Jroschen. Die Jesellschaft forscht sehr fleißig, un is mit ihre Untersuchungen zufrieden. Eben stoßt ein Jelehrter auf einen Kalbsbraten, der nich saftig jenug is; er theilt des mit, und dieser Verfall wird vor die Wissenschaft notirt. Ein Anderer hat zu viel jeforscht, legt sich auf den nahestehenden Sopha und wundert sich über die vorkommenden Erscheinungen der Natur. Nach vier Stunden schließt der Präsident die jelehrte Sitzung mit den Worten: Jesejente Mahlzeit, meine Herren, morjen mehr davon!
Erster Junge. Hör'n Se mal, wenn det naturforschen is, denn bin ick ooch'n Naturforscher. Des nennt man bei mir zu Hause essen und trinken!
Der Schuster. Bei mir ooch.
Guckkästner. Sehr richtich; blos der Kürze wejen faßt man es in naturforschen zusammen. Rrrr! ein anderes Bild, meine Herrschaften! – Hür präsentirt sich Ihnen die Ankunft Seiner Majestät des verstorbenen Exkönigs von Frankreich als Charreldieß der Zehnte im Elysejum. Rechts steht der Naturdichter Hinzelmann un wundert sich, daß des königliche Blut der Burrbohnen kein Entrée bezahlt. Petrus hat den Hausschlüssel in de Hand un zeigt ihm rum; die Lafajette aber kommt auf diesen Zehnten zu un sagt: der Zehnte, es freut mir, daß Sie sich erhoben haben! Siereh, zürnen Sie mich nich länger. Charreldieß aber reicht ihm die Hand und äußert in böhmischer Sprache: darum keene Feindschaft nich! Im Dode sei Allens verjeben un verjessen!
Zweiter Junge. Wer sind'n die Andern da?
Guckkästner. Der Kaiser Franz, welcher sagt: Habens d'Güt', setzen's Ihne! Wollen's was j'nießen? Neben ihm steht der jroße Napoljon mit überjeschlagene Arme. Carreldieß, sagt er, es freut mir, Ihre Bekanntschaft zu machen; lassen Sie sich besehen. Wir Beide haben een Schicksal jehabt, bloß Sie von inwendig, ick von außen. – Un nu is es jut; nu kommt das letzte Bild, damit Sie sich nich annejiren, meine Herrschaften. Rr –
Beide Jungen. Na hör'n Se, Männiken, wir haben uns schon lange annejirt!
Der Schuster. Ick kann eben ooch nich über Mangel an Langeweile klagen.
Guckkästner. (Das Blut steigt ihm in die Wangen, er beruhigt sich aber sogleich wieder.) Ja, seht Ihr, lieben Leute, so jeht es! – Ihr seht das Allens so mit an, un wollt blos lachen; Euch muß man von 'ne janz curiose Seite fassen, wenn man seinen Zweck erreichen will, den man sich vorjestochen hat. Ihr wißt den Deibel, wat ick mir Allens denke, wenn ick diese Bilder male, un wie man mir deshalb verkennt, wißt Ihr erst recht nich!
Gensd'arme. Gute Nacht, Guckkästner!
Guckkästner. Schlafen Se wohl! (Den Guckkasten zusammenlegend.) Komm, Dorotheee! wir wollen uns darum keene jrauen Haare wachsen lassen, wenn wir se nich schon hätten! (im Gehen.) Undank is der Welt Lohn; ein Weiser kooft sich vor'n Jroschen Kirschen un eßt se alleene.
Druck von Bernh. Tauchnitz jun.