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Ursprung und Lehre der Paulicianer. – Verfolgung derselben durch die griechischen Kaiser. – Empörung in Armenien usw. – Verpflanzung nach Thrakien. – Verbreitung im Westen. – Same, Art und Folgen der Reformation
Man kann in der Art, wie die einzelnen Nationen das Christentum bekennen, ihre Charaktere erkennen. Die Eingeborenen von Syrien und Ägypten verbrachten ihr Leben müßig und in stiller Andacht. Rom strebte wieder nach der Herrschaft der Welt; die lebhaften und geschwätzigen Griechen waren dauernd in metaphysisch theologische Streitigkeiten verwickelt. Statt daß man die unbegreiflichen Mysterien der Dreieinigkeit und Menschwerdung schweigend hinnahm, wurde darüber heftig und in spitzfindiger Art gestritten. Vom Konzil zu Nicäa bis zum Ende des siebenten Jahrhunderts wurde der Frieden und die Freiheit der Kirche durch diese geistlichen Kriege gestört, die einen so großen Einfluß auf den Verfall des Reiches hatten, daß der Geschichtschreiber genötigt ist, die Beschlüsse der Synoden und die Glaubensbekenntnisse zu studieren und die Sekten der damaligen Zeit aufzuzählen. Vom achten Jahrhundert an verstummten die Religionsstreitigkeiten, die Neugierde war erschöpft, die Eifrigen ermüdet und in den Beschlüssen von sechs Konzilien waren die Artikel des Glaubens unwiderruflich festgesetzt. Streitigkeiten, seien sie noch so verderblich, erfordern wenigstens einige Kraft und Betätigung der Seelenkräfte; die im Staube liegenden Griechen aber begnügten sich zu fasten, zu beten und eine blinde Unterwürfigkeit gegen die Patriarchen und Geistlichen an den Tag zu legen. Die isaurischen Kaiser versuchten es in einem nicht gut gewählten Zeitpunkt, ihre Untertanen aufzustacheln; die morgenländische Welt sehnt sich jedoch inbrünstig nach der Wiedereinführung der Bilder und feierte, als dies der Fall war, ein großes Fest. Diese Übereinstimmung überhob die kirchlichen Herrscher der Mühe, Verfolgungen von Ketzern in die Wege zu leiten. Die Heiden waren verschwunden, die Juden still und ohne Bedeutung, die Streitigkeiten mit den Lateinern selten, und die ägyptischen und syrischen Sekten genossen unter den arabischen Kalifen Duldung ihrer Religionsausübung. Um die Mitte des siebenten Jahrhunderts wurde ein Zweig der Manichäer ein Opfer der geistlichen Tyrannei, sie wurden bis zur Verzweiflung und Empörung gereizt, und ihre Verbannung bewirkte es, daß der Same der Reformation über den Westen verbreitet wurde. Diese wichtigen Ereignisse rechtfertigen das nähere Eingehen in die Lehre und Geschichte der Paulicianer. Da diese nicht für sich selbst sprechen können, muß der unparteiische Kritiker das Gute vergrößern und das Schlimme, das von ihren Gegnern über sie verbreitet wurde, verkleinern oder zumindest argwöhnen, daß es nicht in ganzem Umfang wahr ist.
Die Gnostiker, die anfangs das Wachsen der Kirche behindert hatten, wurden von ihr, als sie groß geworden war, unterdrückt. Statt daß sie mit dem Reichtum der Kirche, der Gelehrsamkeit und Zahl ihrer Anhänger wetteifern konnten, wurden ihre wenigen Anhänger aus den Hauptstädten des Westens und Ostens vertrieben und ließen sich in den Dörfern und Gebirgen längs des Euphrats nieder. Einige Anhänger der Marcioniten mag es noch im fünften Jahrhundert gegeben haben, aber die zahlreichen Sekten waren schließlich alle unter dem verhaßten Namen der Manichäer verborgen. Diese Ketzer, die es wagten, die Lehre Zoroasters und Christi zu vereinigen, wurden von den Anhängern der Religionen mit unversöhnlichem Hasse verfolgt. Unter dem Enkel des Heraklius erstand in der Nachbarschaft von Samosata, das als Geburtsort Lukians berühmter ist als durch seinen Titel eines syrischen Königreiches, ein Reformator, den die Paulicianer für den auserwählten Boten Gottes hielten. In seiner geringen Wohnung zu Manalis nahm Konstantin einen Diakon, der aus der syrischen Gefangenschaft zurückkehrte, auf und dieser erhielt als Geschenk das Neue Testament, das die klugen griechischen, vielleicht auch gnostischen Geistlichen bereits dem gemeinen Mann vorenthielten. Er studierte es eifrigst und schrieb Auslegungen dazu. Die Katholiken, die diese bekämpfen, geben die Echtheit und Richtigkeit des Textes zu. Besonders liebte er die Schriften und den Charakter des heiligen Paulus. Der Name Paulicianer wird von den Feinden dieser Sekte von einem unbekannten und einheimischen Lehrer abgeleitet, aber ich bin überzeugt, daß sie sich ihrer Namensverwandtschaft mit dem Apostel rühmen. Seine Schüler Titus, Timotheus, Sylvanus, Tychicus wurden von Konstantin und seinen Mitarbeitern beschrieben, die Namen der apostolischen Kirchen auf die Gemeinden, die sie in Armenien und Kappadokien hatten, angewendet, und diese harmlose Allegorie erhielt das Andenken an die ersten Jahrhunderte. Im Evangelium und den Briefen; des heiligen Paulus erforschte sein Anhänger das Urchristentum, und was immer der Erfolg gewesen war, so zeigte er doch dabei einen besonderen Mut. Die heilige Schrift der Paulicianer war, bei aller Reinheit, mangelhaft. Ihre Stifter verwarfen die beiden Briefe des heiligen Petrus, des Apostels der Beschneidung, dessen Streit mit Paulus wegen dieses mosaischen Gesetzes nicht vergessen werden konnte. Sie stimmten mit ihren gnostischen Brüdern in der allgemeinen Verachtung des Alten Testaments, der Bücher Moses' und der Propheten überein, die von der katholischen Kirche geheiligt worden waren. Ebenso und ohne Zweifel mit mehr Grund verwarf Konstantin, der neue Sylvanus, ihre Geschichte, die in so vielen umfangreichen und glänzenden Bänden von den orientalischen Sekten verbreitet worden war, ferner die fabelhaften Werke der hebräischen Patriarchen und der Weisen des Ostens, die unechten Evangelien, die im ersten Jahrhundert massenhaft aufgetaucht waren, die Theologie des Manes, die Stifter ähnlicher Ketzereien und die dreißig Zeugen oder Äonen, die von dem phantasiereichen Valentin geschaffen worden waren. Die Paulicianer verdammten die Sekte und Ansichten der Manichäer und klagten über die Ungerechtigkeit, daß man diesen verhaßten Namen den einfachen Verehrern des heiligen Paulus und Christi beilegte.
Manche Überlieferung der Kirche war von den Paulicianern beseitigt worden; ihre Freiheit wurde größer mit Verminderung der Anzahl ihrer Lehrer, auf deren Wunsch Geheimnisse und Wunder geglaubt werden mußten. Die Trennung der Gnostiker fand vor Einführung der Zeremonien der katholischen Kirche statt; sie waren den Neuerungen im Zeremoniell und in der Lehre unzugänglich. Sie glaubten nicht an die verschiedenen Wunder; ein »nicht von Menschenhänden gemachtes Bild« war für sie das Erzeugnis eines sterblichen Künstlers; die wunderwirkenden Reliquien waren für sie nur Gebeine und Asche, das wahre Kreuz war für sie nur Holz, das Blut und der Leib Christi, Brot und Wein, die Geschenke der Natur und Symbole der Gnade. Die Mutter Gottes wurde nicht verehrt, an die unbefleckte Empfängnis nicht geglaubt, und die Engel und Heiligen galten nicht als die Vermittler zwischen Gott und den Menschen. Bei der Lehre von den Sakramenten neigten die Paulicianer dazu, alle sichtbaren Gegenstände der Gottesverehrung abzuschaffen, und die Worte des Evangeliums waren ihrer Ansicht nach die Taufe und das Liebesmahl der Gläubigen. Die Heilige Schrift wurde von ihnen mit ziemlicher Freiheit ausgelegt und so oft sie den wahren Sinn nicht umschreiben konnten, nahmen sie zu Bildern und Allegorien Zuflucht. Sie müssen sich sehr angestrengt haben, um die Zusammenhänge zwischen dem Alten und Neuen Testament aufzulösen, weil sie das letztere als das Orakel Gottes verehrten und jenes als die alberne Erfindung von Menschen oder bösen Geistern verabscheuten. Wir können nicht überrascht sein, daß sie in dem Evangelium das Mysterium der heiligen Dreifaltigkeit fanden, aber statt an die wirklichen Leiden Christi zu glauben, frönten sie in ihrer Phantasie dem Glauben an einen himmlischen Leib, an eine scheinbare Kreuzigung, wodurch die eitlen und ohnmächtigen Juden geäfft worden waren. Ein zugleich so einfacher und übersinnlicher Glaube war dem Geist der Zeiten nicht angemessen, und der vernünftige Christ war mit Recht darüber entsetzt, daß die Paulicianer es wagten, die Einheit Gottes, den ersten Glaubensartikel, anzuzweifeln. Sie glaubten an den Vater, Christus, die menschliche Seele und die unsichtbare Welt. Aber sie glaubten auch an die Ewigkeit der Materie, einen rebellierenden Stoff, den Urquell eines zweiten Prinzips, an ein tätiges Wesen, das die sichtbare Welt geschaffen hat und seine Herrschaft bis zum Tode aller ausübe. Durch den Glauben an das moralisch und physisch Böse waren die beiden Prinzipien in die Philosophie und Religion des Ostens eingeführt worden, von wo sie sich unter den verschiedenen Gnostikerschwärmen verbreiteten. Tausend Abstufungen von einem Gott bis zu einem Dämon lassen sich für die Natur und den Charakter Ahrimans ersinnen, der von der Schwäche und Leidenschaft bis zu reiner Bosheit alles verkörpern kann. Der gütige und machtvolle Ormuzd ist sein Gegenspieler, und je weiter wir uns von dem einen entfernen, um so mehr nähern wir uns dem anderen.
Durch die kirchlichen Arbeiten Konstantin Sylvanus' wurde bald die Zahl seiner Schüler vervielfältigt. Der Rest der gnostischen Sekten, insbesondere die Manichäer von Armenien, vereinigten sich unter seiner Fahne. Viele Katholiken wurden durch seine Gründe bekehrt oder verführt, und er predigte mit Erfolg in den Gegenden von Pontus und Kappadokien, deren Bewohner schon früher die Lehren des Zoroaster eingesogen hatten. Die paulicianischen Lehrer zeichneten sich nur durch ihre Bibelnamen, den bescheidenen Titel Mitpilger, ihren strengen Lebenswandel, durch Eifer oder Kenntnisse aus. Aber sie waren unfähig, den Reichtum und die Ehren der katholischen Prälaten für sich zu wünschen, viel weniger zu erlangen; sie tadelten den geistlichen Stolz sehr und verdammten selbst die Einführung des Ranges der Ältesten und Presbyter als eine Einrichtung der jüdischen Synagoge. Die neue Sekte war dünn über die Provinzen von Kleinasien westwärts vom Euphrat verstreut; sechs ihrer Hauptgemeinden stellten die Kirchen vor, an die Paulus seine Briefe geschrieben hatte; ihr Stifter wählte seinen Sitz in der Nähe von Colonia im Bezirke von Pontus, der einst durch die Altäre der Bellona und die Wunder Gregors berühmt geworden war. Nach siebenundzwanzigjährigem Lehramte fiel Sylvanus, der die sanfte Herrschaft der Araber geflohen hatte, als Opfer der römischen Verfolgung. Die Gesetze der frommen Kaiser, die nur selten das Leben der minder verhaßten Ketzer forderten, ächteten ohne Barmherzigkeit die Montanisten und Manichäer, ihre Lehren und Bücher. Letztere wurden Flammen überliefert, und alle, die solche Schriften verheimlichten oder den Lehren anhingen, waren einem schimpflichen Tode geweiht. Ein griechischer, mit gesetzlicher und Militärmacht ausgestatteter Beamter erschien in Colonia, um den Hirten der Gemeinde zu töten und die verlorenen Schafe, wenn möglich, zurückzuführen. Mit ausgesuchter Grausamkeit stellte Simeon den unglücklichen Sylvanus vor eine Schar seiner Schüler, denen er als Bedingung ihrer Begnadigung und als Beweis ihrer Reue befahl, ihren geistlichen Vater zu töten. Sie wandten sich ab, die Steine entsanken ihren Händen, und unter der ganzen Schar war nur einer zu finden, ein neuer David, wie ihn die Katholiken nannten, der den Henker des Riesen der Ketzerei machte. Dieser Abtrünnige, Justus war sein Name, betrog und verriet seine arglosen Brüder abermals. Die Bekehrung Simeons zeigt Ähnlichkeit mit der des heiligen Paulus; gleich dem Apostel bekannte er sich zu der Lehre, die er zu verfolgen gesendet war, verzichtete auf seine Ehrenstellen und Besitzungen und erwarb unter den Paulicianern den Ruf eines Glaubensboten und Märtyrers. Diese geizten zwar nicht nach dem Märtyrertum, machten aber während hundertfünfzig Jahren alle Leiden mit, die ihnen durch Glaubenseifrige zugefügt werden konnten; man war jedoch nicht imstande, die Schwärmer auszurotten. Trotz des vergossenen Blutes erhoben sich neue Lehrer und Gemeinden; sie fanden mitten unter den auswärtigen Feindseligkeiten Zeit zu inneren Zwistigkeiten; sie predigten, zankten, litten. Die Tugenden des Sergius, der dreiunddreißig Jahre pilgerte, werden von den orthodoxen Geschichtschreibern, wenn auch mit Widerstreben, anerkannt. Die angeborene Grausamkeit Justinians II. wurde bei irgendeiner Gelegenheit angestachelt; er hoffte umsonst, in einem einzigen Brande die Paulicianer und ihre Lehre zu vernichten. Durch die Einfachheit, der sie sich in urchristlicher Weise befleißigten, und ihren Abscheu gegen den Volksglauben hätten die bilderstürmenden Fürsten mit einigen Irrlehren ausgesöhnt werden können; aber sie waren selbst den Verleumdungen der Mönche preisgegeben und zogen es vor, die Tyrannen der Manichäer zu sein, um nicht als deren Mitschuldige angeklagt zu werden. Ein solcher Vorwurf wurde gegen den milden Nikephorus erhoben, der zu ihren Gunsten die strengen Strafgesetze milderte; in seinem Charakter finden wir zumindest nicht die Möglichkeit einer anderen Deutung. Der schwache Michael I., der strenge Leo der Armenier, waren die ersten Verfolger, aber der Preis in der Verfolgung muß unzweifelhaft der blutdürstigen Theodora zuerkannt werden, die den Bilderdienst wieder in der orientalischen Kirche einführte. Ihre Glaubensrichter durchforschten die Städte und Gebirge von Kleinasien, und die Schmeichler der Kaiserin haben behauptet, daß während ihrer kurzen Regierung hunderttausend Paulicianer durch Galgen, Feuer und Schwert ausgerottet worden wären. Ihre Schuld und ihr Verdienst ist übermäßig vergrößert worden, wenn man aber an obige Zahl glaubt, muß man annehmen, daß viele einfache Ikonoklasten als Paulicianer bestraft wurden, und daß andere, die aus der Kirche ausgestoßen worden waren, wider Willen Zuflucht bei den Ketzern gesucht hatten.
Die wütendsten und verzweifeltsten Rebellen sind die Anhänger einer verfolgten und schwer gereizten Religionssekte. Sie sind als Verfechter einer heiligen Sache Furcht und Gewissenbissen nicht mehr zugänglich; der Glaube an ihre gerechte Sache verhärtet ihre Herzen gegen menschliche Gefühle, sie rächen die Leiden ihrer Väter an den Kindern der Tyrannen. So waren die Hussiten von Böhmen und die Kalvinisten von Frankreich; so waren im neunten Jahrhundert die Paulicianer von Armenien und der anstoßenden Provinzen. Sie metzelten zuerst einen Statthalter und Bischof nieder, der sie dadurch gereizt hatte, daß er den kaiserlichen Befehl vollzog, die Ketzer entweder zu bekehren oder auszurotten. Sie verbargen sich in schwer zugänglichen Schlupfwinkeln des Berges Argäus. Die Verfolgungen der Theodora und die Empörung des Carbeas entzündeten eine größere Flamme. Dieser tapfere Paulicianer befehligte die Leibwache des Oberfeldherrn des Ostens. Sein Vater war von den katholischen Glaubensrichtern gepfählt worden, was seine Heeresflucht und Rache rechtfertigte. Fünftausend seiner Brüder waren um ihn versammelt, und sie sagten dem antichristlichen Rom die Treue auf. Ein sarazenischer Emir stellte Carbeas dem Kalifen vor, und der Beherrscher der Gläubigen nahm den unversöhnlichen Feind der Griechen in seinen Schutz. In den Gebirgen zwischen Sebas und Trebisond gründete oder befestigte er die Stadt Tephrice, die noch von einem grimmigen und zügellosen Volke bewohnt wird, und die benachbarten Berge bedeckten sich mit paulicianischen Flüchtlingen, die nun zum Schwerte griffen. Länger als dreißig Jahre wüteten in Kleinasien Kriege gegen auswärtige und innere Feinde. Die Anhänger des heiligen Paulus vereinigten sich bei ihren feindlichen Einfällen mit denen Mohammeds, und die friedlichen Christen, die in barbarische Knechtschaft geschleppt wurden, klagten mit Recht ihren unduldsamen Souverän an. So groß war das Unheil, so groß die Schmach, daß selbst der ausschweifende Michael, der Sohn der Theodora, sich gezwungen sah, selbst gegen die Paulicianer zu ziehen. Er wurde unter den Mauern von Samosata geschlagen, und der römische Kaiser floh vor den Ketzern, die seine Mutter zum Scheiterhaufen verdammt hatte. Die Sarazenen fochten unter denselben Fahnen, aber der Sieg wurde dem Carbeas zugeschrieben. Er ließ die gefangenen Anführer und mehr als hundert Tribunen aus Habsucht teils frei, teils marterte er sie aus Fanatismus. Sein tapferer und ehrgeiziger Nachfolger Chrysocheir beraubte große Gebiete. Im Bund mit den treuen Muselmanen drang er in das Herz von Kleinasien ein; die Grenztruppen und Palastwachen wurden wiederholt niedergeworfen, die Verfolgungsedikte mit der Plünderung von Nicäa und Nicomedia, von Ancyra und Ephesus beantwortet, ja selbst der Apostel Johannes vermochte seine Stadt und sein Grab nicht vor Entweihung zu schützen. Die Kathedrale von Ephesus wurde in einen Stall für Maulesel und Pferde verwandelt, und die Paulicianer wetteiferten mit den Sarazenen in der Verachtung und im Abscheu vor den Bildern und Reliquien. Es ist erfreulich, den Triumph der Empörer über die Despoten zu sehen, die ein flehendes, gekränktes Volk verachtet hatten. Der Kaiser Basilius, der Makedonier, war gezwungen, um Frieden zu bitten, Lösegeld für die Gefangenen zu bieten und mit Mäßigung und Nächstenliebe zu ersuchen, daß Chrysocheir seine Mitchristen schonen und sich mit einem Geschenke an Gold, Silber und seidenen Gewändern begnügen solle. »Wenn der Kaiser«, erwiderte der übermütige Fanatiker, »den Frieden wünscht, möge er dem Osten entsagen und ungestört im Westen herrschen. Weigert er sich dessen, werden ihn die Diener des Herrn vom Thron stürzen.« Basilius brach ungern die Verhandlungen ab, nahm die Herausforderung an, führte sein Heer in das Gebiet der Ketzer und verwüstete es mit Feuer und Schwert. Das offene Land der Paulicianer wurde verheert, aber nachdem er die Stärke von Tephrice, die Anzahl der Barbaren, die es schützten, und die Größe der Vorräte und Lebensmittel erkundet hatte, die in der Stadt aufgestapelt waren, stand er seufzend von der Belagerung ab. Nach seiner Rückkehr nach Konstantinopel gründete er Klöster und Kirchen, um sich die Hilfe seiner himmlischen Schutzherren, des Erzengels Michael und des Propheten Elias, zu sichern, und er betete täglich, daß es ihm vergönnt sein möge, das Haupt seines ruchlosen Gegners mit drei Pfeilen zu durchbohren. Dieser Wunsch ging über seine Erwartung in Erfüllung; nach einem glücklichen Einfall wurde Chrysocheir auf dem Heimwege überrumpelt und getötet. Das Haupt des Rebellen wurde triumphierend in die Hauptstadt gebracht und vor dem Throne niedergelegt. Bei Empfang dieses willkommenen Siegeszeichens rief Basilius unverzüglich nach seinem Bogen, durchbohrte das leblose Haupt mit sicherer Hand mit drei Pfeilen und empfing den Beifall des Hofes, der den Sieg des kaiserlichen Schützen pries. Mit Chrysocheir verschwand der Ruhm der Paulicianer; beim zweiten Feldzuge verließen die Ketzer das uneinnehmbare Tephrice und flehten entweder um Gnade oder entflohen über die Grenzen. Die Stadt wurde zerstört, aber unabhängige Paulicianer lebten in den Gebirgen fort und verteidigten über ein Jahrhundert ihre Freiheit und Religion, machten die römischen Grenzen unsicher und hielten das Bündnis mit den Feinden des Reiches und des Evangeliums.
Um die Mitte des achten Jahrhunderts hatte Konstantin, von den Verehrern der Bilder Kopronymus genannt, einen Zug nach Armenien unternommen. Er fand in den Städten Melitene und Theodosiopolis eine große Anzahl Paulicianer vor. Als Gunst oder Strafe verpflanzte er sie nach Konstantinopel und Thrakien, und dadurch wurde ihre Lehre in Europa eingeführt und verbreitet. Wenn sich die Sektierer in der Hauptstadt auch bald in der Menge verloren, schlugen die auf dem Lande Wurzel in dem fremden Boden. Die Paulicianer widerstanden den Verfolgungen, unterhielten geheimen Verkehr mit ihren Brüdern in Armenien, unterstützten und schirmten ihre Prediger, die nicht ohne Erfolg den Bulgaren predigten. Im zehnten Jahrhundert wurden sie durch eine zahlreiche Kolonie, die Johannes Zimisces von den chalybischen Gebirgen in die Täler des Hämus versetzte, verstärkt. Die morgenländische Geistlichkeit, die ihre Ausrottung vorgezogen hätte, verlangte ungeduldig die Entfernung der Manichäer; der kriegerische Kaiser achtete sie in ihrer Tapferkeit, die er gefühlt hatte. Ihre Anhänglichkeit an die Sarazenen war unheilschwanger, aber an der Donau, gegen die Barbaren Skythiens konnten ihre Dienste nützlich sein, und sie fanden vielleicht in den Grenzkämpfen den Untergang. Ihre Verbannung wurde durch Duldung gemildert; die Paulicianer besaßen die Stadt Philippopolis und damit die Schlüssel von Thrakien, die Katholiken waren ihre Untertanen, die jakobitischen Auswanderer ihre Bundesgenossen, sie besaßen eine Reihe von Dörfern und Schlössern in Makedonien und Epirus, und viele Bulgaren gesellten sich zu ihnen und nahmen ihren Glauben an. Solange Macht ihnen Furcht einflößte und sie mit Mäßigung behandelt wurden, zeichneten sich ihre freiwilligen Scharen im Kriege für das Reich aus. Der Mut dieser Hunde, wie sie genannt wurden, stets gierig nach Krieg und Menschenblut, wird von den feigen Griechen mit Erstaunen und Tadel vermerkt. Sie wurden mit der Zeit übermütig und widersetzlich; sie wurden leicht durch Launen und Verfolgungen gereizt, und häufig wurden ihre Vorrechte durch Regierung und Geistlichkeit verletzt. Während des Normannenkrieges verließen zweitausendfünfhundert Manichäer die Fahne des Alexius Komnenus und kehrten in ihre Heimat zurück. Er verstellte sich, um Rache zu nehmen, lud ihre Häuptlinge zu einer freundschaftlichen Besprechung ein und bestrafte Unschuldige wie Schuldige mit Kerker, Vermögenseinziehung und Taufe. In friedlicherer Zeit übernahm der Kaiser das heilige Amt, sie mit der Kirche und dem Staate auszusöhnen; er schlug seine Winterquartiere zu Philippopolis auf, und der dreizehnte Apostel, wie er von seiner Tochter genannt wird, verbrachte ganze Tage und Nächte mit theologischen Erörterungen. Durch die Ehren und Belohnungen, die er den ausgezeichneten Proselyten erteilte, wurden seine Gründe unterstützt und ihre Hartnäckigkeit vermindert. Er gründete eine mit Gärten umgebene Stadt, der er entsprechende Freiheiten gewährte, die seinen Namen erhielt und in der die von ihm Bekehrten untergebracht wurden. Die wichtige Stadt Philippopolis wurde ihnen entrissen, die widerspenstigen Anführer in den Kerker geworfen oder verbannt und ihr Leben mehr aus Klugheit als aus Barmherzigkeit von einem Kaiser geschont, auf dessen Befehl ein armer vereinzelter Ketzer vor der St. Sophienkirche lebendig verbrannt worden war. Aber die Hoffnung, die Vorurteile einer Nation auszurotten, wurde durch die eifrigen Paulicianer vereitelt, die aufhörten, sich zu verstellen und sich weigerten, zu gehorchen. Nach der Abreise und dem Tode des Alexius kehrten sie bald zu ihrer Religion zurück. Im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts residierte ihr Papst oder Primas an der Grenze Bulgariens, Dalmatiens und Kroatiens und leitete durch seine Stellvertreter die Gemeinden in Italien und Frankreich. Von dieser Zeit an könnte man durch sorgfältige Forschung die Paulicianer bis in die Neuzeit verfolgen. Zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts bewohnte die Sekte oder Kolonie noch immer die Täler des Hämus, wo sie in Unwissenheit und Armut lebten und oft von den Türken und der Geistlichkeit gequält wurden. Die neuen Paulicianer haben alle Erinnerung an ihren Ursprung verloren. Sie beten das Kreuz an und bringen blutige Opfer dar, welche Sitte durch einige gefangene Tartaren eingeführt wurde.
Im Westen waren die ersten Lehrer des manichäischen Glaubens vom Volke zurückgewiesen oder von den Fürsten unterdrückt worden. Der Erfolg, den die Paulicianer im elften und zwölften Jahrhundert erzielten, ist wohl darauf zurückzuführen, daß selbst die frömmsten Christen gegen die römische Kirche eingenommen waren. Sie war habsüchtig, despotisch und gehässig; die häufigen Neuerungen erregten Anstoß und Ärgernis. Die Lehre von der Transsubstantiation war streng und allgemein eingeführt. Der Lebenswandel der lateinischen Geistlichkeit war verderbt, und die orientalischen Bischöfe konnten als Nachfolger der Apostel gelten, wenn sie mit den fürstlichen Prälaten, die abwechselnd den Krummstab, das Zepter und das Schwert schwangen, verglichen wurden. Auf drei Wegen konnten die Paulicianer in das Herz Europas gelangen. Nach der Bekehrung der Ungarn folgten die Pilger, die nach Jerusalem wallfahrteten, dem Lauf der Donau. Auf dem Hin- und Rückwege kamen sie durch Philippopolis, und die Sektierer konnten, indem sie ihren Namen und Glauben verheimlichten, den französischen oder deutschen Pilgern in deren Heimat folgen. Die Venetianer beherrschten mit ihrem Handel die Küsten des Adriatischen Meeres, und die gastfreie Republik war für jeden Fremden, welcher Nation und Religion immer, frei zugänglich. Unter byzantinischer Flagge kamen die Paulicianer oft nach Italien und Sizilien; sie verkehrten im Kriege und Frieden frei mit den Eingeborenen und verbreiteten ihre Lehren in aller Stille in Rom, Mailand und dem Reiche jenseits der Alpen. Man entdeckte bald, daß viele tausend Katholiken jeden Ranges und Geschlechtes sich der manichäischen Ketzerei zugewendet hatten. Bald begann die Verfolgung, und zwölf Domherren zu Orleans erlitten den Flammentod. Die Bulgaren verbreiteten die Religion über Europa. Sie waren geeint im Haß gegen Götzendienerei und gegen Rom und unterstanden einer bischöflichen oder priesterlichen Regierung. Ihre verschiedenen Sekten unterschieden sich durch geringe Abstufungen des Glaubens, stimmten aber allgemein in der Verachtung des alten Testamentes und der Leugnung des Leibes Christi am Kreuz, wie im Abendmahl überein. Selbst ihre Feinde gaben zu, daß ihr Götzendienst einfach und ihre Sitten tadellos seien; das Maß ihrer Vollkommenheit war so groß, daß ihre immer mehr zunehmenden Gemeinden in zwei Klassen von Jüngern, in die Übenden und Strebenden, eingeteilt waren. Im Lande der Albigenser, in den südlichen Provinzen von Frankreich, hatten die Paulicianer am festesten Wurzel gefaßt, und dieselben Vorgänge, die sich am Euphrat abgespielt hatten, wiederholten sich im dreizehnten Jahrhundert an den Ufern der Rhone. Die Gesetze der morgenländischen Kaiser wurden von Friedrich dem Zweiten wieder ins Leben gerufen. Die Barone und Städte von Languedoc spielten die Rolle der Anführer von Tephrice und Papst Innozenz der Dritte übertraf die blutdürstige Theodora. Nur in Grausamkeiten vermochten es ihre Soldaten den Helden der Kreuzzüge gleich zu tun, und die Unmenschlichkeit ihrer Priester wurde von den Stiftern der Inquisition, einer Einrichtung, die eher dazu dient, den Glauben an ein böses Prinzip zu festigen als zu widerlegen, weit überboten. Die Gemeinden der Paulicianer oder Albigenser wurden mit Feuer und Schwert ausgerottet, und wenige Überlebende entzogen sich durch die Flucht dem Tode oder nahmen den katholischen Glauben an. Aber der unbezwingliche Geist, den sie entzündet hatten, lebte in der abendländischen Welt fort; sogar in der Kirche und den Klöstern gab es heimliche Schüler des heiligen Paulus, die gegen die Tyrannei von Rom protestierten, an der Bibel als Glaubensregel festhielten und ihr Bekenntnis von allem Beiwerk der gnostischen Theologie reinigten. Die Kämpfe Wiclifs in England, Hus' in Böhmen waren verfrüht und wirkungslos, aber Zwingli, Luther und Calvin werden mit Dankbarkeit von Nationen gepriesen.
Ein Philosoph, der Wert und Verdienst abwägt, muß natürlich fragen, von welchen Glaubensartikeln, die gegen die Vernunft sprechen, sie die Christen befreit haben, denn eine solche Befreiung ist ohne Zweifel eine Wohltat, wenn sie sich mit Wahrheit und Frömmigkeit vereinbaren läßt. Nach einer unparteiischen Untersuchung müssen wir über die Schüchternheit der ersten Reformatoren staunen. Sie glauben mit den Juden an das alte Testament, samt allen Wundern, vom Garten des Paradieses bis zu den Gesichten des Propheten Daniel und waren gleich den Katholiken genötigt, gegen die Juden die Abschaffung eines göttlichen Gesetzes zu rechtfertigen. Bezüglich der Dreieinigkeit und Menschwerdung blieben die Reformatoren streng orthodox, sie nahmen die Beschlüsse der ersten vier oder sechs Konzilien an und verdammten alle diejenigen, die nicht am katholischen Glauben festhalten. Die Transsubstantiation oder unsichtbare Verwandlung des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi ist eine Lehre, die den Beweis herausfordert; statt aber ihre Sinne zu Rate zu ziehen, unterlagen die Protestanten Gewissenszweifeln und wurden durch die Worte Jesu bei Einsetzung des Sakramentes eingeschüchtert. Luther behauptete, daß Christus körperlich, Calvin, daß er wirklich beim Abendmahle gegenwärtig sei, und die Ansicht Zwinglis, daß es sich nur um eine geistige Anwesenheit, um ein Gleichnis handle, brach sich nur langsam in den reformierten Kirchen Bahn. Aber dieses Mysterium wird hinreichend durch die Lehren von der Erbsünde, Erlösung, des Glaubens, der Gnade und der Gnadenwahl aufgewogen, die den Briefen des heiligen Paulus entnommen sind. Diese Fragen sind allerdings von den Vätern und Schulmännern bereits diskutiert worden, ihre Vervollkommnung und Verbreitung unter das Volk muß aber den ersten Reformatoren zugeschrieben werden, die sie als wesentliche Bedingung für das Seelenheil bezeichneten.
Die Verdienste Luthers und seiner Nebenbuhler sind nichtsdestoweniger groß und der Philosoph muß diese furchtlosen Enthusiasten anerkennen. I. Sie schafften den Mißbrauch der Ablässe ab, und die heilige Jungfrau wird nicht mehr als Fürbitterin angerufen. Mönche und Nonnen wurden der Freiheit und dem gesellschaftlichen Leben wiedergegeben. Die Heiligen und Engel wurden ihrer Macht beraubt und genießen nur mehr die himmlische Seligkeit. Bilder und Reliquien wurden aus den Kirchen entfernt, und die Aufzählung von Wundern und Erscheinungen in den Predigten unterblieb. Es bleibt die Frage offen, ob diese Einfachheit, die auch in allen Gebeten beobachtet wird, sich mit der Andacht des Volkes verträgt und ob die Menge durch die Abwesenheit aller sichtbaren zu verehrenden Gegenstände nicht zur Schwärmerei verleitet wird oder in Gleichgültigkeit versinkt. II. Der Glaube an die Autorität, der den Bigotten abhält zu denken, wie es ihm gefällt und den Sklaven zu sprechen wie er denkt, ward vernichtet. Päpste, Kirchenväter und Konzilien waren nicht mehr die obersten und untrüglichen Richter der Welt, und jedem Christen wurde gelehrt, kein anderes Gesetz als die heilige Schrift und keinen anderen Richter als sein eigenes Gewissen anzuerkennen. Diese Freiheit war jedoch mehr die Folge als der Sinn der Reformation. Die patriotischen Reformatoren geizten darnach, den Tyrannen zu folgen, die sie entthront hatten. Sie verlangten mit gleicher Strenge das Bekenntnis zu ihrem Glauben und behaupteten das Recht zu haben, Ketzer mit dem Tode zu bestrafen. Calvin richtete aus persönlicher Feindschaft Servetus; Cranmer entzündete gegen die Wiedertäufer die Flammen von Smithfield, von denen er nachher selbst verzehrt wurde. Der römische Papst besaß ein geistliches und weltliches Reich; die protestantischen Gottesgelehrten waren von geringem Range, ohne Einkünfte und Macht. Die Beschlüsse des Papstes waren durch das Alter der katholischen Kirche geheiligt; die Beweise und Streitigkeiten der protestantischen Priester waren dem Urteil des Volkes unterworfen und ihr Hinweis auf die Berechtigung jedes einzelnen zu urteilen, wurde weit über die Wünsche von den Wißbegierigen und Enthusiastischen befolgt. Seit den Tagen Luthers und Calvins ging im Schoße der Kirche in der Stille eine geheime Reformation vor sich; viele Vorurteile wurden beseitigt und die Schüler des Erasmus verbreiteten den Geist des Freimuts und predigten Mäßigung. Die Gewissensfreiheit wurde als Gemeingut, als unveräußerliches Recht proklamiert; die freien Regierungen von Holland und England haben Toleranz walten lassen, und die engherzigen Gesetze sind von klugen und menschlich denkenden Gesetzgebern geändert worden. Der Verstand hatte, seit er geübt ward, seine Grenzen erkannt, und Worte vermochten ihn nicht mehr zu befriedigen. Die Bücher über die Religionsstreitigkeiten liegen unbeachtet in den Winkeln. Die Freunde des Christentums sind jedoch über den maßlosen Trieb zur Forschung und über die Zweifelsucht bestürzt. Die Prophezeiungen der Katholiken sind in Erfüllung gegangen; das Gewebe des Mysteriums ist von den Arminianern, Arianern und Socinianern, deren Zahl nicht nach ihren Sondergemeinden berechnet werden darf, zerrissen worden, und die Wahrheit der Offenbarungen wird hauptsächlich von jenen Menschen untergraben, die die Religion bekennen, ohne ihrer Wesenheit gerecht zu werden und jenen, die der Philosophie frönen, ohne Mäßigung zu zeigen.